Die Vorteile der Prozessorganisation
Kundenwünsche ändern sich rasend schnell. Wer seine Produkte auch morgen noch verkaufen will, muss auf diese Änderungen reagieren. Dazu bedarf es flacher Hierarchien und transparenter Prozesse. Die herkömmliche Ablauforganisation orientiert sich an verschiedenen Funktionsbereichen des Unternehmens: Beschaffung, Controlling, Fertigung, Vertrieb usw. Diese Bereiche bilden das Gerüst; Abläufe und Aufgaben werden darin verteilt. Wichtiger als Produkte oder Dienstleistungen sind hier bestehende Strukturen.
„Die Einteilung in Geschäfts- oder Kern-, Support- und Managementprozesse bietet die Voraussetzung, um eine Prozesslandkarte mit zusätzlicher Prozesskategorisierung erstellen zu können.“
Im Gegensatz dazu orientiert sich bei der Prozessorganisation alles – die Strukturen, Personalstellen und Abteilungen der Firma – an der Wertschöpfungskette im Unternehmen. Die Mitarbeiter sollen vor allem das tun, was den Wert des Unternehmens steigert. Die Vorteile einer prozessorientierten Organisation sind:
- Die Betriebsleitung hat die Prozesse im Griff.
- Es ist klar, wer für welche Prozesse verantwortlich ist.
- Die Qualität wird dadurch erhöht.
- Die Durchlaufzeiten werden kürzer.
- Die Kosten für Abläufe und Produkte sinken.
- Das Unternehmen wird innovativer.
- Die Kunden sind zufriedener.
„Stets ist eine fallweise Entscheidung zu treffen, ob man sein Unternehmen mit einer funktionalen Aufbauorganisation versehen sollte, um die Vorteile der Spezialisierung sowie der Ressourceneffizienz zu nutzen.“
Wenn Sie auch dahin kommen wollen, definieren Sie zunächst Ihre Geschäftsfelder und Ihren Erfolgsfaktor, d. h. den Aspekt, bei dem Sie der Konkurrenz voraus sind. Verbessern Sie Ihren Erfolgsfaktor kontinuierlich. Die Prozessorganisation orientiert sich an ihm.
Prozesse identifizieren und kategorisieren
Analysieren Sie die Lage in Ihrem Betrieb. Der Status quo ist die Basis für die Schaffung der Prozessorganisation. Die entscheidende Frage lautet: Was und wie muss im Unternehmen gearbeitet werden, um die Kundenwünsche zu befriedigen? Es geht darum, nur das zu tun, was nötig ist und Mehrwert bringt. In der Praxis schleichen sich oft Gewohnheiten ein, die weder nützlich noch zielführend sind. Streichen Sie nach und nach alle nutzlosen Prozesse.
„Eine hohe Beherrschung der Prozesse heißt, dass weniger Zeit beansprucht wird und damit weniger Kosten verursacht werden.“
Gliedern Sie die Prozesse in Ihrem Unternehmen in Management-, Geschäfts- und Supportprozesse. In der ersten Kategorie wird u. a. das Leitbild entwickelt, die Umwelt beobachtet und eine Strategie geplant. Im Bereich der Geschäftsprozesse werden neue Produkte entwickelt, Angebote erstellt und Kundenaufträge bearbeitet. Supportprozesse betreffen die Personalbeschaffung, -verwaltung und -entwicklung sowie die Lohnbuchhaltung. Stellen Sie auch die Frage nach der Leistungstiefe: Was soll das Unternehmen selbst tun? Was kann besser von anderen Firmen erledigt, also ausgelagert werden? Welche Leistungen sollte die Geschäftsleitung zusätzlich ins Haus holen? Ob die Leistungstiefe in allen Unternehmensbereichen optimal ist, müssen Sie ständig überprüfen.
Die Prozessorganisation entwerfen
Klären Sie, ob und für welche Bereiche eine Prozessorganisation infrage kommt. Fertigt ein Betrieb Massenprodukte für einen Markt ohne direkten Kontakt zum Endkunden, reicht eine funktionale Ausrichtung. Je intensiver Sie aber auf Kundenwünsche eingehen müssen, desto sinnvoller ist die prozessorientierte Struktur. Besonders eignet sie sich etwa für Kleinserien oder wenn Sie Dienstleister Ihrer Kunden sind. Dann nämlich ist der Kunde ein externer Produktionsfaktor, der am Prozess aktiv beteiligt ist und ihn auch verändern kann.
