Zeitmanagement bei Auslandseinsätzen

Buch Zeitmanagement bei Auslandseinsätzen

Anleitung zum Selbstcoaching für ein optimales Zeit-, Ziel- und Ressourcenmanagement in der interkulturellen Zusammenarbeit

expert,


Rezension

Man nehme: eine Zusam­men­stel­lung bewährter Zeit­man­age­ment­tech­niken, einige grundle­gende Infos zur in­terkul­turellen Zusam­me­nar­beit sowie Tipps und Entspan­nungsübungen für die Erholung vom stressigen Ar­beit­sall­tag. Fertig ist das handliche Brevier für den Aus­land­sein­satz. Allerdings, das muss gesagt werden, lesen sich weite Teile des Buches wie ein rein­ras­siger Zeit­man­age­men­trat­ge­ber, der nur stel­len­weise mit entsprechen­den Tipps für die Auslandstätigkeit an­gere­ichert wurde. Wer handfeste Tipps für den Umgang mit ver­schiede­nen Kulturen oder gar die Busi­ness-Etikette in fernen Ländern sucht, wird enttäuscht. Die Autoren haben einen klaren Fokus auf den reisenden Manager und weniger auf dessen Interaktion mit ausländischen Mi­tar­beit­ern oder Vorge­set­zten. Stilistisch gibt es eine Beson­der­heit: Das Buch kommt überwiegend in Dialogform daher, die ein Frage-Antwort-Spiel zwischen Trainer und Trainee simulieren soll. Das schafft Lebendigkeit, erschwert jedoch die sys­tem­a­tis­che Suche nach bestimmten Themen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Aus­land­sreisenden, die einen klaren Kopf behalten und ihre Arbeitszeit sinnvoll planen wollen.

Take-aways

  • Wenn Sie sich länger im Ausland aufhalten, sollten Sie viel Zeit mit Ein­heimis­chen verbringen.
  • Der Umgang mit fremden Kulturen erfordert immer Fin­ger­spitzengefühl; Faustregeln helfen nicht weiter.
  • Zeit können Sie nicht managen – wohl aber das Zusam­men­spiel von Zeit, Zielen und Ressourcen.
  • Nur wer sich re­al­is­tis­che Ziele setzt, kann sie auch in angemessener Zeit erreichen.
  • Vor allem bei der Projekt- und Teamarbeit kommen Sie um eine straffe Planung nicht herum.
  • Hüten Sie sich vor Störungen, die Ihre laufende Arbeit un­ter­brechen und Sie immer wieder zurückwerfen.
  • Auch in eher zeitoffenen Ländern sollten Sie auf die Einhaltung von Terminen bestehen.
  • Er­fol­gre­iche Führung und richtige Auf­gaben­del­e­ga­tion gehören zusammen.
  • Suchen Sie den positiven Eustress und schützen Sie sich vor krank machendem Distress.
  • Steht eine Zeitver­schiebung bevor, sollten Sie Ihren Körper behutsam daran gewöhnen.
 

Zusammenfassung

Zeit­man­age­ment im Ausland

Im Ausland gehen die Uhren anders. Das weiß jeder, der beruflich für kürzere Termine oder auch längere Aus­land­seinsätze in der Ferne weilt. Menschen aus dem deutschsprachi­gen Raum haben ein ganz anderes Verhältnis zur Zeit als beispiel­sweise Südeuropäer oder viele Asiaten. Für uns ist Zeit meist Geld, d. h. alles muss schnell gehen – was uns manch unangenehme „Zeitkrankheit“ beschert hat, wie etwa negativen Stress und das Burn-out-Syn­drom.

„Gutes ZZR-Man­age­ment bedeutet Aus­ge­wogen­heit der drei Komponenten Zeitaufwand, Ziel­er­re­ichung und Ressourcenver­brauch.“

Jeder Aus­land­sreisende sollte sich deshalb vor seiner Reise über die Zeit­gepflo­gen­heiten seines Gastlandes informieren. Die wichtigste Grund­vo­raus­set­zung hierfür ist soziale Kompetenz, denn sie ist der Schlüssel für in­terkul­turelle Kompetenz. Es gibt keine Faustregel für den Umgang mit Menschen in einem bestimmten Land. In China beispiel­sweise gibt es fünf Zeitzonen und „den“ typischen Chinesen wird man in keiner dieser Zeitzonen finden. Je nach Region und sozialem Hintergrund gehen die Chinesen un­ter­schiedlich mit der Zeit um. Auf dem Land gehen die Uhren langsamer, in den auf­streben­den Millionenstädten ticken sie in einem Ir­rsinnstempo.

