Einmalig und ganz speziell
Haben Sie eine Pyramide? Falls Sie vorhaben, diese zu versetzen, ist das ein richtiges Projekt. Das Schokoriegelregal im Supermarkt umbauen, das ist etwas anderes. Man erhebt zwar heute alles zum Projekt, aber das ganze Unternehmen sollte schon einen etwas speziellen Touch haben, Sie sollten mit einem Projekt etwas wirklich Besonderes tun. Und ein Budget einhalten. Das ist überhaupt die Regel Nummer eins für einen Projektmanager. Ausserdem arbeiten Sie mit einem speziellen Projektteam, haben einen fixen Endpunkt und begrenzte Ressourcen. All das zusammen macht ein Projekt aus.
„Ein Projekt ohne fundierte Planung überlebt - wenn überhaupt - nur durch Improvisation und glückliche Zufälle.“
Das kriegen Sie auch so hin, ohne spezielles Management? Wenn Sie kleinere Organisationseinheiten bilden, sind Sie sicher flexibler. Ausserdem können Sie hier Fachleute zusammenziehen, ohne auf irgendwelche Abteilungen Rücksicht nehmen zu müssen. Aber einer muss ja auch jetzt der Boss sein, jemand der darauf guckt, dass das Projekt innerhalb des klassischen Spannungsdreiecks abläuft ("Time, Budget and Quality"): der Projektmanager.
Wer Ordnung hält ...
... ist nur zu faul zum Suchen? Als Projektmanager könnten Sie mit dieser Einstellung ernsthafte Probleme bekommen. Planung, Überwachung, Koordination und Steuerung, das ist Ihr Job. Funktioniert Ihre Infrastruktur? Leicht wird das nicht, aber es gibt Leitlinien:
- zielorientiertes Handeln
- ganzheitliches Denken
- schnelles Erfassen
- sicheres Strukturieren
- Transparenz gewährleisten
- Wirtschaftlichkeit im Auge behalten
„Schon nach dem ersten Fünftel des Projekts lässt sich eine verlässliche Prognose über den Erfolg oder Misserfolg des Vorhabens treffen.“
Wenn Sie ein Projekt so angehen, bekommen Sie hinterher einen Orden! Und wenn Sie es schaffen, Ihrer Projektarbeit eine Struktur zu geben, bekommen Sie nicht mittendrin einen Nervenzusammenbruch. Weder der Urlaub eines kreativen Kollegen noch ein Totalabsturz des Servers sollte Sie in Angst und Schrecken versetzen. Gewöhnen Sie sich an ein Backup und legen Sie alle zum Projekt gehörigen Dokumente an einer zentralen Stelle ab. Eine Projektmappe, immer nach dem gleichen Schema aufgebaut, ist eine wahre Wundertüte bei Kundenanfragen.
Über sieben Brücken musst du gehn ...
Sie haben ein Projekt an Land gezogen und Ihr Enthusiasmus über den gewonnenen Etat, den Pitch, kennt kaum Grenzen? Das Erste, was Sie falsch machen können, ist, den Projektzyklus grosszügig zu vergessen. Zuerst kommt die Analyse, dann Planung, Durchführung und zum Schluss die Kontrolle. Ein Projekt verläuft über sieben Stationen:
- Akquisition. Der Projektmanager sucht Neukunden oder findet neue Aufgaben bei bestehenden Kunden. Einfach weil er sie schon kennt. Hoffentlich waren alle mit Ihnen zufrieden, dann haben Sie die besten Chancen auf einen neuen Pitch.
- Vertrag und Briefing. Wer hat welche Rechte, welche Pflichten? Fürs Erste reicht auch ein "Letter of Intent" (die Verlobung sozusagen), eine Absichtserklärung und die Gewissheit für Sie, dass der Auftraggeber Ihnen Ihre Auslagen ersetzt, wenn er es sich anders überlegt und die "Hochzeit" platzt.
- Projektentwicklung. Was kostet der Spass? Was ist die Vision, die Zielsetzung? Setzen Sie sich zu einem Kickoff-Meeting zusammen, das ist gleichzeitig der Anpfiff. Aber vielleicht versuchen Sie es erst einmal mit einem Prototyp, dann tun Sie sich mit der Realisierung leichter.
- Projektrealisation. Auch wenn Ihnen das am meisten Spass macht: Wehe, Sie haben vorher nicht intensiv analysiert, geplant und das ganze Risiko überprüft! Und legen Sie alle Teilergebnisse Ihrem Auftraggeber vor, sonst wird die Korrektur hinterher uferlos.
- Qualitätssicherung. In der New-Media-Branche hat da niemand Bock drauf, aber es ist wichtig! Machen Sie zuerst ein Alpha-Testing in der Agentur, dann suchen Sie sich externe Tester und Qualitätssicherungs-Dienstleister für das Beta-Testing.
