Erkennen Sie die Stolpersteine
Sie fühlen sich als Führungskraft überfordert und unsicher? Ihr Team arbeitet nicht reibungslos und einige Mitarbeiter bereiten Ihnen sogar schlaflose Nächte? Sie könnten etwas besser machen, doch Sie wissen nicht genau, was und wie? Keine Angst: Nobody is perfect – das gilt auch für den Chef. Ein Blick auf Ihr Führungsverhalten und Ihren Umgang mit Ihren Mitarbeitern hilft Ihnen, Stolpersteine zu erkennen. Noch besser ist es, Sie stolpern gar nicht erst – machen Sie es von Anfang an richtig! Die folgenden Tipps zeigen Ihnen, wie.
Sie sind der Chef
Die Beförderung haben Sie in der Tasche, der erste Tag als Chef rückt immer näher. Gehen Sie es gelassen an, am Anfang ist Zurückhaltung gefragt. Als „Neuer“ sind Sie Lernender: Erkennen Sie Problemfelder und Chancen, indem Sie erst einmal die Betriebsabläufe, das Team, die Gruppennormen und die Unternehmenskultur beobachten.
„Bemerke, höre, schweige, urteile wenig, frage viel.“
Zu einem stolperfreien Start gehört auch eine Antrittsrede bzw. eine erste Mitarbeiterbesprechung. Ihre neuen Mitarbeiter kennen Sie nicht und sind wahrscheinlich verunsichert. Ergreifen Sie die Initiative und machen Sie klar, was Sie unter einer erfolgreichen Zusammenarbeit verstehen. Zeigen Sie unmissverständlich, dass Sie jetzt der Boss sind. Sagen Sie das klar und deutlich; das erleichtert die Orientierung, die Ihre Mitarbeiter jetzt brauchen. Gleiches gilt, wenn Sie vom Kollegen zum Chef aufsteigen.
Sie besitzen persönliche Autorität
Als Vorgesetzter haben Sie zwar Amtsautorität und dürfen befehlen, doch wird daraus kein gegenseitiges Vertrauensverhältnis wachsen. Wichtiger ist die persönliche Autorität: Ihre Mitarbeiter müssen Ihre Persönlichkeit akzeptieren. Verdienen Sie sich die Zuneigung und das Vertrauen Ihrer Mannschaft. Wenn diese während Ihrer Abwesenheit „auf dem Tisch tanzt“, sollten Sie an Ihrer persönlichen Autorität arbeiten:
- Betrachten Sie Ihre Mitarbeiter als Partner, binden Sie sie in Entscheidungen und Willensbildungsprozesse ein. Vermeiden Sie eine demotivierende, autoritäre Führung.
- Sie sind persönliches Vorbild. Leben Sie vor, was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten.
- Gewöhnen Sie sich eine positive Einstellung zu sich selbst an und zeigen Sie Selbstbewusstsein. Demonstrieren Sie Ihren Führungswillen immer wieder deutlich und sagen Sie klar, was Sie mit Ihrem Team zusammen erreichen wollen.
- Haben Sie Mut zu entscheiden– Ihre Mitarbeiter werden es Ihnen nachmachen. Gestehen Sie auch eigene Fehler ein und nehmen Sie kritische Hinweise dankend an.
- Ihre Mitarbeiter sind Ihr Erfolgspotenzial. Delegieren Sie Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung je nach Erfahrungsschatz und Expertenwissen Ihrer Mitarbeiter. So entlasten Sie sich selbst und bestätigen gleichzeitig Ihre Mitarbeiter in ihrem Können.
- Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitern Erfolgserlebnisse durch Anerkennung. Lob spornt Ihr Team zu noch mehr Leistung an und steigert das Selbstwertgefühl des Einzelnen.
- Scheuen Sie sich nicht, Kritik auszusprechen. Ein Kritikgespräch ist sachlich, konstruktiv und aufbauend. Künftiges Verhalten sollte gemeinsam vereinbart werden.
- Halten Sie eine mittlere Distanz zu Ihren Mitarbeitern: Sie sind Chef und kein Kumpel. So sichern Sie sich den nötigen Respekt.
- Jeder Chef braucht einen Stellvertreter in Zeiten der Abwesenheit. Versäumen Sie es nicht, einen qualifizierten und loyalen Mitarbeiter in diese Aufgabe einzuarbeiten.
Sie führen Ihre Mitarbeiter
Führungswille allein reicht nicht – Sie sollten mit verschiedenen Führungsstilen vertraut sein. Im Grunde beschreibt ein Führungsstil die Umgangsformen zwischen Ihnen und Ihren Mitarbeitern. Wenden Sie unterschiedliche Führungsstile je nach Bedarf und Situation an:
- Meist liegen Sie ganz richtig mit dem kooperativen Führungsstil: Die Geführten sind Partner, die aktiv an allen Prozessen beteiligt sind. Die Delegation von Arbeit ist ein zentrales Element. Die Beteiligten können mitdenken, sich einbringen und entfalten.
