Business mit Russland

Buch Business mit Russland

Ein Ratgeber für Einsteiger

Haupt,


Rezension

Walter Denz und Karl Eckstein arbeiten und leben seit vielen Jahren in Russland. Ihr Buch ist ein in­for­ma­tiver In­sider-Bericht über den russischen Markt mit seinen Chancen und Hin­dernissen. Ihr De­tail­wis­sen und ihre Anregungen, dem Konflikt zwischen Staat und Unternehmen sowie zwischen Fir­menin­haber und Angestell­ten vorzubeugen bzw. ihn zu lösen, ist für westeuropäische Manager in Russland Gold wert. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch allen Managern, die den russischen Markt im Visier haben - sei es mit einem russischen Partner oder einer eigenen Nieder­las­sung. Es sollte für alle, die mit russischen Unternehmen Geschäfte machen, zur Pflichtlektüre gehören.

Take-aways

  • Der russische Markt befindet sich im Umbruch. Mark­twirtschaft und rechtliche Bes­tim­mungen sind im Aufbau und entwickeln sich nach westlichem Vorbild.
  • Korruption und Bestechung gehören zum Alltag und haben keine rechtlichen Kon­se­quen­zen.
  • Niemand kann alle rechtlichen Bes­tim­mungen kennen und erfüllen.
  • Handeln Sie so legal wie möglich und halten Sie das Restrisiko möglichst klein.
  • Ein Netz von Freunden und Bekannten, die Sie im Bedarfsfall um Hilfe bitten können, ist Vo­raus­set­zung für Ihren Erfolg.
  • In Russland zählt nur die Doku­menten­wahrheit. Passen Sie Ihre Dokumente den russischen Gegeben­heiten an und misstrauen Sie allen Papieren, die Ihnen gezeigt werden.
  • Klären Sie alles auf verbaler Ebene und vermeiden Sie bei Stre­it­fra­gen jeden Briefwech­sel.
  • Westliche Unternehmen müssen keine Angst vor der Mafia haben.
  • Eine der grössten Gefahren für Firmen sind die eigenen Angestell­ten, die versuchen, die Firma zu übernehmen.
  • Russland hat 150 Millionen Einwohner und ist damit ein riesiger Markt.
 

Zusammenfassung

Die Chancen für westeuropäische Firmen auf dem russischen Markt sind ver­gle­ich­sweise gut: Es gibt einen Nach­holbe­darf an In­vesti­tions- und Konsumgütern, grosse Rohstof­fvorkom­men und ein hohes Potenzial an gut aus­ge­bilde­ten Fachkräften. Auch die Rechtssi­t­u­a­tion hat sich gebessert. Das in den letzten Jahren entwickelte Bürgerliche Gesetzbuch entspricht grösstenteils europäischem Standard, das Privatrecht ist meist zufrieden stellend geregelt. Beim öffentlichen Recht, v. a. beim Steuer- und Zwangsvoll­streck­ungsrecht, gibt es noch einiges zu tun. Ein Ver­wal­tungsver­fahrens­ge­setz fehlt ganz. In einer Hinsicht ist Russland allerdings stehen geblieben: Korruption und Bestechung gehören weiterhin zum Alltag.

Erste Stolper­steine: Mark­t­analyse und Part­ner­suche

Es gibt keine brauchbaren Statistiken oder Wirtschafts­daten, die Sie für Ihre Vor­bere­itung nutzen könnten. Eigene Mark­t­analy­sen vor Ort sind un­ent­behrlich! Die Suche nach einem geeigneten Partner ist schwer - der Markt ist noch im Umbruch und oft hat der Staat in Form von Beamten noch ein grosses Mit­spracherecht. Für Russen ist Mark­twirtschaft schlicht die Aneignung fremden Eigentums. Russische Partner sind selten an einem kon­tinuier­lichen Aufbau des gemeinsamen Geschäfts in­ter­essiert. Sie misstrauen langen En­twick­lun­gen, verkaufen ihren Anteil möglichst schnell oder versuchen, die gesamte Firma zu übernehmen. Arbeiten Sie lieber mit einer rechtlich unabhängigen Firma zusammen und verzichten Sie auf Jointven­tures. Bevor Sie sich für eine konkrete Zusam­me­nar­beit mit einem Partner entscheiden, prüfen Sie dessen Bonität. Dies ist nicht so einfach wie in Europa - Steuerdaten und Reg­is­ter­auszüge sind mit Vorsicht zu geniessen, da sie nicht alle Daten enthalten bzw. die Daten oft nicht der Wahrheit entsprechen. Fragen Sie Ihren künftigen Partner nach einer Ref­eren­zliste und sprechen Sie mit seinen bisherigen Geschäftspartnern.

