Sparen Sie Zeit und Geld
Wenn sich auf eine Stellenausschreibung viele Interessenten melden, dürfen Sie sich zwar freuen. Doch stapelweise Bewerbungsmappen zu durchforsten, ist mühsam. Haben Sie dann eine Vorauswahl getroffen, nehmen die persönlichen Gespräche mindestens eine Stunde pro Kandidat in Anspruch. Diese sind in der Regel mit einem Blind Date zu vergleichen: Die Bewerbungsmappen verraten Ihnen gerade mal die Basisinformationen über die Kandidaten, die zudem annähernd gleiche Qualifikationen aufweisen. Insgesamt ein mühsamer Prozess, der natürlich Geld kostet. Rund 900 € pro Bewerber dürfen Sie ansetzen. Sie sparen also Zeit und Kosten, wenn Sie zwischen der ersten Sichtung der Mappe und dem persönlichen Gespräch ein Telefoninterview als Auswahlinstrument platzieren.
„Die mit den Bewerbungsmassen einhergehende Überlastung der Personalabteilungen erschwert die qualifizierte Vorauswahl und macht sie zu einem zeitraubenden Verfahren.“
Während die einen Unternehmen die Spreu vom Weizen trennen müssen, suchen die anderen die Nadel im Heuhaufen. Auch als Personaler einer No-Name-Firma möchten Sie sich einen Topkandidaten angeln, aber dazu müssen Sie ihn von den Vorzügen des Arbeitsplatzes überzeugen. Am Telefon geht das natürlich viel besser als über ein paar Zeilen in einer Anzeige. Hier fungiert das Telefoninterview als Akquiseinstrument.
„Bei einem Telefoninterview fallen mehr als 50 % des Gesamteindrucks, den wir von einer Person gewinnen können, nämlich der Bereich der Körpersprache, weg.“
Ein Telefoninterview kann das persönliche Gespräch allerdings nicht komplett ersetzen. Denn um einen Menschen wirklich beurteilen zu können, müssen Sie ihn vor sich haben. Wenn Sie seine Mimik und Gestik nicht sehen, fehlen Ihnen entscheidende Puzzlesteine im Gesamtbild. Das Telefoninterview reduziert aber die Anzahl der Bewerber, die eingeladen werden. Besonders eignet es sich, wenn eine Stelle in einem Callcenter, im Telefonmarketing oder im Vertrieb besetzt werden soll. In diesen Fällen können Sie am Telefon gleich testen, ob jemand seine Sache gut macht und ob Ihnen Sprache und verbaler Ausdruck gefallen. Vergessen Sie nicht, dass der Bewerber beim Telefoninterview auch einen ersten Eindruck von Ihnen und Ihrem Unternehmen erhält. Gerade Topkandidaten sind wählerisch. Schon an der Zeitdauer bis zur Kontaktaufnahme werden sie die Wertschätzung ihrer Person messen – und am Interview selbst erst recht. Begegnen Sie dem Bewerber auf Augenhöhe und achten Sie darauf, dass nicht nur Sie sich Informationen beschaffen, sondern dass Sie ihm auch welche zukommen lassen.
Mit klaren Fragen viel erfahren
Als Grundlage für Ihren Fragenkatalog sollte Ihnen ein klares Anforderungsprofil dienen. Wenn Sie nicht genau wissen, was für Fähigkeiten der künftige Stelleninhaber mitbringen soll, wird Ihr Telefoninterview ein schwammiges Gerede. Eine gute Vorbereitung hat also oberste Priorität. Sollte ein Fachvorgesetzter beim Gespräch beteiligt sein, sprechen Sie sich vorher mit ihm ab und klären Sie, wer wann welche Fragen stellt. Kündigen Sie Ihrem Kandidaten das Telefoninterview schriftlich an und stellen Sie ihm eventuelle Interviewpartner kurz vor.
„Ohne Kenntnis der stellenspezifischen Anforderungen fehlt jeder Personaldiagnostik die Grundlage.“
Der zeitliche Rahmen des Gesprächs umfasst 20–30 Minuten. Etwa 10–15 Minuten brauchen Sie für die Vorbereitung: Werfen Sie noch mal einen Blick in die Bewerbungsmappe, machen Sie sich Notizen für Ihre Fragen und sprechen Sie sich mit Ihrem internen Interviewpartner ab. Nach dem Interview werden 10–15 Minuten in die Nachbereitung investiert. Die ist aber nur dann ergiebig, wenn Sie während des Interviews fleißig mitgeschrieben haben. Ergänzen Sie Stichworte und Zitate des Bewerbers um Ihre persönlichen Eindrücke.
Das Drei-Phasen-Modell
Zum Hörer greifen und drauflosreden ist unprofessionell. Halten Sie sich stattdessen an das Drei-Phasen-Modell. Damit schaffen Sie es, dem Gespräch in der knappen Zeit möglichst viele Informationen zu entnehmen.