- Wenn kreative und forschende Aufgabenstellungen anstehen, empfiehlt sich der Laisser-faire-Führungsstil: Der Vorgesetzte stellt lediglich nötige Informationen bereit, und die Mitarbeiter führen sich weitgehend selbst.
- Den patriarchalischen oder autoritären Führungsstil sollten Sie nur wählen, wenn Sie schnell reagieren müssen oder sich bei Unstimmigkeiten kein Konsens finden lässt.
„Wenn Sie die Schwerpunkte der künftigen Zusammenarbeit nicht nennen – wer soll es sonst tun?“
Seien Sie also flexibel – einen „Allzweck-Führungsstil“ gibt es nicht.
Vertrauen und Kontrolle
Zwei weitere Aspekte der Führung sollten Sie beachten: Vertrauen und Kontrolle. Gehen Sie in Vorleistung und schenken Sie Ihren Mitarbeitern Vertrauen – aber ein „Vertrauen mit wachsamen Auge“. Lassen Sie ihre Mitarbeiter spüren, dass Sie an sie glauben und ihnen vertrauen. So schaffen Sie eine Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit und nur so werden Sie wirklich delegieren können. Das „wachsame Auge“ meint, dass gleichwohl eine gewisse Kontrolle notwendig ist. Sie müssen schließlich wissen, ob Sie die gesteckten Ziele mit Ihrem Team erreichen. Stichproben eignen sich dabei besonders gut. Sie dienen als Frühwarnsystem – Probleme und Fehler können so rechtzeitig entdeckt werden. Ihre Mitarbeiter sollten wissen, dass Sie in unregelmäßigen Abständen ohne Anlass „strategische Kontrollpunkte“ überprüfen (z. B. bestimmte Schwächen von Mitarbeitern oder aus Erfahrung bereits bekannte Störungen im Arbeitsablauf). Wenn Sie ein Problem entdecken, bleiben Sie diesem hartnäckig auf der Spur, bis der entsprechende Mitarbeiter den Fehler abgestellt hat. Bei Ihren Kontrollen beziehen Sie sich immer auf die vereinbarten Ziele. Diese ermöglichen eine objektive Bewertung.
Sie geben klare Anweisungen
Gelegentlich werden Sie Mitarbeitern begegnen, die Ihre Anweisungen nur halbherzig befolgen. Meist liegt die Schuld gar nicht bei den Untergebenen: Haben Sie schon einmal geprüft, ob Sie Ihre Anweisungen klar und unmissverständlich formulieren? In einer Anweisung müssen die sechs W-Fragen beantwortet werden:
- Wer? Legen Sie fest, welcher Mitarbeiter die Aufgabe erledigen soll.
- Was? Beschreiben Sie Aufgaben und Teilaufgaben ganz konkret. Nennen Sie auch akzeptable Abweichungen vom angestrebten Soll.
- Wann? Ihre Mitarbeiter müssen wissen, wann eine Aufgabe begonnen werden soll, wann Sie über den Status quo informiert werden wollen und wann die Sache erledigt sein muss.
- Wie? Je nach Kompetenz des Mitarbeiters erläutern Sie, wie die Aufgabe erledigt werden soll. Räumen Sie dem Mitarbeiter dabei so viel Freiraum wie möglich ein.
- Womit? Erläutern Sie ggf. notwenige Hilfsmittel, Unterlagen, Vordrucke, Vorschriften oder Werkzeuge.
- Warum? Kennt Ihr Mitarbeiter Hintergrundinformationen und Bedeutung der Aufgabe, wird er sich verantwortlich fühlen und engagiert arbeiten.
„Wenn Sie von Ihren Mitarbeitern nicht wie ein Chef behandelt werden, liegt das häufig daran, dass Sie nicht wie ein Chef auftreten.“
Handeln Sie sofort, wenn sich ein Mitarbeiter willentlich Ihren Weisungen widersetzt. Sprechen Sie in einem persönlichen Gespräch konkrete Sachverhalte an und verdeutlichen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass er weisungsgebunden ist und Sie sein Verhalten nicht hinnehmen. Es kann durchaus sinnvoll sein, arbeitsrechtliche Schritte anzudrohen: Verhält sich der Mitarbeiter weiterhin negativ, greifen Sie zum Mittel der förmlichen Abmahnung. Denn würden Sie disziplinloses Verhalten dulden, verlören Sie Ihre Autorität. Sie würden als „Softie“ wahrgenommen und andere Mitarbeiter würden Ihren Anweisungen künftig ebenfalls mit Skepsis begegnen. Scheuen Sie sich deshalb nicht, von Anfang an bei jeder Nachlässigkeit Kritik zu üben. Als Chef ist es Ihre Aufgabe, für einen reibungslosen Betriebsablauf zu sorgen. Zeigen Sie, dass Sie Ihre Rolle ernst nehmen, und setzen Sie klare Grenzen, damit Ihre Mitarbeiter wissen, wie weit sie bei Ihnen gehen können.
