Marketing für Klein- und Familienbetriebe

Buch Marketing für Klein- und Familienbetriebe

Konzepte, Ideen, Beispiele, Checklisten

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Rezension

Anschaulich, manchmal radikal, aber immer zielgenau, so präsentiert sich dieses Handbuch für Do-it-your­self-Mar­ket­ing. Mar­ket­ing­ber­ater werden aufschreien, aber Inhaber von Klein­be­trieben können mit gestärktem Selb­stver­trauen und gehörigem Wis­senszuwachs zur Tat schreiten. Im Zentrum steht die konsequente Ausrichtung des Un­ternehmens auf die Kundenwünsche. Das klingt gut und bewährt, wird vielen Geschäftsführern und Inhabern aber wenig schmecken, wenn sie bei genauerem Hinsehen erkennen, dass sie ihr Führungsver­hal­ten ändern müssen. Wer dies jedoch akzeptiert, erhält hier eine gute Anleitung zum Umkrempeln sämtlicher Prozesse im Betrieb. Marketing wird dann ganz automatisch mit­be­trieben. BooksInShort empfiehlt das Buch getreu seinem Titel Existenzgründern, Geschäftsführern von kleinen und mittelgroßen Unternehmen sowie Inhabern von Fam­i­lien­be­trieben.

Take-aways

  • Die Urform des Marketings ist die komplette Ausrichtung auf den Kunden und seine Wünsche.
  • Wer sich darauf besinnt, kann sein Marketing mit einfachen Mitteln selbst betreiben.
  • Teure Analysen und Mark­t­forschung lassen sich damit einsparen.
  • Das Unternehmen ganz auf die Wünsche des Kunden auszurichten, bedeutet u. U., den Führungsstil umzustellen und die Mitarbeiter einzubeziehen.
  • Wer Urmarketing betreibt, betrachtet alle Un­ternehmens­bere­iche aus der Sicht des Kunden.
  • In den Bereichen Service, Beratung, Zuverlässigkeit, Flexibilität oder Schnel­ligkeit lassen sich recht einfach Alle­in­stel­lungsmerk­male entwickeln.
  • Wer sich über den Preis oder die Qualität von der Konkurrenz un­ter­schei­den will, hat schon verloren.
  • Holen Sie sys­tem­a­tisch Feedback, Wünsche und Verbesserungsvorschläge ein – durch Befragung Ihrer Kunden.
  • Durch Kundenbeiräte, Mi­tar­beit­er­vorschläge, Kun­de­num­fra­gen und Auf­trags­be­w­er­tun­gen erfahren Sie, was Ihre Kunden wirklich wollen.
  • Die Leitfrage bei allen Entschei­dun­gen lautet: Wie stellt man den Kunden am besten zufrieden?
 

Zusammenfassung

Marketing heute

Marketing ist eine wis­senschaftlich verankerte Disziplin, die zahlreiche Spezial­is­ten und Branchen ernährt. Es ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Aktivitäten, die sich inzwischen zu Spezial­ge­bi­eten gemausert haben und die um­fan­gre­iches Fachwissen erfordern. Dazu zählen etwa Werbung, Sponsoring, Absatzförderung, Presse- und Öffentlichkeit­sar­beit oder Verkaufsförderung. Inhabern von kleineren Firmen, die keine Ausbildung in diesem Bereich absolviert haben, ist es nahezu unmöglich, sich auf all diesen Feldern pro­fes­sionell zu bewegen.

„Die wenigsten Inhaber wissen überhaupt, was Marketing ist.“

Marketing ist aber auch eine Philosophie der Un­ternehmensführung, die konsequent den Kunden in den Mittelpunkt aller un­ternehmerischen Entschei­dun­gen stellt. Wenn Sie sich diese Definition zu eigen machen, haben Sie die Chance, Ihr Marketing selbst zu betreiben, ohne teure Spezial­is­ten zurate ziehen zu müssen. Auf Marketing ganz zu verzichten, ist hingegen die schlecht­este Entschei­dung, die Sie treffen können.

