Wozu eine Unternehmenstransaktion?
Das vorrangige Ziel einer Unternehmenstransaktion, also einer Fusion oder eines Kaufs – auf Englisch Mergers & Acquisitions (M&A) –, ist es, den Wert eines Unternehmens zu erhöhen bzw. dessen Fortbestand zu sichern. Durch den Kauf eines anderen Betriebes kann eine Firma wachsen, das Risiko über mehrere Länder oder Produktsegmente streuen oder die Kosten senken. Kostensenkungen, durch Skaleneffekte ausgelöst, treten öfter bei Zusammenschlüssen von Unternehmen auf, die Produkte auf derselben Stufe der Wertschöpfungskette herstellen, da die Fixkosten somit auf eine höhere Stückzahl verteilt werden. Leider überschätzen aber viele Manager die Synergien und bezahlen einen zu hohen Kaufpreis, sodass zwei Drittel aller Transaktionen Wert vernichten.
„Das grundlegende Ziel einer Transaktion ist immer die nachhaltige Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswerts.“
Manchmal sind es nicht unternehmensinterne Gründe, die zu einem Deal führen. So möchte sich vielleicht das Management profilieren und seine Macht erweitern. Oder die Kartellbehörden erzwingen, dass ein Unternehmensteil abgestoßen wird. Fehlende Nachfolgeregelungen in kleinen und mittelgroßen Firmen, steuerrechtliche Aspekte oder die augenscheinliche Unterbewertung eines Unternehmens an der Börse können ebenfalls eine Motivation für M&A darstellen.
Die drei Phasen einer Unternehmenstransaktion
Damit eine Transaktion erfolgreich ist, müssen Sie diese drei Phasen konsequent managen:
- Strategiephase: Definieren Sie eine ganzheitliche M&A-Strategie, die zur Unternehmensstrategie passt. Dazu müssen Sie Investitionskriterien formulieren, eine langfristige Finanz- und Bilanzplanung erstellen und sich für die bevorzugten Transaktionsformen entscheiden. Wenn eine Transaktion ansteht, sollten die notwendigen Strukturen und Prozesse für die Durchführung bereits aufgebaut sein. Vor jedem Kauf oder Verkauf prüfen Sie die Chancen und Risiken des Projekts, machen sich Gedanken zur Integrationsstrategie und Führungsstruktur und wählen geeignete Berater aus.
- Transaktionsphase: Das Topmanagement muss natürlich involviert sein, damit Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden und die organisatorische Verantwortung genau definiert wird. Im Zentrum der Transaktionsphase steht die Due Diligence, eine strikte Prüfung des zum Verkauf stehenden Unternehmens oder Unternehmensteils. Sie sammeln Daten, die Sie für die Bewertung und die Festlegung des Kaufpreises sowie für die steuerliche und rechtliche Strukturierung der Transaktion benötigen, und Sie identifizieren so genannte Deal-Breaker – Umstände, die das Aus der Transaktion bedeuten können. Die Due Diligence ist auch deswegen unabdingbar, weil Vorstand und Aufsichtsrat nachweisen müssen, dass sie die Kaufentscheidung auf Basis angemessener Informationen und im Sinne des Unternehmens getroffen haben. Die Transaktionsphase endet mit der Ausarbeitung und Unterzeichnung des Kaufvertrags.
- Integrationsphase: Ein Deal ist nur dann erfolgreich, wenn Synergiepotenziale realisiert werden. Diese stecken beispielsweise in einem breiteren Produktsortiment, in der Erschließung neuer Märkte und Kundengruppen oder in geringeren Kosten durch Skaleneffekte. Doch es besteht auch die Gefahr, dass aufgrund der Transaktion keine Zeit mehr für das Tagesgeschäft bleibt oder dass Kunden verärgert auf den Unternehmenskauf reagieren. Die Integrationsphase muss daher von einem kompetenten Manager geleitet werden, der die Ziele, den Zeitplan, die Synergien und die Integrationskosten im Auge behält. Ihn unterstützen der Lenkungsausschuss, das operative und fachliche Integrationsteam und das für die Kommunikation zuständige Integrationsbüro. Gemeinsam entwickeln sie das zukünftige Geschäftsmodell.
