Wer hat’s erfunden?
Was bekommen Ihre Mitarbeiter ausser Lohn? Soziale Leistungen natürlich. Wie ist es mit Kapital- und Ertragsbeteiligungen? In Deutschland wird erst in jedem zehnten Betrieb den Mitarbeitern Derartiges angeboten. Dabei ist die Idee nicht neu. Mitte des 19. Jahrhunderts haben Einzelne schon in diese Richtung gedacht. Vor allem Ernst Abbe in seinem Statut der Carl-Zeiss-Stiftung. Und der westfälische Textilfabrikant Gert P. Spindler wollte nicht nur materielle Beteiligung, sondern einen partnerschaftlichen Austausch. Diese Idee war der Grundstock für die Gründung der AGP, der Arbeitsgemeinschaft für Partnerschaft in der Wirtschaft. So ganz toll fanden die Unternehmerkollegen das damals allerdings nicht. Es hat dann auch über 100 Jahre gedauert, bis die Pionierfirmen Joh. Behrens, Photo Porst und die Rosenthal AG die Sache zum Laufen brachten.
„Aber nur dann, wenn unsere Mitarbeiter auch Mitunternehmer werden, können wir global wettbewerbsfähig bleiben.“
Wie beteiligen Sie Ihre Mitarbeiter? Zeit und Geld werden heute gleich bewertet. Könnte man flexible Arbeitszeiten mit der Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter verknüpfen? Das ist nichts anderes, als dass Arbeitszeitguthaben in Kapital umgewandelt werden. Bei VW gibt es das Arbeitszeitwertpapier, bei der Hewlett Packard GmbH können Mitarbeiter sich Plusstunden ausbezahlen lassen und die Deutsche Bank AG lockt mit einem "Personal-Paket", bei dem jeder frei wählen kann, ob er Zeit in Geld eintauscht oder umgekehrt.
Kein Geld, keine Sicherheit, aber Partnerschaft ...
Wie bekommen Sie ein Dach überm Kopf, ohne Geld und Kredit? Reinhard Mohn, den Vorstandsvorsitzenden der Bertelsmann Stiftung, haben nicht gesellschaftspolitische Überlegungen sondern der reine Überlebenswille zur Mitarbeiterbeteiligung gebracht. Ein cleverer Schachzug damals nach dem Krieg, denn ohne Fremdkapital war die Unternehmensführung sehr viel einfacher. Wie kommen Sie zu Genusskapital? Indem Ihre Mitarbeiter ein grosses Stück von ihrem Gewinnanteil im Unternehmen belassen. Machen Sie Ihre Mitarbeiter zu Mitwirkenden auf der Unternehmensbühne. Was bringt die grösste Entscheidungsfreiheit? Unabhängigkeit in der Finanzierung.
„Die Überzeugung, dass Mitarbeiterbeteiligung ein bedeutender Wettbewerbsfaktor im Euro-Markt der Zukunft sein kann, wird wachsen.“
Was halten Sie von Dialog? Der Kontakt zu Ihren Mitarbeitervertretern ist wichtig! Sonst funktioniert Partnerschaft nicht. Wie schaffen Sie die Bereitschaft zu Verantwortung? Indem Sie Verantwortung delegieren. Das ist die neue Personalstrategie. Heute denkt man anders als vor 30 Jahren. Führen Sie Ihr Unternehmen kooperativ. Entwickeln Sie eine entsprechende Unternehmenskultur und sagen Sie "ja" zur Mitbestimmung. Das klingt nicht nur gut, das macht Sie auch leistungsfähiger. Wie lautet die Überlebensregel für Ihr Unternehmen? Effizient führen. Sie brauchen Qualität, also müssen Ihre Mitarbeiter sich mit Ihrem Unternehmen identifizieren. Das ist sehr gut für die Motivation. Sorgen Sie dafür, dass alle an einem Strang ziehen. Am besten gelingt Ihnen das über Mitarbeiterbeteiligung. Das ist materielle Gerechtigkeit - oder, anders ausgedrückt: Mit Speck fängt man Mäuse.
Teilen statt hamstern
Wie werden Sie erfolgreich? Indem Sie teilen. Klingt merkwürdig, meinen Sie? Das Beispiel der Drägerwerke AG in Lübeck zeigt, dass das eine sehr effektive Strategie ist. Für Dr. Christian Dräger ist die Mitarbeiterbeteiligung über Genussscheine der richtige Weg. Schaffen Sie ruhig das Weihnachtsgeld und andere Sozialleistungen ab, wenn Sie im Gegenzug, wie bei den Drägerwerken geschehen, 10-20 % des Jahresergebnisses aufteilen.
