Jenseits von Afrika

Buch Jenseits von Afrika

New York, Kopenhagen, 1937
Diese Ausgabe: Manesse,


Worum es geht

Ein Traum von Afrika

Jenseits von Afrika ist ein Roman, eine Au­to­bi­ografie, eine Erzählungssamm­lung und eine völk­erkundliche Abhandlung in einem. Wer es als his­torisches Dokument des un­terge­gan­genen kolonialen Afrika liest, wird daraus Gewinn ziehen. Wer es als Emanzi­pa­tion­s­geschichte einer Frau zwischen Männern, einer Europäerin unter Afrikanern, einer Dänin unter Briten liest, ebenfalls. Als Zeugnis eines scheit­ern­den Versuchs der Annäherung an Afrika ist es rührend und ernüchternd zugleich. Als bilder­re­iche Selb­stin­sze­nierung einer Möchte­gern-Aris­tokratin ist es unangenehm entlarvend. Als lit­er­arischer Text ist es äußerst vielfältig und facetten­re­ich, oft skizzenhaft und lose gestrickt, aber im Ganzen stimmig. Es blitzen auch immer wieder Momente von poetischer Kraft und kluge Metaphern auf. Nicht zuletzt aber als his­torisches Dokument genießt das Buch zu Recht Klas­sik­er­sta­tus.

Take-aways

  • Jenseits von Afrika war Tania Blixens lit­er­arischer Durchbruch.
  • Inhalt: Tania Blixen verbringt 17 Jahre in der britischen Kolonie Ostafrika mit der Be­wirtschaf­tung einer Kaf­feeplan­tage. Fasziniert von Land und Leuten bemüht sich die Dänin permanent um Nähe und Un­mit­tel­barkeit, doch letztlich mit wenig Erfolg. Die Farm geht pleite, Freunde sterben, und schließlich muss sie ihr afrikanis­ches Abenteuer schweren Herzens beenden.
  • Blixen schrieb das Buch 1935/36 in Dänemark in zwei un­ter­schiedlichen Versionen (Dänisch und Englisch) und veröffentlichte es unter ver­schiede­nen Pseudonymen.
  • Es ist Au­to­bi­ografie, Roman, Geschicht­en­samm­lung und völk­erkundlicher Bericht in einem.
  • Das Buch ist nicht chro­nol­o­gisch, sondern thematisch aufgebaut.
  • Blixen ist hin und her gerissen zwischen Europa und Afrika, Fremdheit und Nähe, Her­ren­denken und Gastrolle.
  • Jenseits von Afrika un­ter­schei­det sich von der üblichen Kolo­nial­lit­er­atur durch Blixens Vorurteil­slosigkeit und Offenheit – als Dänin war die Autorin selbst Außenseiterin.
  • Der gle­ich­namige Film von 1985 hat nur am Rande mit dem Buch zu tun.
  • Schrift­steller wie Hemingway oder Truman Capote schätzten Jenseits von Afrika sehr.
  • Zitat: „Ich weiß ein Lied von Afrika (…). Weiß Afrika auch ein Lied von mir?“
 

Zusammenfassung

Eine lebenslange Lei­den­schaft beginnt

Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs besitzt Tania Blixen eine Kaffeefarm in der britischen Kolonie Ostafrika. Das Hochland Kenias bietet für den Kaffeeanbau keine idealen Vo­raus­set­zun­gen. Doch die Ngong-Berge sind von einer einzi­gar­ti­gen, kargen Schönheit, die den Betrachter sofort gefangen nimmt. Auf der Farm leben viele Eingeborene mit ihrem Vieh. Als Bewohner der Farm sind sie der Eigentümerin zum Ar­beits­di­enst verpflichtet, sie dürfen dafür aber ein ihnen überlassenes Stück Land selbst be­wirtschaften. Blixen ist fasziniert von den Einge­bore­nen und hat vom ersten Tag an den Eindruck, hierher zu gehören. Die Einge­bore­nen, vor allem die auf der Farm lebenden Kikuyu, faszinieren die Dänin. Das Wesen der Kikuyu ist ihr fremd, doch unmittelbar sympathisch. Die Kikuyu sind unzuverlässig, aber ehrlich; sie verstellen sich und sind scheu, doch man kann Selb­st­sicher­heit von ihnen lernen; sie sind geduldig und eins mit ihrem Land. Doch bei aller Sympathie fühlt Blixen die Kluft, die sie von den Einge­bore­nen trennt. In ihrem Farmhaus in den Ngong-Bergen fühlt sie sich trotz der Ver­bun­den­heit mit den Kikuyu und den Somali, zu denen ihr Diener Farah gehört, oft einsam.

