Die Innovationszone

Buch Die Innovationszone

Wie sich Firmen neu erfinden

Midas Management Verlag,


Rezension

Die Frage ist nicht ob, sondern wie: Wie gelingt es Unternehmen, sich stetig neu zu erfinden, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, neue Märkte zu erobern? Innovation ist die Schlüsselkom­pe­tenz der Zukunft, davon ist Autor Koulopoulos überzeugt. Die Beispiele er­fol­gre­icher In­no­va­tio­nen, die er anführt, machen deutlich, dass es hier nicht um die Geis­tes­blitze Einzelner geht. Echte In­no­va­tion­skom­pe­tenz muss in der Un­ternehmen­skul­tur verankert werden. Dazu braucht es ein Prozessverständnis und eine In­no­va­tion­szone, in der Ideen wie zarte Pflanzen wachsen können – nur dann werden sie auch Früchte tragen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Führungskräften, die wissen wollen, wie sie eine In­no­va­tion­skul­tur im Unternehmen etablieren können.

Take-aways

  • Innovation ist im Zuge der Glob­al­isierung für alle Unternehmen zur Pflicht geworden: Wer nicht innoviert, steht bald vor dem Aus.
  • In­no­va­tio­nen sind nicht bloß Erfindungen oder Pro­duk­t­vari­anten: Sie schaffen neue Märkte, Werte und Ver­hal­tensweisen.
  • Innovation ist ein Prozess mit vielen Schritten, kein Geis­tes­blitz.
  • Innovative Ideen brauchen einen geschützten Raum, um gedeihen zu können: die In­no­va­tion­szone.
  • Die In­no­va­tion­szone kann eine Abteilung, ein Team, ein interner, web­basierter Bereich oder auch eine gut or­gan­isierte Ideenwoche sein.
  • Unternehmen, die gut im Innovieren sind, haben verstanden, in Prozessen zu denken, nicht in Produkten.
  • In­no­va­tio­nen werden in Zukunft auch von Kunden, Nutzern und externen Partnern vo­r­angetrieben.
  • Innovation führt immer in unbekanntes Terrain; nur dort ist Platz für neue Märkte und Geschäftsmodelle.
  • Wenn eine Innovation nur Geld verschlingt und keinen Erfolg zeigt, sollte der Prozess frühzeitig abgebrochen werden.
  • Es ist Aufgabe des Managements, eine In­no­va­tion­skul­tur zu etablieren.
 

Zusammenfassung

Innovation ist nicht Erfindung

Wir befinden uns in einer Phase großer Umbrüche in allen Bereichen der Wirtschaft und der Gesellschaft. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich anpassen müssen, oder besser: Sie müssen sich laufend weit­er­en­twick­eln. Flexibilität, Kreativität und Ideen­re­ich­tum werden zur Pflicht. Der Bedarf an neuen Geschäftsmodellen und Märkten ist enorm. Unternehmen werden sich um ihre Fähigkeit zur Innovation rasch Gedanken machen müssen, wenn sie auch in Zukunft im Wettbewerb bestehen wollen.

„Wir befinden uns am Anfang einer neuen Ära, die ihren Fokus auf die Innovation von Geschäftsmodellen richtet.“

Der Begriff Innovation wird auf die Entwicklung neuer Produkte bezogen und oft mit Erfindung verwechselt. Es geht beim Innovieren aber um viel mehr: darum, neue Märkte und neue Geschäftsmodelle zu schaffen. Pro­duk­t­vari­anten und neue Di­en­stleis­tun­gen sind nur Mittel zum Zweck. Sie stellen nicht die eigentliche Innovation dar. Echte Innovatoren sind z. B. eBay, Amazon, Google, Apple oder Dell. Denken Sie an den iPod von Apple in Kombination mit der In­ter­net­plat­tform iTunes zum Downloaden von Inhalten – beides zusammen hatte und hat gewaltige Auswirkun­gen auf die gesamte Musik- und Filmwirtschaft. Dell entwickelte nicht den Computer neu, wohl aber die Art, wie PCs zusam­mengestellt und gekauft werden. Und eBay etablierte eine völlig neue Einkauf­s­meth­ode: online und als Gemein­schaft­ser­leb­nis.