„Für Management-, Support- und Geschäftsprozesse sind die Kosten getrennt zu ermitteln und es sind sodann die Kosten dieser Management- und Supportprozesse den Geschäftsprozessen verursachungsgerecht zuzuschlagen.“
Nach der Entscheidung für eine Prozessorganisation müssen Sie klären, ob diese primär oder sekundär sein soll. Die primäre Prozessorganisation strukturiert das Unternehmen in eigenständige Organisationseinheiten. Die Hierarchie entsteht aus den verschiedenen Prozessebenen. Die sekundäre Prozessorganisation dagegen behält die funktionale Betriebsstruktur bei und verbindet unterschiedliche Abteilungen und Bereiche zu Prozessen.
„Die Prozessorganisation eliminiert die atomisierte Aufgabenspezialisierung und integriert Technik, Personal und Organisation in einen betriebswirtschaftlichen Kontext.“
Um einen Prozess in seine Einzelteile zu zerlegen, beginnen Sie beim Management und arbeiten sich nach unten durch, bis zum letzten Glied der Wertschöpfungskette. Prozessorganisationen haben in der Regel flachere Hierarchien als funktionale Aufbauorganisationen. Kollegen sind hier als interne Kunden anzusehen, die auf Leistungen oder Produkte vorgelagerter Stufen warten. So wird jeder Mitarbeiter selbst zum Kunden im Betrieb.
„Selbst wenn permanent exzellente Leistungen geboten werden, ist das noch keine Garantie für durchweg loyales Kundenverhalten.“
In der traditionellen Aufbauorganisation haben die Mitarbeiter definierte Aufgaben, Befugnisse und Verantwortungen. Bei der Prozessorganisation jedoch geht es in erster Linie darum, anfallende Aufgaben zu erfüllen, und für diese Aufgaben werden Stellen oder Abteilungen geschaffen. Im extremsten Fall kontrolliert lediglich ein Case-Manager oder ein Case-Team den gesamten Prozess. In der abgeschwächten Form der Prozessorganisation bleiben die Abteilungen so, wie sie sind, und es werden funktionsübergreifende Teams gebildet, damit ein Prozess ideal abgewickelt werden kann. Im Alltag erweist sich oft eine Mischform als sinnvoll. Wichtig ist, dass alle Mitarbeiter sich als Team verstehen. Bearbeitungsroutinen legen fest, wie sich der Einzelne in immer wiederkehrenden Situationen am besten verhält.
Dokumentieren und rechnen
Stellen Sie die Prozessorganisation für alle Beteiligten und Interessierten grafisch dar. Die Grafiken klären darüber auf, wie die Abteilungen aufgebaut sind und wer was zu verantworten hat. Zuerst erfassen Sie alle Prozesse im Unternehmen in logischer Reihenfolge in einer Prozesslandkarte. Anschließend stellen Sie sie detaillierter in einem Flussdiagramm dar. Bestenfalls sind die Darstellungen computertauglich.
„Es wird ein Management der Kundenorientierung etabliert, indem die dokumentierten Soll-Prozesse ständig überwacht und eventuelle Abweichungen davon angezeigt werden.“
Nur wer weiß, was ein Prozess kostet, kann entscheiden, ob es sich rechnet, ihn noch einmal durchzuführen. Normalerweise werden Gemeinkosten auf Produkte und Dienstleistungen verteilt. Dadurch erfahren Sie, wie viel das Produkt oder die Dienstleistung Sie wirklich kostet. Die Prozesskostenrechnung aber geht weiter: Sie ermittelt, was Prozesse kosten. Dazu wird der Prozess in Haupt- sowie Teilprozesse aufgeteilt. Danach werden die Kostentreiber der Hauptprozesse identifiziert und quantifiziert. Alle übrigen Kosten werden nach einem vorgegebenen Schema errechnet.
Kein Erfolg ohne Mitarbeiter
Jeder Plan ist nur so gut wie die Mitarbeiter, die ihn tragen. Die Prozessorganisation folgt einem positiven Menschenbild: Sie geht davon aus, dass Menschen arbeiten und Verantwortung übernehmen wollen. Ziel ist es, Prozessteams im Laufe des Verfahrens immer mehr selbst entscheiden zu lassen. Bieten Sie Ihren Mitarbeitern Fortbildungen und Schulungen an, damit sie sich fachlich und sozial weiterentwickeln und damit sie unternehmerisch denken lernen.