- Dokumentation, Projektabschluss. Setzen Sie sich nochmal alle zusammen und üben Sie Manöverkritik. Fehler macht jeder; gut wäre es, wenn Sie was daraus lernen.
- Pflege und Folgeakquisition. Wenn Sie die Internet-Website nicht laufend aktualisieren, hat Ihr Kunde wenig Freude mit Ihnen. Bei Online-Medien ist der Start nur der Anfang. Bleiben Sie dran, sonst sind Sie schnell wieder raus.
Stellen Sie die Weichen!
Planung ist das halbe Leben. Beim Projektmanagement vielleicht sogar das ganze. Kennen Sie den Ist-Zustand? Und wo wollen Sie hin? Dazu brauchen Sie die Projektentwicklung. Mit ein bis zwei Stunden ist das nicht getan! Je mehr Sie wissen, umso leichter finden Sie Ihr Ziel. Wann möchten Sie da sein? Ihr Kunde will ja nicht ewig auf sein Projekt warten. Er nennt Ihnen den Fertigstellungstermin - wer zahlt, schafft an. Teilen Sie das Projekt in grössere Arbeitsschritte und Zeiträume. Mit welchen externen Dienstleistern arbeiten Sie zusammen? So jemand kann Ihnen Ihre ganze Planung durcheinander bringen, wenn er ein Stümper ist. Fragen Sie einfach ein bisschen herum, die Branche ist klein, man kennt seine Pappenheimer.
„Der zentrale Ansatz in Ihrer Qualitätssicherung muss sein, Fehler zu finden.“
Bevor Sie loslegen, bekommt der Kunde jetzt ein Angebot mit Kostenkalkulation. Das soll kein Buch mit sieben Siegeln sein, Ihr Kunde will schon wissen, was Sie da vorhaben. Er soll Ihnen ja vertrauen und dazu ist grösstmögliche Transparenz nötig. Sie brauchen auch genügend Puffer, schliesslich können Sie nicht jedes Problem vorhersehen. Stellen Sie aber gleich klar, dass Sie Mehraufwendungen in Rechnung stellen. Manchen Kunden fällt sonst alles Mögliche unterwegs noch ein.
In medias res
Langsam wird es ernst. Was ist die erste Pflicht des Projektmanagers? Das Pflichtenheft. Der Kunde bekommt eines und die Teammitglieder. Da kann dann jeder nachschauen und sich über Vision, Zielsetzung, Rahmenbedingungen, Verantwortlichkeiten, Timing und die einzelnen Aufgaben informieren. Schreiben Sie nicht allzu viele Fachtermini mit rein, auch wenn Sie diese beherrschen, der Kunde hat vielleicht seine Probleme damit. Auch ein "technischer Laie" sollte klarkommen. Wer macht was? Verteilen Sie die Aufgaben klar und eindeutig. Ihre Leute wissen schon, was sie machen müssen? Gut, aber wundern Sie sich dann nicht, wenn Sie mitten im Projekt dann von Pontius zu Pilatus rennen müssen, und keiner fühlt sich zuständig. Die Rechte und Pflichten müssen ganz eindeutig zugewiesen werden. Der Geschäftsführer hat andere Aufgaben als der Projektmanager, der Art-Director (AD)/Creative Director (CD), Entwicklungsleiter oder der Producer. Ihr Job beispielsweise ist es, jedes Meeting mit dem Kunden gründlich vorzubereiten. Erstellen Sie vorher eine Agenda und hinterher ein Protokoll, das erleichtert beiden Seiten die Arbeit.
Benützen Sie Ihre Werkzeuge!
Wie sagen Sie’s Ihren Teammitgliedern? In einem internen Briefing, kurz, knapp und verständlich, zwei Seiten genügen für die notwendigen Informationen. Wo liegt das Material? Wer sind die speziellen Ansprechpartner? Wie ist der Umfang an kalkulierten Manntagen? Und weil bei New Media alles schön anschaulich sein soll, steht Ihnen als weiteres Werkzeug ein Flowchart zur Verfügung, da haben Sie die Struktur, mit der die Inhalte Ihres Projekts gegliedert sind, auf einen Blick. Wahrscheinlich gibt es immer mal wieder kleine Änderungen oder Terminverschiebungen - für so etwas benutzen Sie ein Memo, das Sie allen Teammitgliedern aushändigen. Über den Stand der Dinge gibt es ein wöchentliches Review, darin können Sie auch evtl. dem Kunden mitteilen, dass er mit der Materialanlieferung in Verzug ist. Aber bitte taktvoll!
Wie behalten Sie den Überblick?