Die In­no­va­tion­szone: eine Brutstätte

Wirklich innovative Unternehmen haben erkannt, dass Innovation ein Prozess ist, bei dem neue Werte geschaffen werden. Das kann grundle­gende Veränderungen in den Un­ternehmens­abläufen oder gar eine strate­gis­che Neuaus­rich­tung nötig machen. In­no­va­tio­nen sind daher immer risikobe­haftet, und sie bedrohen er­fol­gre­iche Produkte oder Modelle der Ver­gan­gen­heit. Nichts bleibt, wie es war, wenn sich eine Innovation als erfolgreich her­ausstellt. Daher machen viele Unternehmen bei einer neuen Erfindung oder Pro­duk­t­vari­ante Halt und wagen den nächsten Schritt zur echten Innovation nicht.

„Innovation ist ein Veränderung­sprozess mit messbarem Wert.“

Um dem In­no­va­tion­sprozess in einem Unternehmen einen geschützten Raum zu geben, braucht es eine In­no­va­tion­szone. Damit ist ein Umfeld gemeint, in dem Ideen aufgenommen, geprüft, bewertet, weit­er­en­twick­elt, ausprobiert und auch in die Praxis umgesetzt werden können – ohne das Tagesgeschäft zu beeinträchtigen. Als In­no­va­tion­szone kann eine Abteilung, ein Team, ein interner, web­basierter Bereich oder auch eine gut or­gan­isierte Ideenwoche dienen.

Den In­no­va­tion­s­ablauf gestalten

Unternehmen, die als innovativ gelten, haben einen genauen Weg definiert, den neue Ideen durchlaufen. Es ist nie der geniale Gedanken­blitz eines Einzelnen, der zu Umwälzungen von Geschäftsmodellen und Märkten führt, sondern die harte kollektive Arbeit, die Gesamtheit vieler einzelner Schritte.

„Iro­nis­cher­weise ist Innovation nicht kompliziert. Das heißt aber nicht, dass Innovation einfach ist.“

Unternehmen, die innovativ sind, sind dies dauerhaft, und nicht nur in Einzelfällen – nämlich, weil sie es müssen. Sie wissen, dass Innovation nicht selbstverständlich ist. Sie haben einen formellen Prozess etabliert und eine Person trägt die Ve­r­ant­wor­tung für die Entwicklung und Betreuung von In­no­va­tio­nen. Für Erfinder und Ideenein­re­icher bestehen klar definierte finanzielle Anreize oder Belohnungen. Es gibt Prüfkriterien, die auf jede Idee anwendbar sind, und klare Bewertungen. Alle ein­gere­ichten Ideen werden in einem dafür ein­gerichteten In­for­ma­tion­ssys­tem gesammelt und archiviert. Denn nicht jede Idee ist zu ihrem En­twick­lungszeit­punkt reif für eine Umsetzung. Es ist durchaus möglich, dass eine Lösung entwickelt wird, für die es noch gar kein Problem gibt.

Beispiel Partners HealthCare

Die im Gesund­heits­bere­ich tätige US-Firma Partners HealthCare, die u. a. Krankenhäuser betreibt, hat für die Entwicklung von Ideen eine eigene Geschäftseinheit gegründet: die Research Ventures & Licensing (RVL). Sie stellt die In­no­va­tion­szone des Un­ternehmens dar. Dieser Einheit gelang es, Ideen aufzu­greifen, die das Gesund­heitsper­sonal (Ärzte, Pfleger, Forscher) von Partners HealthCare entwickelte. Allein im Jahr 2006 lancierte RVL insgesamt 449 Erfindungen, von denen rund 50 % zur Paten­tierung eingereicht wurden. RVL brachte zwölf Firmenneugründungen hervor und erzielte 327 Millionen US-Dollar an Lizen­zein­nah­men aus ihren Erfindungen und Ideen. RVL kann bei neuen Ideen auf einen Pool von Rechtsanwälten, Herstellern, Pro­jek­tleit­ern und Risikospezial­is­ten zurückgreifen. So können Ideen, die die Be­w­er­tung­sprüfung bestanden haben, schnell und effizient auf den Markt gebracht werden.

