Nerv nicht!

Buch Nerv nicht!

Über den Umgang mit Nervensägen, Rechthabern, Langweilern & Co.

Gabal,


Rezension

Oft ist es gar nicht bös gemeint, aber trotzdem: Manche Zeitgenossen gehen einem dermaßen auf den Wecker, dass sich einem die Nackenhaare kräuseln. Sie ziehen ständig die Nase hoch, fallen einem ins Wort, geben überall ihren Senf dazu, machen alles und jeden schlecht. Nicht immer kann man solchen Nervensägen aus dem Weg gehen, und nicht immer ist ein Verhalten einfach nur dämlich. Bestimmte Methoden können Beziehungen vergiften und uns regelrecht krank machen. Da heißt es gegen­s­teuern, um sich selbst zu schützen und dem anderen eine Chance zu geben, sein Verhalten zu ändern. Wie man das macht, dafür hält Nerv nicht! eine Fülle an Vorschlägen bereit, praxisnah und zur un­mit­tel­baren Anwendung geeignet. Die Autorin lässt kaum eine mögliche Gesprächssi­t­u­a­tion aus und hilft dabei, einmal die Perspektive zu wechseln und die eigene Reaktion zu hin­ter­fra­gen. BooksInShort empfiehlt den Ratgeber jedem, der auch in nervigen Momenten souverän bleiben will.

Take-aways

  • Setzen Sie Nervensägen Grenzen, indem Sie das direkte Gespräch suchen.
  • Quas­sel­strip­pen dürfen Sie un­ter­brechen und auf Besser­wisser-Kom­mentare gehen Sie gar nicht ein.
  • Wenn Sie über etwas nicht sprechen möchten, sagen Sie das – oder wechseln Sie das Thema.
  • Reden Sie Klartext, wenn Sie ein Verhalten Ihres Gegenübers stört, aber steigern Sie sich nicht in das Problem hinein.
  • Manche Angeber können wirklich etwas. Nutzen Sie deren Tipps zu Ihrem Vorteil.
  • Konzen­tri­eren Sie sich immer auf den sachlichen Inhalt des Gesprächs.
  • Bleiben Sie souverän, in­ter­pretieren Sie nichts ins Gesagte hinein, und vermeiden Sie emotionale Bewertungen.
  • Achtung: Wenn jemand Sie klein macht, um Sie zu ma­nip­ulieren, hört der Spaß auf.
  • Lügnern und Stänkerern zeigen Sie die rote Karte, sonst nimmt die Beziehung ernsthaft Schaden.
  • Wer ruhig bleibt und konstruktiv spricht, schont seine Nerven.
 

Zusammenfassung

Nerv nicht gibt’s nicht

So schön es wäre, aber der Tag, an dem Ihnen überhaupt nichts auf die Nerven geht, muss wohl erst noch erfunden werden. Irgendwo taucht einer auf, den Sie jetzt wirklich nicht sehen wollen, es entwickeln sich Gesprächsthemen, die Sie partout nicht ausstehen können oder es erwischt jemand ganz präzise Ihren wunden Punkt. Am besten machen Sie sich erst mal klar, was Sie an Ihrem Gegenüber so auf die Palme bringt. Manchmal reicht schon eine hohe Qui­etschstimme, oder Ihr Gesprächspartner erinnert Sie an jemanden, den Sie nicht leiden können. Auch Gesprächsinhalte können nerven, wenn z. B. der andere nur von sich redet, neugierige Fragen stellt oder den Oberlehrer mimt. Darauf reagieren Sie ganz spontan mit Wut, Trauer, gar Panik. Vielleicht würden Sie den anderen insgeheim gern an die Wand klatschen. Geheim bleibt das allerdings nicht: Ihre Mimik, Gestik, Stimme und Reaktion verraten, wie es in Ihnen aussieht.

„Immer wieder werden Sie mit Gesprächen kon­fron­tiert, die Sie als unangenehm empfinden und bei denen Sie am liebsten das Weite suchen möchten.“

Vergessen Sie dabei nie: Sie nerven andere auch. Und das ist ganz gut zu wissen, um die jeweilige Situation besser einschätzen zu können. Ner­venkriege tun nämlich keiner Beziehung gut, weder im privaten noch im beruflichen Umfeld. Gerade im engeren Kontakt können Probleme entstehen, weil man sich gegenseitig mitsamt seinen Reizthemen gut kennt. Wenn Sie den Anspruch haben, mit anderen jederzeit überlegen umzugehen, helfen Ihnen diese fünf Tipps:

  1. Schlüpfen Sie in die Rolle des anderen. Das soll nicht bedeuten, dass Sie sein Verhalten recht­fer­ti­gen sollen, aber es hilft, die Situation sachlich einzustufen.
  2. Bleiben Sie respektvoll. Auch wenn Sie genervt sind, „du Blödmann“ können Sie sich zwar denken, aber Sie sollten es nicht aussprechen. Behandeln Sie andere stets so, wie Sie behandelt werden möchten.
  3. Lassen Sie sich nicht anstecken. „Wie du mir, so ich dir“ bringt Sie nicht weiter und beweist keinerlei Überlegen­heit. Bleiben Sie sich und Ihrem Verhalten treu.
  4. Suchen Sie das direkte Gespräch. Mit vagen Andeutungen kann der andere nichts anfangen. Im Übrigen nutzt es nichts, sich bei Dritten auszuweinen. Sprechen Sie Klartext und sagen Sie der Nervensäge, was Sie aufregt und wo die Grenzen sind.
  5. Behalten Sie die Fäden in der Hand. Klinken Sie sich gerade aus solchen Gesprächen, die Sie nerven, nicht aus. Unaus­ge­sproch­enes macht jede Beziehung kaputt. Übernehmen Sie lieber die Gesprächsführung selbst.

Stoppen Sie Quas­sel­strip­pen

Es gibt Leute, die plappern ungefragt drauflos, ob Sie es hören wollen oder nicht, geben überall ihren Senf dazu und glauben, dass jeder ihren Klatsch spannend findet. Sie sind aber keine Textmülltonne, also wehren Sie sich gegen endloses Geschwafel. Sie dürfen den Quassler ruhig un­ter­brechen, höflich oder mit einer launigen Bemerkung – irgendwann muss er ja Luft holen. Oder heben Sie die Hand, damit er merkt, dass Sie auch etwas sagen möchten. Banale Themen ersticken Sie mit einsilbigen Antworten, bei wichtigeren stellen Sie ganz konkrete Fragen und solche, auf die ein Ja oder Nein als Antwort genügt.

„Gerade bei engeren Beziehungen sind Nervereien Gift und können ein an sich gutes Miteinander nach und nach unterhöhlen.“

Mühsam wird es, wenn der andere ständig von sich erzählt. Egal worum es geht, solche Leute kriegen garantiert die Kurve, um die Aufmerk­samkeit auf sich, ihre Sichtweise, ihre Wehwehchen zu lenken. Da bleiben Sie einfach hart und führen gleich wieder auf das eigentliche Thema zurück. Auch auf su­per­schlaue Kommentare der Marke „Wenn ich du wäre …“ oder „Hätte ich dir gleich sagen können …“ müssen Sie nicht weiter eingehen. Stellen Sie die An­gele­gen­heit sachlich richtig („Du bist nicht ich …“) und vertreten Sie dann Ihren Standpunkt. Es gibt keinen Grund, sich an dieser Stelle zu recht­fer­ti­gen. Sie können die Un­ter­hal­tung auch beenden oder das Thema wechseln, um unnötigem Streit auf dem Weg zu gehen.

„Un­ter­brechen Sie – besonders auch mithilfe von Körpersprache – und stellen Sie klare Fragen, die den Gesprächspartner auf Kurs halten.“

Langweilige Geschichten über das Privatleben Ihres Gesprächspartners oder den Schwager des Bruders der Freundin eines Schulka­m­er­aden quittieren Sie mit dem höflichen Hinweis, dass Sie jetzt keine Zeit haben. Vielleicht braucht der andere aber auch einfach ein wenig Zuwendung, und je einsilbiger Sie werden, umso mehr bemüht er sich. Entwickeln Sie Antennen für solche Zusammenhänge – und für Ihr eigenes Verhalten. Vielleicht texten Sie andere mitunter auch zu. Dann heißt es, selbst den Mund halten zu üben, um mehr vom Gegenüber zu erfahren.

Sie müssen nicht reden

Es gibt Themen, die gehen einfach niemanden etwas an, und es gibt Menschen, mit denen man über bestimmte Dinge nicht sprechen möchte. Kommt aus­gerech­net diese Thema auf den Tisch oder spricht aus­gerech­net dieser Mensch Sie darauf an, ist eines falsch: Schweigen. Es braucht keine de­tail­lierte Erklärung und keine Diskussion darüber, warum Sie nichts zu dem Thema sagen möchten. Es genügt, wenn Sie das kurz und höflich sagen. Geschickte Schachzüge können es auch sein, die Gesprächsauf­forderung zu überhören, eine Teilantwort zu geben und dann das Gespräch zu beenden oder das Thema zu wechseln.