„Ich hatte eine Farm in Afrika am Fuß des Ngong-Gebirges.“ (S. 7)

Eines Tages begegnet sie bei einem Ausritt dem Kikuyu-Jun­gen Kamante, der Ziegen für seine Familie hütet. Der Junge hat nässende Wunden an seinen Beinen, und Blixen bestellt ihn zu sich, um ihn zu behandeln. Für eine Woche kommt er täglich zum Farmhaus, wo Blixen regelmäßig eine Sprech­stunde für ihre einge­bore­nen Arbeiter abhält. Sie ist zwar keine Ärztin, genießt jedoch den Ruf einer Heilerin. Als sie merkt, dass sie Kamante nicht helfen kann, schickt sie ihn in die schottische Mission, in der sich ein Hospital befindet. Drei Monate wird er dort behandelt, danach kehrt er geheilt zurück ins Farmhaus. Er teilt seiner Retterin mit, er sei zum Christentum konvertiert, und wird, wie selbstverständlich, Teil des Haushalts. Bald schon ist er Küchengehilfe, nach dem Tod des Kochs wird er dessen Nachfolger. Kamante entwickelt ein er­staunliches Talent für das Kochen und erhält eine Ausbildung im nahe gelegenen Nairobi. Sein Genie begeistert alle Gäste des Hauses bis hin zum Prinzen von Wales. Obwohl er seine Küchenkreatio­nen nie selbst isst, wird Kamante zum Meister seines Fachs und arbeitet zwölf Jahre lang für Blixen.

„Nach allen Seiten war die Aussicht weit und unendlich. Alles in dieser Natur strebte nach Größe, Freiheit und hohem Adel.“ (S. 8)

In einem trockenen Jahr beginnt sie zu schreiben – zunächst nur in den Abend­stun­den, dann ganze Tage lang, um sich vor Entschei­dun­gen zu drücken, die angesichts der Dürre notwendig werden. Die Einge­bore­nen verfolgen Blixens Bemühungen, ein Buch zu schreiben, mit großem Interesse, während die Kinder sich von einer Kuckucksuhr begeistern und erschrecken lassen, die im Farmhaus an der Wand hängt. Blixen stellt fest, dass die Einge­bore­nen mit ihren Religionen wesentlich prag­ma­tis­cher umgehen als die Europäer.

Von Christen, Dänen und Antilopen

Das Christentum hat in Afrika zum Teil einen schlechten Ruf, weil sich die Missionare der un­ter­schiedlichen christlichen Kon­fes­sio­nen gegenseitig nicht re­spek­tieren. Dass Kamante sich tatsächlich von der Religion der Kikuyu ab- und dem Christentum zugewandt hat, erkennt Blixen daran, dass er sich nicht mehr, wie die anderen Mitglieder seines Stammes, weigert, Tote zu berühren. Die Leiche des alten Knudsen, eines blinden Dänen, der auf der Farm seinen Lebensabend verbracht hat und dort nach einem Herzanfall gestorben ist, ist kein Schrecken für Kamante. Knudsen, ein ehemaliger Seefahrer, Haudegen und Abenteurer, hat zu Lebzeiten den Alltag auf der Farm bereichert, denn mit ihm konnte die Hausherrin sich in ihrer Mut­ter­sprache unterhalten und große Pläne schmieden.