Innovation braucht Führung

Ob Innovation in einem Unternehmen verankert ist, hängt vom Management ab. Ihm obliegt es, eine Kultur des Innovierens zu schaffen, einen klaren En­twick­lung­sprozess zu etablieren und für permanente Innovation einzutreten. Dabei gilt es, das aktuelle Geschäftsmodell und die Entwicklung von In­no­va­tio­nen zunächst getrennt zu halten. Machen Sie sich die Kernkom­pe­tenz Ihres Un­ternehmens bewusst, die meist bereits mit dessen Gründung definiert wurde. Laut Andy Grove, dem früheren Gen­eraldirek­tor bei Intel, ist die Kernkom­pe­tenz seines Un­ternehmens, sich um die „Eingeweide des modernen Computings“ zu kümmern. Das umfasst sämtliches Innenleben eines Computers, ob Siliz­iumwafer, Tran­si­s­toren oder Mikroschaltkreise, und lässt viel Spielraum für neue En­twick­lun­gen. Wenn sich die Führungsetage traut, auch die Kunden in Neuen­twick­lun­gen einzubeziehen, sind die Weichen richtig gestellt. Fragen Sie Ihre Kunden, ob sie das Unternehmen für innovativ halten und welche Werte sie daraus ableiten. Denn auf die Erschaffung neuer Werte, Erlebnisse und Ver­hal­tensweisen kommt es bei In­no­va­tio­nen an.

Innovation im In­ter­net­zeital­ter

Früher wurden Erfindungen in Labors gemacht; auch F&E-Abteilun­gen betrieben Forschung und kamen zu neuen Ergebnissen. Im aktuellen, vom Internet geprägten Zeitalter ist Erfindung und Innovation aber zunehmend die Sache von Kollektiven – Open-Source-Soft­ware wie Linux oder Typo3 haben es vorgemacht. Viele In­ter­net­plat­tfor­men leben davon, dass zahlreiche Menschen ihre Inhalte hochladen und anderen zur Verfügung stellen. Ideen, Ansätze, Meinungen oder Verbesserungsvorschläge gehen mit wenigen Klicks um die Welt, über Zeit- und Ländergrenzen hinweg. Innovation findet heute nicht mehr rein un­ternehmensin­tern statt, so beängstigend das für manche klingen mag. Die Öffnung eigener und die Einbindung fremder Ressourcen wird in Zukunft zum Standard. Kunden werden an In­no­va­tio­nen beteiligt sein und im Gegenzug maßgeschnei­derte, per­son­al­isierte Leistungen einfordern. Es wird egal sein, von wem eine gute Idee kommt – Hauptsache, sie kommt.

Beispiel Lego Mindstorms

Die Außenwelt an En­twick­lun­gen teilhaben zu lassen bzw. sie gezielt dafür einzubinden, ist das Prinzip der „offenen Innovation“. Es verlangt radikales Umdenken von Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell und -geheimnis bisher streng gehütet haben. Der Firma Lego kam die Hoheit über ihre Produkte abhanden, als Hacker – Lego-Kunden – in die Mind­storm-Ro­bot­er­sets eindrangen. Nach anfänglicher Kon­ster­na­tion bewertete Lego das ver­meintliche Problem positiv: Man erkannte, dass man eine große Fangemeinde mit En­twick­lerken­nt­nis­sen hatte. Heute gibt es die Lego-On­line-Fab­rik, wo Nutzer mithilfe einer web­basierten De­sign­soft­ware ihre eigenen, per­son­al­isierten Bausysteme erstellen können. Die neueste Ro­bot­er­en­twick­lung von Lego, Mindstorms NXT, wurde durch Nutzerko­op­er­a­tion entwickelt und von Kunden innoviert. Dies ist ein gutes Beispiel für Crowd­sourc­ing, ein Verfahren, bei dem die Öffentlichkeit als In­spi­ra­tions­ge­ber und Quelle für Erneuerun­gen genutzt wird, indem man ihr eine entsprechende Web­plat­tform zur Verfügung stellt.

