Vorsicht Luftgeschäfte!

Buch Vorsicht Luftgeschäfte!

Schwindelhafte Kapitalanlagen - die Anbieter und ihre Tricks

Eichborn,


Rezension

Der Kap­i­tal­markt boomt. Auf Erfolgskurs sind auch die vielen unseriösen Kap­i­talver­mit­tler. Sie profitieren von der zunehmenden Speku­la­tions­freude der Anleger. Selbst Profis fallen den dubiosen Ren­ditev­er­sprechen zum Opfer. Am Ende steht oft der Ruin. Als erfahrener Kap­i­ta­lan­lagerechtler zeigt Wilhelm Lachmair, wie man sich vor den unredlichen Praktiken obskurer Anbieter schützen kann. BooksInShort empfiehlt diese informative Lektüre ins­beson­dere Pri­vatan­legern. Nicht nur wegen des überaus verständlichen Schreib­stils, sondern auch, weil sogar ausgefeilte Methoden anhand spektakulärer Fall­beispiele demontiert werden. Eine de­tail­lierte Erläuterung un­ver­mei­dlicher Fach­be­griffe findet sich im Anhang des Buches.

Take-aways

  • Das zunehmende Ausmass an betrügerischen Kap­i­talgeschäften hat bereits in­ter­na­tional Besorgnis her­vorgerufen.
  • Je mehr Geld an der Börse existiert, desto schillern­der ist das Angebot der Kap­i­talver­mit­tler.
  • Windige Geschäfte gehören zum Börsenalltag.
  • Luftgeschäfte werden abseits der öffentlichen Wahrnehmung geplant. Übervorteilte Anleger sehen sich daher oft auf verlorenem Posten.
  • Umsicht ist das einzige Mittel, mit dem sich Anleger vor einem kost­spieli­gen Reinfall schützen können.
  • Seriosität ist keine Sache des vordergründigen Auftritts, sondern erst nach er­fol­gre­ichem Geschäftsab­schluss erkennbar.
  • Die Aktien von aggressiv operieren­den Unternehmen sind mit Vorsicht zu betrachten.
  • Geschädigte Anleger haben es vor Gericht oft schwer, die betrügerischen Ma­nip­u­la­tio­nen durch Kap­i­talver­mit­tler nachzuweisen.
  • Im Schadens­fall sollten alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden. Denn in der Regel sind An­lagev­er­mit­tler für ihr Verhalten voll haftbar.
 

Zusammenfassung

Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten

Bis vor gar nicht allzu langer Zeit war es im deutschsprachi­gen Raum üblich, überschüssige Geldmengen auf das Sparbuch einzuzahlen. Bankkunden konnten so etwa vier Prozent Zinsen erzielen. Umso spektakulärer sind die Gewin­n­mar­gen auf dem globalen Kap­i­tal­markt. Kein Wunder also, dass mit­tler­weile breite Bevölkerungss­chichten in Fonds, Immobilien, Dia­man­thandel oder direkte Börsengeschäfte investieren. Für den Vertrieb von Kap­i­ta­lan­la­gen sorgen beauftragte Vermittler. Doch deren Praktiken sind nicht selten kriminell.

Schnee­ball­sys­teme und Täuschungsmanöver

Schnee­ball­sys­teme gehören zu den Klassikern der schwindel­haften Kap­i­ta­lan­la­gen. In Deutschland wurde diese Betrugsform erstmals im 19. Jahrhundert aktenkundig. Damals gründete die verhinderte Schaus­pielerin Adele Spitzeder im Hin­terz­im­mer eines Münchener Hotels die so genannte "Neue Dachauer Bank". Mit dem Versprechen, ungewöhnlich hohe Zinsen auf Gel­dan­lei­hen zu gewähren, lockte sie Tausende von in­ter­essierten Menschen an. Mit dem scheinbar unerschöpflich nachströmenden Geld zahlte sie die An­lageren­diten früherer Kunden aus. Bis sich die angewach­se­nen Verbindlichkeiten auf diese Weise nicht mehr begleichen liessen. Frau Spitzeder musste sich vor Gericht ve­r­ant­worten. Interessant auch die mysteriösen Geschäfte der Göttinger Gruppe - eines mil­liar­den­schw­eren Fi­nanzkonz­erns, dessen finanzielle Transak­tio­nen bis heute nicht nachvol­lziehbar sind und der sich bislang einer Schonung durch die Strafjustiz erfreut. Dabei geriet die Göttinger Gruppe bei der Auf­forderung, Bilanzen zu präsentieren, massiv ins Schlingern. Schon der Prospekt lässt bei genauerer In­ter­pre­ta­tion Rückschlüsse auf betrügerische Täuschung der Anleger zu.