„Wie Kamante aus der Steppe in mein Haus gekommen war, so kam Lullu aus dem Wald.“ (S. 110)

Auf einer Fahrt nach Nairobi sieht Blixen ein paar Kinder, die ein gefundenes An­tilopenkitz zum Kauf anbieten. Sie nimmt das Tier bei sich auf und nennt es Lullu. Die kleine Antilope wird schnell zum Star. Blixen ist verliebt in das bezaubernde und kokette Geschöpf. Es wächst im Haus auf, bis es eines Tages ver­schwindet. Als Blixen schon glaubt, Lullu sei in der Wildnis getötet worden, bringt Kamante ihr die Nachricht, dass die Antilope wieder da sei – und zwar mit einem An­tilopen­bock. Lullu ist weiterhin ein ständiger, aber jetzt zurückhaltender Gast, auch als sie im folgenden Jahr mit einem eigenen Kitz zu Besuch kommt. Sie stellt die Verbindung zwischen Zivil­i­sa­tion und Wildnis her und verwischt die Grenze zwischen Farm und Landschaft. Die Jahre, in denen Lullu Kontakt zu den Menschen auf der Farm hält, sind für Blixen ihre glücklichsten in Afrika.

Ein Schuss und seine Folgen

An einem Abend im Dezember hört Blixen einen einzelnen Schuss. Kurz darauf erfährt sie, dass der siebenjährige Kabero auf der Farm ihres Nachbarn im Spiel un­ab­sichtlich zwei seiner Freunde angeschossen hat. Am Tatort bietet sich Blixen ein Bild des Grauens. Sie lädt die verwundeten Kinder in ihr Auto und bringt beide ins Hospital nach Nairobi. Einer der Jungen stirbt auf der Fahrt, der andere ist schwer verletzt, sein Gesicht verun­stal­tet. Blixen lässt den verletzten Jungen in der Obhut des Hospitals. Am folgenden Tag hat sich eine Ältesten­runde der Kikuyu vor dem Haus eingefunden, um über eine Entschädigung der betroffenen Familien zu debattieren. Denn anders als in Europa geht es in Afrika nicht um Schuld­be­weis und Bestrafung, sondern um Ve­r­ant­wor­tung und Wiedergut­machung durch Sachwerte. Kaninu, der wohlhabende Vater des geflüchteten Todesschützen, sieht sich ver­schiede­nen Forderungen ausgesetzt. Jogona, der Vater des getöteten Jungen, soll gemäß der Beratung 40 Schafe von Kaninu erhalten. Die Familie des verletzten Jungen wartet noch ab.

„Ich weiß ein Lied von Afrika, dachte ich, von den Giraffen und vom afrikanis­chen Neumond, der auf dem Rücken liegt, von den Pflügen auf dem Acker und von den ver­schwitzten Gesichtern der Kaffeepflücker. Weiß Afrika auch ein Lied von mir?“ (S. 135 f.)

Wenige Tage später sieht sich Jogona mit Ansprüchen von Verwandten aus einem Nachbarort kon­fron­tiert: Sie wollen an der Entschädigung teilhaben, da der getötete Junge von Jogona nur adoptiert worden war und ursprünglich zu ihrer Sippe gehört hatte. Blixen verfasst eine Erklärung für Jogona, mit der dieser den Polizeipräsidenten überzeugen kann, die Klage seiner Verwandten abzuweisen. Stolz verwahrt Jogona das Schriftstück in einer eigens ange­fer­tigten Tasche an seinem Körper. Das geschriebene Wort bedeutet für die Kikuyu eine unumstößliche Wahrheit, während das gesprochene Wort bezweifelt werden darf. Kabero, der Todesschütze, findet Zuflucht bei den be­nach­barten Massai. Er wird von einem reichen, kinderlosen Viehbe­sitzer adoptiert und findet viele Jahre später, als vollendeter Mas­saikrieger, den Weg zurück auf die Farm. Unterdessen hat sich der verletzte Junge erholt, und die Entschädigung wurde hinter dem Rücken des Ältestenrats geregelt. Aus Angst vor einem Fluch, den die Großmutter des Jungen aus­ge­sprochen hat, hat Kaninu zehn Schafe, eine Kuh und ein Kalb gezahlt. Über die Rechtmäßigkeit soll der Kikuyu-Häuptling Kinanjui entscheiden, der anlässlich der Verhandlung auf die Farm kommt. Seit Blixen ihn einst betrunken gemacht hat, verbindet die beiden ein besonderes Band. Kinanjui erscheint mit dem Auto und regelt allein durch seine stoische Anwesenheit den Prozess. Der Handel wird besiegelt.