- Eröffnung (25 % Zeitanteil): Fragen Sie den Bewerber zu Beginn des Interviews, ob er Zeit hat. Sind Störungen zu befürchten, verschieben Sie das Gespräch lieber. Ansonsten stellen Sie dem Kandidaten die Interviewpartner vor und sagen ihm, wie lange das Telefonat voraussichtlich dauern wird. Informieren Sie ihn darüber, dass es keinen Tonbandmitschnitt geben wird, dass Sie sich aber Notizen machen – das erklärt Gesprächspausen, die den Bewerber sonst nervös machen könnten. Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre. Damit erreichen Sie, dass der Kandidat offen antwortet. Vielleicht weisen Sie kurz darauf hin, was Ihnen an der Bewerbung besonders gefallen hat, und leiten damit zu Phase 2 über.
- Interview (50 % Zeitanteil): Während des Interviewteils soll vor allem der Kandidat sprechen. Sie fragen kurz und präzise und bitten um spontane, aufschlussreiche Antworten. Damit nehmen Sie vorübergehend eine Machtposition ein, der Bewerber steht Rede und Antwort. Verkneifen Sie sich, die Antworten zu werten. Bereits mit Bemerkungen wie „aha, gut“, „genau“ oder auch nur einem bestätigenden „hm“ beeinflussen Sie den Kandidaten unbewusst und bringen sich um die Chance eines wirklich aussagekräftigen Interviews. Sie dürfen ihn aber unterbrechen, wenn er abschweift und Geschichten erzählt.
- Abschluss (25 % Zeitanteil): Holen Sie den Bewerber für die Abschlussphase wieder auf Augenhöhe. Geben Sie ihm Gelegenheit, Fragen zu stellen, und erläutern Sie ihm, wie es nun organisatorisch weitergeht. Überlegen Sie sich vorher aber, ob er alle Ihre Fragen ausreichend beantwortet hat – nicht, dass Sie gleich noch mal anrufen müssen. Nehmen Sie sich dafür ruhig ein paar Minuten Zeit. Damit ermöglichen sie auch dem Kandidaten, sich Fragen auszudenken.
Das Gespräch eröffnen
Um von Ihrem potenziellen neuen Mitarbeiter ein möglichst stimmiges Bild zu erhalten, müssen Sie bei jeder der drei Phasen die geeignete Methode der Gesprächsführung einsetzen. Bemühen Sie sich in der ersten Phase darum, dem Bewerber die Nervosität zu nehmen. Denn die Angst vor einer Absage und damit vor einer Kränkung des Selbstwertgefühls kann ihn daran hindern, spontane und ehrliche Antworten zu geben. Achten Sie auf eine offene, entspannte Gesprächsatmosphäre, vermitteln Sie dem Kandidaten Sicherheit und stärken Sie sein Selbstwertgefühl. Lob und Anerkennung wirken Wunder, ebenso das Herstellen von persönlicher Nähe. Kommt der Kandidat z. B. aus der gleichen Stadt wie Sie oder frönt er dem gleichen Hobby, dann sprechen Sie das zu Beginn des Telefonats an. Das schafft Sympathie, lockert die Atmosphäre und vermittelt dem Bewerber ein gutes Gefühl.
Die richtigen Fragen stellen
In der zweiten Phase, dem eigentlichen Interview, kommt es besonders auf die richtige Fragetechnik an. Wählen Sie offene Fragen, so genannte W-Fragen: Diese werden mit „was“, „wie“, „wo“, „wodurch“ usw. eingeleitet. Dadurch ist der Kandidat gezwungen, umfangreichere Antworten zu geben als bei geschlossenen Fragen, wo ein Ja oder ein Nein genügt. Offene Fragen veranlassen Ihren Gesprächspartner, frei zu formulieren, seine eigene Meinung einzubringen und seine Prioritäten zu benennen. Wenn Sie ihn z. B. nach seinen Bedingungen für eine gute Zusammenarbeit fragen, wird er unbewusst die für ihn wichtigste als erste ansprechen. Mit offenen Fragen können Sie also jede Menge Informationen sammeln. Wechseln Sie aber zu geschlossenen, wenn Sie eine präzise Antwort brauchen („Sind Sie bereit umzuziehen?“).
„Die positive Stimulanz und die gezielte Wertschätzung tragen zu einer Öffnung des Kandidaten bei.“
Denkt der Kandidat erst nach, bevor er antwortet, ist das grundsätzlich ein gutes Zeichen. Manchen Interviewer verleitet es aber dazu, seine Frage umzuformulieren oder eine zusätzliche zu stellen. Das hat zur Folge, dass der Befragte meist heraushört, welche Antwort Sie hören möchten bzw. worauf es Ihnen ankommt, und sich danach ausrichtet. Gewöhnen Sie sich kurze Fragen an und lassen Sie dem Bewerber ruhig Zeit. Auch eine magere Antwort nach langer Gesprächspause ist aufschlussreich für Sie. Fallen die Antworten zu blumig aus, bitten Sie mit einer Präzisierungsfrage um eine kurze Zusammenfassung (z. B.: „Was ist das Wichtigste in drei kurzen Sätzen?“). Werden die Geschichten zu ausführlich, scheuen Sie sich nicht davor, den Redefluss Ihres Kandidaten zu unterbrechen. Redselige Menschen sind bei zeitlich knapp bemessenen Telefoninterviews der Super-GAU.
