Wie ein Führungswechsel gelingt
Mit dem Wechsel in eine neue Managementposition können Sie Ihrer Karriere einen ordentlichen Kick versetzen. In der Regel sind damit aber auch Stress, Erfolgsdruck, unbekannte Abläufe und höhere Anforderungen verbunden. Hinzu kommen neue Mitarbeiter und Kollegen sowie Vorgesetzte mit ganz eigenen Vorstellungen. Ein Führungswechsel birgt also Risiken – übrigens auch aus der Unternehmensperspektive: Falls Sie „floppen“, gehen neben erheblichen Kosten auch unschöne Nebeneffekte wie demotivierte Mitarbeiter, das Rückgängigmachen von Veränderungen und evtl. sogar Stillstand im Unternehmen auf Ihr Konto. Ihr Ziel muss es also sein, Erfolg auf breiter Basis zu haben, und das möglichst bald.
„Rund 75 % aller Führungswechsler wechseln in den unternehmerischen Ausnahmezustand (Sanierung, strategische Neuausrichtung, Gründung), fast die Hälfte der Führungskräfte weiß beim Führungswechsel nicht genau, was von ihnen erwartet wird.“
Damit das gelingt, müssen Sie sich durch drei Qualitäten auszeichnen:
- Sie erfassen in kürzester Zeit, welche Möglichkeiten, aber auch welche Unwägbarkeiten die neue Position beinhaltet.
- Sie stellen Ihre persönlichen Anliegen zugunsten des Unternehmens zurück.
- Sie integrieren Vorgesetzte und Teams in Ihre Arbeit – und das von Anfang an.
„Kaum ein Unternehmen hält Begleit- oder Unterstützungsangebote für Manager in einer neuen Funktion bereit.“
Mithilfe eines Transition-Coachings, einer Mischung aus klassischem Coaching und Unternehmensberatung, verschaffen Sie sich eine detaillierte Sicht auf Ihren Unternehmensbereich.
Die wichtigsten Schritte dabei sind:
- Analyse der Risiken,
- Erstellung eines Businessplans und
- Aufbau eines loyalen Teams.
Die Risikoanalyse
Ein Scheitern ist sicher, wenn die Fähigkeiten der Führungskraft nicht zu den Anforderungen der neuen Position passen.
„Führungswechsler scheitern häufig aufgrund zentraler Webfehler und Irrtümer.“
Dieses Risiko können Sie folgendermaßen vermeiden:
- Klären Sie zuerst, auf welcher Ebene des Managements Sie sich befinden. Je nach Level sind spezifische Verhaltensmuster und Arbeitsweisen gefordert. Solange Sie als Fachkraft für ein bestimmtes Sachgebiet eingesetzt werden, ist Ihr persönliches Leistungspotenzial gefragt. Als Leiter eines Teams hingegen geht es um eine Aufgabe, die eine Gruppe gemeinsam lösen soll, und somit um Ihre Führungsfähigkeit. Als Function-, Business- oder Enterprisemanager sind strategische und unternehmerische Fähigkeiten sowie Führungsqualitäten von großer Bedeutung.
- Nun setzen Sie sich mit der aktuellen Situation des Unternehmens auseinander. Geht es um eine Neugründung, einen Neuaufbau oder eine strategische Neuorientierung? Ist das Ziel die Fortführung eines erfolgreichen Projekts? Oder handelt es sich gar um eine Sanierung? Fragen Sie sich kritisch, wo es Ihnen noch an persönlichen Erfahrungen fehlt, sodass Sie Defizite rechtzeitig ausgleichen können.
- Analysieren Sie jetzt Ihre Stärken und Schwächen. So können Sie mögliche Erfolgshindernisse erkennen. Besonders gefährlich ist die Situation, wenn Ihre eigenen Defizite auf die besonders risikobehafteten Aspekte Ihrer neuen Führungsposition treffen.