Gäste aus allen Kulturen

Die Ngomas, rituelle Tanzver­anstal­tun­gen der Kikuyu, gehören zu den größten gesellschaftlichen Ereignissen. Bei einem dieser nächtlichen Tänze kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen Kikuyu und Massai, bei dem mehrere Menschen verletzt werden. Ein Massai wird heimlich auf der Farm versorgt, bis er, ohne sich zu bedanken, wieder in sein Dorf aufbricht. Im Lauf der Jahre kommen viele Gäste auf die Farm, darunter auch ein mus­lim­is­cher Geistlicher aus Indien. Blixen empfängt ihn mit großer Gast­fre­und­schaft. Mit der Frau ihres mus­lim­is­chen Dieners Farah und deren weiblichen Verwandten verbringt Blixen außerdem viele Abende mit gegen­seit­i­gen Erzählungen. Dabei bemerkt Blixen Parallelen zwischen den So­mali-Frauen und ihren eigenen weiblichen Vorfahren. Der alte Knudsen bringt mit allerlei Plänen – wie dem Aufbau einer Köhlerei, dem Anlegen eines Teiches und dem Aufbau einer Fischzucht – viel Schwung in den Alltag der Farm. Doch keiner der Pläne ist profitabel. Nach Knudsens Tod wird sein Leichnam nach Nairobi gebracht. Ein heftiges Gewitter sorgt für einen würdigen Abgang.

„Wir Europäer haben die Fähigkeit zur Mythen­bil­dung verloren und müssen uns mit dem begnügen, was die Vorzeit gesammelt und uns hin­ter­lassen hat. Doch die Gedanken der Afrikaner bewegen sich auf den alten dunklen Pfaden, leicht und natürlich.“ (S. 175 f.)

Eines Nachts bittet der Schwede Emmanuelson um Quartier auf der Farm. Er musste Nairobi verlassen und will zu Fuß durch das Mas­sai-Reser­vat nach Tanganjika. Blixen bewirtet ihn, betreibt Kon­ver­sa­tion über Theater und Wein und rüstet ihn für den weiteren Weg aus. Die häufigsten Gäste und wichtigsten Freunde von Blixen sind Denys Finch-Hat­ton und Berkeley Cole. Die beiden britischen Lords sind auch bei den Einge­bore­nen sehr geschätzt. Berkeley stirbt nach kurzer Krankheit, während Blixen in Europa ist. Bei ihrer Rückkehr scheinen ihr Land und Leute verändert. Denys Finch-Hat­ton wird ihr wichtigster Vertrauter. Er versorgt sie mit Wein und Musik, sie erzählt ihm Geschichten. Denys hat kein eigenes Haus, er zieht von Safari zu Safari und besucht die Farm häufig. Bei einer Ausfahrt erschießen Blixen und Denys zwei Löwen, auf der Farm zwei weitere. Die Raubkatzen hatten Rinder der Einge­bore­nen gerissen. Neben der Passion für die Jagd teilen Blixen und Denys auch die Liebe fürs Fliegen. Denys besitzt ein Flugzeug, mit dem Blixen die Schönheit des Landes von oben genießen kann.