Jedes Unternehmen braucht Marketing

Es gibt kein Unternehmen, das langfristig am Markt bleibt, ohne in irgendeiner Form Marketing zu betreiben. Alles, was Sie oder Ihre Mitarbeiter tun, hat Auswirkun­gen auf Ihre Kunden und ist damit mar­ket­ingrel­e­vant. Die gute Nachricht: Wenn Sie Ihren Führungsstil und Ihre Art, Entschei­dun­gen zu treffen, neu ausrichten und den Kunden tatsächlich in den Mittelpunkt stellen, können Sie Ihr Marketing selbst entwickeln und betreiben. Damit haben Sie die Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben und Alle­in­stel­lungsmerk­male Ihres Un­ternehmens zu entwickeln.

„Der Gesamtkom­plex Marketing kann heute kaum noch von einer Person beherrscht werden.“

In allen Branchen nimmt der Wettbewerb zu. In­for­ma­tio­nen verbreiten sich, seit es das Internet gibt, sehr schnell. In­ter­essen­ten können Preise umfangreich vergleichen, es herrscht fast totale Preis­trans­parenz. Für Firmen werden die Einzugs­bere­iche immer größer, aber auch die möglichen Absatzmärkte – dank der Faktoren Internet, Glob­al­isierung und Mobilität. Qualität liefert heute fast jeder Betrieb in hohem Maß, die Produkte un­ter­schei­den sich hier nicht mehr stark. Daher kann nur noch mit Zusat­zleis­tun­gen oder mit Beratung, Service und Auf­tragsab­wick­lung beim Kunden gepunktet werden; nur so können Sie der Konkurrenz noch voraus sein.

Das Urmarketing

Seit der Entstehung handw­erk­licher Berufe wird Marketing betrieben, und zwar ursprünglich in seiner reinsten Form, der des „Ur­mar­ket­ings“. Bereits zu Zeiten der Ägypter, Griechen und Römer versuchte man, Angebote zur Zufrieden­heit der Kunden und Auf­tragge­ber zu gestalten. Dies scheint in der heutigen Zeit vielfach in Vergessen­heit geraten zu sein. Wenn Sie verstanden haben, was Marketing in seiner Urform bedeutet, dann fragen Sie nicht mehr: Was ist das Beste für mein Unternehmen? Die neue Fragestel­lung lautet: Was ist das Beste für meine Kunden? Das ist die Grundlage für modernes und effizientes Marketing. Das Ziel ist, dass Ihre Kunden zu überzeugten Stammkunden werden und Ihren Betrieb weit­erempfehlen. Dazu müssen Sie alle Tätigkeiten und die Mitarbeiter auf die Kundenwünsche ausrichten.

„Marketing ist, wenn die Wünsche der In­ter­essen­ten und Kunden erfragt, erfüllt und diese Leistungen kom­mu­niziert werden.“

Wenn Sie sich entschließen, Urmarketing zu betreiben, können Sie sich zahlreiche Vorteile sichern:

  • Es ist preiswert, da Sie keine externen Berater brauchen.
  • Es ist sicher, weil Sie garantiert Wünsche der Kunden erfüllen und nicht am Bedarf vor­beipro­duzieren.
  • Es ist schnell, denn Sie können sofort loslegen, ohne große Mark­t­forschung oder Analysen in Auftrag zu geben.
  • Es ist motivierend, weil sich Ihre Mitarbeiter als Team fühlen und sich mit dem Betrieb iden­ti­fizieren.
  • Es zahlt sich aus, weil zufriedene Kunden nicht zur Konkurrenz wechseln und sogar bereit sind, höhere Preise zu zahlen.

Das haben Klein­be­triebe anderen Firmen voraus

Beim Betreiben von Urmarketing haben es kleinere Betriebe leichter als große Konzerne, weil

  • sie kürzere interne Entschei­dungswege haben,
  • sie schneller und flexibler reagieren können,
  • sie meist direkten Kun­denkon­takt haben (keine Callcenter usw.),
  • sie ihre Kunden wirklich individuell betreuen können,
  • die Geschäftsführer oft die Kunden persönlich kennen und
  • das Unternehmen in der Region bekannt ist.