„Im Fall der Kundenorientierung ist stets der Weg das Ziel und die Entwicklung der Customer-Driven Company eine fortwährende unternehmerische Aufgabe.“
Die japanische Führungsphilosophie Kaizen vertraut auf den gesunden Menschenverstand. Sie strebt eine kontinuierliche, schrittweise und systematische Verbesserung an. Wenn Sie diese Methode im Betrieb institutionalisieren, bieten Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, in moderierten Teamsitzungen gemeinsam Verbesserungen zu erarbeiten, um möglichst effektiv und nicht verschwenderisch zu arbeiten.
Prozesscontrolling
Das Controlling koordiniert Planung, Kontrolle, Personalführung, Organisation und Informationsübermittlung so, dass die Unternehmensziele bestmöglich erreicht werden. Zu diesem Zweck wird das Instrument der Balanced Scorecard (BSC) genutzt. Die BSC arbeitet mit Kennzahlen, die anzeigen, wie es um die Realisierung der Unternehmensstrategie steht. Finanzen, Kunden, interne Prozesse und Potenziale des Unternehmens werden mit jeweils maximal fünf Kennzahlen bewertet. Dieses Muster lässt sich dann auch auf die einzelnen Prozesse anwenden:
- Prozessfinanzen: Die Kennzahlen geben Aufschluss darüber, ob der Prozess rentabel ist.
- Prozesskunden: Kennzahlen für Kundenzufriedenheit zeigen an, ob interne und externe Kunden befriedigt sind.
- Prozessleistung: Sie misst die Prozesszeiten und die Prozessqualität.
- Prozesspotenziale: Es wird festgelegt, wie Ressourcen und Potenziale genutzt werden sollen.
Wie zufrieden sind Kunden?
Werden die Prozesse richtig gesteuert, hat man am Ende zufriedene Kunden. Sie sind der Schlüssel zum Erfolg und zugleich die beste Werbung. Wer zufrieden ist, kauft das gleiche Produkt wieder. Und während zufriedene Kunden ein Produkt im Schnitt zwei- bis dreimal weiterempfehlen, schimpfen unzufriedene Kunden etwa elfmal über schlechte Erfahrungen.
„Ein Anbieter geht einen wesentlichen Schritt in Richtung Kundenzufriedenheit, indem er die ganze Wahrheit darüber erfährt, was seine Kunden schätzen und was nicht.“
Das Ziel ist die Loyalität der Kunden. Sie sollen sich immer wieder bewusst für das Produkt oder den Hersteller entscheiden. Die zukunftsorientierte Frage lautet: Wird sich der Kunde künftig wieder für das Unternehmen und seine Produkte entscheiden? Bleibt er treu, steigert das langfristig den Unternehmenswert. Es reicht nicht aus, tadellose Produkte herzustellen, um Kunden zufriedenzustellen. Diese beurteilen vielmehr den gesamten Prozess, vom Einkauf bis zum Service. Finden Sie heraus, was Sie tun müssen, um zufriedene und loyale Kunden zu haben. Halten Sie vor allem Ihre Versprechungen. Immer, wenn der Kunde Kontakt zu einem Verkäufer, Berater oder Dienstleister hat, wird er Teil des Prozesses. Er wird zum Koproduzenten. Mittels Blueprint können Sie alle direkten Kundenkontakte in einem Prozess grafisch darstellen. Spüren Sie Stellen auf, wo die Qualität verbessert werden kann. Wenn Sie Ihr zur Customer-Driven Company umbauen wollen, müssen Sie:
- quantitative und qualitative Kriterien der Kundenzufriedenheit messen – dafür gibt es viele bewährte Methoden;
- Ihre Kunden befragen, etwa mit dem multiattributiven Verfahren – dabei werden mehrere Kennzeichen abgefragt, die Käufer zufrieden machen sollen;
- wertanalytisch vorgehen – die Kundenzufriedenheit wird anhand der Frage betrachtet, welche Leistungen wie auf die Kunden wirken;
- den bestehenden Leistungsstand analysieren – wo Wünsche und Realität auseinandergehen, befindet sich der Ansatzpunkt für Verbesserungen;
- das Soll definieren – evtl. müssen Sie völlig neue Produkte anbieten, um Ihre Kunden zufriedenzustellen, oder längst als überholt geltende Dienstleistungen einstellen;
- die Kosten der veränderten Ausrichtung den entsprechenden Kostenstellen zuordnen;
- konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenzufriedenheit umsetzen;
- die Mitarbeiter motivieren – Ihre Leute müssen wissen, was genau von ihnen erwartet wird, die Ansprüche müssen mess- und erreichbar sein und entsprechend entlohnt werden;
- Erfolge kontrollieren und für die Zukunft sichern – fragen Sie Ihre Kunden in regelmäßigen Abständen erneut nach ihrer Zufriedenheit und bessern Sie ggf. nach.