Informationen sind heute für alle zugänglich
Durch den Fortschritt in den Informations- und Kommunikationssystemen stehen Ihnen heute alle aktuellen Informationen zum Börsengeschehen zur Verfügung. Während dies früher nur einigen Bankern über Standleitungen vorbehalten war, können auch Sie heute Kursschwankungen in Echtzeit mitverfolgen. Nutzen Sie daher die Ihnen zur Verfügung stehende Technik, um an Informationen heranzukommen. Behalten Sie den Überblick! Mit dem nötigen Know-how werden Sie mit Neuemissionen Ihr privates Vermögen vermehren. Sie werden Risiken erkennen und Chancen zu nutzen wissen. Junge Unternehmen entscheiden sich heute vermehrt für die Rechtsform einer Aktiengesellschaft und nutzen den Börsengang, das so genannte Going Public, zur Aufnahme von Eigenkapital. Diese Unternehmen aus der New Economy (Technologie, Medien und Telekommunikation) auf ihre Perspektiven am Markt zu durchleuchten fällt nicht immer leicht. Durch ihren hohen Identifikationscharakter werden von Neuanlegern oft Aktien von Fussballvereinen oder Filmproduktionsfirmen gekauft. Doch auch wenn diese Unternehmen gute Arbeit leisten, heisst das nicht, dass mit den Aktien viel Geld zu verdienen ist. Betrachten Sie Firmen unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Bauen Sie eine gewinnorientierte Beziehung zu Ihren Aktien auf.
Chancenreiche Börsengänger
Bei welchen Neuemissionen lohnt sich für Sie der Zugriff? Durch wen hat sich das Unternehmen bis zum Börsengang finanziert? Sind die Gelder von Venture-Capitalists geflossen, die zukunftsträchtige Jungunternehmen bis zum Börsengang finanzieren und dann auf schnelle Kursgewinne und Beteiligungen hoffen, oder steckt ein so genannter Business-Angel dahinter? So nennt man finanzkräftige Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft, die eine neue Idee mit ihrer Erfahrung unterstützen und Geld aus ihrem Privatvermögen investieren. Aus Sicht des Anlegers stellen solche Business-Angels eine viel versprechende Verbindung zu dem Emittenten dar. Business-Angels sind selbst an der langfristigen und erfolgreichen Weiterentwicklung des Unternehmens interessiert.
„Eine solide Aktiengesellschaft fusst auf einer Idee, die unabhängig von Einzelpersonen weitergeführt werden kann.“
Beleuchten Sie die Darstellungen eines Unternehmens hinsichtlich seiner Zukunftsper-spektive. Werden die Wachstumschancen nachvollziehbar dargestellt? Werden realistische Argumente für die Prognosen angeführt? Kann das Unternehmen auch einem Laien in einfachen Worten verständlich machen, um welches Tätigkeitsfeld es sich eigentlich handelt? Wo weist das Unternehmen Vorsprünge gegenüber Konkurrenten auf? Gibt es Patente oder spezielle Verfahrenstechniken, die es von anderen Unternehmen unterscheiden? Macht das Unternehmen Aussagen dazu, wie es das einfliessende Kapital verwenden will? Sollten damit nur Bankschulden getilgt werden, wird es über diesen Punkt sicher schweigen.
„Ein hoher Anteil institutioneller Anleger spricht für Kontinuität.“
Die meisten deutschen Aktiengesellschaften sind nicht börsennotiert. Der Kauf dieser Aktien ist jedoch über Wertpapierhandelshäuser möglich. Diese bieten Ihnen die Möglichkeit, Aktien direkt von der jeweiligen Gesellschaft zu beziehen. Wenn Sie sich selbst als Venture-Capitalist für ein junges Unternehmen engagieren wollen, sollten Sie sich gut über die realistischen Chancen auf ein Going Public dieses Unternehmens klar sein. Nach dem Börsengang steigen die Kurse meist erheblich an. Doch aufgepasst: Solange eine Gesellschaft nicht zum Börsenhandel zugelassen wurde, ist sie auch nicht der börslichen Publizitätspflicht unterworfen. Viele schwarze Schafe werben mit ihrer Idee um Unterstützung und versprechen einen baldigen Börsengang. Es besteht jedoch keine Gewähr, dass deren Aktien jemals zum Börsenhandel zugelassen werden.
Das Emissionsprospekt und das Rating
Das Emissionsprospekt ist die offizielle Präsentation des Unternehmens, das an die Börse geht. Diese Prospekte sind von juristischer Bedeutung, denn die darin enthaltenen Angaben müssen vollständig und richtig sein, ansonsten haben geschädigte Anleger die Möglichkeit, Ansprüche an den Emittenten geltend zu machen. Die Prospekte bieten Angaben zur Marktstellung, Risikofaktoren, Unternehmensstrategie und Finanzdaten.
