Erfolgreiches Personalmanagement in China

Buch Erfolgreiches Personalmanagement in China

Rekrutierung, Mitarbeiterführung, Verhandlung

Gabler,


Rezension

Die meisten Geschichten über China sind gruselig. Da geht es um In­dus­tries­pi­onage, um das schamlose Kopieren von Produkten und Prozessen, um allzu vollmundige Ver­sprechun­gen, um vorgetäuschte En­glis­chken­nt­nisse und gefälschte Universitätsabschlüsse. In China an fähiges, verlässliches und loyales Personal zu kommen, scheint so gut wie unmöglich. Nun aber mal halblang, in­ter­ve­niert Karl Waldkirch. Er kennt China seit mehr als zwei Jahrzehnten und schüttelt den Kopf über die haarsträubenden Fehler, die viele westeuropäische Unternehmen im Umgang mit Chinesen machen. In seinem Buch erklärt der Un­ternehmens­ber­ater praxisnah, wie geeignete Manager angeworben, ausgewählt und im Betrieb gehalten werden. En passant vermittelt er, warum viele für uns selbstverständliche Dinge für Chinesen oft keineswegs klar sind – sondern dafür sorgen, dass sie schnell das Weite suchen. BooksInShort empfiehlt dieses Buch allen Managern, deren Unternehmen in China vertreten ist oder ein solches Engagement plant.

Take-aways

  • Die Zahl fähiger Manager in China ist überschaubar – viele Arbeitgeber prügeln sich um wenige High Potentials.
  • Entsandte Manager (Expatriates) sind teurer als lokal angeheuerte Führungskräfte.
  • Viele dieser Expatriates werden un­zure­ichend auf die Verhältnisse vor Ort vorbereitet.
  • Lokal rekrutierte Führungskräfte sollten mindestens ein halbes Jahr im Stammhaus ausgebildet werden, um eine Bindung zum Arbeitgeber aufzubauen.
  • Der ideale Manager vor Ort ist ein lokal ver­wurzel­ter Chinese, der bereits Erfahrungen mit westlichen Ar­beit­ge­bern gesammelt hat.
  • Kandidaten finden Sie über Inserate in Zeitungen und im Internet sowie auf Job-Messen.
  • Wer bei einem westlichen Unternehmen anfängt, erwartet branchenüblichen Lohn.
  • Für das Be­trieb­sklima ist der Chef als „pater familias“ zuständig: Für Chinesen ist die Firma wie eine Familie, mit dem Boss als Fam­i­lienober­haupt.
  • Stimmen Lohn, Kar­ri­erechan­cen und Be­trieb­sklima, stimmt auch die Loyalität.
  • Für alle Ver­hand­lun­gen gilt: Erst kommt der persönliche, dann der geschäftliche Kontakt.
 

Zusammenfassung

Desperately Seeking ... Managers

Eine kurze Ver­schnauf­pause haben sich die Chinesen gegönnt, doch jetzt geht es wieder los. Den Titel „Ex­portwelt­meis­ter“ haben sie den Deutschen bereits abgeknöpft, aber längst geht es nicht mehr allein um die Ausfuhr. China legt den zweifel­haften Ruf als „verlängerte Werkbank des Westens“ immer mehr ab und entwickelt sich selbst zu einem vielver­sprechen­den Markt.

„Global Sourcing ohne China ist heute nicht mehr denkbar.“

Das sind gleich zwei überzeugende Gründe für Unternehmen aus aller Welt, nach China zu drängen. Die Folge: Es gibt mancherorts weder genügend qual­i­fizierte Arbeiter noch geeignete Manager. Umso rück­sicht­sloser wird vor Ort um Mitarbeiter auf allen Ebenen gebuhlt und gekämpft. Ein­heimis­che Mitarbeiter wechseln schnell „für eine Handvoll Yuan“ mehr zum Konkur­renten um die Ecke. Deshalb treibt viele Unternehmen die Frage um: Wie gewinne und wie halte ich Fachkräfte?

Der Chef, der aus dem Flugzeug stieg

Wenn ausländische Unternehmen möglichst viele Man­age­ment­posten an Chinesen vergeben, hat das meist einen fi­nanziellen Hintergrund: Expatriates kommen die Unternehmen wesentlich teurer als ein­heimis­che Führungskräfte. Daher beschränken sich viele europäische Unternehmen darauf, nur die Posten des Geschäftsführers und des Finanzchefs mit Nicht-Chi­ne­sen zu besetzen. Diese Zurückhaltung ist nicht immer klug – am wenigsten bei Joint Ventures.