Kurze Skizzen

Blixens Koch Esa flieht nach Nairobi, um der angedrohten Einberufung in die Armee zu entgehen. Blixen schießt einen Leguan wegen dessen schim­mern­der Haut. Doch das getötete Reptil schimmert nicht mehr. Mit ihrem Diener Farah diskutiert Blixen Shake­speare-Dra­men. In einer langen Safari während des Ersten Weltkriegs ist Blixen im Mas­sai-Reser­vat unterwegs, um die britische Armee zu unterstützen – ein Abenteuer, das sie geradezu berauscht. Sie nimmt Anteil an einem Fall, der in den Zeitungen für Aufsehen gesorgt hat: Ein Siedler hat seinen Diener geschlagen und eingesperrt, weil dieser unerlaubt sein Pferd geritten hat. Der Diener stirbt. Sein Herr wird zu nur zwei Jahren Haft wegen Körper­ver­let­zung verurteilt. Den Tod, so behaupten die sachverständigen Ärzte, habe der Geschlagene aus eigenem Wunsch gefunden. Esa, der nach dem Krieg zur Farm zurückkehrt, nimmt sich in fort­geschrit­tenem Alter noch eine zweite, junge Frau. Doch deren Verhalten erlebt er als Demütigung: Sie läuft ständig weg und sorgt schließlich dafür, dass er Gift nimmt und stirbt. Blixen sieht Europa und Afrika als getrennte Welten, die sich in un­ter­schiedlichen Epochen befinden und nicht zusam­menkom­men können. Sie erlebt ein Erdbeben als Erschütterung ihrer ganzen Welt, bedauert Giraffen auf ihrem Weg in den Hamburger Zoo, beherbergt einen erfolglosen Af­fen­forscher und kümmert sich um einen taubstummen Jungen.

Das Ende der Farm

Die Farm leidet unter einer Dürre und dem Verfall der Kaf­feep­reise. Blixen rutscht in die Ver­schul­dung. Der Anbau von Flachs scheitert. Als schließlich noch eine Heuschreck­en­plage die Farm heimsucht, bleibt Blixen nichts anderes übrig, als zu verkaufen. Obwohl ihr klar ist, dass es kein Zurück mehr gibt, lebt sie die letzten Monate ihres Aufenthalts in der Illusion, bleiben zu können. Aber sie hofft vergeblich auf ein Wunder. Blixen fühlt, wie sich das Land von ihr trennt, nachdem der Verkauf beschlossen ist. Dann stirbt auch noch Kinanjui. Ein Rind hat ihn am Ober­schenkel verletzt; der stolze König liegt sterbend auf seinem Bett. Sein letzter Wunsch ist, dass Blixen ihn auf ihre Farm mitnehmen soll, statt dass er von den schot­tis­chen Missionaren ins Hospital gebracht wird. Blixen kann den Wunsch nicht erfüllen, denn ihr Haus gehört ihr schon nicht mehr. Kinanjui stirbt in der Mission und erhält ein unpassendes, europäisches Begräbnis.

„Falls die Einge­bore­nen Liebe oder Achtung für uns empfinden, dann auf die gleiche Weise, wie man Gott liebt – nicht weil wir etwas für sie tun, nein, deshalb bestimmt nicht, sondern weil wir etwas sind.“ (S. 214)

Seit einiger Zeit wirkt Denys geis­tesab­we­send. Er beschließt, zu einem Stück Land aufzubrechen, das ihm gehört, um Mangobäume zu pflanzen. Blixen wartet auf seine Rückkehr, doch Denys kommt nicht. Sie macht Besorgungen in Nairobi und hat böse Vorahnungen. Bei einem Abendessen erfährt sie, dass Denys mit seinem Flugzeug verunglückt ist. Er und sein Diener sind tot. Blixen bittet die Behörden um die Erlaubnis, Denys an ihrem gemeinsamen Lieblingsplatz in den Ngong-Bergen beisetzen zu dürfen. An einem Regentag bricht sie mit Freunden von Denys auf. Unter großen Mühen heben sie das Grab aus und senken den Sarg in die Erde. Blixen markiert das Grab, sodass sie es von ihrem Haus aus sehen kann. In den letzten Wochen ihres Aufenthalts ist sie oft dort. Später in Dänemark erfährt Blixen, dass das Grab oft von Löwen besucht wird.