„In virtuellen Emissionshäusern kann der Anleger an einer Vielzahl von Zeichnungsofferten teilnehmen, ohne dafür die Bankverbindung ändern oder ein zusätzliches Wertpapierdepot bei einer Konsortialbank einrichten zu müssen.“
Leider lassen sich viele Unternehmen mit der Zusendung ihrer Emissionsprospekte viel Zeit. Oftmals werden damit kritische Unternehmensinformationen bewusst zurückgehalten. Nicht selten liegt das Emissionsprospekt sogar erst nach dem Börsengang beim Interessenten vor. Um frühzeitig an wichtige Informationen heranzukommen, hat die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e. V. eine Art Prüfplakette ins Leben gerufen, die so genannte IPO-Norm. Um an diese zu gelangen, muss der Emittent bis spätestens zwei Wochen vor Beginn der Zeichnungsfrist einige Kriterien erfüllen. Für Sie bietet die IPO-Norm eine unabhängige Informationsquelle. Im Internet können Sie einsehen, welche Unternehmen die Norm erfüllt haben. Um sich ein Bild von der Bonität Ihres Emittenten machen zu können, stehen Ihnen verschiedene Ratings zur Verfügung. Dabei nehmen unabhängige Agenturen eine Bonitätseinstufung nach international vergleichbaren Kriterien vor. Gerade der Emittent sollte Interesse daran haben, ein solches Rating erstellen zu lassen, denn die Ratings steigern den Bekanntheitsgrad des Unternehmens und öffnen ihm die Tür zu weiteren Investorenkreisen. Zugleich zeigt das Unternehmen dem potenziellen Anleger, dass es nichts zu verbergen hat.
Stammaktien und Vorzugsaktien
Neben den im Ausland üblichen Stammaktien gibt es in Deutschland die stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Der Aktionär erhält durch den Wegfall seines Mitspracherechts eine Vorzugsdividende. Kann diese zweimal nicht ausgezahlt werden, so erhalten die Aktionäre im Folgejahr das Stimmrecht. Sie sollten sich nur dann für Vorzugsaktien entscheiden, wenn an der Ertragskraft und somit der Sicherheit der Ausschüttung künftiger Vorzugsdividenden kein Zweifel besteht. Für Sie als Anleger kann es von Vorteil sein, wenn das von Ihnen favorisierte Unternehmen gleich an mehreren Börsen notiert ist. Die Aktie erhält einen weiteren Bekanntheitsgrad und sorgt für zusätzliche Nachfrage. Ihnen stehen somit eine Vielzahl an Prognosen und Einschätzungen zur Verfügung. Die Aktie muss jedoch genau auf den Markt zugeschnitten sein. Zeichnen Sie also nur dann Aktien am Neuen Markt, wenn diese definitiv aus dem Bereich Technologie stammen und ihnen ein überdurchschnittliches Wachstum prognostiziert wird.
Vom richtigen Zeitpunkt
Gleich zuschlagen oder warten? Viele Unternehmen bieten ihren Anlegern einen Frühzeichnerbonus an, um einen Überblick über die private Nachfrage zu gewinnen. Greifen Sie aber nur dann zu, wenn Sie sich über alle Modalitäten Klarheit verschafft haben. Ein Bonus nützt Ihnen nichts, wenn Sie nicht wissen, von welchem Emissionspreis er abgezogen wird. Sicherer ist es allemal, abzuwarten und die Kurstaxen im Internet oder per Videotext zu verfolgen. Passen Sie den richtigen Zeitpunkt zur Zeichnung Ihrer Aktien ab. Sind Sie von dem Unternehmen, welches hinter der Aktie steht, überzeugt, dann lassen Sie sich von einem gedrückten Marktklima nicht verunsichern. Gerade wenn durch eine negative Marktstimmung das Interesse an Emissionen abnimmt, sind Emittenten zu verstärktem "Underpricing" gezwungen. Das heisst, Sie erhalten die Aktien zu einem verminderten Emissionspreis.
Wie Sie Ihre Zuteilungschancen verbessern
Für Sie steigen die Chancen auf eine Zuteilung einer Aktie, wenn Sie ein Wertpapierkonto bei einer der Banken haben, die zum Konsortium gehören, also beim Going Public eines Emittenten mitwirken. Achten Sie dabei nicht allein auf den guten Ruf einer Bank, sondern ermitteln Sie, wie viele der von der Bank durchgeführten Emissionen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch im Plus liegen. Nicht die Anzahl der von der Bank durchgeführten Emissionen ist entscheidend, sondern der Erfolg ihrer Emittenten. Ihre Hausbank bietet Ihnen meist nur die Möglichkeit, Aktien zu zeichnen, wenn sie selbst im Konsortium vertreten ist. Möchten Sie Ihre Aktien per Mausklick zeichnen, so nutzen Sie das Angebot virtueller Emissionshäuser. Nach erfolgter Zuteilung werden die Wertpapiere bei Ihrer Hausbank eingebucht, was in der Praxis oft einige Tage dauern kann. Dies ist ein Nachteil zur klassischen Zeichnung, da Zeichnungsgewinne durch die Dauer der Umbuchung verloren gehen. Andererseits steigen Ihre Chancen auf eine Zuteilung deutlich an.
