Sich in Ihr GegenĂĽber hineinÂdenken
Heute, im Zeitalter des Lean Management und des Niedergangs jeglicher Autorität, braucht jeder Manager und jede FĂĽhrungskraft die Fähigkeit, Menschen effektiv und positiv zu beeÂinÂflussen. Dazu gibt es einige erÂfolÂgverÂsprechende Strategien und KomÂpassÂnadeln. EntscheiÂdend ist, dass Sie sich während eines Gespräches in Ihr GegenĂĽber hineinÂdenken und sich nicht nur um Ihre eigene Sicht der Dinge kĂĽmmern. Um einen guten Draht zu Ihrem Gesprächspartner zu schaffen, benötigen Sie eine positive Körpersprache: Dem anderen in die Augen schauen, sich nicht von ihm abwenden, während des Gesprächs nicht mit einem Gegenstand (Uhr, Kugelschreiber) spielen, locker sitzen (wenn möglich nicht mit gekreuzten Beinen) – das sind einige der grundleÂgenÂden Regeln.
Zuerst gut zuhören
Nachdem Sie den guten Draht hergestellt haben, ist es wichtig, dass Sie Ihrem Gesprächspartner wirklich zuhören. Seien Sie offen dafĂĽr, sich von Ihrem GegenĂĽber beeÂinÂflussen zu lassen, bevor Sie Ihrerseits versuchen, ihn zu beeÂinÂflussen. Es ist falsch, sofort den eigenen Standpunkt zu äussern. Die SozialÂforschung zeigt, dass erÂfolÂgreÂiche VerÂhandÂlungsfĂĽhrer meist den folgenden StrateÂgieweg einschlagen: Sie hören etwa doppelt so lange zu, wie sie selber reden, fassen das Gesagte regelmässig zusammen, stellen Fragen und klären den Sachverhalt immer wieder neu.
ZusamÂmenÂfassen, was Ihr Gesprächspartner gesagt hat
Bei der ZusamÂmenÂfasÂsung geht es darum, mit wenigen Worten das wiederzugeben, was Ihr Gesprächspartner gesagt hat. Es geht nicht nur um eine Spiegelung von Worten, sondern darum, die Essenz des Gesagten zu erfassen, und zwar möglichst akkurat und dabei so knapp wie möglich, um Ihren Gesprächspartner nicht zu langweilen. „Ich möchte mich vergewisÂsern, dass ich Sie richtig verstanden habe. Sie hätten lieber eine andere ArÂbeitsstelle, weil Sie zurzeit fĂĽr den Hin- und RĂĽckweg etwa zwei Stunden benötigen.“ So beispielÂsweise könnte eine kurze ZusamÂmenÂfasÂsung beginnen. Das ist wirksamer, als einfach zu sagen: „Das kann ich gut verstehen.“ Nicht nur zeigen Sie auf diese Weise Ihrem GegenĂĽber, dass Sie genau zugehört haben – eine ZusamÂmenÂfasÂsung gibt Ihnen auch einen legitimen Grund, ein Gespräch zu unÂterÂbrechen (was bei einem Gesprächspartner, der gerne viel redet, wichtig sein kann). Es ist wahrscheinÂlich die einzige Art von UnÂterÂbrechung, die niemanden stört.
Gesprächspartner mit richtigen Fragen anlocken
Ihr Ziel ist es, Ihren Gesprächspartner dazu zu bringen, seine Meinung kundzutun, seine Probleme offen darzulegen. Dazu mĂĽssen Sie ihm die richtigen Fragen stellen. Richtige Fragen sind so genannte ergebÂnisofÂfene Fragen – im Gegensatz zu geschlosseÂnen Fragen, die man mit einem Ja oder Nein beantworten kann. Eine geschlossene Frage ist beispielÂsweise: „Sollten wir mit Unternehmen X fusionieren oder selbstständig bleiben?“ Besser ist es zu fragen: „Was halten Sie von einer Fusion mit Unternehmen X?“
„Wenn man andere nicht beeÂinÂflussen kann, dann liegt das in 90 % der Fälle daran, dass man sich nur um die eigene Sicht der Dinge kĂĽmmert.“
Klärung schaffen können auch Warum-FraÂgen. Bei einer diffusen Aussage wie „Es nervt mich, wie er sich in der Ă–ffentlichkeit verhält“ sollte man unbedingt nachfragen: „Was genau nervt Sie an seinem Verhalten?“ Einen guten Draht schaffen, gut zuhören, Fragen stellen: mit diesen drei Fähigkeiten können Sie herÂausÂfinden, was der andere will und denkt. Es sind die Fähigkeiten des so genannten Anlockens.