Rei­sevor­bere­itung und Einreise

Das russische Aussen­min­is­terium MID erlaubt die Einreise mit vier ver­schiede­nen Visen. Für Geschäftsreisen eignet sich das Geschäftsvisum. Es kann verlängert werden und Sie können sich frei im Land bewegen. Allerdings brauchen Sie eine Einladung Ihres russischen Partners. Anreisen können Sie mit Flugzeug, Bus, Zug oder dem eigenen Auto. Auf jeden Fall sollten Sie vorab den Ver­sicherungss­chutz prüfen, da viele Ver­sicherun­gen die GUS-Staaten explizit aus­geschlossen haben.

Wichtige In­for­ma­tio­nen für Ihren Aufenthalt

Russland ist ungefährlicher, als weithin behauptet wird. Rechnen Sie mit Per­so­n­enkon­trollen auf der Strasse. Tragen Sie immer eine Kopie Ihres Ausweises und Ihres Visums bei sich und bewahren Sie die Originale im Hotel auf. Bezahlt wird mit Kreditkarte oder Rubel. Nehmen Sie trotzdem genügend Dollarnoten in ein­wand­freiem Zustand mit, die Sie vor Ort in Rubel tauschen können. Beschädigte Dollarnoten werden nicht akzeptiert! Bei Krankheit haben Sie Anspruch auf kostenlose medi­zinis­che Grund­ver­sorgung. Neben staatlichen Ein­rich­tun­gen gibt es private und halb­staatliche Kliniken mit westlichem Standard. Dafür müssen Sie allerdings zahlen, und das direkt vor Ort. Klären Sie vorab mit Ihrer bestehenden Krankenkasse, in welchem Mass sie für die anfallenden Rechnungen aufkommt. Das Tele­fonieren ist in Russland teurer als in Europa, die Qualität der Verbindun­gen ist jedoch ver­gle­ich­bar. Seien Sie vorsichtig bei Aus­lands­ge­sprächen mit dem Handy. Russische Provider belasten auch eingehende Gespräche. Dokumente können Sie mit der russischen Post befördern oder auf ver­schiedene Al­ter­na­tiv­di­en­ste zurückgreifen. UPS, DHL und TNT arbeiten auch auf dem russischen Markt. Warensendun­gen, die nach Russland geschickt werden, durchlaufen den Zoll und benötigen de­mentsprechend viel Zeit.

Westeuropäische Firmen in Russland

Ausländer geniessen einen guten Ruf und gelten als vermögend. Für Ihren geschäftlichen Erfolg brauchen Sie ein Netz von Freunden und Bekannten, die Ihnen im Fall der Fälle weit­er­helfen können. Diese Hilfe beruht natürlich auf Gegen­seit­igkeit. Auch Geschenke können oftmals weit­er­helfen. Fragen Sie Ihre russischen Freunde, um sicherzuge­hen, dass das Geschenk dem "Anlass" entspricht. Es gibt ver­schiedene Möglichkeiten, auf dem russischen Markt aktiv zu werden. Eine von ihnen sind grenzüberschre­i­t­ende Han­delsverträge. Achten Sie darauf, dass in einer Schied­sklausel ein Gerichts­stand ausserhalb Russlands festgelegt wird, um möglichst grosse Rechtssicher­heit zu erhalten. Je nach Ziel bietet sich die Zusam­me­nar­beit mit einer Agentur vor Ort an.

„Jeder im russischen Markt erfahrene Geschäftsmann wird eines bestätigen: Der russische Markt ist um vieles besser als sein Ruf.“

Streben Sie einen eigenen Vertrieb an, liegt die Gründung einer Tochter­firma nah. Hier bieten sich - je nach eigenem Anspruch - die Rechtsform als AG oder GmbH an. Bei der AG wird zwischen der geschlosse­nen AG (gAG), einer hun­dert­prozenti­gen Tochter­firma, und der offenen AG (oAG) un­ter­schieden. Gründen Sie eine offene AG nur, wenn Sie in naher Zukunft an die Börse gehen möchten. Für welche Form Sie sich entscheiden, hängt von Ihrer Zielsetzung auf dem russischen Markt ab. Bei den Geschäftsräumen haben Sie die Wahl zwischen Anmietung und Kauf. Zur Auswahl stehen Busi­nesszen­tren mit Zusatzser­vice wie beispiel­sweise einer Tele­fonzen­trale oder Objekte ohne Zusatzser­vice. Diese sind in der Regel günstiger. Der Mietpreis hängt auch in Russland von der Lage und Ausstattung ab.