„Für den Aus­land­sein­satz ist es von Bedeutung, die ursprünglichen Ziele mit den Gegeben­heiten vor Ort abzustimmen.“

Vor allem, wenn Sie sich länger im Ausland aufhalten, gilt: Verbringen Sie so viel Zeit wie möglich mit den Ein­heimis­chen. Beobachten Sie, wie sie miteinander und mit der Zeit umgehen, und passen Sie sich an. Deutsche haben den Ruf, sehr pünktlich zu sein. Aber in diesem durchaus positiven Urteil schwingt auch die Kritik mit, dass sie vor allem die Zeit managen und im Grunde nichts mit den handelnden Menschen zu tun haben wollen. Beziehungen, und seien sie auch nur geschäftlicher Natur, benötigen Zeit und die Bere­itschaft, sich aufeinander einzustellen.

Zeit-, Ziel- und Ressourcen­man­age­ment

Zeit­man­age­ment ist „in“, nicht nur wenn es darum geht, Aus­land­seinsätze effizient zu gestalten. Allerdings ist der Name irreführend, weil man Zeit im Grunde gar nicht managen kann. Und sparen kann man sie auch nicht, weil sie keinerlei Rendite abwirft. Deshalb ist es sinnvoller, von Zeit-, Ziel- und Ressourcen­man­age­ment (ZZR) zu sprechen. Denn nur, wenn die beiden Elemente Ressourcen und Ziele mit der verwendeten Zeit in Einklang gebracht werden, kann man wirklich von Zeit­man­age­ment sprechen.

„Aus­land­seinsätze erfordern seelische Robustheit und ein vitales soziales und privates Umfeld.“

Zeit steht nur einmal zur Verfügung. Der Zeitbedarf für eine Tätigkeit A kann im Vergleich zu einer Tätigkeit B hoch oder niedrig sein. Ziele dienen der Bewertung von einge­set­zter Zeit. Wenn ein bestimmtes Ziel in einer bestimmten Zeit erreicht wird, spricht man von Leistung. Diese kann dann im Zeitablauf beurteilt oder mit anderen Leistungen verglichen werden. Der dritte Aspekt des ZZR-Man­age­ments beschreibt die einge­set­zten Ressourcen. Diese lassen sich in Personal-, Prozess-, In­for­ma­tions- und Umwel­tres­sourcen unterteilen. Nur eine Gesamtschau aller Komponenten ermöglicht Aussagen über die Effizienz eines Mi­tar­beit­ers oder eines ganzen Un­ternehmens.

„Sorgen Sie dafür, dass das Gle­ichgewicht zwischen Beanspruchung einerseits und Erholung an­der­er­seits auf Dauer stimmt.“

Man muss aber schon genau hinsehen, wenn man sich ein exaktes Urteil bilden will: Der langsamere Mitarbeiter kompensiert sein mangelndes Tempo vielleicht mit einer geringeren Fehlerrate und dem scho­nen­deren Einsatz von Ressourcen. „Management by Stoppuhr“ kann deshalb auch nach hinten losgehen.

Die sieben Prinzipien des ZZR-Man­age­ments

Die Literatur zum Zeit­man­age­ment ist unüberschaubar. Deshalb sollen nachfolgend die wichtigsten Prinzipien des ZZR-Man­age­ments in sieben Schritten dargestellt werden. Im Zentrum steht immer die Kom­mu­nika­tion, denn sie ist das A und O für er­fol­gre­iche Zeit- und Ressourcenpla­nung im Ausland. Keines der sieben Prinzipien ist ein Dogma. Jedes Element kann und soll variiert und in den eigenen Rhythmus integriert werden. Nur so kommen Sie vom Wissen zum Anwenden und vom Wollen zum Handeln.

Erstes Prinzip: Ziele setzen und erreichen

Viele Menschen verwechseln Ziele mit Aufgaben. Das Ziel gibt immer die Hauptstoßrichtung vor; die einzelnen Aufgaben sind Teilschritte auf dem Weg zur Ziel­er­re­ichung. Beispiel: Wenn Sie den Aus­land­sum­satz für ein bestimmtes Produkt bis zum vierten Quartal um 4 % im Vergleich zum Vorjahr erhöhen wollen, ist das ein klares Ziel. Dieses erreichen Sie nur, wenn Sie bestimmte Aufgaben oder Maßnahmen (z. B. Schulung des Verkauf­sper­son­als, besseres Marketing, Werbung) darauf abstimmen. Ziele sollten immer spezifisch, messbar, bee­in­fluss­bar, realistisch, zeitlich angemessen und terminiert sein. Ziele im beruflichen Bereich bee­in­flussen auch andere Lebens­bere­iche. Mitunter leiden Part­ner­schaft und Familie unter beruflichen Zielen, ins­beson­dere bei einem Aus­land­sein­satz. Tipp: Formulieren Sie Ziele nicht nur für den Beruf, sondern auch für die Bereiche Familie und Freunde, persönliche Entwicklung und Gesundheit.