Mit selbÂstÂbeÂwusstem Auftreten ĂĽberzeugen
Der nächste Schritt beim proÂfesÂsionellen Ăśberzeugen ist das Anstossen. Dazu gehören ebenfalls drei Dinge: Sie erklären erstens, was nach Ihrer Auffassung geschehen sollte. Sie sagen zweitens klar Nein, wenn es angebracht ist. Sie geben drittens ein Feedback.
„Wenn man jemandem zuhört, gibt man ihm damit zu verstehen, dass man ihn akzeptiert und respektiert, und das ist die wichtigste VoÂrausÂsetÂzung fĂĽr eine effektive EinÂflussnahme.“
Um beim Anstossen zum Ziel zu kommen, sollte man weder aggressiv (mit brutalem Egoismus) noch passiv (mit verborgener Wut) vorgehen. Es gibt den goldenen Mittelweg, nämlich das selbÂstÂbeÂwusste Auftreten. Ein selbÂstÂbeÂwusster Mensch kann:
- Nein sagen, ohne den anderen zu verletzen,
- um Dinge bitten, die er will, ohne andere niederzuÂmachen,
- anderen seine GefĂĽhle mitteilen, ohne verlegen zu werden,
- sich beschweren, ohne andere zu erniedrigen,
- um Dinge bitten, auf die er ein Anrecht hat, und dabei ruhig und respektvoll bleiben,
- auch in schwierigen Situationen die BeÂherrschung wahren.
„ErÂfolÂgreÂiche EinÂflussnahme beruht meistens auch darauf, dass alle wesentlichen Annahmen ĂĽberprĂĽft werden, und zwar von beiden Seiten – sie bleiben nicht unausÂgeÂsprochen.“
SelbÂstÂbeÂwusstÂsein drĂĽckt sich in einer lockeren, entspannten Körperhaltung aus. Vermeiden Sie es, mit dem Finger auf den anderen zu zeigen, wild mit den Armen herumzuÂfuchteln oder so nah an ihn herÂanzutreten, dass Sie in seinen persönlichen Raum eindringen (aggressive Geste).
Die selbÂstÂbeÂwusste Sprache ist gerÂadeÂheraus und respektvoll. Das wichtigste Wort ist „Ich“. „Ich möchte gerne, dass du ...“ ist ein wirksamer Auftritt. Vermeiden Sie kleinlaute oder vorsichtige Ă„usserungen, etwa „Es wäre gut, wenn du ...“ oder „Ich frage das nur ungern, aber ...“.
Bedürfnisse klar und unmissverständlich äussern
Es ist wichtig, eigene WĂĽnsche und BedĂĽrfnisse klar und unmissverständlich zu äussern. Wir dĂĽrfen beispielÂsweise einen Mitarbeiter darum bitten, eine Aufgabe zu Ende zu fĂĽhren. Auch hier gibt es einige Spielregeln, die die Aufgabe erleichtern. Sehr wirksam ist es, wenn Sie den anderen beim Namen nennen. Sagen sie gerÂadeÂheraus, was sie möchten: „Phil, ich brauche Sie heute an der Rezeption.“ Falsch wäre die aggressive Form: „Gehen Sie sofort an die Rezeption!“ Falsch wäre aber auch die passive Form: „Ich unterbreche Sie wirklich ungern, denn ich weiss, wie beschäftigt Sie sind, aber ich wäre froh, wenn Sie an die Rezeption gehen könnten.“ Die Bitte sollten Sie begrĂĽnden: „Wir erwarten einen konÂtinuierÂlichen BeÂsuchÂerÂstrom neuer Kunden, und es wĂĽrde keinen guten Eindruck machen, wenn wir niemanden an der Rezeption hätten, der ihnen Kaffee machen kann.“ Seien Sie auf jeden Fall offen fĂĽr Kommentare und Lösungsvorschläge Ihrer Mitarbeiter. Es gibt fĂĽnf verÂschiedene Stile der EinÂflussnahme.