„Nicht allein für grosse, sondern vor allem für mittlere und kleine Firmen wird es immer wichtiger, sich mit dem Gedanken einer ‚Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand’ zu beschäftigen.“
Macht Geld allein glücklich? Im Leben nicht und im Unternehmen auch nicht. Die Mitarbeiter wollen auch ein Mitspracherecht. Natürlich können Sie nicht ständig zu jedem rennen und ihn nach seiner Meinung fragen. Richten Sie einen Partnerschaftsausschuss ein. Jedenfalls in der mittelständischen Industrie ist er das Mittel der Wahl. Die Grossindustrie hat dafür ihr Mitbestimmungsgesetz. Was halten Sie von Ihren Mitarbeitern? Ohne deren Leistungsbereitschaft läuft in Ihrem Unternehmen gar nichts, vergessen Sie das nicht. Es steht und fällt mit seinen Mitarbeitern. Ihr Unternehmenserfolg ist nicht allein Ihr Verdienst, sondern das aller. Also kriegen auch alle was ab vom Kuchen. Möchten Sie wettbewerbsfähig bleiben? Dann vernachlässigen Sie die Mitarbeiterbeteiligung nicht. Die neueste Variante: Anteile von Arbeitszeitkonten werden in Beteiligungskapital umgewandelt.
Mitarbeiter oder Mitbesitzer?
Ihr Unternehmen braucht ein festes Fundament: die Unternehmenskultur. Wenn Sie darauf Ihre Mitarbeiterbeteiligung bauen, sollten Sie die Belegschaft wie Mitbesitzer behandeln. So jedenfalls lautet die Forderung von Heinz Fischer, Personalbereichsvorstand der Deutschen Bank. Das geht nicht von heute auf morgen. Sie werden einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Nicht jedem Mitarbeiter ist sofort bewusst, was er von vermögensbildenden Massnahmen hat. Es ist Ihr Job, ihm die Vorteile klar zu machen. Und dazu zählt nicht nur, dass er viel gelassener dem Ruhestand entgegenblicken kann.
„Erst die Kombination der materiellen und der immateriellen Mitarbeiterbeteiligung ist der Garant für eine gute Partnerschaft.“
Wie motivieren Sie Ihre Leute? Machen Sie ihnen die leistungsorientierte Vergütung schmackhaft. Es gibt Zielvereinbarungen. Mitarbeiter, die erreichen, was sie sich vorgenommen haben, bekommen einen Bonus. Der orientiert sich auch am Geschäftsergebnis. Sehen Sie die Chance für Ihr Unternehmen? Sie liegt in der besseren Anpassungsfähigkeit. Man könnte auch Gewinnbeteiligung und Aktienbesitz mit Sicherheit und Beschäftigungsfähigkeit kombinieren. Wohin das führt? Ihre Mitarbeiter werden innerhalb des Arbeitsprozesses weitgehend selbstständig. Fischer hat den Menü-Gedanken entwickelt: freie Wahl zwischen Gehaltsbestandteilen, Sozialleistungen, Zeitelementen und Position des Arbeitsplatzes. Bringen Sie Ihren Mitarbeitern Eigenverantwortung bei! Haben Sie Lust auf neue Ideen in Sachen Personalarbeit? Sie könnten jungen Mitarbeitern Möglichkeiten zur Qualifizierung oder zur Existenzgründung bieten. So setzt man innovative Ideen um. Und die Vorruheständler schieben Sie nicht aufs Abstellgleis, sondern animieren Sie sie zu beratenden Tätigkeiten. Gegen Entgelt natürlich, denn das kommt wegen der gekürzten Vorruhestandsbezüge besonders gut an.
Packen Sie’s an!
Grosse Sprüche helfen nicht weiter. Mitarbeiterbeteiligung ist eine Unternehmensmassnahme. Es ist Ihre betriebswirtschaftliche Entscheidung. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter am Erfolg Ihres Unternehmens teilhaben, Sie werden staunen, wie motiviert auf einmal alle sind. Jeder fängt an, unternehmerisch zu denken. Politisch nehmen Sie Sachsen zum Vorbild, dort wird Mitarbeiterbeteiligung auf Regierungsebene diskutiert. Der Staatsminister des Freistaates will dadurch Mitarbeiter in die Wirtschaftspolitik mit einbeziehen. Altersversorgung ist gut, meint er ausserdem, aber auch für das tägliche Leben braucht man zusätzliche Möglichkeiten zur Kapitalbildung.
„Die Mitarbeiterbeteiligung ist aus meiner Sicht überhaupt ein Königsweg in die Zukunft.“
Nur etwas für die Grossen? Im Gegenteil, gerade die KMUs müssen endlich mal aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. In Sachsen gewährt man ihnen nur noch dann Förderung, wenn sie Mitarbeiterbeteiligung praktizieren. Hart aber herzlich. Es gibt auch ein Pilotprojekt dazu. Zwölf Firmen wurden in Mitarbeiterbeteiligung fit gemacht. Beratung, ein Handbuch, Modellerarbeitung, Workshops, Einblick in die Praxis - alles vom Feinsten. Und die Gewerkschaften durften auch mitmachen. Wo liegen die Pluspunkte?
- Die Alterssicherung wird ausgebaut.
- Das Unternehmen wird finanziell gestärkt.
- Die Personalkosten sind flexibel.