Urmarketing in der Praxis

Die Wünsche des Kunden erfassen und erfüllen – das ist Urmarketing. Sie setzen es um durch kon­se­quentes Fragen, Bewerten und Handeln, auf kurzen und direkten Wegen, immer unter Ein­beziehung der Mitarbeiter und vor allem der Kunden. Betreiben Sie Ihre Mark­t­forschung selbst und überlassen Sie sie nicht kost­spieli­gen Mark­t­forschungsin­sti­tuten oder mehr oder weniger effektiven Mar­ket­ing­ber­atern. Für große, in­ter­na­tionale Firmen mag das sinnvoll sein, KMU brauchen das teure Mar­ketin­gin­stru­men­tar­ium in der Regel aber nicht, weil es für sie einfach nicht passt und zu aufwändig ist.

„Die Kun­de­nori­en­tierung ist der erste Schritt zur Kun­den­bindung.“

Wenn Sie sich dazu entschließen, Ihr Marketing selbst zu betreiben, sollten Sie fortan alle Prozesse, Ser­vice­bere­iche und Ebenen Ihres Un­ternehmens auf den Kunden ausrichten. Das hat vielleicht zur Folge, dass Sie auch Ihren Führungsstil ändern müssen. War er bisher, wie oft in Klein­be­trieben, eher autoritär, werden Sie Ihren Mi­tar­beit­ern nun ein Mit­spracherecht einräumen und sie an allen Entschei­dun­gen beteiligen müssen. Änderungen, Abläufe, Produkte, Services, einfach alles wird intern gemeinsam besprochen und entschieden. Die Leitfrage ist immer: Was möchte unser Kunde, wie wird er zufriedengestellt? Lassen Sie sich von dem Wissen und den Vorschlägen Ihrer Mitarbeiter ruhig überraschen: Diese sind oft näher am Kunden und wissen noch mehr über seine Wünsche als Sie.

„Die klassischen Mar­ket­ing­meth­o­den sind für Klein­be­triebe unbrauchbar.“

Berufen Sie eine Mi­tar­beit­er­ver­samm­lung ein, auf die Sie sich sorgfältig vorbereiten, und erläutern Sie die zukünftige Ausrichtung des Un­ternehmens. Geben Sie Ihren Angestell­ten Gelegenheit, Fragen zu stellen. Lassen Sie sich dabei ggf. von einem Coach unterstützen. Beauftragen Sie Ihre Mitarbeiter, bis zum nächsten Meeting all das aufzulisten, was ihrer Meinung nach geändert und verbessert werden sollte. Fragen Sie nach Missständen, nach ungenutzten Ressourcen, nach Stärken der Firma und nach bekannten Kundenwünschen. Gemeinsam sollten Sie die Vorschläge dann sortieren und auswerten.

„Wenn Ihr Un­ternehmen­sziel in Zukunft Kun­den­zufrieden­heit heißt, sind Ihre Kunden die Wegweiser.“

Rufen Sie einen Kun­den­beirat ins Leben, der zwei- bis dreimal pro Jahr zusam­menkommt und bei dem die Kunden nach ihren Wünschen, Meinungen und Ideen zum Service oder zu Ihren Produkten befragt werden. Sie können hier z. B. auch einen Rekla­ma­tions­fall präsentieren und nach Lösungsvorschlägen fragen. Der Kun­den­beirat sollte sich aus Stammkunden und einer bis zwei Fach­per­so­nen oder In­ter­essen­ten aus anderen Bereichen zusam­menset­zen.

„Der Kun­den­beirat ist die ef­fizien­teste Form der Kunden- und Mi­tar­beit­er­be­fra­gung.“

Die klassische Kun­den­be­fra­gung sollten Sie bei Ihren Stammkunden ebenfalls einsetzen, z. B. nach Erfüllung eines Auftrags. Dazu eignet sich ein Anschreiben mit einer Checkliste, anhand derer das Unternehmen bewertet wird (Preis-Leis­tungs-Verhältnis, Kun­den­be­treu­ung, Schnel­ligkeit, Qualität usw.). Fragen Sie auch danach, was die Konkurrenz besser macht als Sie und worin Ihr Unternehmen sich von ihr un­ter­schei­det.

„Verlorene Kunden zurück­zugewin­nen, ist schwer, denn zufriedene Kunden wechseln nicht.“

Auch aus Rekla­ma­tio­nen lassen sich viele grundsätzliche Verbesserun­gen ableiten, solange man positiv mit ihnen umgeht. Sie müssen sich­er­stellen, dass Ihre Mitarbeiter bei einem reklamieren­den Kunden danach fragen, worauf er den Fehler zurückführt oder wie die Reklamation seiner Meinung nach abgewickelt werden sollte. Sie können hieraus viel für die Zukunft lernen und haben meist einen zufriedenen Kunden.