„Die dunklen starrköpfigen Massai waren sowohl Aris­tokratie als auch Proletariat.“ (S. 337)

Blixen sitzt auf gepackten Koffern, muss aber noch den Verbleib ihrer Hunde und Pferde, ihrer Bücher und Hab­seligkeiten regeln. Sie überlässt alles Freunden und schenkt ihrem indischen Schmied zum Abschied einen Ring. Ihre Bitte um ein Zeichen wird erhört, als sie beobachtet, wie ein Hahn einem Chamäleon die Zunge abpickt. Blixen tötet die hilflose Echse und ergibt sich in ihr Schicksal. Unter Mithilfe einer Freundin regelt Blixen die An­gele­gen­heiten für ihre Leute, die umgesiedelt werden sollen. Sie erreicht, dass die Kikuyu ihr Vieh mitnehmen dürfen. Zum Dank bereiten die Alten einen Tanz, eine Ngoma, vor. Doch die Regierung hat die Tänze verboten. Bevor das Fest beginnen kann, ist es schon beendet – ein trauriger Abschluss. Die Stunde des Abschieds kommt. In Nairobi trifft Blixen noch einmal viele Freunde, die sie zurücklassen muss. Sie steigt in ihren Zug und blickt von der nächsten Station aus ein letztes Mal mit Farah zusammen auf die Ngong-Berge in der Ferne.

Zum Text

Aufbau und Stil

Jenseits von Afrika ist in fünf Abschnitte und insgesamt 53 Kapitel unterteilt. Die Erzählung ist nicht chro­nol­o­gisch aufgebaut, sondern folgt bestimmten the­ma­tis­chen Linien. Der Text zerfällt in zahlreiche Episoden, Anekdoten und Reflexionen von teils frag­men­tarischem Charakter. Viele Episoden überlagern sich, manches kommt mehrfach vor. Besonders der vierte Abschnitt („Aus dem Tagebuch einer Emigrantin“) ist sehr kleinteilig. In seiner Gesamtheit erweckt der Text den Eindruck einer Mischung aus Au­to­bi­ografie, Roman und Tagebuch. Über weite Teile beschäftigt sich das Buch mit der Beschrei­bung ein­heimis­cher Sitten und Gebräuche und erinnert hier auch im Ton an völk­erkundliche Schriften der Kolo­nialzeit. Sätze mit ve­r­all­ge­mein­ern­den Aussagen („alle Afrikaner“, „alle Einge­bore­nen“) sind sehr häufig. Abgesehen von vielen Zitaten, unter anderem aus der Bibel und aus Werken ver­schiedener skan­di­navis­cher und britischer Dichter, mit deren Hilfe Geschildertes überhöht wird, bewegt sich die Sprache zumeist im schlichten, anek­doten­haften Plauderton. Die Beschrei­bung von Landschaft, Tieren und Riten ist zum Teil in einer bilder­re­ichen Sprache verfasst. Zahlreich sind die Vergleiche zwischen Schwarz und Weiß, zwischen „ihnen“ und „uns“, sowie Parallelen, die zwischen Einge­bore­nen und Tieren gezogen werden.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Das Buch vermittelt eine neue europäische Sicht auf die kolonisierten Völker. Die Afrikaner werden nicht mehr ausschließlich als Masse, sondern auch als Individuen sichtbar gemacht.
  • Trotz der eu­rozen­trischen Perspektive wird der Tol­er­anzbe­griff der Aufklärung in diesem Buch global in­ter­pretiert. Die Einge­bore­nen sind keine zu mis­sion­ieren­den Massen, sie sind Menschen mit Eigen­schaften, die es zu re­spek­tieren und zu verstehen gilt. Blixens Buch sagt auch: Europäer und Afrikaner können voneinander lernen.
  • Das Buch ist unter anderem auch eine Kritik am modernen, technikgläubigen Europa, das Menschen, besonders die Kolonialvölker, nur noch in ihrem fi­nanziellen Ver­w­er­tungszusam­men­hang begreift. Afrikanis­che Plan­ta­ge­nar­beiter werden ebenso wenig als Menschen verstanden wie die Arbeiter in den Fabriken Europas. Den Gege­nen­twurf dazu bietet die afrikanis­che Perspektive: Maschinen, zum Beispiel Flugzeuge, gelten in Kenia nichts.
  • In Bezug auf die britische Herrscherk­lasse in Ostafrika befindet sich Blixen als Dänin und als alle­in­ste­hende Frau in einer doppelten Außen­seit­er­stel­lung. Dies macht ihre kritische Au­seinan­der­set­zung mit dem Kolo­nial­is­mus und einen vorurteils- und zweckfreien Blick auf die Einge­bore­nen erst möglich.
  • Das Haus in den Ngong-Bergen ist eine Begeg­nungsstätte für ver­schiedene afrikanis­che Stämme sowie für Weiße und Schwarze. Das Buch selbst erfüllt in seiner offenen Mosaikform eine ähnliche Funktion: die Integration ver­schiedener Formen und die Aufhebung von Gegensätzen.
  • Afrika erscheint als ein Kontinent im Rohzustand, vor dem Sündenfall der Tech­nisierung: ein Paradies, ein Ort lebendiger Mythen, ein Platz fernab zweck­o­ri­en­tierter Systeme.
  • Das Spiel mit den Identitäten, mit ver­schiede­nen Pseudonymen und mit den zwei Sprachen, in denen das Buch verfasst ist, spiegelt die Zer­ris­senheit der Autorin im Hinblick auf ihre Rolle in Afrika: Herrin oder Gast im Land, Kolo­nial­istin oder En­twick­lung­shelferin, Zugehörige oder Außenseiterin.