Personalführung und Ar­beits­markt

Suchen Sie sich Ihr Personal sorgfältig aus und misstrauen Sie Ar­beit­szeug­nis­sen und anderen Dokumenten. In der Regel entsprechen die Daten nicht der Wahrheit. Das gilt auch für die Gehalt­sangaben. Stehen Sie Mi­tar­beit­ern, die Ihnen empfohlen werden, besonders mis­strauisch gegenüber. Stellen Sie lieber Personal ein, dass über die normalen Wege - Anzeigen oder Per­son­alver­mit­tlung - zu Ihnen gefunden hat und Interesse an einer beruflichen Weit­er­en­twick­lung hat. Bei den Lohn­struk­turen fehlt jegliche Transparenz, da der Ar­beit­nehmer - abgesehen vom staatlichen Mindestlohn - oft an den Steuern vorbei in bar bezahlt wird. Immer wieder unterschätzt wird die physische Anwesenheit des Chefs. Sind Sie zu oft unterwegs, wird das als Desin­ter­esse an der Firma in­ter­pretiert - weniger Ar­beit­sleis­tung oder der Versuch, die Firma zu übernehmen, sind die Folge.

Banken und Ver­sicherun­gen

Ein funk­tion­ieren­des Bankwesen, das volk­swirtschaftliche Funktionen erfüllen könnte, gibt es nicht. Nutzen Sie für Ihren Zahlungsverkehr eine Bank mit Mutterhaus im Westen. Oft ist es schwierig, Devisen ins Ausland zu trans­ferieren, weil der Staat Kap­i­talflucht unterbinden möchte. Doch auch hier gibt es Tricks und Tipps, wie man unnötige und langwierige bürokratische Hürden leicht umschiffen kann. Kredite zu vernünftigen Zinsen zu erhalten, ist eine besondere Her­aus­forderung. Greifen Sie bei Bedarf auf in­ter­na­tionale Or­gan­i­sa­tio­nen zurück. Bei Ihrer Ver­sicherung sollten Sie ebenfalls den westlichen Anbietern trauen und Ihre bestehenden Ver­sicherun­gen behalten bzw. diese der neuen Situation anpassen. Schliessen Sie örtliche Zusatzver­sicherun­gen ab, wenn Leistungen, auf die Sie Wert legen, für Russland explizit aus­geschlossen sind.

Steuern und Buchhaltung

In Russland herrscht ein Wildwuchs von Steuer­vorschriften, in dem sich niemand mehr wirklich auskennt. Änderung ist in Sicht, braucht aber noch Zeit. Bis dahin gilt die Maxime, dass Un­klarheiten zugunsten des Steuerzahlers ausgelegt werden. Gezahlt werden müssen Mehrw­ert­s­teuer (20 %), Gewinns­teuer und Einkom­menss­teuer (13 %). Hinzu kommen Sozialver­sicherungsab­gaben und eine Reihe weiterer Steuern wie Bodensteuer und Akzise, eine Luxussteuer auf Autos, Alkohol und Tabak. Eine Dop­pelbesteuerung von Ausländern, die in Russland arbeiten, wird durch in­ter­na­tionale Verträge verhindert. Die Möglichkeit, ver­schiedene Kosten von der Steuer abzusetzen, sind sehr eingeschränkt. Die vorgeschriebene Buchhaltung ist kompliziert und sagt nichts über den tatsächlichen Umsatz aus. Schonen Sie Ihre Kapazitäten und verlegen Sie diese Aufgabe nach aussen!

„Seit dem Zusam­men­bruch der Sowjetunion sind vor allem die wirtschaftlichen Daten irrelevant.“

Zoll Vorsicht ist bei der Einführung von grossen Bargel­dreser­ven geboten. Zwar können Sie jeden Betrag einführen, bei der Ausfuhr von mehr als 1500 US-Dollar müssen Sie jedoch nachweisen können, dass Sie das Geld auch mitgebracht haben. Deklariert werden müssen auch besondere Wertgegenstände wie Gold, Han­del­swaren und Waren im Wert von mehr als 1000 Dollar. Auch bei der Ausreise gibt es Einschränkungen, beispiel­sweise bei Kaviar und Kun­st­ge­genständen. Antiquitäten dürfen gar nicht ausgeführt werden. Han­del­swaren unterliegen bestimmten Regelungen. Für viele Waren besteht bei der Einfuhr eine Zer­ti­fizierungspflicht. Die Zollsätze haben je nach Ware eine Höhe von 0 bis 30 %. Selbstverständlich können Sie mit Hilfe des Zollbeamten Geld sparen. Vermeiden Sie Schwierigkeiten, indem Sie die Zollpapiere vorab zu Ihrem Importeur faxen. Der klärt dann, ob alles o. k. ist, ob Papiere fehlen oder ob andere Angaben Schwierigkeiten vermeiden helfen können.