Sie informieren Ihre Mitarbeiter
Zusammenarbeit heißt auch, dass Sie wichtige Informationen weitergeben und empfangen – ganz nach dem Motto: „Keiner weiß so viel wie alle zusammen.“ Behalten Sie Informationen für sich, riskieren Sie Isolation. Ihre Mitarbeiter werden Ihnen dann ebenfalls wichtige Informationen vorenthalten. Geben Sie Informationen also rechtzeitig weiter. Das zeigt Ihr Vertrauen gegenüber Ihren Mitarbeitern und beugt Fehlern vor. Sickern Informationen hingegen über informelle Wege durch, entstehen Missverständnisse und Ihre Mitarbeiter werden demotiviert und frustriert. Schaffen Sie offizielle Möglichkeiten für eine „gläserne“ Informationspolitik, z. B. durch regelmäßige Mitarbeiterbesprechungen. Als Besprechungsleiter übernehmen Sie dabei eine moderierende Rolle: Sie sind unvoreingenommen und halten Ihre Meinung zurück. Das ermutigt Ihre Mitarbeiter, eigene Ansichten und Vorschläge zu äußern. Besprechungen eignen sich auch, um Problemlösungen oder wichtige Entscheidungen zu diskutieren. Gute Vorbereitung gehört dazu: Definieren Sie vor jedem Meeting klare Ziele und Themen.
Sie fördern berufliche Weiterbildung
Die rasante Vermehrung des Wissens erfordert eine kontinuierliche Weiterbildung, um für künftige Aufgaben gerüstet zu sein. Mitarbeiter, die sich in einem kontinuierlichen Lernprozess befinden und nötige Qualifikationen erwerben, stellen einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil Ihres Unternehmens dar. Lassen Sie daher keine Möglichkeit ungenutzt, Ihre Mitarbeiter zu qualifizieren und zu motivieren: Seminare, Coachings, Sonderaufträge, betriebliche Unterweisungen, Job-Rotation und Selbststudium sind mögliche Varianten. In Jahres- oder Mitarbeitergesprächen schätzen Sie das Potenzial und den Lernbedarf Ihrer Angestellten ein.
„Wollen Sie mitdenkende und selbstständig handelnde Mitarbeiter, so benötigen Ihre Mitarbeiter die erforderlichen Informationen.“
Als Entwicklungsziel halten Sie konkrete Weiterbildungsmaßnahmen fest. Falls sich ein Mitarbeiter gegen Ihre Vorschläge sträubt, machen Sie ihm deutlich, dass er mit einer Weiterbildung nicht nur seinen Arbeitsplatz sichert, sondern auch sein berufliches Vorankommen beschleunigt.
Sie lassen nicht an Ihrem Stuhl sägen
Selbst wenn Sie als Vorgesetzter alle Stolpersteine beachten – einige Mitarbeiter mögen sich dennoch gegen Sie stellen. Bedenken Sie, dass die Mitarbeiter sich ihren neuen Chef nicht aussuchen konnten – genauso wenig wie Sie sich Ihr Team.
„Was geduldet wird, wird bald zum üblichen Standard.“
Was Sie keinesfalls tun sollten, wenn Sie spüren, dass sich eine Front gegen Sie aufbaut, ist abwarten und auf Besserung hoffen. Im Gegenteil: Sprechen Sie Ihre Wahrnehmung in einer Mitarbeiterbesprechung an. Nennen Sie zwei oder drei konkrete Beispiele, an denen Sie die gefühlte Ablehnung festmachen, und fragen Sie nach den Gründen, ohne dabei Schuldzuweisungen auszusprechen. Mit derart souveränem Verhalten können Sie Probleme leicht aufdecken und Schlimmeres verhindern. Erklären Sie Ihre Vorstellungen von einer Zusammenarbeit mithilfe von Wir-Botschaften.
„Hält sich ein Mitarbeiter nicht an die Kommandos, muss er bei Wiederholung mit arbeitsrechtlichen Sanktionen Bekanntschaft machen.“
Gönnt Ihnen ein Mitarbeiter den neuen Posten nicht – weil er vielleicht selbst darauf gehofft hat – und kommt es deshalb zu Unstimmigkeiten, bitten Sie den Opponenten um eine Unterredung. Sprechen Sie das Problem an und zeigen Sie, dass Sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Drohen Sie Ihrem Neider ernsthafte Konsequenzen an, sollte er Ihre Autorität weiterhin untergraben. Verlangen Sie Loyalität von ihm – und bieten Sie im Gegenzug Ihre Unterstützung für sein berufliches Weiterkommen an.