Zweites Prinzip: Planen und Prioritäten setzen

Böse Zungen behaupten, dass man mit Planung den Zufall durch den Irrtum ersetzt. Aber gerade im Pro­jek­t­man­age­ment ist es sinnvoll, die vielen parallelen Arbeiten planerisch abzu­gle­ichen und sich einen Überblick über ver­schiedene Ziele und Aufgaben zu verschaffen. Setzen Sie z. B. Gantt-Di­a­gramme (bzw. einen Balkenplan) ein, um die Überlappung von Projekten und deren Meilen­steine zu verfolgen. Wenn Teams zusam­me­nar­beiten, kommen Sie um eine de­tail­lierte Maßnah­men­pla­nung nicht herum: Halten Sie fest, wer was mit wem bis wann erledigt. Bei jeder Planung von Aufgaben müssen Sie Prioritäten setzen. Bewährt hat sich hierfür die ABC-Analyse. A-Aufgaben sind immens wichtig und verbrauchen wenig Zeitres­sourcen. Bei B-Aufgaben halten sich Zeitbedarf und Ertrag die Waage. C-Aufgaben hingegen sind zeitaufwändig, besitzen aber einen sehr geringen Wert bzw. Anteil am Gesamter­trag. Konzen­tri­eren Sie sich also auf die A- und B-Aufgaben, wenn die Zeit knapp ist, und widmen Sie sich den C-Aufgaben, wenn es ruhiger zugeht.

Drittes Prinzip: Gleiches zu Gleichem

Um es einem Expatriate so leicht wie möglich zu machen, sollte er immer von einem Kollegen, der sich bereits auskennt, in seine Tätigkeit im Ausland eingeführt werden. So lernt er Gepflo­gen­heiten und Handgriffe schneller und effektiver als im Alleingang. Im Ar­beit­sall­tag lohnt es sich für jedermann, die eigenen Tätigkeiten genau anzuschauen und zu „Serien“ zusammenzufügen. Der Grund: Jede isolierte Tätigkeit erfordert mehr Zeit, als wenn mehrere gle­ichar­tige Tätigkeiten hin­tere­inan­der erledigt werden. Beispiel­sweise muss für jedes Telefonat eine Akte her­vorgenom­men, die wichtigsten In­for­ma­tio­nen müssen gelesen und nach dem Gespräch neue Erken­nt­nisse niedergeschrieben werden. So etwas läuft in Serie erheblich schneller und rou­tinierter ab, als wenn Telefonate punktuell über den Tag verteilt werden.

Viertes Prinzip: Schriftlichkeit

Wer sich Ziele setzt und sie auch erreichen will, schreibt sie sich auf. Mündliche Ziele wirken un­verbindlich. Nur schriftliche Ziele zählen und finden Beachtung. Das Prinzip ist simpel, verdient aber große Aufmerk­samkeit.

Fünftes Prinzip: Störungen überwinden

Kennen Sie den Sägezah­n­ef­fekt bei Ihrer täglichen Arbeit? Wenn Sie sich beispiel­sweise vorgenommen haben, eine Präsentation vorzu­bere­iten, die Sie in zwei Tagen dem Kunden vorstellen wollen, sieht Ihre Planung für heute vielleicht eine dreistündige Vor­bere­itungszeit vor. Doch können Sie diese drei Stunden am Stück produktiv nutzen? Wahrschein­lich nicht, weil Sie ständig abgelenkt werden. E-Mails müssen beantwortet werden, das Telefon klingelt, Sie müssen schnell Aufgaben zwis­chen­durch erledigen. Jede dieser Störungen wirft Sie bei Ihrem Haupt­pro­jekt immer wieder ein Stück zurück, und Sie müssen einen Schritt wiederholen, sich wieder einlesen, eine Software aufrufen usw. Der Sägezah­n­ef­fekt eben. Störungen können sehr vielfältig sein und im Team auch mit dem Arbeitsstil der einzelnen Mitarbeiter zusammenhängen. Wenn Sie oder das Team irgendetwas stört, sollten Sie zunächst die Ursachen für Störungen beseitigen und dann erst zur Tage­sor­d­nung übergehen.