„Die einfachste Variante ist es, den Senf, den der Kom­men­tierer dazugibt, einfach zu überhören.“

Wenn Ihnen ein Schlaumeier ungebeten einen Rat aufs Auge drückt, möchte er Ihnen vielleicht tatsächlich helfen. Aber sobald sich Ihnen die Nackenhaare kräuseln, weil der Typ z. B. keine Ahnung hat, sich generell überall einmischt oder sein Rat ober­lehrerhaft wirkt, haben Sie keine Ve­r­an­las­sung, Ihre An­gele­gen­heiten mit ihm zu diskutieren. Das gilt besonders bei privaten Problemen, die Sie lieber mit sich selbst ausmachen möchten, und bei intimen Themen. Die ewig gleichen Stre­it­the­men in Familie oder Fre­un­deskreis fallen ebenfalls in diese Kategorie. Wichtig ist, in jeder Situation gelassen zu bleiben und ehrlich zu sagen, wenn Sie über etwas nicht sprechen möchten. Eine sehr elegante Lösung ist „agree to disagree“: Sie einigen sich mit dem anderen darauf, un­ter­schiedlicher Meinung zu sein.

Ansprechen, was einen nervt

Der eine zieht ständig die Nase hoch, der andere schmatzt und der Nächste klackert mit dem Druck­bleis­tift – und Sie sitzen ganz oben in der Palme. Da haben Sie nur eine Chance: sprechen Sie die Nervtöter direkt drauf an. Übrigens: Auch wenn jemand z. B. schielt, können Sie höflich sagen, dass Sie das irritiert, dann weiß jeder, was Sache ist. Vermeiden Sie es aber, sich in das Problem here­inzusteigern und nur noch darauf zu achten. Das gilt für alle Ticks und auch für Gesprächsver­hal­ten, die Ihnen mächtig auf den Geist gehen.

„Ein besonders eleganter The­men­wech­sel geht auf das eben Gesagte ein, nutzt den Fremdgedanken als Sprungbrett und führt auf ein eigenes Thema.“

Den Angeber beispiel­sweise, der immer überall besser ist, bremsen Sie am leichtesten aus, wenn Sie ihn links liegen lassen. Müssen Sie mit ihm zusam­me­nar­beiten, übergehen Sie die Auf­schnei­derei und bleiben Sie beim eigentlichen Thema. Sie dürfen ihn auch ein bisschen bewundern, vielleicht ist er ja auf einem Gebiet tatsächlich spitzenmäßig und kann Ihnen sogar wertvolle Tipps geben. Manche Angeber entpuppen sich als unsichere Har­monie-Junkys: Sie sind in Wirk­lichkeit nur süchtig nach Bestätigung. Mögen Sie die Person, dann ist es ja kein Beinbruch, sie zu loben; das gibt ihr die Sicherheit, nach der sie ständig strebt. Wird es zu viel, hilft es auch hier, offen anzus­prechen, dass Sie das ewige Bestätigen nervt.

„Manchmal tut es einer Beziehung – ob zu Kollegen, Freunden oder Familie – gut, bestimmte Themen einfach zu lassen.“

Üben Sie Gelassen­heit auch mit den Leuten, die immer alles wiederholen. Es kann gut sein, dass der andere Ihnen damit zeigen will, dass er das „aktive Zuhören“ beherrscht („Ich bin sauer, dass du die Spülmaschine nicht ausgeräumt hast.“ – „Du ärgerst dich darüber, dass ich das Geschirr nicht eingeräumt habe.“). Das wäre dann ja okay. Riecht es dagegen nach Ablenkungs­manöver, bleiben Sie bei Ihrer in­haltlichen Aussage und führen Sie das Gespräch ziel­gerichtet weiter. In einem anderen Fall können Sie sich die Wieder­hol-Strate­gie selbst zu Eigen machen: Wenn jemand über Ihr Miss­geschick triumphiert („Das hätte ich dir gleich sagen können!“), greifen Sie das emotionslos auf („Du hättest mir also vorher nützliche In­for­ma­tio­nen dazu geben können.“), und schon wandert das Gespräch auf die Sachebene.

„Allzu oft nehmen wir den Inhalt nicht mehr wahr, wenn uns die Form missfällt, und verpassen dadurch so manches Mal wichtige Hinweise.“

Auch bei Leuten, die ständig an Ihr Gewissen appellieren, etwa weil Sie immer noch Fleisch essen oder Geld statt Zeit spenden, hilft es, das Gespräch auf die sachliche Schiene zu lenken. Sie können das Engagement des anderen ehrlich anerkennen oder das Gespräch mit gezielten Fragen und Fakten vertiefen.

Lassen Sie sich nicht klein machen

Es gibt Menschen, die ruinieren Ihr Selb­st­wert­gefühl. Ein Run­terzieher etwa redet alle Ihre Vorhaben schlecht und glaubt nur an eines: an Ihr Scheitern. Der Königsweg, mit so einem Negativling umzugehen, ist nachzufra­gen, was er genau meint, was nach seinem Dafürhalten anders sein müsste oder welchen Rat er in dieser An­gele­gen­heit hätte. So wird das Gespräch konstruktiv und Ihr Gegenüber lernt mit der Zeit, anders zu kom­mu­nizieren.

