Marketing heute
Marketing ist eine wissenschaftlich verankerte Disziplin, die zahlreiche Spezialisten und Branchen ernährt. Es ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Aktivitäten, die sich inzwischen zu Spezialgebieten gemausert haben und die umfangreiches Fachwissen erfordern. Dazu zählen etwa Werbung, Sponsoring, Absatzförderung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder Verkaufsförderung. Inhabern von kleineren Firmen, die keine Ausbildung in diesem Bereich absolviert haben, ist es nahezu unmöglich, sich auf all diesen Feldern professionell zu bewegen.
„Die wenigsten Inhaber wissen überhaupt, was Marketing ist.“
Marketing ist aber auch eine Philosophie der Unternehmensführung, die konsequent den Kunden in den Mittelpunkt aller unternehmerischen Entscheidungen stellt. Wenn Sie sich diese Definition zu eigen machen, haben Sie die Chance, Ihr Marketing selbst zu betreiben, ohne teure Spezialisten zurate ziehen zu müssen. Auf Marketing ganz zu verzichten, ist hingegen die schlechteste Entscheidung, die Sie treffen können.
Jedes Unternehmen braucht Marketing
Es gibt kein Unternehmen, das langfristig am Markt bleibt, ohne in irgendeiner Form Marketing zu betreiben. Alles, was Sie oder Ihre Mitarbeiter tun, hat Auswirkungen auf Ihre Kunden und ist damit marketingrelevant. Die gute Nachricht: Wenn Sie Ihren Führungsstil und Ihre Art, Entscheidungen zu treffen, neu ausrichten und den Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellen, können Sie Ihr Marketing selbst entwickeln und betreiben. Damit haben Sie die Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben und Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens zu entwickeln.
„Der Gesamtkomplex Marketing kann heute kaum noch von einer Person beherrscht werden.“
In allen Branchen nimmt der Wettbewerb zu. Informationen verbreiten sich, seit es das Internet gibt, sehr schnell. Interessenten können Preise umfangreich vergleichen, es herrscht fast totale Preistransparenz. Für Firmen werden die Einzugsbereiche immer größer, aber auch die möglichen Absatzmärkte – dank der Faktoren Internet, Globalisierung und Mobilität. Qualität liefert heute fast jeder Betrieb in hohem Maß, die Produkte unterscheiden sich hier nicht mehr stark. Daher kann nur noch mit Zusatzleistungen oder mit Beratung, Service und Auftragsabwicklung beim Kunden gepunktet werden; nur so können Sie der Konkurrenz noch voraus sein.
Das Urmarketing
Seit der Entstehung handwerklicher Berufe wird Marketing betrieben, und zwar ursprünglich in seiner reinsten Form, der des „Urmarketings“. Bereits zu Zeiten der Ägypter, Griechen und Römer versuchte man, Angebote zur Zufriedenheit der Kunden und Auftraggeber zu gestalten. Dies scheint in der heutigen Zeit vielfach in Vergessenheit geraten zu sein. Wenn Sie verstanden haben, was Marketing in seiner Urform bedeutet, dann fragen Sie nicht mehr: Was ist das Beste für mein Unternehmen? Die neue Fragestellung lautet: Was ist das Beste für meine Kunden? Das ist die Grundlage für modernes und effizientes Marketing. Das Ziel ist, dass Ihre Kunden zu überzeugten Stammkunden werden und Ihren Betrieb weiterempfehlen. Dazu müssen Sie alle Tätigkeiten und die Mitarbeiter auf die Kundenwünsche ausrichten.
„Marketing ist, wenn die Wünsche der Interessenten und Kunden erfragt, erfüllt und diese Leistungen kommuniziert werden.“
Wenn Sie sich entschließen, Urmarketing zu betreiben, können Sie sich zahlreiche Vorteile sichern:
- Es ist preiswert, da Sie keine externen Berater brauchen.
- Es ist sicher, weil Sie garantiert Wünsche der Kunden erfüllen und nicht am Bedarf vorbeiproduzieren.
- Es ist schnell, denn Sie können sofort loslegen, ohne große Marktforschung oder Analysen in Auftrag zu geben.
- Es ist motivierend, weil sich Ihre Mitarbeiter als Team fühlen und sich mit dem Betrieb identifizieren.