„Der Ausbau der Kun­den­zufrieden­heit muss permanent erfolgen.“

Um Ihr Unternehmen und seine Po­si­tion­ierung im Wettbewerb zu analysieren, können Sie ein Polaritätenprofil entwickeln. Dabei vergeben Sie an bestimmte Kriterien (Image, Ange­bots­bre­ite, Kompetenz, Kun­den­zufrieden­heit usw.) jeweils null bis zehn Punkte. Das Gleiche tun Sie auch mit Konkur­ren­zun­ternehmen. Das Polaritätenprofil gibt Ihnen dann Aufschluss darüber, welche Stärken und Schwächen Ihr Betrieb aufweist oder als wie freundlich, kompetent und schnell Ihre Mitarbeiter im Vergleich zur Konkurrenz eingeschätzt werden. Anhand des Profils sehen Sie auf einen Blick, an welcher Stelle Sie Veränderungen herbeiführen sollten.

„Die Mitarbeiter sind das Bindeglied zwischen den Kunden und dem Betrieb.“

Versuchen Sie nicht, sich über den Preis von der Konkurrenz abzusetzen. Das führt meistens zum Ruin, denn es gibt immer jemanden, der noch günstiger ist. Auch an der Qualität sollten Sie nicht sparen. Setzen Sie besser auf weiche Faktoren wie Design, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Schnel­ligkeit, Ser­vice­qualität, Beratung oder Garantieleis­tun­gen, um sich ein Alle­in­stel­lungsmerk­mal zu erarbeiten.

Die Kundenwünsche umsetzen

Typische Wünsche von Kunden – das werden Sie bei der Auswertung Ihrer Umfragen feststellen – sind fre­undlichere Mitarbeiter, bessere Beratung und kun­den­fre­undliche Telefonate.

„Die Dif­feren­zierung der Betriebe erfolgt zunehmend über die Art und Weise der Beratung, der Ausführung des Service.“

Um diese Bereiche kun­de­nori­en­tierter zu gestalten, sollten Sie sie mit Ihren Mi­tar­beit­ern gemeinsam durchgehen und einen Leitfaden für die Umsetzung entwickeln. Wenn Sie diesen gemeinsam erarbeiten, wird er von den Mi­tar­beit­ern auch akzeptiert, da sie daran beteiligt waren. Neuen Angestell­ten hilft er, sich schnell einzuar­beiten; außerdem tritt meist eine gegen­seit­ige Kontrolle leit­fadenkon­for­men Verhaltens und ein geschärfter Qualitätssinn ein. Notieren Sie gemeinsam Qualitätsregeln und definieren Sie jeden einzelnen Schritt, z. B. bei einem Telefonat. Spielen Sie spezielle Themen durch und legen Sie den Gesprächsablauf bzw. die Fragen fest, z. B. bei Rekla­ma­tio­nen, Aufträgen, Be­ratungsan­fra­gen usw.

Zur Nachahmung empfohlen

Halten Sie Augen und Ohren offen und adaptieren Sie Beispiele aus anderen Branchen für Ihr Unternehmen. Hier sind einige Ideen:

  • Ko­op­er­a­tio­nen: Ein Küchenstudio und ein Schreiner ve­r­anstal­ten Aben­dein­ladun­gen, wobei im Küchenstudio ein Menü gekocht wird. So lassen sich In­for­ma­tio­nen über die Küch­enein­rich­tung bei einem kuli­nar­ischen Erlebnis erfolgreich vermitteln. Restaurants können eine solche Kooperation mit Weingütern eingehen, Bad­her­steller mit Fliesen­legern, Reisebüros mit Sportgeschäften usw.
  • Ex­press-Ser­vice: Bieten Sie einen Schnell-, Über-Nacht- oder Eilservice an. Viele Kunden werden bereit sein, dafür einen etwas höheren Preis zu zahlen.
  • Spezielle Zielgruppen: Richten Sie z. B. eine „Schnell-Einkauf­secke“ für Singles in einem Lebens­mit­telgeschäft ein.

Über den Autor

Hans-Jürgen Borchardt ist Berater für mittelständische Betriebe aus Handel und Handwerk.