Was sollen Führungskräfte können?
Konfliktmanagement ist oft Sache von Führungskräften. Deshalb liegt es nahe, zuerst nach der Kompetenz der Chefs in Sachen Konflikt-Erkennung und -Moderation zu fragen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Einordnung des Konflikts vor dem Hintergrund eigener Ziele und Lebensentwürfe. Ein Fragebogen mit dem Titel „Persönliche Re-Vision“, ausgehend vom aktuellen Selbstbild bis zu Zielvorstellungen, soll bei der Klärung der eigenen Position helfen. Einmal im Jahr sollte diese Selbstüberprüfung stattfinden, begleitet von der Fragestellung: „Ich will mal sehen, was ich mir in diesem Moment als Teil meiner eigenen Vision von einem erfüllten Leben wünsche. Und dann will ich nachschauen, wie es im Verhältnis dazu um meine gegenwärtige Realität bestellt ist.“ Eine Übung, die dazu angetan ist, die „kreative Spannung in Ihrem Leben“ zu erneuern.
Welche Konflikte haben Führungskräfte?
Viele Konflikte, das liegt auf der Hand, entstehen durch den Führungsstil des jeweiligen Chefs. Führen beinhaltet immer auch das Treffen von Entscheidungen, oft genug in schwierigen, undurchsichtigen Situationen. Das programmiert Konflikte geradezu. Im Managementalltag ist dies eher die Regel als die Ausnahme, was schnell dazu führt, dass neue Konflikte entstehen, ehe alte bereinigt sind. Damit aber die gestressten Führungskräfte den Kopf überhaupt wieder frei bekommen für neue Aufgaben, ist die „Kopfstandmethode“ ein Ansatz. Ausgangspunkt ist die auf den Kopf gestellte Aufgabe nach dem Muster „Was muss ich als Vorgesetzter tun, um ein Projekt zum Scheitern zu bringen?“ Alle Antworten darauf werden auf ein Blatt Papier geschrieben, anschliessend wird dasselbe Procedere auf die gegenteilige Frage angewendet, nämlich ein Projekt zum Erfolg zu bringen. Der Vergleich der Antworten ist möglicherweise nicht der Königsweg zum Erfolg, verhindert jedoch mit Sicherheit die schlimmsten Fehler. Ausserdem ist der Vergleich dazu angetan, Denkblockaden zu lösen.
Hilfen bei Entscheidungskonflikten
Zur Lösung von Entscheidungskonflikten wird die CAF-Methode empfohlen. CAF meint „Consider All Facts“ und besteht im Wesentlichen in der Auflistung aller Faktoren, die für einen Konflikt von Belang sind. Diese sind anschliessend nach ihrer Bedeutung zu gewichten. An der so entstandenen Checkliste lassen sich verschiedene Lösungsalternativen mühelos durchspielen.
„Kommunikationsforscher unterscheiden verbale, sprachliche Äusserungen von nonverbaler Kommunikation wie Gestik, Mimik und Blickkontakt. Hinzu kommen paraverbale Aspekte wie Stimmmodulation, Lautstärke und Sprechtempo.“
Hand in Hand mit dieser Methode geht das PMI (Plus-Minus-Interesting)-Modell, bei dem jeder Positiv- bzw. Negativaspekt mit einer Zahl von eins bis sechs bewertet wird. Am Schluss werden beide Seiten addiert; anschliessend werden die Negativwerte von den Positivwerten abgezogen. Ist das Ergebnis grösser als Null, bedeutet es eine Zustimmung zur Entscheidung; ist es kleiner, spricht es für eine Ablehnung.
Welche Konflikte haben Gruppen?
Gruppen ohne Konflikte erscheinen kaum vorstellbar. Sind sie über längere Zeit zusammen, werden sich zwangsläufig Meinungsunterschiede, Interessenkonflikte und andere Differenzen ergeben. Die Qualität einer Gruppe, ihre Stabilität und Belastbarkeit, hängt dabei nicht zuletzt von ihrer Fähigkeit ab, diese Konflikte zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Erfolgreiche Teams sind offen, kritik- und konfliktfähig. Und wie nicht anders zu vermuten, spielen Teamleiter dabei eine ausschlaggebende Rolle.
„Die Führungskraft der Zukunft denkt vernetzt und ganzheitlich. Sie hat Mut zu Entscheidungen, ist risiko- und konfliktbereit.“
Um Konflikte zu analysieren, bewährt es sich immer wieder, Fragen zur Rollenstruktur innerhalb einer Gruppe zu stellen. „Wer redet mit wem, wer mit wem nicht?“, „Wer besetzt die Aussenseiterposition?“, „Wer verhält sich führend?“ sind nur einige Fragen, die geklärt werden müssen. Desgleichen Fragen zur Metakommunikation in Arbeitsgruppen, wie „Inhaltliche Meinungsverschiedenheiten werden offen ausgetragen“ oder „Es gibt eine hohe Bereitschaft zu Kompromissen“. Eine entscheidende Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch das „richtige Zuhören“. Eine der wichtigsten Regeln hierfür: „Machen Sie deutlich, dass Sie zuhören wollen. Zeigen Sie Interesse. Schauen Sie den Gesprächspartner an.“
Wie führen Sie ein Konfliktmanagement-System ein?