Der Businessplan
Der Businessplan ist gewissermaßen ein lebenserhaltender Mechanismus für Ihren neuen Verantwortungsbereich: Wie bei einer Herztransplantation müssen zwei einander fremde Organismen – Sie als Führungswechsler und Ihr neuer Arbeitsbereich – gemeinsam funktionieren und sich gegenseitig am Leben erhalten. Ihr Businessplan braucht drei Elemente: einen herkömmlichen Geschäftsplan mitsamt einer Vision, eine konkrete Planung bestehend aus der Strategie und den entsprechenden Prozessen sowie eine Analyse der Organisation und ihrer Strukturen.
- Skizzieren Sie Ihren Businessplan, am besten in Form einer Powerpoint-Präsentation.
- Bestimmen Sie im ersten Teil den Status quo Ihrer neuen Position.
- Konkretisieren Sie im zweiten Teil Ihre Pläne als Manager.
- Definieren Sie im dritten Teil, wie Sie Teilprojekte im Rahmen eines Projektmanagements realisieren möchten.
- Halten Sie relevante Eckdaten und Zahlen in übersichtlicher Form fest.
- Präsentieren Sie eine ehrgeizige Vision, die sich innerhalb weniger Jahre realisieren lässt.
„Nach der intensiven Auseinandersetzung mit der Ausgangslage hat der Führungswechsler im Businessplan die Möglichkeit, seine mittelfristige Strategie in seinem neuen Verantwortungsbereich zu entwickeln.“
Um diese Vision formulieren zu können, fragen Sie sich:
- Was werden wir in zwei oder drei Jahren geschafft haben?
- Was ist für uns von besonderer Bedeutung?
- Welche wesentlichen Inhalte sind Bestandteil der Vision?
- Woran werden Unternehmensleitung und Kundschaft merken, dass die Vision umgesetzt wurde?
SWOT-Analyse
Ein wesentlicher Bestandteil des Businessplans ist die Analyse der Stärken und Schwächen sowie der Chancen und Risiken Ihres neuen Aufgabengebietes, die so genannte SWOT-Analyse:
- Stärken („strengths“): Was sind bzw. waren bisher die Erfolgsfaktoren für Ihre Abteilung? Welche Kräfte sind in höherem Maß nutzbar?
- Schwächen („weaknesses“): Welche Faktoren mindern die Schlagkraft Ihrer neuen Abteilung? Welche Projekte sind schiefgegangen?
- Chancen („opportunities“): Welche Chancen sind ungenutzt geblieben? Wo und wie lassen sich Arbeitsabläufe optimieren?
- Risiken („threats“): Welche Probleme müssen Sie thematisieren? Welche Veränderungen stehen in Zukunft an? Passt die Strategie Ihrer Abteilung in das Gesamtkonzept des Unternehmens?
„Der Businessplan hat sich in vielen Unternehmen und Organisationen als wahre Wunderwaffe erwiesen, weil er Vorgesetzte und kritische Mitarbeiter gleichermaßen überzeugt.“
Die SWOT-Analyse beschreibt konkret Ihre gegenwärtige Situation und hilft Ihnen, Strategien für die Zukunft Ihres Aufgabenbereichs zu entwickeln.
Vorgesetzte einbeziehen
Gespräche sind vom ersten Tag an das A und O: Reden Sie mit Ihrem Vorgesetzten über Ihre persönlichen Ziele, über die Kernprozesse Ihres neuen Verantwortungsbereichs und über die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Den Anfang machen Sie mit einem Auftaktgespräch. Fragen Sie:
- Wie lautet mein konkreter Auftrag in der jetzigen Situation?
- Welche Ziele geben Sie mir vor?
- Welche Hilfestellung können Sie mir zur Erreichung der Ziele anbieten?
- Welche Maßnahmen und Aufgaben sind akut?
- Was soll nicht verändert werden?
- Welche Probleme befinden sich in der Warteschleife?
- Nach welchen Spielregeln soll ich mit den Beteiligten kommunizieren?
- Welche Informationen möchten Sie von mir, wo muss ich mich mit Ihnen abstimmen?
- In welchem Rahmen habe ich Entscheidungsbefugnis?