„China ist derzeit Weltmeister im Mi­tar­beit­er­wech­sel.“

Sollen Führungspo­si­tio­nen besetzt werden, kommen entsandte Manager aus dem Stammhaus, angeheuerte westliche Manager, Chinesen mit Aus­land­ser­fahrung (die sie in Job oder Studium gesammelt haben) und lokal verankerte Chinesen in Frage. Um zu beurteilen, wer für die jeweilige Position am besten geeignet ist, sind acht Aspekte zu beleuchten:

  1. Erfahrung in der Zusam­me­nar­beit mit Westeuropäern
  2. Kenntnisse der chi­ne­sis­chen Ar­beitsweisen – in Unternehmen wie in Behörden
  3. In­terkul­turelle Kompetenz: das Wissen um Land und Leute
  4. En­glis­chken­nt­nisse
  5. Erfahrung in der Zusam­me­nar­beit mit Chinesen
  6. Anpassungsfähigkeit an die Un­ternehmen­skul­tur des Ar­beit­ge­bers
  7. Chi­ne­sis­chken­nt­nisse
  8. Wissen um Entschei­dungsstruk­turen beim Arbeitgeber
„Einen guten Manager zu finden ist nur die halbe Miete. Wie man ihn langfristig an das Unternehmen binden kann, ist die andere Hälfte.“

Können die Kandidaten in mehreren dieser acht Punkte nicht überzeugen, gibt es zwei Möglichkeiten: weit­er­suchen oder weit­er­helfen. Möchten Sie etwa einen langjährigen Mitarbeiter von der Zentrale nach Schanghai schicken, so kann dieser die Punkte zwei, drei und fünf, die allesamt mit den Verhältnissen vor Ort zu tun haben, selten abdecken und er muss sicher, um Punkt sieben zu erfüllen, zusätzliche Sprachkurse in Mandarin besuchen.

„Der aus dem Staats­be­trieb kommende Manager ist die denkbar schlecht­este Wahl für ein Aus­land­sun­ternehmen.“

Je konkreter entsandte Manager auf die Verhältnisse vor Ort vorbereitet werden, desto schneller können sie ihre Aufgabe erfüllen. Leider berichten viele Führungskräfte, sie hätten das Gefühl, ins kalte Wasser geworfen worden zu sein. Sie schätzen ihre Einar­beitungszeit auf 18 bis 24 Monate. Diese Zeit lässt sich auf sechs bis acht Monate verkürzen durch eine geeignete Vor­bere­itung, die weniger „Land und Leute“ pauschal abhandelt als auf die konkreten Probleme fokussiert, auf die ein Ex­pa­tri­ate-Man­ager im Ar­beit­sall­tag stoßen kann – etwa mangelndes Qualitäts­be­wusst­sein der Belegschaft oder allzu vollmundige Ver­sprechun­gen der Lieferanten. Auch die Rechtslage sollte beizeiten vermittelt werden, um teure Fehler zu vermeiden. Bei allen anderen Managern mit Zielort China ist es notwendig, sie mindestens ein halbes Jahr lang im Stammhaus zu beschäftigen, damit sie merken, wie ihr Arbeitgeber tickt, und damit sie „Stallgeruch“ annehmen.

„Chinesen informieren sich viel und ausführlich im Internet.“

Wer vor Ort seine Manager rekrutiert, sollte nach deren Erfahrungen un­ter­schei­den: Wer zuvor nur Staats­be­triebe ken­nen­gel­ernt hat, ist für westliche Unternehmen kaum zu gebrauchen – zu langsam ist meist die Lernkurve. Solche Manager sind nur dort sinnvoll einzusetzen, wo es auf den Grad der Vernetzung ankommt (Zoll, überhaupt im Umgang mit Behörden). Deutlich besser sieht es mit Führungskräften aus, die bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. Aber auch diese Manager sollten regelmäßig ins Stammhaus geholt werden, um ihren Arbeitgeber besser zu verstehen und die nötige Loyalität zu entwickeln.

Denn sie wissen nicht, was sie tun sollen

Wie finden Sie geeignete Führungskräfte, wenn Sie sie nicht im eigenen Haus rekrutieren? Per­son­al­ber­ater zu engagieren lohnt sich nur für wirklich hohe Positionen. Für alle anderen Jobangebote bieten sich neben den Inseraten im Internet weiterhin Print-Anzeigen an (normale Pro­duk­tion­sar­beiter werden immer per Zeitungsin­serat gesucht). Viele Unternehmen nutzen verstärkt die Möglichkeiten, auf Job-Messen die Studieren­den anzus­prechen. Diese Methoden sind allerdings zeitaufwändig, weil die Qualität in der schieren Masse nicht leicht zu erkennen ist. Eben deshalb ist die Suche nicht immer von Erfolg gekrönt. Zumal die Arbeitgeber den Kandidaten eines nur selten zumuten können: die Stadt zu wechseln. Chinesen sind sehr heimatver­bun­den und verzichten lieber auf die schnelle Karriere als etwa von Schanghai nach Kanton zu ziehen.

