Was kostet Qualität?

Buch Was kostet Qualität?

Wirtschaftlichkeit von Qualität ermitteln

Hanser,


Rezension

Bil­lig­pro­dukte überschwem­men den Markt, und Käufer jagen Schnäppchen hinterher, als gäbe es kein Morgen. Lohnt es sich da überhaupt noch, in Qualität zu investieren, langlebige Produkte und er­stk­las­si­gen Service anzubieten? Auf jeden Fall, glaubt Roland Jochem. Muss er ja auch, schließlich ist er Professor für Qualitäts­man­age­ment. Davon abgesehen sind seine Argumente überzeugend: Dank Qualitäts­man­age­ment steigt der Wert des Un­ternehmens, die Kunden bleiben treu und Mark­tan­teile lassen sich langfristig sichern. Jochem und einige Fachkol­le­gen erklären in mehreren Aufsätzen, wie Unternehmen die Wirtschaftlichkeit ihres Qualitäts­man­age­ments berechnen können. Zwar tragen viele Diagramme und Tabellen sowie zwei Fall­beispiele am Ende des Buches zum besseren Verständnis bei, dennoch bleibt es recht abstrakt und theoretisch; das liegt hauptsächlich an der extrem wis­senschaftlichen Schreib­weise. BooksInShort empfiehlt das Buch trotzdem allen Führungskräften, die Qualitäts­man­age­ment im Unternehmen einführen oder verbessern möchten.

Take-aways

  • Die Einführung eines Qualitäts­man­age­ments ist zwar teuer, aber die Investition zahlt sich langfristig aus.
  • Durch Qualitäts­man­age­ment steigern Sie den Wert des Un­ternehmens, Sie binden loyale Kunden, sichern Mark­tan­teile und können Preise freier gestalten.
  • Mit herkömmlichen be­trieb­swirtschaftlichen Methoden lässt sich nur bedingt berechnen, ob und ab wann sich Ausgaben für Qualitätsstandards lohnen.
  • Das Quality Effect Model on Value Added (QEMOVA) ermittelt, wie der Un­ternehmenswert durch Qualitäts­man­age­ment gesteigert wird.
  • Reife­grad­mod­elle beurteilen das bestehende Qualitäts­man­age­ment und helfen dabei, es sys­tem­a­tisch zu verbessern.
  • Kennzahlen vere­in­fachen komplexe Systeme und können fürs Qualitäts­man­age­ment genutzt werden.
  • Wertschöpfung­sori­en­tierte Kennzahlen sind auf Engpässe und Probleme aus­gerichtet.
  • Sie sind flexibel und branche­nun­abhängig einsetzbar.
  • Gemessen werden z. B. ROI, Kap­i­talum­schlag, Um­satzren­dite, In­no­va­tion­squote, Mi­tar­beit­erzufrieden­heitsin­dex und die Wert­steigerung aus Sicht der Stakeholder.
  • Genauso wichtig wie qualitativ hochwertige Produkte ist ein positives Qualitätsimage.
 

Zusammenfassung

Qualität steigert den Un­ternehmenswert

Die Qualität von Produkten und Di­en­stleis­tun­gen wirkt sich auf das ganze Unternehmen aus. Genauso wichtig wie die messbare Qualität ist ein positives Qualitätsimage. Die Kunden müssen wissen, dass Sie das beste Produkt einer Kategorie anbieten. Dann bleiben sie Ihnen treu, Ihre Mark­tan­teile steigen und Ihre Mar­ket­ingkosten sinken. Das Qualitäts­man­age­ment gehört darum in die Un­ternehmensstrate­gie verankert. So wird der wirtschaftliche Erfolg gesichert und der Un­ternehmenswert gesteigert. Es kostet zwar viel, doch auf lange Sicht rechnet es sich.