„Wer andere erfolgreich beeinflusst, stellt weit mehr Fragen als jemand, der dabei nicht so viel Erfolg hat, und hört auch sorgfältiger auf die Antworten, die er erhält.“
Stil A zeichnet sich durch ein dominantes, forsches Auftreten aus, bei dem der eigene Standpunkt energisch vertreten wird. Das ist durchaus nĂĽtzlich, wenn es darum geht, in einer bestimmten Situation die FĂĽhrung zu ĂĽbernehmen. Die Gefahr besteht darin, dass ein dominantes Auftreten bei anderen zu Angst und Widerstand fĂĽhren kann (was der Produktivität abträglich ist). Sie erhalten möglicherÂweise kein Feedback mehr; unangenehme Nachrichten werden Ihnen nicht ĂĽberbracht, sodass Sie ein falsches Bild davon erhalten, wie andere Sie sehen.
„Die Kunst ist, mit Fragen aufzudecken, was hinter VeÂrÂallÂgeÂmeinerunÂgen steckt, und den Gesprächspartner dazu zu bewegen, präzise Aussagen zu machen.“
Stil B ist partÂnerÂschaftlich. Wer ihn bevorzugt, legt Wert auf gemeinsam erarbeitete Lösungen. Mit diesem Stil können dauerhafte Beziehungen aufgebaut werden. Der Nachteil ist, dass Sie sehr viel Zeit und Energie fĂĽr ĂśberzeuÂgungsarÂbeit aufwenden mĂĽssen. Unter Umständen nutzen andere Ihren guten Willen fĂĽr ihre eigenen Zwecke aus.
„Die Fähigkeit, Einfluss zu nehmen ... spielt auch im Privatleben eine wesentliche Rolle. ... Wer ein kleines Kind dazu bringen kann, fröhlich ins Bett zu gehen, kann im Geschäftsleben fast alles erreichen.“
Beim Stil C stehen die anderen an erster Stelle. Dieser selbstlose Stil kann nützlich sein, wenn Sie Vertrauen wecken wollen – z. B. wenn Sie ein Mitglied Ihres Teams aufbauen möchten, indem Sie immer wieder Aufgaben an ihn delegieren. Ein Nachteil bei diesem Stil kann sein, dass man Sie nicht auf Posten befördert, für die man eine dynamische Führungskraft benötigt.
„Gute Ratschläge sind kein Beitrag dazu, dass Leute sich weitÂerÂenÂtwickÂeln und lernen, sich auf sich selbst zu verlassen. Wenn sie Ihren Rat annehmen und es läuft schief, dann ist es ausserdem Ihr Fehler.“
Stil D ist geprägt durch die Taktik des Feilschens. Das Prinzip von Geben und Nehmen im Sinne eines KomÂproÂmisses ist v. a. bei kurzfristiÂgen HanÂdelsÂbeziehunÂgen nĂĽtzlich. Die Gefahr ist, dass Sie zu schnell zu grosse Kompromisse eingehen.
Stil E ist der RĂĽckzug. Dieser kann sehr nĂĽtzlich sein, wenn es gefährlich ist, sofort EntscheiÂdunÂgen zu fällen, die langfristig katasÂtrophale Folgen haben könnten. Der Nachteil ist, dass unter Umständen EntscheiÂdunÂgen, die Sie betreffen, ohne Sie gefällt werden.