Strukturierung und Kaufpreisfindung
Wenn Sie Ihr Unternehmen verkaufen wollen, müssen Sie sich in der Strategiephase zwischen diesen Transaktionsstrukturen entscheiden:
„Eine Transaktion erfolgt in der Regel in der Erwartung von Synergieeffekten.“
Beim Trade-Sale wird ein Unternehmen bzw. ein Teil davon direkt an einen Investor verkauft. Betrifft dies nur einzelne Vermögensgegenstände, bezeichnet man die Transaktion als Asset-Deal. Soll die Vermögenssituation unverändert bleiben, empfiehlt sich der Share-Deal, bei dem die Eigentümer auf Gesellschafterebene wechseln. Die Entscheidung zwischen Asset- und Share-Deal fällt oft aufgrund steuerrechtlicher Aspekte. Denkbar ist auch ein Börsengang, bei dem Anteile an Ihrem Unternehmen an Aktionäre abgegeben werden. Dadurch sind aber Synergien ausgeschlossen, und für Sie entstehen hohe einmalige Transaktionskosten. Möchten Sie Anteile an einer Ihrer Tochtergesellschaften über die Börse verkaufen, nennt man das Carve-out. Dem steht der Spin-off gegenüber, bei dem ein Teil aus dem Unternehmen herausgelöst und in die Selbstständigkeit entlassen wird. Die Aktionäre der Muttergesellschaft erhalten kostenlos so viele Prozente an dem Spin-off, wie sie an der Mutter halten.
„Kern der Transaktionsphase ist die Due Diligence, die mittels einer fokussierten, aber zugleich ganzheitlichen Unternehmensanalyse die wertbestimmenden Faktoren eines Zielunternehmens analysiert.“
In der Transaktionsphase wird der Kaufpreis festgelegt. Grundlage dafür ist erst einmal, dass das Unternehmen „stand-alone“ bewertet wird, d. h. ohne dass Sie die möglichen Synergien berücksichtigen. In der Praxis haben sich dabei zwei Methoden durchgesetzt: Beim Discounted-Cashflow-Verfahren werden die zukünftigen erwarteten Zahlungsströme eines Unternehmens abgezinst. Die in diesem Verfahren getroffenen Annahmen müssen Sie im Rahmen der Due Diligence auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Kommt die Multiplikatormethode zum Einsatz, wirft man einen Blick auf die Marktpreise vergleichbarer börsennotierter Unternehmen oder auf Kaufpreise, die bei ähnlichen Transaktionen bezahlt wurden. Den ausgefeilten Bewertungsmethoden zum Trotz ist der Kaufpreis aber immer das Ergebnis von Verhandlungen, die wiederum von Angebot und Nachfrage beeinflusst werden. Der Kaufpreis kann sich aus fixen und variablen Bestandteilen zusammensetzen. Beim so genannten Earn-out hängt er etwa davon ab, ob das Zielunternehmen nach einer bestimmten Zeit Vorgaben wie Gewinn- oder Umsatzziele erreicht.
Das Herzstück der Transaktionsphase: die Due Diligence
Die ersten Informationen zum Transaktionsobjekt gehen den Kaufinteressenten in der Regel zu, nachdem sie eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet haben. Bei mehreren Interessenten geschieht dies durch ein „Information-Memorandum“. In der Folge wird ein „Letter of Intent“ (LoI) unterzeichnet, in dem zwei Parteien erklären, die Transaktion abschließen zu wollen. Nun kommt es zur Due Diligence, wobei zuvor manches Mal noch ein unverbindliches Angebot eingeholt wird, unter Nennung eines ungefähren Kaufpreises. Die Due Diligence hilft, Risiken und Chancen der Transaktion zu identifizieren. Die Informationen dazu werden dem potenziellen Käufer auf verschiedenen Wegen vermittelt:
- Information-Memorandum: Dies ist ein Dokument, in dem die wichtigsten Finanzkennzahlen sowie Daten zum Produktportfolio, zu Struktur und Geschichte der Organisation, zum Management und zur Branche zusammengefasst sind.
- Managementpräsentation: Das Management informiert die potenziellen Käufer über das Unternehmen, die Planzahlen und die laufende Geschäftsentwicklung.
- Datenraum: Dies ist ein virtueller oder tatsächlicher Raum, in dem operative, rechtliche, steuerliche und finanzwirtschaftliche Informationen u. a. zu Personal, IT, Kunden, Lieferanten, Verträgen und Immobilien bereitgestellt werden. Kopieren ist nicht erlaubt, heikle Stellen in den Verträgen sind noch geschwärzt.
- Q&A-Prozess: Er besteht aus formalisierten Frage-und-Antwort-Runden zu den Dokumenten im Datenraum sowie aus Expertenmeetings.
„Im Grundsatz geht es bei der Due Diligence darum, dem Käufer ein möglichst umfassendes und transparentes Bild des Zielunternehmens zu verschaffen.“
Im Mittelpunkt der Financial Due Diligence stehen das interne und externe Rechnungswesen sowie der Geschäftsplan. Die Tax-Due-Diligence dient dazu, die Transaktion steueroptimal zu strukturieren und Steuerrisiken im Vorfeld zu erkennen. Im Rahmen der Legal Due Diligence werden Rechtsstreitigkeiten, Verträge und Genehmigungen beurteilt. Die Commercial Due Diligence bezieht sich auf das Markt-, Branchen- und Wettbewerbsumfeld. Bei der Pension Due Diligence werden Pensionspläne analysiert, und bei der Operational Due Diligence beschäftigen sich die Berater mit dem Einkauf und Vertrieb, der Produktion und der Logistik.
„Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen einer Transaktion ist die Realisierung der Synergiepotenziale und die konsequente Umsetzung der Integrationsstrategie.“
Unternehmenslenker legen neben der Due Diligence häufig auch Wert auf eine externe Meinung, eine „Fairness-Opinion“. Dabei prüft ein unabhängiger und sachverständiger Dritter – meist eine Investmentbank oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft –, ob der Kaufpreis angemessen ist. Der Beurteiler nimmt in einem so genannten Opinion-Letter schriftlich Stellung. Im „Valuation-Memorandum“ erläutert er, mit welchen Methoden und auf Basis welcher Annahmen er das Unternehmen bewertet hat. Das „Factual Memorandum“ – die Zusammenfassung der vertraulichen Finanzinformationen – komplettiert die Stellungnahme.
Synergien heben in der Integrationsphase
Wird schließlich der finale Kaufvertrag unterschrieben, liegt das „Signing“ vor. Darauf folgt das „Closing“; das ist der Moment, in dem die Transaktion abgeschlossen wird. Dazwischen liegt eine Zeitspanne, in der man die Finanzierung bereitstellt oder die Zustimmung der Kartellbehörden und des Aufsichtsrates einholt. Ob ein Unternehmenskauf für den Erwerber wirtschaftlich ein Erfolg ist, hängt von der Prämie – d. h. der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Stand-alone-Wert des Unternehmens –, den Transaktionskosten, den Integrationskosten und den Synergien ab. Unterschreitet die Höhe der Synergien die Prämie und die Kosten, wurde Wert vernichtet. Die Integrationsphase ist daher von entscheidender Bedeutung: Hier müssen Sie die Synergien nutzen.
„In der Praxis werden Synergien immer wieder überschätzt, die Integrationskosten dagegen unterschätzt.“
Machen Sie sich als Käufer bereits in der Strategiephase Gedanken über den „Strategic Fit“, also darüber, ob das Zielunternehmen zu Ihrer Firma passt. Treffen Sie eine Entscheidung bezüglich der Integrationstiefe: Soll die volle, eine schlanke oder gar keine Integration – z. B. wenn Sie ein reiner Finanzinvestor sind – erfolgen? Je höher die Integrationstiefe, desto höher sind die potenziellen Synergien, aber auch das Integrationsrisiko und die Integrationskosten. Wie schnell soll die Integration vonstattengehen? Innerhalb eines Jahres (hohe Geschwindigkeit) oder erst nach drei Jahren (geringe Geschwindigkeit)? Schätzen Sie die Synergien hinsichtlich ihrer Qualität und quantifizieren Sie sie auch. Doch Vorsicht: Synergien werden leicht überbewertet! Bei den Integrationskosten gilt: Je eher Sie Ihre Entscheidungen beim Zielunternehmen durchsetzen können und je weniger international das Parkett ist, auf dem die Integration abläuft, desto geringer werden die Integrationskosten sein.
„Die Wahl von Führungskräften entscheidet häufig über den Erfolg oder Misserfolg einer Transaktion und hat große Auswirkungen auf die Kultur des neuen Unternehmens.“
Nach dem Signing werben Sie mit offener Kommunikation um die Akzeptanz und Unterstützung der Stakeholder. Mithilfe von persönlichen Gesprächen und Fokusgruppen finden Sie heraus, welche Bedenken die einzelnen Beteiligten haben. Kommunizieren Sie zielgruppengerecht über Memos, Gespräche, Pressemitteilungen, Anzeigen oder Werbespots. Eine Nachricht wird unterschiedlich aufgenommen, je nachdem, ob man sie von einem Freund oder über die Presse erfährt. Analysieren Sie die Unternehmenskulturen der betroffenen Firmen. Integration bedeutet nicht, einfach die Leitbilder zu ändern – sie muss sich im Verhalten der Führungskräfte widerspiegeln. Wenn Sie also neue Mitarbeiter einstellen, fragen Sie sie nicht nur nach ihrer Ausbildung, sondern auch nach ihren Verhaltensweisen. Erstellen Sie ein 100-Tage-Programm für die Zeit nach dem Closing, mit Meilensteinen und klarer Zuweisung von Verantwortlichkeiten.
Dr. Marianne Schramm ist promovierte Volkswirtin, Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin und Partnerin bei der internationalen Beratungsfirma KPMG. Sie prüft Konzerne, betreut Unternehmen bei Börsengängen und berät bei grenzüberschreitenden Transaktionen die Käufer oder Verkäufer. Dr. Ekkehart Hansmeyer ist Wirtschaftsprüfer und Partner bei KPMG Transaction Services. Der Schwerpunkt des studierten Volkwirtes liegt auf Due-Diligence-Prüfungen und der strategischen Planung von Handelsfirmen sowie von Unternehmen im Chemie-, Pharma- und Energiesektor. Neben den beiden Herausgebern haben fast 30 weitere Autoren zu diesem Buch beigetragen.