„Die Un­ternehmensleitung muss erkennen und entscheiden können, welche Qualitäts­man­age­mentstruk­turen und -aktivitäten effizient und effektiv sind.“

Sie können mit ver­schiede­nen Man­age­men­tkonzepten die Qualität steigern sowie die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität erhöhen:

  1. Strate­gis­ches Management sichert Wet­tbe­werb­svorteile.
  2. Kernkom­pe­tenz­man­age­ment stellt heraus, was Sie besser können als die anderen Wet­tbe­wer­ber.
  3. Die Balanced Scorecard kon­trol­liert mit Kennzahlen, ob die Leistung des Un­ternehmens stimmt.
  4. Bench­mark­ing setzt eine Messlatte, mit der festgelegt wird, was die beste Lösung für ein Problem ist. Alles, was darunter ist, ist verbesserungsfähig.
  5. Prozess­man­age­ment kon­trol­liert nicht erst das Produkt, sondern bereits den Weg dorthin.
  6. Busi­ness-Reengi­neer­ing verändert einzelne Abläufe oder das ganze Unternehmen grundlegend.
  7. Wis­sens­man­age­ment beurteilt, wie Wissen vermittelt wird.
  8. Outsourcing kann die Qualität von Un­ternehmens­bere­ichen verbessern.
  9. Lean Management verhindert Ver­schwen­dung im Betrieb.
  10. Kaizen ist eine japanische Philosophie, mit der Abläufe oder Produkte verbessert werden.
  11. Six Sigma optimiert Prozesse.
  12. Besonders hohe Qualitätsstandards aus dem Pro­jek­t­man­age­ment können nach dem Ende eines Projekts auf den gesamten Betrieb ausgeweitet werden.
  13. Change-Man­age­ment kon­trol­liert sich ändernde Man­age­mentstrate­gien.

Unterm Strich muss sich Qualität rechnen

Die Bemühungen um Qualität müssen mehr einbringen, als sie kosten. Kosten entstehen

  • bei der umständlichen Vermeidung von Fehlern – Personal muss geschult werden;
  • beim Prüfen von Produkten und Di­en­stleis­tun­gen;
  • bei Fehlern – Mitarbeiter müssen sie beispiel­sweise in Nachtschichten ausmerzen.
„Es ist er­forder­lich, die Qualität ganzheitlich und damit in Bezug auf die relative wahrgenommene Qualität, die Opportunitätskosten sowie die sich aus dem Qualitäts­man­age­ment ergebenden Nutzenkom­po­nen­ten zu betrachten.“

Das bringt Qualitäts­man­age­ment:

  • Es passieren weniger Fehler. Die Angestell­ten arbeiten kon­tinuier­lich besser. Sie sind stärker mit einbezogen und orientieren sich in höherem Maß an den Kundenwünschen.
  • Mehr Kunden sind mit Ihrem Angebot zufrieden, bleiben Ihnen treu und werben mittels Mund­pro­pa­ganda für Ihre Produkte.
  • Wer einen guten Ruf hat, kann die Preise freier gestalten und mehr verlangen.
  • Unternehmen mit garantierten Standards po­si­tion­ieren sich auf dem Markt besser.
„Bei einer Betrachtung der Wirtschaftlichkeit stehen zum einen der Erfolg/Nutzen, der aus Un­ternehmen­sak­tivitäten hervorgeht, und zum anderen die Kosten, die durch die Bemühungen entstehen, im Zentrum der Be­tra­ch­tun­gen.“

Kosten und Nutzen werden mithilfe be­trieb­swirtschaftlicher Kennzahlen ver­gle­ich­bar. Nicht nur Return on Investment, Kap­i­talum­schlag, Um­satzren­dite, In­no­va­tion­squote oder Mi­tar­beit­erzufrieden­heitsin­dex fließen in die Rechnung mit ein, sondern auch die Wert­steigerung aus Sicht der Stakeholder, also aller Anspruchs­grup­pen.

Die Wirtschaftlichkeit von Qualität beurteilen

Die Be­trieb­swirtschaft­slehre bietet viele Möglichkeiten, zu beurteilen, welche Investition die beste ist und wann sie sich amortisiert hat. Allerdings ist es schwierig zu sagen, ob sich die Einführung und Sicherung von Qualitätsstandards rechnet. Der Knackpunkt sind verlässliche Zahlen über künftige Ausgaben und Einnahmen. Der Nutzen erhöhter Qualität ist oft nicht sofort und nur schwer in Zahlen messbar.