Sie kennen die Aufgabenstellung und die Zeitplanung? Na also, dann kontrollieren Sie, ob das zum aktuellen Status des Projekts passt. Wenn Sie das erst zum Schluss machen, kann es allerdings teuer werden. Konzentrieren Sie sich aber auf das Wesentliche, setzen Sie nicht alle fünf Minuten aufwändiges Controlling ein, sonst treiben Sie damit bloss Ihre Gesamtkosten in die Höhe. Sie brauchen noch ein paar Mark für die Qualitätssicherung. Warum so viel Geld für umfangreiche Tests ausgeben, wenn man doch sowieso nicht alle Fehler findet? Weil die Kunden dann mehr Vertrauen in Ihr Produkt haben. Lassen Sie aber nicht den an der Software beteiligten Programmierer dran, er wird vielleicht gar keinen Fehler finden wollen. Übertreiben Sie es aber auch nicht, den vollständigen Test eines Programms gibt es nicht. Und testen Sie nicht nur die Anwendung, testen Sie auch den Inhalt. Schon peinlich, wenn Texte und Bilder fehlen ...
„In der Projektarbeit ist generell ein ausgewogenes Verhältnis von Kontrolle und Risiko anzustreben.“
Projekt realisiert, jetzt machen Sie Urlaub? Nicht bevor die Dokumentation steht! Erstens erwerben Sie sich durch jedes Projekt ein bestimmtes Know-how, das sollten Sie firmenintern festhalten. Zweitens will der Kunde eine Gebrauchsanweisung haben. Wie soll er die Anwendung sonst warten und aktualisieren? Und schreiben Sie Ihre Dokumentation bitte in verständlichem Deutsch! Ihr Kunde ist vielleicht ein technischer Laie, er will nicht erst einen Fachkurs belegen müssen, bevor er die Gebrauchsanweisung versteht.
Immer in Kontakt bleiben!
Sie möchten gerne Ihre Ruhe haben? Projektmanager sind kommunikative Menschen. Sie telefonieren, konferieren, präsentieren und verhandeln und es macht ihnen sogar Freude. Als Projektmanager sind Sie der Navigator. Das geht nicht ohne Kommunikation. Ausserdem müssen Sie Ihre Mannschaft motivieren. Wenn Sie sich in Ihrem stillen Kämmerlein verbarrikadieren, wird Ihnen das kaum gelingen. Gehen Sie auf Ihre Mitarbeiter zu! Geben Sie Unterstützung, loben Sie, fragen Sie nach, stärken Sie das Wir-Gefühl. Sie glauben gar nicht, welche Leistungen Sie damit aus Ihren Mitarbeitern herausholen können! Sie stehen im Rampenlicht - oder in der Schusslinie. Jedenfalls sitzen Sie im Zentrum zwischen Team, Kunden und externen Dienstleistern. Sie kommen ins Schwitzen? Das gehört zum Job. Sie sind der Moderator. Lassen Sie alle zu Wort kommen, vermitteln Sie, bleiben Sie sachlich, halten Sie sich auch mal zurück, zeigen Sie Kompetenz. Und Sie sind es, der den roten Faden in der Hand hält!
Haben Sie Ihr Ziel erreicht?
Der schönste Internet-Auftritt, den Sie projektiert haben, ist für die Katz, wenn keiner die Site besucht. Wollen Sie wissen, wie die Besucher der Website sich verhalten? Interessiert Sie die Akzeptanz? Hoffentlich! Wenn die Zielgruppe Ihr Produkt nicht annimmt, hätten Sie’s gleich bleiben lassen können. Sie müssen etwas über die quantitative und qualitative Nutzung des Internet-Servers erfahren. Ihre Neugierde sollte grenzenlos sein. Hier jedenfalls. Möchten Sie ganz fortschrittlich sein? Binden Sie die Zielgruppe in die Konzeption, Produktion und Qualitätssicherung mit ein. Auch bei interaktiven Medien können Sie damit Kosten senken. Wie kommen Sie an die Leute ran? Falls sie nicht gerade neben Ihnen stehen, müssen Sie die Zielgruppe analysieren. Das Account-Planning ist eine Methode. Wie denken die Menschen? Welche Probleme haben sie? Was erwarten sie von dem neuen Medium? Je besser Sie die Zielgruppe kennen, umso leichter wird es Ihnen fallen, das passende Produkt auf den Markt zu bringen. Und die Chancen auf Ihren nachhaltigen Erfolg als Projektmanager steigen beträchtlich.
Dipl.-Ing. FH Uwe Greunke hat als Key Account Manager bei USWeb/CKS Kunden wie Lufthansa, TUI, Sharp, Apple und den Springer-Verlag betreut. Seit 1999 ist er als Key Account/Quality Manager bei der Pixelpark GmbH Berlin tätig.