Auch in diesem Fall empfiehlt sich eine systematische Vorgehensweise. So kann sich der Konfliktmoderator anhand verschiedener Checklisten einen Überblick über die Struktur des Konflikts verschaffen, seine Vorgeschichte eruieren, die Parteien kennen lernen und Aufschluss über bereits ausgetragene Konflikte in der Vergangenheit gewinnen.
„Listen Sie alle Faktoren auf, die mit Ihrem Entscheidungsproblem zusammenhängen.“
Eine entscheidende Rolle kommt dabei dem Konfliktpotenzial einer Organisation oder Gruppe zu. Auch das lässt sich bequem mit einer dafür entwickelten Checkliste ermitteln: Gruppendynamische Prozesse werden erfasst, die Ressourcen, die die jeweilige Gruppe oder Organisation zur Verfügung hat, das Arbeits- und Diskussionklima, die Identität der Organisation oder Firma, und schliesslich ihre „Policy“, soll heissen: ihre inneren Regeln und Leitsätze, nach denen sie funktioniert.
„Sachbezogene Kritik wird in aller Regel akzeptiert.“
Um all dies zu ermitteln, empfehlen sich stereotype Einstiegsfragen wie: „Welche Konflikte treten häufig auf?“, „Wie wurden Konflikte bisher gelöst?“, „Wie war bisher die Zufriedenheit der Sieger und Verlierer?“ etc. Mit einem so genannten Konfliktraster werden anschliessend Ursachen der Auseinandersetzung beleuchtet, Strategien zur künftigen Vermeidung entwickelt und mögliche Lösungen erörtert. Auch muss man nach den Ängsten und Befürchtungen der Konfliktparteien fragen, sind doch gerade sie es, die in der Praxis häufig sinnvolle Lösungsansätze blockieren.
„Kritik ohne Verletzung des Selbstwertgefühls ist erfolgreicher als verletzende.“
Eine Sonderstellung innerhalb des Konfliktmanagements nimmt die Trennung ein. Können oder wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr miteinander, ist ein besonderes Krisenmanagement gefragt. Um allen Aspekten gerecht zu werden, gibt es auch hierzu „Leitfragen“, die zum einen den Kern des Problems erfassen, andererseits aber auch beiden Parteien die Möglichkeit einer subjektiven Sicht geben.
„Sie müssen als Führungskraft offene und zielführende Gespräche mit den Betroffenen führen. Nur wenn Sie kommunizieren, können Sie Widerstand konstruktiv wenden.“
Formale Fragen wie nach einem Auflösungsvertrag werden ebenso gestellt wie praktische: Kann der Betreffende vielleicht an einer anderen Stelle im Betrieb eingesetzt werden? Kann er einem anderen Arbeitgeber empfohlen werden? Wie sehen überhaupt seine „Marktchancen“ aus? Auch die zu erwartenden emotionalen Reaktionen des Betreffenden finden Eingang in dieses Szenario. Selbst noch mögliche Reaktionen von Arbeitskollegen, also eine Verschlechterung des Betriebsklimas insgesamt, werden als Entscheidungsfaktor in den Trennungsprozess mit aufgenommen und spielen eine Rolle bei der Entscheidung, ob und wie man sich trennt.
Was versteht man unter „Mediation“?
In der Mediation geht es um Vermittlung, Ausgleich und Versöhnung. Ein neutraler Dritter versucht im Einvernehmen mit den beteiligten Parteien eine allgemein akzeptable Lösung zu finden. Dieser Mediator hat keine Entscheidungs- oder Verfügungsgewalt, er ist auf den Konsens der beiden im Streit befindlichen Seiten angewiesen. Ziele der Mediation:
- eine künftige Zusammenarbeit zu ermöglichen;
- den Kooperationsgewinn nach dem Win-Win-Prinzip zu fördern;
- eine „vernünftige“ Auseinandersetzung in der Sache zu ermöglichen;
- neue Wege in der Konfliktbearbeitung aufzuzeigen;
- Hilfe zur Selbsthilfe bei künftigen Konflikten vorzugeben;
- Autonomie und Selbstbestimmung der beteiligten Parteien zu stärken.