Sich an Meetings möglichst früh zu Wort melden
Viele, insÂbesonÂdere jĂĽngere Leute fĂĽrchten sich davor, bei Meetings zu reden. Der wahrscheinÂlich wichtigste Tipp ist, sich schon in den ersten fĂĽnf Minuten des Meetings zu Wort zu melden. Denn je länger Sie nichts sagen, desto eher werden die anderen annehmen, dass Sie nichts zu sagen haben. Ausserdem hilft es ĂĽber die Nervosität am Anfang des Meetings hinweg. Achten Sie auch darauf, wo Sie sich hinsetzen. Wenn Sie sich in die Diskussion einmischen wollen, setzen Sie sich am besten direkt gegenĂĽber den VorÂsitzenÂden, sodass Sie sich mitten in seinem GesichtsÂfeld befinden. Die schlechtÂesten Plätze sind zwei StĂĽhle links oder rechts vom VorÂsitzenÂden.
„Nennen sie den anderen beim Namen. ... Wenn Sie Leute nicht beim Namen nennen, wenn Sie sie ansprechen, dann gehen sie davon aus, dass Sie sie nicht kennen; und wenn Sie namenlos für sie sind, weshalb sollten sie tun, was Sie von ihnen verlangen?“
Wenn Sie das Meeting leiten, sollten Sie ebenfalls ein paar Punkte beachten, damit es zu einer fruchtbaren Diskussion kommt: Benutzen Sie runde oder achteckige Tische. Entfernen Sie alle StĂĽhle, auf denen niemand sitzt. Lassen Sie keine LĂĽcke zwischen den Teilnehmern. Ermutigen Sie die stillen Leute, sich an der Diskussion zu beteiligen, indem Sie sie ab und zu direkt ansehen. Bremsen Sie die Leute, die zu viel reden.
Nein sagen
Nein sagen zu mĂĽssen, fällt vielen Menschen ausserorÂdentlich schwer. Wenn man es jedoch nicht tut, besteht die Gefahr, dass man von anderen ausgenutzt wird. Wenn man beispielÂsweise einem Mitglied des Teams nicht erlauben will, zu einem bestimmten Zeitpunkt Urlaub zu nehmen, oder wenn man ihm eine Gehaltserhöhung verweigert, so soll man sein Nein klar und unmissverständlich aussprechen. Wichtig ist aber auch, dass man eine BegrĂĽndung liefert.
Kritik in sachlichem Ton äussern
Auf unerÂfreuliche Situationen reagieren viele Leute entweder mit einem Wutausbruch oder aber mit Ignorieren. Viel besser ist es, ruhig zu bleiben und der beÂtrÂeÂfÂfenden Person ein Feedback zu geben. Eine wĂĽtende Kritik an jemandem, der zum Beispiel häufig zu spät zur Arbeit erscheint, löst bei der beÂtrÂeÂfÂfenden Person vielfach eine VerteiÂdiÂgungÂshalÂtung und aggressive Reaktionen aus. Sie erreichen viel mehr, wenn Sie in vernĂĽnftigem Ton und auf sachliche Weise die Tatsachen schildern und dem Betroffenen Gelegenheit fĂĽr eine ehrliche Erklärung geben.
„Wenn Sie in Situationen nicht nein sagen können, in denen das eigentlich völlig legitim wäre, laufen sie Gefahr, dass andere Sie ausnutzen.“
Wichtig ist auch, dass Sie ein negatives Feedback nur privat geben. Das Feedback geht mit der Sache ins Gericht, sucht nach den zu Grunde liegenden Ursachen, bedeutet Dialog und will die Leistung auf positive Weise verbessern. Geben Sie das Feedback sofort, denn damit unterbinden Sie schlechte GewohnÂheiten schon ganz zu Anfang und verhindern ausserdem die Frage: „Warum haben Sie mir das nicht eher gesagt?“