Der Fall EM.​TV

Am Beispiel der Münchener TV-Rechte­han­dels­ge­sellschaft der Gebrüder Thomas und Florian Haffa wird deutlich, welche Speku­la­tionsblüten Kur­sphan­tasien treiben können und wie Börsen­nachrichten manipuliert werden. Dank vordergründig er­fol­gre­icher Geschäfte mit dem Me­di­enun­ternehmer Leo Kirch sowie einer offensiv betriebenen Kurspflege galten Aktien von EM.​TV als sicherer Anlagetipp. Nachdem die Massen an die Börse geströmt waren, um Geld in EM.​TV zu investieren, stellte sich rasch heraus, dass die angebliche Substanz des Un­ternehmens gezielt her­beigere­det worden war. Merke: Scheinbar solide Auftritte seriöser Firmen sind noch lange keine Garantie für deren Aufrichtigkeit. Auf der Strecke bleiben Kleinan­leger, die das Spiel der Giganten als Letzte durch­schauen. Nicht etwa, weil Privatleute dümmer wären als Profis. Nein, sie sind nur wesentlich schlechter informiert. Gezielt eingesetzte Fehlin­for­ma­tio­nen werden in den USA übrigens ausdrücklich unter Strafe gestellt. Betrachtet man die Entwicklung auf dem Neuen Markt in Europa, dürfte bald auch hier der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter werden.

Exotische An­lagevari­anten

Kriminelle Han­del­sprak­tiken finden sich v. a. im Bereich exotischer Geldanlagen. Besonders sollte hier vor Penny-Stocks gewarnt werden. Dabei handelt es sich um ger­ing­w­er­tige Papiere, die an einigen auswärtigen Börsen gehandelt werden. Diese werden von spezial­isierten Brokern manipuliert. Dazu wird die Aktie in einen attraktiv wirkenden Fir­men­man­tel mit Sitz im möglichst weit entfernten Ausland eingebettet. Die scheinbaren Wach­s­tum­sak­tien werden jedoch gleich wieder fallen gelassen, nachdem genügend Anleger die hoff­nungsvollen Speku­la­tion­sob­jekte gekauft haben. Gewinne werden während der kurzen Wer­t­ex­plo­sion in Form von ex­or­bi­tan­ten Provisionen oder drastisch übersteigerten Gehältern einbehalten. Gemäss Einschätzung US-amerikanis­cher Behörden entsteht durch diese Variante des An­lage­be­trugs ein Schaden von mehreren Milliarden Dollar.

Die Geschichte vom Stelzer-Mo­tor

Am Beispiel des sagenhaften Stelzer-Mo­tors lässt sich eine weitere Version des Betrugs ve­r­an­schaulichen. Ein Schweizer Erfinder ersann vor Jahren einen robusten Ver­bren­nungsmo­tor, dessen einzi­gar­tige Funk­tion­sweise einen ebenso kostengünstigen wie uni­versellen Einsatz versprach. Ein Prototyp wurde tatsächlich gebaut, das Stück war den Autoren der Brock­haus-En­zyk­lopädie sogar einen Eintrag wert. Bis zum heutigen Tag gibt es allerdings keine Anwendung der Wun­der­mas­chine. Dennoch war sie Mittelpunkt einer gross angelegten Mar­ket­ingstrate­gie, an deren Ende die Gründung einer Ak­tienge­sellschaft stand. Investoren fanden sich reichlich. Der Einsatz des Stelzer-Mo­tors bleibt hingegen aus, von ergeb­nisori­en­tierter Weit­er­en­twick­lung des Aggregats keine Spur.

Anfällige Werte

Eine geringe Anzahl frei umlaufender Aktien kann bereits zu Ma­nip­u­la­tio­nen verführen. Zum Beispiel wenn grosse Posten neu zu emit­tieren­der Wertpapiere von spezial­isierten Fonds aufgekauft werden. Eine selb­st­gerechte Bewertung durch die Fonds­ge­walti­gen droht dann über die Geschicke der betroffenen Unternehmen zu bestimmen, da der freie Markt nicht regulativ auf den wahren Wert der Papiere einwirken kann. Dem Pri­vatan­leger sei deshalb an dieser Stelle von Aktien mit geringem "Free Float" abgeraten.