„Emotionale Erpressung kann auch nonverbal erfolgen: beleidigt oder verletzt schauen, sich nicht mehr melden oder Schweigen.“

Lästerer haben zum Ziel, sich über andere zu stellen. Zwar sind Sie im Augenblick der Begegnung, wenn das Gegenüber beginnt, über andere herzuziehen, nicht betroffen, aber seien Sie skeptisch: Stehen Sie nicht daneben, lästert der Typ womöglich über Sie. Sagen Sie, dass Sie es nicht gut finden, über Abwesende schlecht zu sprechen, und wechseln Sie das Thema.

„Laut, explosiv und häufig sogar beleidigend: so walzen manche Leute mit größtmöglicher Rück­sicht­slosigkeit durchs Leben.“

Eine ganz üble Tour ist die emotionale Erpressung, denn diese Attacke zielt auf Ihre Gefühle, und es ist schwer, da wirklich cool zu bleiben. Auf keinen Fall aber dürfen Sie solche Manöver dulden. Bleiben Sie sich selbst treu, also tun Sie, was Sie vorhatten, ohne sich zu recht­fer­ti­gen. Natürlich können Sie dif­feren­zieren, etwa wenn ein älterer Mensch Angst vor dem Alleinsein hat. Vielleicht finden Sie eine Möglichkeit, seinem Bedürfnis nach Nähe entgegen zu kommen, ohne sein Verlangen direkt zu erfüllen.

„Der Stänkerer ist der einzige Typ, bei dem ich ehrlich gesagt nicht für Gelassen­heit plädieren möchte, denn sein Verhalten ist nicht nur nervig, sondern es ist Gift für jedes gute Miteinander.“

Ruhe bewahren ist das A und O, wenn Sie es mit einem Choleriker zu tun haben. Das bedeutet aber keineswegs, dass Sie sich tot stellen, im Gegenteil, da rastet er vermutlich erst recht aus. Sie sollten sich nicht provozieren lassen, denn stark ist der, der souverän bleibt – und nicht brüllt. Ihre ruhige Stimme ist das passende Instrument, damit weisen Sie den Schreihals in seine Grenzen. Bleiben Sie höflich, aber hart, sagen Sie freundlich, dass Sie Türenknallen nicht möchten oder helfen Sie dem HB-Männchen wieder auf den Boden, indem Sie es fragen, was eigentlich genau los ist. Manchmal ist es vernünftig, wortlos den Raum zu verlassen oder einen Dritten zu einer Aussprache hinzu zu bitten.

„Je schwieriger Gesprächspartner und einzelne Situationen für Sie sind, desto mehr haben Sie die Chance, daraus zu lernen – über sich und über gute Kom­mu­nika­tion.“

Besondere Vorsicht ist geboten bei Menschen, die Sie klein machen, um Sie zu ma­nip­ulieren. Da hört der Spaß entschieden auf. Alar­mze­ichen sind, wenn Sie im Plauderton öffentlich bloßgestellt, als „für alles zu blöd“ beschimpft, Ihr bisheriges Leben und Ihre Pläne lächerlich gemacht werden und kleine Anlässe sofort einen Riesen­streit auslösen. Nehmen Sie solches Verhalten nicht auf die leichte Schulter, hier brauchen Sie pro­fes­sionelle Hilfe, denn es kann im Extremfall sogar zu körperlicher Gewalt führen.

Ruhig Blut – auch wenn der Gesprächspartner Sie aufregt

Das ist leicht gesagt, denn der notorisch Ne­un­malk­luge ist genauso schwer zu ertragen wie einer, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, der ständig gegen etwas oder jemanden hetzt, der hinter jeder Aussage ein psy­chol­o­gis­ches Problem wittert, der einem permanent ins Wort fällt oder immer noch eins obendrauf setzt. Lügner und Stänkerer verdienen unbedingt ein klares Stopp, denn deren Verhalten vergiftet jede Beziehung. Die anderen Nervensägen lassen Sie ins Leere laufen und ignorieren deren Textbeitrag. Trainieren Sie, sich wirklich durch nichts aus dem Konzept bringen zu lassen, indem Sie sich nämlich knallhart auf den Inhalt des Gesprächs anstatt auf emotionales Beiwerk konzen­tri­eren. Das zeichnet Sie dann als kon­struk­tiven und souveränen Gesprächspartner aus – und es schont Ihre Nerven!

Über die Autorin

Gitte Härter arbeitet seit über zehn Jahren als selbstständiger Coach und hat bereits zahlreiche Ratgeber zu Business-, Kom­mu­nika­tions- und Persönlichkeit­s­the­men verfasst, u. a. ist sie Mitautorin von Unschlagbar durch gutes Teamwork.