- Die Produktivität wird erhöht.
- Die Mitarbeiter sind zufriedener, was das Betriebsklima verbessert und die Arbeitsplätze sichert.
„Den einzigen Ausweg aus dieser Beschäftigungskrise sehe ich seit geraumer Zeit vor allem in der Beteiligung von Mitarbeitern am Kapitalvermögen, um rückläufige klassische Erwerbsarbeit durch Kapitalerträge wenigstens teilweise zu kompensieren.“
Wie viel Mut zum Risiko brauchen Sie? Ganz ohne geht es jedenfalls nicht. Und der Staat kann ja nicht alles abdecken, auch in Sachsen nicht. Aber er gibt die privatwirtschaftliche Absicherung. Kein Grund also zum Kneifen. Jedenfalls sollten Sie allmählich aktiv werden. Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand ist in Deutschland noch immer ein Stiefkind. Das könnte ins Auge gehen. Vor allem Grossbritannien ist uns da um Längen voraus. Wo bleibt die deutsche Wirtschaft? Unter "ferner liefen", wenn nicht Unternehmen, Mitarbeiter und auch der Staat endlich ihr bisschen Mut zusammennehmen und das Risiko gemeinsam tragen. Der Erfolg kommt doch dann allen zugute.
In der Zwickmühle?
Was passiert, wenn die vermögenswirksamen Leistungen ausgeweitet werden? Mit Beteiligungsfonds könnte man Stimmrechte erwerben. Vor knapp 30 Jahren hatten die Unternehmen einen erheblichen Bammel davor, dabei in die gewerkschaftlichen Zangen genommen zu werden. Trauen Sie Ihren Mitarbeitern heute zu, sich für die Entwicklung Ihres Unternehmens verantwortlich zu fühlen? Haben die Leute wirklich nur ihr Einkommen im Kopf? Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt hält von Gewerkschaftsseite dagegen. Auch die Tarifpolitik, meint er, hat mittlerweile bewiesen, dass sie weiss, was Rentabilität oder Wettbewerbsfähigkeit ist. Kriegen Sie Allgemeinwohl und persönliche Entwicklung unter einen Hut? Doch ja, mit Solidarität als Voraussetzung für individuelle Entfaltung, das geht!
Motivation als tragende Rolle
Was spornt Ihre Mitarbeiter an? Entgelt, Arbeitszeit, Qualifizierung und ganz besonders die Beteiligung am Unternehmen. Es gibt viele Beteiligungsmodelle und der Anreiz für Ihr Unternehmen liegt einmal in der Kapitalbeschaffung, dann in der Bindung der Beschäftigten an Ihr Unternehmen und zuletzt - bei langfristigen Beteiligungsmodellen - in der Möglichkeit, der immer weniger attraktiven Erwerbsarbeit etwas entgegenzusetzen. Jetzt fragen Sie Ihre Mitarbeiter doch mal, wie sie zu einer Vermögensbeteiligung stehen. Vielleicht übernehmen die Leute ja sogar ein gewissen Risiko. Und wo ist der Haken? Dass Ihre Mitarbeiter Sie missverstehen, und zwar gleich von Anfang an. Prof. Dr. Walter A. Oechsler, Betriebswirtschaftler von der Uni Mannheim, rät zu Informationsveranstaltungen und Betriebsversammlungen. Und laden Sie den Betriebsrat zu allen Gesprächen mit ein. Er wird nämlich Ihr Überzeugungsinstrument. Damit das alles ein bisschen lockerer wird, hat der Professor ein "Cafeteria-Menü-Modell" entwickelt. Nicht Cappuccino und Erdbeerschnitte werden angeboten, sondern betriebliche Sozialleistungen, Entgelt, Arbeitszeit, Beteiligung und Qualifizierung. Auch sehr lecker, oder?
Gemeinsam in die Zukunft!
Möchten Sie auch weiterhin wettbewerbsfähig bleiben? AGP-Geschäftsführer Michael Lezius gibt nur den Unternehmen eine Chance, deren Mitarbeiter auch Mitunternehmer werden. In den USA gibt es Betriebe, in denen Besitz und Leitung zu 100 % in den Händen der Mitarbeiter liegen, und zu Beginn der Rente hat mancher 200 000 Dollar in "seinem" Unternehmen stehen! Wie ist das in Ihrer Firma? Sie überleben besser, weil sicherer, wenn Sie Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand praktizieren. Glauben Sie nicht? Sehen Sie sich bei Firmen um, die erfolgreich Partnerschaft und Gewinnbeteiligung handhaben. Grünbeck-Wasseraufbereitung GmbH in Höchstadt/Donau z. B.: 1949 gegründet, 430 Mitarbeiter, 180 davon stille Teilhaber. Seit 1980 sind die Mitarbeiter echte Gesellschafter, Rechte und Pflichten inklusive. 40 % des Firmenkapitals sind in Händen der Belegschaft. Und: Grünbeck ist der führende Betrieb in seiner Branche. Jetzt sind Sie dran!