Risikoan­la­gen im Tele­fon­verkauf

Vorsicht auch beim Tele­fon­verkauf! Gerade risiko­r­e­iche Anlagen wie beispiel­sweise War­enter­mingeschäfte sollten ohne genauere Prüfung keinem Telefonverkäufer anvertraut werden. Denn die Taktiken des Tele­fon­verkaufes sind un­berechen­bar. Nicht zuletzt, weil der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung nicht mit allen Sinnen geprüft werden kann. Zudem wird es eher anonymen Telefonverkäufern leicht gemacht, weil sie ihrem Opfer nicht in die Augen schauen müssen.

Bankgarantien

Nur wo "Bank" draufsteht, ist auch Bank drin - sollte man zumindest meinen. Doch der Begriff "Bank" ist in vielen Ländern der Erde nicht geschützt. So kann in der Karibik oder in den USA jeder seine persönliche Bank betreiben und pseudoseriöse Briefköpfe entwerfen, um sie hierzulande im Sinne einträglicher Schwindelgeschäfte zu nutzen. Einige Kapitalhändler gehen sogar so weit, mit dreist betitelten Part­ner­in­sti­tuten wie der "Scandinavia Sparkasse AG, USA" zu werben. Bankgarantien sollten also in jedem Fall hinterfragt und sorgsam überprüft werden!

Tückisch: Der Im­mo­bilien­markt

Luftgeschäfte mit überbe­w­erteten Immobilien gehören zur skru­pel­los­es­ten Variante des unseriösen Kap­i­ta­lan­lagev­er­triebs, der übrigens nicht ohne die Mitwirkung der Fi­nanzierungs­banken abläuft, oder genauer: nicht ablaufen kann. Ve­r­ant­wortlichen wie Banken ist klar, dass derartige Angebote am Markt nur verkauft werden können, wenn zugleich eine Fi­nanzierung gewährleistet werden kann. In der Ver­gan­gen­heit hat sich eine Reihe von Kred­itin­sti­tuten von unseriösen Struk­turver­trieben ko­r­rumpieren lassen. Wenig bekannt: Die beteiligten Kreditgeber wurden von der Recht­sprechung bis zum heutigen Tage in teilweise nur schwer nachvol­lziehbarer Weise geschont. Die Funk­tion­sweise der Im­mo­bilien-Luft­geschäfte beruht auf dem scheinbar gren­zen­losen Vertrauen der Anleger. Denn Häusern und Grundstücken eilt der Ruf voraus, nie an Wert zu verlieren. Im Grunde erwartet jeder, dass sich Immobilien zu jeder Zeit mit Gewinn abstossen lassen. Wertver­schiebun­gen und Fi­nanzierungsmod­elle sind für Pri­vatan­leger in diesem Zusam­men­hang jedoch oft un­durch­sichtig und letztlich schwer einzuschätzen.

Im­mo­bilien­fonds

Wer nicht an Wohneigen­tum in­ter­essiert ist, darüber hinaus jedoch eine Lei­den­schaft für steuerliche Ab­schrei­bung entwickeln konnte, dürfte sich von Im­mo­bilien­fonds ange­sprochen fühlen. Viele grossartige Bauten hätten ohne die anteilige Geldeinlage ver­schiedener Investoren nie finanziert werden können. So ist auch der Wieder­auf­bau der Dresdner Tabak­moschee Yenizde nur aufgrund der Beteiligung einer Fonds­ge­sellschaft ver­wirk­licht worden. Diese Gesellschaft litt indes unter enormen Liquiditätsproblemen. Die Fond­sze­ich­ner dürfen sich nun zwar rühmen, ein his­torisches Baudenkmal erschaffen zu haben, ansonsten schauen sie jedoch in die Röhre. Denn alles investierte Geld ist von den Ve­r­ant­wortlichen des Fonds für die Begleichung offener Rechnungen ausgegeben worden. Bei der Be­gutach­tung einer Fonds-Of­ferte sollten sich Anleger also immer fragen, ob der re­sul­tierende Kostenblock realistisch erscheint und das Projekt in absehbarer Zeit wirklich Gewinn abwerfen wird.