„In­terkul­turelle Kompetenz und pro­fes­sioneller Umgang mit Gesichtswahrung sind Vo­raus­set­zung, dass der beste Kandidat für die Position gewonnen werden kann.“

Als größtes Rekru­tierung­sprob­lem nennen westliche Arbeitgeber übere­in­stim­mend die ungenügende Beruf­ser­fahrung der Bewerber in einer ausländischen Firma. Oft mangelt es an der Qual­i­fika­tion (je nach Region sind 30 bis 70 % der Hochschulzeug­nisse gefälscht!) und an En­glis­chken­nt­nis­sen. Fast jedes zweite Unternehmen hat erleben müssen, dass ein Kandidat trotz un­ter­schriebenem Ar­beitsver­trag nicht zu Arbeit erschienen ist – da hat jemand anders wohl noch mehr geboten ... Wer den Job wechselt, kann sein Gehalt häufig um 50 % steigern, mitunter gar verdoppeln.

„Mi­tar­beit­erführung in China bedeutet, durch das eigene positive Beispiel mit vor­bildlicher Selb­st­diszi­plin und Überzeugung zu führen.“

Wer als chi­ne­sis­cher High Potential gilt, kann sich den Arbeitgeber aussuchen. Das realisieren Per­son­alver­ant­wortliche beim Be­wer­bungs­ge­spräch nicht immer – und ebenso wenig ist ihnen ihre Neigung bewusst, flüssig englisch parlierende Kandidaten zu bevorzugen, auch wenn die stockend antwor­tenden fachlich vielleicht mehr drauf haben. Diese Hemm­schwelle, verbunden mit der zurückhaltenden Art vieler Chinesen, sorgt dafür, dass die Westler mo­nolo­gisieren und die Kandidaten einfach nicken. Was beiden Seiten nicht weiterhilft.

„Wenn der Lehrer versagt, verliert er sein Gesicht.“

Im Warming-Up persönliche Fragen zu stellen, erscheint Westlern trivial – für Chinesen hat der Umgang mit der persönlichen und familiären Situation einen hohen Stellenwert. Ebenso wichtig ist es den Kandidaten, Anerkennung für bisher erbrachte Leistungen zu erhalten und am Ende des Gesprächs deutliches Interesse vermittelt zu bekommen.

Der „pater familias“

Ko­op­er­a­tiver Führungsstil nach europäischer Art kommt in China nicht an. Wer die Meinung seiner Mitarbeiter einfordert, zeigt Schwäche und sig­nal­isiert: Ich weiß nicht, was das Beste ist. Vorgesetzte müssen nicht nur jederzeit Kompetenz ausstrahlen, sie müssen sich zugleich als Vater der Kol­le­gen­fam­i­lie fühlen – und entsprechend handeln. Chinesen verstehen sich in erster Linie als Fam­i­lien­men­schen, und so wollen sie auch gesehen und behandelt werden.

„Der persönliche Bezug zum ausländischen Trainer ist er­fol­gsentschei­dend, weil die Schulung in China stark per­so­n­en­be­zo­gen ist.“

Der Vorgesetzte ist – streng und gütig – zugleich der Lehrer. Er führt und leitet seine Schüler, instruiert sie. Selbstständiges Denken und Handeln geziemen sich nicht, genaues Nachahmen hingegen wird belohnt. Wer Fragen stellt, könnte sein Gesicht verlieren; wer gar knifflige Fragen stellt, könnte dafür sorgen, dass der Lehrer sein Gesicht verlöre – beides gilt es zu vermeiden. Chinesen wollen über den Ar­beit­sall­tag hinaus eine persönliche Beziehung aufbauen. Gele­gentliche Freizeitak­tivitäten sind also Pflicht.

„Die Belegschaft eines Un­ternehmens versteht sich als große Familie, deren Oberhaupt der Geschäftsführer ist.“

Dieses Muster greift auch, wenn Trainer eingesetzt werden, um die chi­ne­sis­chen Mitarbeiter zu schulen. Erfahrungen aus den 90er-Jahren belegen, dass Trainer un­zure­ichend auf das Lern­ver­hal­ten der Chinesen vorbereitet und sich ihrer Vor­bil­drolle überhaupt nicht bewusst waren. Das führte zu Enttäuschungen auf beiden Seiten.