Sechstes Prinzip: Termine setzen und einhalten

Auch wenn Sie damit dem Klischee des zeit­fix­ierten Deutschen oder Schweizers entsprechen, sollten Sie im Ausland für wichtige Aufgaben und Gespräche Termine ansetzen. Hätten Sie die ganze Zeit der Welt zur Verfügung, wäre so etwas natürlich unnötig, aber im Ar­beit­sall­tag ist Zeit ein knappes Gut. Auch im Ausland gelten diese Regeln. Es kommt natürlich auf das Fin­ger­spitzengefühl im Umgang mit der anderen Kultur an, dennoch müssen in vielen Unternehmen feste Liefer­t­er­mine eingehalten werden. Überdies laufen gerade die eher zeitoffenen Mitarbeiter angesichts einer näher rückenden Deadline oft zu Höchstleis­tun­gen auf. Machen Sie Ihren ausländischen Kollegen klar, dass es weniger um „German Pünktlichkeit“ als vielmehr um das Überleben des Geschäfts geht – und gerade da winken in bestimmten Branchen bei Ter­min­verzug empfind­liche Kon­ven­tion­al­strafen.

Siebtes Prinzip: Richtig delegieren

Delegation ist eine Kernaufgabe der Führung. Damit die Zusam­me­nar­beit mit den Mi­tar­beit­ern reibungslos klappt, müssen Sie die Prinzipien des ZZR-Man­age­ments natürlich auch auf die Delegation ausweiten. Mitarbeiter benötigen klare Zeitvor­gaben und Meilen­steine. Erklären Sie den Kontext der Aufgabe und erläutern Sie die Ziele. Schreiben Sie niemandem haarklein vor, wie er die Aufgaben lösen soll, sondern geben Sie den Rahmen vor und ver­schweigen Sie auch Risiken und Stolper­steine nicht. Zu guter Letzt: Teilen Sie die Anerkennung, die Sie von oben erhalten, mit den Mi­tar­beit­ern, die für Sie die Aufgabe erfüllt haben.

Stress­man­age­ment auf Reisen

Steht für Sie im Ausland Stress auf der Tage­sor­d­nung? Hoffentlich ist es der positiv wirkende Eustress, der Sie beflügelt, Ihre Kreativität in Wallungen bringt und Sie in freudige Erregung versetzt. Wenn es allerdings eher der lähmende und krank machende Distress ist, sollten Sie unbedingt etwas dagegen tun.

„Umfassende und hochwirk­same Unterstützung bei der Stressbewältigung bieten sys­tem­a­tis­che Entspan­nungsmeth­o­den.“

Dauerstress belastet Ihren Körper (mögliche Folgen: hoher Blutdruck, Tinnitus, Herzinfarkt) und Ihre Psyche: Sie werden ungeduldig, jähzornig – und dann geht der Job und vielleicht sogar Ihr Privatleben den Bach runter. Sagen Sie auch mal Nein und delegieren Sie wichtige Aufgaben. Überlegen Sie bei jeder Aufgabe, ob sie dringend und sofort erledigt werden sollte und ob Sie sie selbst erledigen müssen. Tun Sie immer Wichtiges vor Dringendem. Und besonders wichtig: Sorgen Sie für ein intaktes Fam­i­lien­leben oder einen guten Fre­un­deskreis; gehen Sie ins Konzert oder ins Kino, machen Sie einen Einkaufs­bum­mel, spielen Sie mit Ihren Kindern oder faulenzen Sie einfach mal auf der Terrasse. Körper und Geist benötigen diesen Ausgleich, um Stresshormone abzubauen und wieder ins Gle­ichgewicht zu kommen.

„Nach Flügen in östlicher Richtung gilt es, Maßnahmen zu treffen, die innere Uhr zu beschle­u­ni­gen, was wesentlich schwieriger ist, weil die innere Uhr dazu neigt, langsamer zu laufen.“

Trainieren Sie, sich gezielt zu entspannen, beispiel­sweise mit der pro­gres­siven Muske­lentspan­nung. Stress kann sich bei Aus­land­ster­mi­nen auch aufgrund des Jetlags einstellen, weil Ihre innere Uhr durcheinan­dergerät. Bei Reisen über mehrere Zeitzonen gen Westen gilt daher, dass Sie Ihre innere Uhr ver­langsamen sollten. Das gelingt indem Sie z. B. schon Tage vor der Reise später ins Bett gehen und später aufstehen. Umgekehrt funk­tion­iert dieser Trick, wenn Sie nach Osten reisen. Hier müssen Sie Ihren eigenen Takt beschle­u­ni­gen, was allerdings wesentlich schwieriger ist.

Über die Autoren

Die Dipl.-Psy­cholo­gen Dieter Brendt und Christoph Hühner­bein-Soll­mann sind Coachs, Trainer und Berater in den Bereichen Gesund­heits­man­age­ment, Kom­mu­nika­tion, Führung und Zeit­man­age­ment.