„Aktiv zuhören ist von entscheidender Bedeutung im Telefoninterview, um Missverständnisse zu reduzieren, die gerade dadurch entstehen, dass wir nur das gesprochene Wort interpretieren können.“
Einige Bewerber verstecken sich hinter pauschalen Aussagen, weichen einer Frage aus oder äußern sich nur vage zu einem Sachverhalt. Fragen Sie in solchen Fällen so lange nach („Was genau war Ihre Aufgabe dabei?“), bis Sie eine konkrete Antwort erhalten. Falls Sie kritische oder persönliche Fragen stellen, kündigen Sie diese zuerst als solche an.
Richtig zuhören
Haben Sie alles verstanden? Ein entscheidender Punkt beim Telefoninterview ist nämlich das richtige Zuhören. Es gibt jede Menge Fehlerquellen: Das Gesagte wird interpretiert, verwechselt, missverstanden oder in Gedanken ergänzt, und nicht immer kommt beim Empfänger das an, was der Sender vermitteln wollte. Mit aktivem Zuhören können Sie aber gegensteuern. Das fängt schon damit an, dass Sie einfach nur still sind und sich auf Ihren Gesprächspartner konzentrieren, anstatt gedanklich schon weiterzugaloppieren. Weil beim Telefoninterview der Blickkontakt fehlt, geben Sie Ihrem Gesprächspartner mit einem „Ja“ oder „Mhm“ zu verstehen, dass Sie ihm zuhören. Fassen Sie komplexe Aussagen kurz zusammen („Ich habe eben verstanden, dass ...“) oder haken Sie bei Bedarf nach.
„Manchmal lohnt es sich, auch Zitate mitzuschreiben, die besonders aussagekräftig oder außergewöhnlich waren.“
Vergessen Sie bei alldem aber nicht das Mitschreiben, sonst sitzen Sie hinterher vor einem leeren Blatt, das Sie mit Erinnerungen füllen müssen – und das geht oft daneben. Am einfachsten fällt Ihnen die Dokumentation, wenn Sie einen Leitfaden zum Interview vor sich liegen haben, der direkt neben den Fragen Platz für Notizen lässt. Wenn Sie mal etwas mehr aufschreiben möchten, kündigen Sie eine kurze Gesprächspause an. Damit dem Bewerber nicht langweilig wird, stellen Sie eine Zusatzfrage, über die er eine Weile grübeln kann.
„Das Telefoninterview wird in der letzen Phase wieder zu einem Dialog, was für den Bewerber deutlich spürbar sein sollte.“
Wenn Sie alle Fragen gestellt und sich überzeugt haben, dass nichts vergessen wurde, geben Sie dem Bewerber in der dritten Phase einen deutlichen Hinweis, dass das Interview beendet ist und er nun seinerseits die dringendsten Fragen stellen kann. Die letzte Phase soll ein Dialog sein, in dem sich die Gesprächspartner auf Augenhöhe befinden.
Topkandidaten für sich gewinnen
Hoch qualifizierte Bewerber suchen sich das Unternehmen aus, in dem sie arbeiten möchten. Wenn Sie das Telefoninterview als Akquiseinstrument einsetzen, haben Sie die Chance, Ihre Firma im besten Licht darzustellen und den Topkandidaten zu umwerben. In diesem Fall findet das ganze Gespräch auf Augenhöhe statt. Die Eröffnungsphase und der Abschluss haben deutlich mehr Gewicht als der Interviewteil. Von Bedeutung ist jetzt vor allem, dass Sie Ihr Unternehmen und die ausgeschriebene Position umfassend vorstellen und attraktiv präsentieren.
„Damit das Telefoninterview einen motivierenden Charakter erhält, sollten wir uns gut überlegen, aus welchen möglichen Motiven heraus sich ein Kandidat für eine Stelle interessiert.“
Sprechen Sie bei Ihrem Wunschkandidaten die Gefühlsebene an. Fast 90 % unserer Entscheidungen sind nämlich emotional bedingt. Sprechen Sie also Aspekte an, mit denen Sie in diesem Bereich punkten: die tolle Arbeitsatmosphäre oder die flachen Hierarchien. Sparen Sie nicht mit Lob für den Bewerber, zeigen Sie ihm Ihre Wertschätzung und machen Sie klar, warum Ihr Stellenangebot für ihn besonders interessant ist. Vereinbaren Sie am Ende einen Termin für ein persönliches Gespräch und bedanken Sie sich für das Telefonat.