Lektionen in Sachen Innovation

Einige Unternehmen haben bereits ein funk­tion­ieren­des In­no­va­tion­ssys­tem; es ist quasi in ihrer Firmen-DNS verankert. Unternehmen, die erfolgreich innovieren, zeichnen sich durch bestimmte Ver­hal­tensweisen und Ein­stel­lun­gen aus:

  • Ins Unbekannte hinein entwickeln: Jede Innovation verlässt bekanntes Terrain. Der Raumanzug der NASA etwa wurde für Umweltbe­din­gun­gen entwickelt, die gänzlich unbekannt waren und erst in der Praxis erprobt werden konnten.
  • Abbrechen, bevor es zu spät ist: Man muss frühzeitig erkennen, wann eine Innovation nur Geld verschlingt und in die Irre führt. Dann gilt es, beherzt abzubrechen.
  • Den Erfolg der Ver­gan­gen­heit hinter sich lassen: Wer innoviert, muss damit rechnen, neue Märkte zu kreieren, die das bisherige Produkt oder die Di­en­stleis­tung des Un­ternehmens obsolet machen. General Motors baute früher ausschließlich Fahrzeuge. Heute hat das Unternehmen noch eine andere wichtige Ein­nah­me­quelle: Das von GE unterstützte und in vielen Autos eingebaute Bedienungs- und Sicher­heitssys­tem OnStar hat einen direkten Kontakt zum Kunden entstehen lassen, eine Beziehung, die sich auszahlt.
  • Den Prozess in den Mittelpunkt stellen: Beim Innovieren können Sie auf viele neue Ideen stoßen, nach denen Sie eigentlich gar nicht gesucht haben. Der Firma 3M geht es seit Jahrzehnten so: Sie hat zahlreiche Lösungen für noch nicht akute Probleme parat. Die heute weltweit bekannten Post-ist entwickelte sie eher zufällig, weil sie einen neuartigen Klebstoff für Papier gefunden hatte.
  • Bisheriges hin­ter­fra­gen: Der Firma iRobot gelang es, das kon­ven­tionelle Staubsaugen durch eine Innovation überflüssig zu machen. Sie verbesserte nicht einfach einen Staubsauger, sondern schaffte das Staubsaugen durch eine Person komplett ab, indem sie den Roomba entwickelte, einen Roboter, der das Staubsaugen selb­st­ges­teuert übernimmt. Die Firma fokussierte auf einen neuen Wert: Zeit­erspar­nis.

In­no­va­tion­ser­folg messen

Unternehmen, die sich mit Innovation beschäftigen, müssen sich auch mit der Messung ihrer In­no­va­tion­skraft au­seinan­der­set­zen. Nur so kann das Ergebnis von In­no­va­tio­nen bewertet werden. Eine Messgröße ist die Geschwindigkeit, mit der innoviert wird. Sie wird anhand der Zeitspanne errechnet, die das Unternehmen benötigt, um von einer Idee zu einem Wert zu gelangen; je kürzer diese Zeitspanne, umso höher die In­no­va­tion­s­geschwindigkeit. Eine weitere Messgröße ist die Wieder­hol­ungsrate, also die Antwort auf die Frage: Wie oft gelingt der Weg von der Idee zum Wert? Um diese Kennzahl zu steigern, können Sie Tech­nolo­gien wie z. B. In­no­va­tion­s­man­age­mentsys­teme einsetzen, die Ihnen helfen, auf ver­schieden­ste Ideen mit einer raschen Anpassung der Abläufe zu reagieren.

Innovation und Glob­al­isierung

Innovation wird in Zukunft noch notwendiger als bisher. Die Glob­al­isierung bringt völlig neues Denken, neues Handeln und neue Märkte mit sich. In­no­va­tion­skraft muss als fester wirtschaftlicher En­twick­lungs­be­standteil definiert werden. Dabei sind vier Punkte von besonderer Bedeutung:

  1. Durch die Glob­al­isierung verstärkt sich die Abhängigkeit der Staaten un­tere­inan­der, in guten Zeiten ebenso wie während Krisen.
  2. Höhere Bildung wird unabdingbar, der Bedarf ist enorm.
  3. In­no­va­tio­nen müssen wirkungsvoll geschützt werden können. Zugleich müssen wir mit der richtigen Technik dafür sorgen, dass Ideen­roh­ma­te­r­ial mit vielen geteilt und weit­er­en­twick­elt werden kann.
  4. Innovation muss die Umwelt berücksichtigen: Sie muss „grün“ sein, also den Geboten nach­halti­gen Wirtschaftens genügen.

Über den Autor

Thomas M. Koulopoulos ist als Gründer und CEO der Delphi Group seit Jahrzehnten mit In­no­va­tion­s­man­age­ment und -beratung befasst. Er schreibt regelmäßig für Forbes und Busi­ness­Week.