„Ob und wie viele Aktien die einzelnen Zeichner erhalten, hängt vom Grad der Überzeichnung und von der Zuteilungspolitik der Konsortialbanken ab.“
Informieren Sie sich frühzeitig über die Zuteilungskriterien. Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung bei der Zuteilung der Aktien. Eine Volksaktie wird meistens mit der quotalen Zuteilung eingeführt. Für Sie als Anleger bietet dieses Verfahren die grösste Gleichbehandlung. Bei der Zuteilung nach Grösse der Zeichnung hingegen kommt es meist zu Überzeichnungen, weil die Anleger sichergehen wollen, zumindest einen Teil der gewünschten Stückzahl abzubekommen. Der Emittent erhält somit ein völlig falsches Bild über die tatsächliche Nachfrage der Aktien. Achten Sie darauf, ob von einer "Greenshoe-Option" die Rede ist. Hierbei handelt es sich um eine Mehrzuteilungsoption, eine Vereinbarung zwischen Emittent und Konsortialführer. Bei sehr hoher Nachfrage wird ein zusätzliches Aktienkontingent zu den Originalkonditionen freigegeben. Somit entsteht ein flexibles Emissionsvolumen, das dem Markt angepasst werden kann.
Schnelle Zeichnungsgewinne oder langfristige Anlagen?
Viele Emittenten geben Treue-Aktien aus, um ihre Anleger länger an sich zu binden. Der Erhalt von Treue-Aktien nach einer festgelegten Haltedauer ist für den Anleger steuerfrei. Sollten Sie jedoch nach kurzer Zeit schon Zweifel an der positiven Kursentwicklung Ihrer Aktien haben, dann sollten Sie trotz steuerlicher Spekulationsfrist über einen Verkauf nachdenken. Sind Sie nun in den Besitz von Neuemissionen gelangt, so gilt es, das Unternehmen weiterhin zu beobachten. Treten bei Ihrem Unternehmen Änderungen ein, welche die Kursbildung beeinflussen könnten, so ist es gesetzlich verpflichtet, diese Änderungen zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichungen werden Ad-hoc-Publizität genannt. Sie erhalten diese Informationen beispielsweise über ein überregionales Börsenpflichtblatt oder im Internet. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel überwacht die Einhaltung und Richtigkeit der Angaben.
Glauben Sie nicht alles, was in der Zeitung steht!
Mit dem Börsenboom begann auch ein Boom von neuen Zeitschriften zum Thema Börse. Neben Informationen werden darin auch heisse Tipps gehandelt. Durch den immer währenden Druck nach neuen Top-Tipps lassen die Redakteure sich oftmals zu gewagten Aussagen hinreissen. Durch die ständige Flut an neuen Informationen geraten schlecht recherchierte Meldungen an die Öffentlichkeit und beeinflussen so die Kurse. Nicht selten gelingt es Dritten, Falschmeldungen so geschickt einzustreuen, dass selbst gute Recherchen diese nicht immer aufdecken können. Daneben sollten Sie bedenken, dass einige der Wirtschaftsjournalisten selbst Aktionäre sind. Eine wirkliche Unvoreingenommenheit ist somit nicht immer gewährleistet. Seien Sie vorsichtig, wenn Ihnen im Internet Aktien von noch nicht börslich gehandelten Gesellschaften angeboten werden. Die Aussicht auf Traumrenditen ohne Risiko sind verführerisch. Die Erstinvestoren erhalten diese Ausschüttungen oft auch tatsächlich ausgezahlt, doch das System entspricht in etwa dem eines Kettenbriefes. Durch die Zunahme der Anleger wächst das Guthaben an. Sobald jedoch keine neuen Anleger mehr hinzukommen und manche Investoren ihre Einlage zurückverlangen, bricht das System zusammen. Eine weitere Warnung betrifft Chatforen. Sie bieten zwar hilfreiche Informationen, doch immer häufiger werden auch dort Versuche von Kursmanipulation geahndet.
Prof. Dr. rer. pol. Klaus Müller-Neuhof ist geschäftsführender Gesellschafter der Complan Medien GmbH, welche die Deutsche Post Worldnet beim Börsengang im November 2000 begleitete. Dr. Alf-Sibrand Rühle arbeitet freiberuflich als PR-Berater und Journalist. Er ist Autor der Bücher Erfolg mit Aktien, Börsenbegriffe verstehen, Schicken Sie Ihr Geld zur Arbeit und Börse für Einsteiger.