Die drei Facetten des „Wir“-Gefühls

Im Laufe von zwölf Monaten kündigt jeder sechste chinesische Manager; in Metropolen wie Peking, Schanghai oder Kanton jeder vierte. Der höhere Lohn beim neuen Arbeitgeber ist meist nicht der einzige Grund für den Wechsel. Auch fehlende Auf­stiegschan­cen und ein schlechtes Be­trieb­sklima (mangelnde Fürsorge durch den europäischen Geschäftsführer!) treiben viele ein­heimis­che Führungskräfte zur Kündigung.

„In China werden Ver­hand­lun­gen wesentlich gründlicher vorbereitet als in Deutschland.“

Dem lässt sich am besten durch den Aufbau eines Wir-Gefühls begegnen. Das beginnt damit, dass die Vorge­set­zten sich wie Väter benehmen. Die Mitarbeiter finden ihren Platz in der Fir­men­fam­i­lie und fühlen sich aufgehoben. Um sich dessen zu vergewis­sern, eignen sich gele­gentliche Freizeitak­tivitäten (Kino und Sport, gemeinsame Abendessen).

„Nachkarten ist eine normale und gängige Ver­hand­lungstak­tik der Chinesen.“

Sie können das Wir-Gefühl auch stärken, indem Sie Ihren Mi­tar­beit­ern bei der Karriere helfen. Wem immer wieder ein Expatriate aus dem Stammhaus vor die Nase gesetzt wird, der fühlt sich als Manager zweiter Klasse. Durch Schulungs-, Aus­bil­dungs- und Weit­er­bil­dung­spro­gramme lässt sich dieser Eindruck vermeiden – wenn danach tatsächlich der Kar­ri­ere­sprung kommt.

Die für das Wir-Gefühl notwendige dritte Komponente ist Geld. Wer 10 bis 20 % mehr als den Branchen­durch­schnitt zahlt, ist vor Abwerbungen recht gut geschützt. Was chinesische Mitarbeiter oft für selbstverständlich halten, ist eine Dar­lehens­fi­nanzierung für eine Wohnung oder ein Auto. Nur wenn alle drei genannten Facetten ihre Wirkung entfalten, entsteht das gewünschte Wir-Gefühl – und in der Folge die Loyalität zum Arbeitgeber.

Erst kommt der Mensch, dann das Geschäft

Einander tief in die Augen schauen, dann ein kräftiger Händedruck – so läuft das nicht in China. Die Geschäftspartner dort bereiten sich ausführlich vor, pro­tokol­lieren die Gespräche und bereiten sie nach. Wer nicht dieselbe Ern­sthaftigkeit und Expertise an den Ver­hand­lungstisch bringt, hat die Folgen zu tragen – entweder kommt das Geschäft nicht zustande oder der westliche Partner wird über den Tisch gezogen.

Oft werden spezifische Eigenheiten ignoriert – etwa, dass die Ver­hand­lun­gen eine politische Komponente haben können. Dann muss die zuständige Behörde involviert werden. Oder dass Chinesen die Es­sen­szeiten (11:30 Uhr für das Mittag-, 17:30 Uhr für das Abendessen) strikt einhalten. Wer also die Ver­hand­lun­gen „überzieht“ oder zu einem ungünstigen Zeitpunkt beginnen lässt, bringt sie ohne Not ins Stocken.

Es ist zwecklos, durch rigides Verhandeln „verlorene“ Zeit wieder wettmachen zu wollen. Wer mit der Tür ins Haus fällt, mindert die Chancen auf einen er­fol­gre­ichen Abschluss. Chinesen betonen zuerst unstrittige Punkte und verschieben Probleme auf der Agenda nach hinten. Und selbst dann werden sie nach westlichen Maßstäben eher verschämt ange­sprochen. Dahinter steht der Versuch, ein har­monis­ches Miteinander als Ar­beits­grund­lage zu schaffen. Nie vergessen: Erst der persönliche Kontakt ermöglicht den geschäftlichen.

Über den Autor

Karl Waldkirch hat als In­vest­ment­banker jahrelang mittelständische Unternehmer auf ihrem Weg nach Asien begleitet. Von 2000 bis 2002 leitete er ein Messezen­trum in Schanghai, seit 2003 ist Waldkirch auch Geschäftsführer des Be­ratung­sun­ternehmens ASC – Asia Success Company. Der promovierte Sinologe ist auch Autor des Buchs Geschäftserfolge in Indien.