- Es zahlt sich aus, weil zufriedene Kunden nicht zur Konkurrenz wechseln und sogar bereit sind, höhere Preise zu zahlen.
Das haben Kleinbetriebe anderen Firmen voraus
Beim Betreiben von Urmarketing haben es kleinere Betriebe leichter als große Konzerne, weil
- sie kürzere interne Entscheidungswege haben,
- sie schneller und flexibler reagieren können,
- sie meist direkten Kundenkontakt haben (keine Callcenter usw.),
- sie ihre Kunden wirklich individuell betreuen können,
- die Geschäftsführer oft die Kunden persönlich kennen und
- das Unternehmen in der Region bekannt ist.
Urmarketing in der Praxis
Die Wünsche des Kunden erfassen und erfüllen – das ist Urmarketing. Sie setzen es um durch konsequentes Fragen, Bewerten und Handeln, auf kurzen und direkten Wegen, immer unter Einbeziehung der Mitarbeiter und vor allem der Kunden. Betreiben Sie Ihre Marktforschung selbst und überlassen Sie sie nicht kostspieligen Marktforschungsinstituten oder mehr oder weniger effektiven Marketingberatern. Für große, internationale Firmen mag das sinnvoll sein, KMU brauchen das teure Marketinginstrumentarium in der Regel aber nicht, weil es für sie einfach nicht passt und zu aufwändig ist.
„Die Kundenorientierung ist der erste Schritt zur Kundenbindung.“
Wenn Sie sich dazu entschließen, Ihr Marketing selbst zu betreiben, sollten Sie fortan alle Prozesse, Servicebereiche und Ebenen Ihres Unternehmens auf den Kunden ausrichten. Das hat vielleicht zur Folge, dass Sie auch Ihren Führungsstil ändern müssen. War er bisher, wie oft in Kleinbetrieben, eher autoritär, werden Sie Ihren Mitarbeitern nun ein Mitspracherecht einräumen und sie an allen Entscheidungen beteiligen müssen. Änderungen, Abläufe, Produkte, Services, einfach alles wird intern gemeinsam besprochen und entschieden. Die Leitfrage ist immer: Was möchte unser Kunde, wie wird er zufriedengestellt? Lassen Sie sich von dem Wissen und den Vorschlägen Ihrer Mitarbeiter ruhig überraschen: Diese sind oft näher am Kunden und wissen noch mehr über seine Wünsche als Sie.
„Die klassischen Marketingmethoden sind für Kleinbetriebe unbrauchbar.“
Berufen Sie eine Mitarbeiterversammlung ein, auf die Sie sich sorgfältig vorbereiten, und erläutern Sie die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens. Geben Sie Ihren Angestellten Gelegenheit, Fragen zu stellen. Lassen Sie sich dabei ggf. von einem Coach unterstützen. Beauftragen Sie Ihre Mitarbeiter, bis zum nächsten Meeting all das aufzulisten, was ihrer Meinung nach geändert und verbessert werden sollte. Fragen Sie nach Missständen, nach ungenutzten Ressourcen, nach Stärken der Firma und nach bekannten Kundenwünschen. Gemeinsam sollten Sie die Vorschläge dann sortieren und auswerten.
„Wenn Ihr Unternehmensziel in Zukunft Kundenzufriedenheit heißt, sind Ihre Kunden die Wegweiser.“
Rufen Sie einen Kundenbeirat ins Leben, der zwei- bis dreimal pro Jahr zusammenkommt und bei dem die Kunden nach ihren Wünschen, Meinungen und Ideen zum Service oder zu Ihren Produkten befragt werden. Sie können hier z. B. auch einen Reklamationsfall präsentieren und nach Lösungsvorschlägen fragen. Der Kundenbeirat sollte sich aus Stammkunden und einer bis zwei Fachpersonen oder Interessenten aus anderen Bereichen zusammensetzen.
„Der Kundenbeirat ist die effizienteste Form der Kunden- und Mitarbeiterbefragung.“
Die klassische Kundenbefragung sollten Sie bei Ihren Stammkunden ebenfalls einsetzen, z. B. nach Erfüllung eines Auftrags. Dazu eignet sich ein Anschreiben mit einer Checkliste, anhand derer das Unternehmen bewertet wird (Preis-Leistungs-Verhältnis, Kundenbetreuung, Schnelligkeit, Qualität usw.). Fragen Sie auch danach, was die Konkurrenz besser macht als Sie und worin Ihr Unternehmen sich von ihr unterscheidet.