„Führungswechsler setzen ihrem Vorgesetzten gegenüber ein starkes Zeichen, wenn sie ihn bitten, ihre offizielle Einarbeitungszeit mit einem Bilanzierungs- und Entwicklungsgespräch abschließen zu dürfen.“
Erläutern Sie Ihrem Vorgesetzten Ihren Businessplan und diskutieren Sie die sich daraus ergebenden Veränderungen und Maßnahmen. Gehen Sie flexibel mit Vorschlägen um, passen Sie den Plan wenn nötig an.
Das Team zum Partner machen
Individuelle Gespräche mit Ihren Mitarbeitern sind die Basis gegenseitigen Vertrauens. Planen Sie zu Beginn etwa zwei Stunden pro Person ein. Nach rund drei Monaten sollte ein erster Workshop mit dem kompletten Team stattfinden. Es ist von strategischer Bedeutung, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Team so schnell wie möglich Erfolge erzielen, denn das dient der Motivation aller. Um Erfolge zu erreichen, sollten Sie
- nicht als Einzelgänger agieren, sondern Ihr Team bei allen wichtigen Vorgängen und Entscheidungen mit einbeziehen,
- verständnisvoll auf Sorgen der Mitarbeiter eingehen,
- sich von Ihren Mitarbeitern beraten lassen und so Lernfähigkeit beweisen,
- sich darum bemühen, jeden Einzelnen genau kennen zu lernen.
„Bei der Zusammenstellung und Ausrichtung der Mannschaft sind vor allem die Fähigkeiten des Führungswechslers als Personal- und Teamentwickler gefragt.“
Vermeiden Sie es,
- sich in Details zu verlieren,
- sich gegen gerechtfertigte Kritik zu wehren,
- Ihre Mitarbeiter einzuschüchtern,
- sich eigenbrötlerisch zu verhalten und
- jede kleine Entscheidung selbst zu treffen.
Netzwerk- und Beziehungspflege
Unterschätzen Sie nicht die enorme Bedeutung, die die Pflege der Beziehungen zu anderen Führungskräften und zu Ihren Mitarbeitern hat. Zwar ist der Zeitaufwand anfangs erheblich, doch Beziehungspflege lohnt sich und hat eine nachhaltige Wirkung – vergleichbar mit der Pflege und Wartung Ihres Autos: Nicht erst, wenn etwas kaputt geht, ist Pflege sinnvoll, sondern lange vorher.
„Neben der Einbindung von Vorgesetzten hängt der Erfolg des Führungswechslers von seinen Schlüsselbeziehungen ab.“
Beachten Sie präventiv diese Aspekte:
- Pflegen Sie Beziehungen auch dann, wenn allgemeiner Konsens besteht.
- Verdrängen Sie auf keinen Fall Missstimmungen und Dissens.
- Wenn Vereinbarungen ignoriert werden, gehen Sie sofort darauf ein.
- Präsentieren Sie Ihre Sicht der Dinge und formulieren Sie Ihre Hauptanliegen.
- Lassen Sie die Mitarbeiter ihre Sicht darstellen.
- Einigen Sie sich auf Lösungen und deren Umsetzung innerhalb eines bestimmten Zeitraums.
„Der Erfolg kontinuierlicher Pflege der Beziehung zu den Mitarbeitern lässt sich nur auf lange Sicht messen.“
Vergessen Sie nicht, zu einflussreichen Kollegen eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Das können Manager aus anderen Abteilungen sein, „graue Eminenzen“, die Ihnen wertvolle Hinweise geben, aber auch Office-Managerinnen, die die Kontaktaufnahme zu ihren Chefs gewähren bzw. verweigern. Keinesfalls übergehen sollten Sie außerdem den Betriebsrat. Fragen Sie, welche Erwartungen all diese Personen und Gruppen in Bezug auf Ihre Person und Ihr Aufgabengebiet haben. Wenn Sie als Neuling mit zahlreichen Fragen auf sie zukommen, stoßen Sie in der Regel auf Verständnis und Hilfsbereitschaft.
Dr. Franz Metz ist Geschäftsführer der Beratergruppe Palatina GmbH. Seit über 15 Jahren beschäftigt er sich mit den Themen Führungskräfteentwicklung, Transition-Coaching und Change-Management. Elmar Rinck leitet das Team Prozessberatung und Training im Global Logistics Center der Daimler AG.