Scheingeschäfte

Bei einem seriösen Geschäft lässt sich mühelos erkennen, was die andere Seite davon hat. Nicht so bei Scheingeschäften. Beispiel­sweise dem An­zahlungs­be­trug. Meist wird einer grösseren Gruppe von Einzelin­ve­storen vorge­gaukelt, private Darlehen als Gemein­schaft zu besonders preiswerten Konditionen zu erhalten. Meist sind diese Angebote an eine handfeste Anzahlung sowie an überzogene Bear­beitungs­gebühren gebunden. Die Bere­it­stel­lung der Kredite bleibt selbstverständlich aus. Vorkasse-Schwindel der übelsten Sorte geht au­gen­blick­lich von der afrikanis­chen Westküste aus. Straff or­gan­isierte Betrügerbanden bieten Europäern In­sid­er­wis­sen an. Der Handel mit frisierten In­for­ma­tio­nen aus unübersichtlichen Wirtschaftsräumen wird sogar durch eine Einladung ins Land untermauert. Vor Ort dürfen sich die poten­ziellen Investoren ein Bild vom luxuriösen Lebensstil ein­heimis­cher Geschäftsleute machen. Allerdings ist die Beteiligung an schmack­haften Transak­tio­nen auch hier an Vo­rauszahlun­gen geknüpft. Einmal geschädigt, ist es nahezu unmöglich, verun­treutes Geld von Europa aus zurückzufordern.

Tipps für geschädigte Kap­i­ta­lan­leger

Innerhalb der EU haben unrechtmässig übervorteilte Anleger selbstverständlich Möglichkeiten, gegen Betrüger vorzugehen. Allerdings sollten sie sich rechtlichen Beistand suchen. Spezial­isierte Anwälte und geeignete In­ter­essen­verbände findet man heutzutage sogar im Internet. Rechtsvertre­tun­gen können jedoch nur dann wirkungsvoll vorgehen, wenn sie ausreichend über den Fall informiert worden sind. Klartext: Auch ver­meintlich peinliche Fakten sollten offen besprochen werden. Un­acht­samkeit und Gutgläubigkeit sind ja Gott sei Dank nicht strafbar. Wer viel Geld verloren hat, sollte auch mutig genug sein, um einen ebenfalls grossen Betrag für die Verfolgung der Betrüger einzusetzen. Diese Massnahme steigert die Er­fol­gsaus­sicht, zumindest einen Teil des Schadens zu kom­pen­sieren.

Haftung

Die Durch­set­zung von An­legerin­ter­essen ist eigentlich Sache der eingeschal­teten Anwälte. Dennoch. Es gibt einige grundsätzliche Tatsachen, die Betrogenen Mut machen sollen. Beispiel­sweise handelt es sich beim Betrieb von Schnee­ball­sys­te­men oder der Ma­nip­u­la­tion bei Risikoan­la­gen um betrügerische Handlungen, die zivil­rechtlich verfolgt werden müssen. Schaden­er­satzansprüche können - zumindest theoretisch - erfolgreich geltend gemacht werden. An­lagev­er­mit­tler, die Kunden vorsätzlich schädigen, sind ebenfalls zu 100 % für ihr Tun ve­r­ant­wortlich. Der Beweis des Vorsatzes liegt allerdings auf Seiten der Gläubiger. Bleibt zu erwähnen, dass schon geringfügige Fehlin­for­ma­tio­nen und das Ver­schweigen nachteiliger Ak­ti­en­nachrichten für die Schuld des An­lagev­er­mit­tlers sprechen, bereits missverständlich gestaltete Prospekte werden von der Justiz geahndet. In Einzelfällen können sogar beteiligte Kred­itin­sti­tute haftbar gemacht werden, wenn diese hätten erkennen müssen, dass ein Kunde, der ansonsten nur über Spar­bucher­fahrun­gen verfügt, plötzlich hochspeku­la­tive Transak­tio­nen über eines der auf der Bank geführten Konten abwickelt.

Über den Autor

Der Recht­san­walt Wilhelm Lachmair wurde 1959 in München geboren. Im Verlauf der Zeit spezial­isierte er sich auf das Bank- und Börsenwesen. Während seiner langjährigen Beruf­spraxis hat er das Leid betrogener Anleger persönlich kennen gelernt.