„Verlorene Kunden zurückzugewinnen, ist schwer, denn zufriedene Kunden wechseln nicht.“
Auch aus Reklamationen lassen sich viele grundsätzliche Verbesserungen ableiten, solange man positiv mit ihnen umgeht. Sie müssen sicherstellen, dass Ihre Mitarbeiter bei einem reklamierenden Kunden danach fragen, worauf er den Fehler zurückführt oder wie die Reklamation seiner Meinung nach abgewickelt werden sollte. Sie können hieraus viel für die Zukunft lernen und haben meist einen zufriedenen Kunden.
„Der Ausbau der Kundenzufriedenheit muss permanent erfolgen.“
Um Ihr Unternehmen und seine Positionierung im Wettbewerb zu analysieren, können Sie ein Polaritätenprofil entwickeln. Dabei vergeben Sie an bestimmte Kriterien (Image, Angebotsbreite, Kompetenz, Kundenzufriedenheit usw.) jeweils null bis zehn Punkte. Das Gleiche tun Sie auch mit Konkurrenzunternehmen. Das Polaritätenprofil gibt Ihnen dann Aufschluss darüber, welche Stärken und Schwächen Ihr Betrieb aufweist oder als wie freundlich, kompetent und schnell Ihre Mitarbeiter im Vergleich zur Konkurrenz eingeschätzt werden. Anhand des Profils sehen Sie auf einen Blick, an welcher Stelle Sie Veränderungen herbeiführen sollten.
„Die Mitarbeiter sind das Bindeglied zwischen den Kunden und dem Betrieb.“
Versuchen Sie nicht, sich über den Preis von der Konkurrenz abzusetzen. Das führt meistens zum Ruin, denn es gibt immer jemanden, der noch günstiger ist. Auch an der Qualität sollten Sie nicht sparen. Setzen Sie besser auf weiche Faktoren wie Design, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Schnelligkeit, Servicequalität, Beratung oder Garantieleistungen, um sich ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten.
Die Kundenwünsche umsetzen
Typische Wünsche von Kunden – das werden Sie bei der Auswertung Ihrer Umfragen feststellen – sind freundlichere Mitarbeiter, bessere Beratung und kundenfreundliche Telefonate.
„Die Differenzierung der Betriebe erfolgt zunehmend über die Art und Weise der Beratung, der Ausführung des Service.“
Um diese Bereiche kundenorientierter zu gestalten, sollten Sie sie mit Ihren Mitarbeitern gemeinsam durchgehen und einen Leitfaden für die Umsetzung entwickeln. Wenn Sie diesen gemeinsam erarbeiten, wird er von den Mitarbeitern auch akzeptiert, da sie daran beteiligt waren. Neuen Angestellten hilft er, sich schnell einzuarbeiten; außerdem tritt meist eine gegenseitige Kontrolle leitfadenkonformen Verhaltens und ein geschärfter Qualitätssinn ein. Notieren Sie gemeinsam Qualitätsregeln und definieren Sie jeden einzelnen Schritt, z. B. bei einem Telefonat. Spielen Sie spezielle Themen durch und legen Sie den Gesprächsablauf bzw. die Fragen fest, z. B. bei Reklamationen, Aufträgen, Beratungsanfragen usw.
Zur Nachahmung empfohlen
Halten Sie Augen und Ohren offen und adaptieren Sie Beispiele aus anderen Branchen für Ihr Unternehmen. Hier sind einige Ideen:
- Kooperationen: Ein Küchenstudio und ein Schreiner veranstalten Abendeinladungen, wobei im Küchenstudio ein Menü gekocht wird. So lassen sich Informationen über die Kücheneinrichtung bei einem kulinarischen Erlebnis erfolgreich vermitteln. Restaurants können eine solche Kooperation mit Weingütern eingehen, Badhersteller mit Fliesenlegern, Reisebüros mit Sportgeschäften usw.
- Express-Service: Bieten Sie einen Schnell-, Über-Nacht- oder Eilservice an. Viele Kunden werden bereit sein, dafür einen etwas höheren Preis zu zahlen.
- Spezielle Zielgruppen: Richten Sie z. B. eine „Schnell-Einkaufsecke“ für Singles in einem Lebensmittelgeschäft ein.