„Wahren Sie die Würde der anderen Person.“
Mediation kann nur auf der Basis von Freiwilligkeit gelingen. Im Unterschied zum Moderator versucht ein Mediator jedoch den Lösungsprozess zielstrebig und mit direkten Interventionen voranzutreiben. So wird er auch versuchen, eventuelle Ungleichgewichte auf beiden Seiten auszugleichen. Wichtigste Regel für den Mediator: Er muss die Kontrolle über den Gesprächsverlauf behalten, nicht unbedingt jedoch über den Inhalt - der ist primär Sache der Konfliktparteien. Um die Kontrolle auch in kritischen Situationen zu behalten, ist gelegentlich auch ein entschiedenes, direktives Eingreifen nötig. Dies kann so aussehen, dass der Mediator darauf achtet, dass
- keine Partei den Streit einseitig dominiert,
- störende Teilnehmer zur Ordnung gerufen werden,
- bei Schilderungen in epischer Breite die betreffende Person unterbrochen wird,
- die Regeln eingehalten werden, auf die man sich zuvor geeinigt hat,
- das Gespräch auch in chaotischen Phasen nicht ausser Kontrolle gerät,
- der Fortlauf der Mediation nur dann gewährleistet ist, wenn beide Seiten das wollen.
„Eine der schwierigsten, aber wichtigsten Voraussetzungen für eine Bearbeitung von Konflikten ist es, dem anderen zu vertrauen.“
Der offiziellen Mediation geht ein Eröffnungstreffen voran, das beide Parteien mit den Spielregeln des Verfahrens bekannt macht sowie dessen Ziele definiert. Bei dieser Gelegenheit teilt der Mediator mit, welchen Informationsstand über den Konflikt er besitzt. Auf keinen Fall darf dabei der Eindruck entstehen, der Mediator habe sich hinter dem Rücken einer der beiden Kontrahenten informiert. Auch im Verlauf der Mediation darf dieser Eindruck nie entstehen, weil er den Erfolg des Verfahrens sofort in Frage stellen würde. Vertrauen in die Person des Mediators und in dessen Neutralität sind unabdingbare Voraussetzungen für das Gelingen. Ist eine der beiden Parteien mit der Installation eines Mediators nicht einverstanden, kann dieser seine Aufgabe nicht durchführen. Dabei wird der Mittler von vorneherein klar machen, dass er im Verlauf der Mediation auch Einzelgespräche mit jeweils einer Seite führen, eine Form von Wechseldiplomatie praktizieren wird. Das Ergebnis der Mediation wird schriftlich fixiert und muss von beiden Parteien unterzeichnet werden. Dies wird im Rahmen eines Abschlusstreffens stattfinden, bei dem der gesamte Prozess der Mediation noch einmal kritisch reflektiert wird.
„Es widerspricht einem fairen Verhandlungsstil, wenn Parteien rechthaberisch um Positionen feilschen. Die Streitparteien beginnen dabei gern mit einer extremen Position und halten eigensinnig daran fest.“
Mediation im wirtschaftlichen Bereich ist eine relativ junge Disziplin; von daher sind in aller Regel auch einige prinzipielle Informationen seitens des Mediators nötig. Die Vorteile der Mediation liegen auf der Hand: hohe Kostenersparnis gegenüber gerichtlichen Verfahren, die Wiederherstellung des Betriebsfriedens etc. Erschwert wird die Arbeit des Mediators dadurch, dass viele Sachkonflikte in erster Linie Beziehungskonflikte sind. Eine psychologische Ausbildung des Mediators ist vor diesem Hintergrund zwingend nötig.
Wie handeln Sie als fairer Konfliktpartner?
Hilfreich bei der Klärung von Konflikten ist eine weitgehende Analyse sowohl der eigenen Position wie der des Kontrahenten. Während das in der Sache oft klar ist, liegen die Dinge komplizierter, was ihre emotionale Verwicklung angeht.
„Der Mediator betont beim Erstkontakt seine Rolle als kompetenter Unparteiischer.“
Auch hier ist eine Prüfung angesagt, will man nicht gerade an Widerständen im psychischen Bereich scheitern. „Welche Gefühle habe ich? Wut? Angst?“ ist beispielsweise eine Frage, die man sich stellen sollte. „Habe ich mich noch unter Kontrolle oder lasse ich mich provozieren?“ und „Was ist eigentlich mein Ziel in dieser Auseinandersetzung?“ sind weitere wichtige Überlegungen. Und schliesslich: „Welche Risiken gehe ich dabei ein?“ und „Will ich den anderen nur überzeugen oder will ich ihn zwingen?“ In der Konfrontation selbst gilt es ebenso einige Verhaltensregeln zu beachten:
- Wahren Sie die Würde der anderen Person.
- Wahren Sie die Selbstachtung.
- Hören Sie zu und betrachten Sie die Angelegenheit auch aus der Sicht des anderen.
- Versuchen Sie nicht, andere Menschen zu ändern oder zu „erziehen“.
- Vertreten Sie Ihren Standpunkt intelligent und konsequent.
- Vermeiden Sie Folge-Konflikte.
„Mediation kann nur auf der Basis von Freiwilligkeit gelingen.“
Beachten Sie während des gesamten Konflikt-Prozesses die Erkenntnis von Roger Fisher: „Der Schlüssel zu jedem Konflikt ist nicht die objektive Wahrheit, sondern das, was sich in den Köpfen der Beteiligten abspielt.“