„Die in­di­vidu­ellen Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, ist nur durch eine konsequente Ausrichtung der Geschäftsprozesse am Kunden möglich.“

Wegen dieser Un­sicher­heit kommt es entschei­dend darauf an, die richtige Berech­nungsmeth­ode zu finden und anzuwenden:

  • Statische und dynamische In­vesti­tion­srech­nung: Sie sind die Lieblingsmeth­o­den kleiner Unternehmen, denn die Zahlen sind relativ leicht zu ermitteln. Statische Methoden sind Kosten­ver­gle­ichs-, Gewin­nver­gle­ichs-, Rentabilitätsver­gle­ichs- und statische Amor­ti­sa­tion­srech­nung. Dynamische Verfahren eignen sich fürs Qualitäts­man­age­ment besser. Dazu zählen die Kap­i­tal­w­ert- und die Annuitätenmethode, die Methode des internen Zinsfußes sowie die dynamische Amor­ti­sa­tion­srech­nung. Sie berücksichtigen den ganzen In­vesti­tion­szeitraum und nicht nur eine Periode.
  • Die Gap-Analyse vergleicht Ist- und Soll-Werte.
  • Die Kosten­struk­tu­r­analyse findet heraus, wie sich Kosten zusam­menset­zen.
  • In Scor­ing-Mod­ellen werden Punkte verteilt, je nachdem wieweit vorher definierte An­forderun­gen erfüllt werden. Aus der Punktezahl werden Teil­nutzw­erte und Gesamt­nutzen ermittelt. Hier fließen auch qualitative Werte mit ein. Scor­ing-Mod­elle werden vor allem im Marketing und zur Beurteilung von Lieferanten oder Standorten genutzt.
  • Reife­grad­mod­elle bestimmen den Ist-Zustand und sagen, wie er verbessert werden kann.
„Durch die stufenweise Einführung der Kennzahlen können nach und nach alle Vo­raus­set­zun­gen zur Umsetzung der Kennzahlen geschaffen werden.“

Neuere Ansätze – wie das kostenori­en­tierte Qualitäts­man­age­ment, die Analyse der Rentabilität von Qualitätstechniken und das Kenn­zahlen­sys­tem für das To­tal-Qual­ity-Man­age­ment – haben die gängigen Rechen­meth­o­den um spezielle Fragen des Qualitäts­man­age­ments erweitert, etwa: Wie schafft es der Betrieb, kon­tinuier­lich besser zu werden und Fehler zu vermeiden?

Das Unternehmen als anpassungsfähiges System

Das Quality Effect Model on Value Added (QEMOVA) betrachtet das Unternehmen als lern- und anpassungsfähiges System. Es will her­aus­finden, wie der Un­ternehmenswert mittels Qualitäts­man­age­ment gesteigert werden kann und wie man dieses am besten einführt. Gehen Sie in sieben Schritten vor:

  1. Legen Sie fest, was unter die Lupe genommen werden soll: einzelne Projekte oder der ganze Betrieb? Beschreiben Sie Vision, Mission und Strategie des Un­ternehmens.
  2. Berechnen Sie, z. B. mit der häufig angewandten Dis­counted-Cash­flow-Meth­ode, was den Erfolg und den Wert des Un­ternehmens ausmacht.
  3. Alles, was den Un­ternehmenser­folg beeinflusst, bilden Sie in der Kri­te­rien­ma­trix ab. Das betrifft z. B. den Staat, die Banken, die Strukturen oder das Management.
  4. In der Wech­sel­wirkungs­ma­trix gewichten Sie, in welchem Zusam­men­hang und wie stark die einzelnen Faktoren aufeinander einwirken.
  5. Im Ein­flussport­fo­lio sowie im Wech­sel­wirkungsnet­zw­erk stellen Sie das Ganze grafisch dar.
  6. Mit dem Wech­sel­wirkungsnet­zw­erk finden Sie diejenigen Regelkreise und starken Wirkungen, die den Erfolg bee­in­flussen.
  7. Im Soll-Ist-Ab­gle­ich legen Sie fest, wie Sie lenkbare Größen bee­in­flussen wollen. Sie planen Maßnahmen, kon­trol­lieren deren Wirkung und korrigieren nötigenfalls.

Mit Reife­grad­mod­ellen besser wirtschaften

Reife­grad­mod­elle zeigen Ihnen, wie es um Ihr Qualitäts­man­age­ment steht. Mit ihnen lassen sich auch sys­tem­a­tisch Verbesserungsvorschläge finden. Allerdings kann Sie die Anwendung sehr teuer zu stehen kommen, u. U. sind die Kosten sogar höher als der Nutzen. Reife­grad­mod­elle wurden für die qualitative Beurteilung von Prozessen erfunden und werden vor allem bei der Entwicklung von Soft­ware­pro­duk­ten genutzt. Es gibt viele ver­schiedene Reife­grad­mod­elle, die un­ter­schiedliche Un­ternehmens­bere­iche im Fokus haben. Sie werden wie folgt angewendet:

  1. Schaffen Sie im Betrieb die Vo­raus­set­zun­gen für die Einführung. Geld und alle anderen nötigen Mittel müssen bere­it­ste­hen. Alle beteiligten Angestell­ten müssen in das Projekt eingeweiht und davon überzeugt sein, auch wenn sich dadurch Macht­struk­turen ändern.
  2. Legen Sie das am besten geeignete Reife­grad­mod­ell und den Be­trieb­s­bere­ich, auf den es angewendet werden soll, fest. Es kann z. B. darum gehen, Schwach­stellen zu finden oder Kun­de­nan­forderun­gen besser zu befriedigen.
  3. Beurteilen Sie das Unternehmen nach dem im entsprechen­den Reife­grad­mod­ell vorgeschla­ge­nen Be­w­er­tungsver­fahren. Es geht hauptsächlich darum, Wege zu finden, Prozesse oder Produkte sys­tem­a­tisch zu verbessern. Diese werden mit dem ermittelten Reifegrad mess- und ver­gle­ich­bar.
  4. Aus den Ergebnissen leiten Sie ab, wie Sie die Mängel beseitigen können.
  5. Werten Sie alle Ergebnisse aus. Danach legen Sie fest, welcher Mitarbeiter bis wann welche Maßnahmen umgesetzt haben soll.

Kennzahlen fürs Qualitäts­man­age­ment

Kennzahlen vere­in­fachen komplexe Systeme. Basierend auf der Strategie eines Un­ternehmens, geben Sie Aufschluss über dessen Ziele und Er­fol­gs­fak­toren. Wertschöpfung­sori­en­tierte Kennzahlen sind

  • eng verknüpft mit der Un­ternehmensstrate­gie und den Un­ternehmen­szie­len,
  • sowohl auf Teile des Un­ternehmens als auch auf die Firma als Ganzes anwendbar,
  • geeignet, Widersprüche im Betrieb aufzudecken,
  • ziel- und qualitätsori­en­tiert sowie auf Engpässe und Probleme aus­gerichtet,
  • schrit­tweise einführbar,
  • flexibel und branche­nun­abhängig einsetzbar.
„Um die Auswahl präventiver Qualitäts­man­age­ment­meth­o­den sowie deren Einsatz unter wirtschaftlichen Gesicht­spunk­ten zu optimieren, ist eine kenn­zahlen­basierte Leis­tungser­mit­tlung und -bewertung der Qualitäts­man­age­ment­prozesse in der Entwicklung notwendig.“

Ein wertschöpfung­sori­en­tiertes und damit fürs Qualitäts­man­age­ment geeignetes Kenn­zahlen­sys­tem können Sie in vier Schritten entwickeln:

  1. Die Geschäftsführung und alle betroffenen Abteilungen legen gemeinsame Ziele fest. Sie wollen z. B. Liefer­t­er­mine zu 100 % einhalten. Analysieren Sie bestehende Kenn­zahlen­sys­teme, Fehler­berichte sowie Pro­duk­tion­s­pla­nung und -steuerung.
  2. Gemeinsam erfassen Sie den Ist-Zustand der definierten Geschäftsbereiche und suchen nach schnell wirkenden Lösungsvorschlägen.
  3. In der dritten Phase legen Sie die Kennzahlen fest. Damit alle Zahlen miteinander ver­gle­ich­bar sind, müssen Sie ein abges­timmtes Kenn­zahlen­schema entwickeln, in dem die Kennzahlen genau definiert werden. Für das Ziel der Einhaltung von Liefer­t­er­mi­nen bedeutet das: Die Kennzahl wird mit dem Ziel der Liefer­t­er­mintreue gemessen. Sie bildet die Zahl der ter­min­gerechten Lieferungen im Verhältnis zu allen Lieferungen ab.
  4. Die Kennzahlen werden stufenweise eingeführt und in einem Report doku­men­tiert.

Über den Autor

Prof. Dr.-Ing. Roland Jochem ist Inhaber des Lehrstuhls für Qualitäts­man­age­ment der Universität Kassel. Vorher war er Prozes­sor­gan­isator bei Bosch und Siemens Hausgeräte in Berlin. Neben ihm haben sieben weitere Autoren aus Wis­senschaft und Praxis zum Buch beigetragen.