Eigentum und Eigen­tumss­chutz

Halten Sie bei Lieferverträgen schriftlich fest, dass sich Ware bis zu vollständigen Bezahlung in Ihrem Eigentum befindet, und lassen Sie dies notariell beurkunden. Pfand­forderun­gen auf bewegliche Ware können nur auf gerichtlichen Entscheid durchge­setzt werden. Beim Kauf von Grundstücken und Gebäuden gibt es ver­schiedene Regelungen für Ausländer. Sie dürfen beispiel­sweise keine Eigen­tum­srechte an Grund und Boden erwerben, wohl aber Nutzungsrechte. Der Kauf von Immobilien ist gestattet. Geistiges Eigentum geniesst auch in Russland Schutz. Un­ter­schieden wird in Patent- und Urhe­ber­rechte, wobei Waren­ze­ichen dem Patentrecht zugeordnet werden. Der Rechtss­chutz von Waren­ze­ichen beginnt mit der Eintragung im Patentamt, läuft jedoch nach zehn Jahren ab. Die Frist kann um zehn Jahre verlängert werden. Lassen Sie Ihr Waren­ze­ichen in Russland reg­istri­eren. Dies geht zum einen schneller als die Alternative der in­ter­na­tionalen Reg­istrierung, zum anderen empfiehlt sich für den russischen Markt ein Waren­ze­ichen mit kyril­lis­chem Schriftzug. Als Ausländer können Sie Patente nur mit Hilfe eines russischen Paten­tan­waltes anmelden. Urhe­ber­rechte werden nach in­ter­na­tionalen Standards geregelt. Russland hat Interesse an ausländischen Investoren und schützt sie mit bilateralen Abkommen. Unter Umständen sind Sie bis zu sieben Jahren vor nachteili­gen Gesetzesänderungen geschützt - allerdings gilt dies nur für wenige Projekte.

Sicherheit

Ausländische Unternehmer brauchen sich in der Regel nicht vor der Mafia zu fürchten, auch russische Angestellte kommen nur selten mit ihr in Kontakt. Für den Alltag sollten Sie ein paar Regeln berücksichtigen: Tragen Sie nicht zu viel Geld bei sich und geben Sie Ihre Pri­vatadresse und Tele­fon­num­mer nicht wahllos weiter. Laden Sie flüchtige Bekannte nicht nach Hause ein. Es ist üblich, sich von Polizisten den Di­en­stausweis zeigen zu lassen und bei der entsprechen­den Behörde nachzufra­gen, ob alles mit rechten Dingen vorgeht - bevor die Beamten in die Wohnung gelassen werden.

„Der Beamte­nap­pa­rat ist erstaunlich stabil und auch gegenüber politischen Machtwech­seln resistent.“

Uner­freulich sind Geschäftsübernahmen, wobei hier der Gefahren­herd meist innerhalb der eigenen Firma sitzt. Überraschende Steuer­forderun­gen, von den Angestell­ten initiiert, können Ihre Firma leicht in Bedrängnis bringen. Beugen Sie mit guten Kontakten zu der jeweiligen Konkur­renzbehörde vor. Suchen Sie nie Hilfe bei den Stellen, die Sie unter Druck setzten - Beamte sind käuflich und alle verdienen mit! Versuchen Sie, alles mündlich zu regeln, um eine Verhärtung der Fronten zu vermeiden. Natürlich können Sie Stre­it­igkeiten auch vor Gericht regeln. Diese Möglichkeit wird allerdings selten genutzt. Mit Bestechung kommen Sie bei Richtern nicht weiter, da das Urteil jederzeit von der nächsthöheren Instanz aufgehoben werden kann. Richter beziehen ihre Zusatzein­nah­men aus den Gericht­skassen: Je höher die Einnahmen durch Bussgelder und Gericht­skosten sind, umso mehr profitieren sie.

Über die Autoren

Walter Denz ist seit 1992 Inhaber und Leiter der Sprach­schule Liden & Denz in St. Petersburg. Karl Eckstein, pro­movierter Jurist, berät und unterstützt als Inhaber einer Rechts- und Un­ternehmens­ber­atung in Moskau seit 1982 westeuropäische Unternehmen bei ihrer Tätigkeit in Russland.