His­torischer Hintergrund

Die Kämpfe der Kikuyu

Das heutige Kenia war unter dem Namen Britisch-Ostafrika ab 1895 britisches Protektorat und ab 1920 britische Kronkolonie. Die Besiedlung des ke­ni­an­is­chen Hochlands durch Europäer, die dort lukrativen Anbau von Kaffee und Tee betrieben, verlief keinesfalls ohne Konflikte. 1921 gründeten un­zufriedene Kikuyu die Young Kikuyu Association als Sprachrohr gegen die immer weiter vo­ran­schre­i­t­ende Landnahme weißer Siedler in Kenia. Nach der Festnahme ihres Führers Harry Thuku kam es 1922 zu schweren Auss­chre­itun­gen in Nairobi, bei denen britische Sicher­heit­skräfte mehr als 20 Demon­stran­ten erschossen – ein Ereignis, das weltweit für Aufsehen sorgte und auch in England heftige Kritik auslöste.

1924 gründete sich eine Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tion, die Kikuyu Central Association (KCA). Doch auch deren Aktivitäten konnten das Sied­lung­spro­gramm der britischen Regierung nicht eindämmen. Im Rat der britischen Kronkolonie saßen immer mehr Vertreter der Siedler, deren politische Macht mit ihrer ökonomischen Macht wuchs. Die Zahl der indischen und arabischen Vertreter im Rat wurde dagegen immer weiter reduziert, obwohl auch diese Bevölkerungs­grup­pen in Kenia sehr stark vertreten waren.

Die Besiedlung ging vor allem auf Kosten der Kikuyu (rund 1 Million) und der Massai, deren Land sich auch durch das stetige Wachstum der Metropole Nairobi weiter verklein­erte. Die KCA existierte bis zu ihrem Verbot 1940. In den 1950er-Jahren erlebte das Land mit der sogenannten Mau-Mau-Re­bel­lion ein blutiges Kapitel der an­tikolo­nialen Be­freiungskriege. Die britische Armee schlug den Aufstand zwar nieder, musste in der Folge aber 1963 die Kolonie in die Unabhängigkeit entlassen. Erster Staatspräsident von Kenia wurde Jomo Kenyatta, der ab 1926 Gen­er­alsekretär der KCA war.

Entstehung

Nach einem fast 17-jährigen, mehrfach un­ter­broch­enen Aufenthalt in Kenia kehrte Tania Blixen 1931 ins heimatliche Dänemark zurück. Ihr Plan, eine Kaffeefarm in Afrika mehr oder weniger im Alleingang zu be­wirtschaften, war gescheitert. Sie war nun geschiedene Baronin, erfolglose Geschäftsfrau und Landwirtin, doppelte Emigrantin und Gele­gen­heitss­chrift­stel­lerin. Das Schreiben in ihrem Elternhaus, wohin sie nach ihrem Afrika-Aben­teuer reumütig zurückkehrte, wurde nun mehr und mehr zu ihrem Lebensin­halt.

Blixens erste Buchveröffentlichung Seven Gothic Tales (1934) hatte ihr bereits einigen Erfolg in Dänemark und England eingebracht. 1935/36 schrieb sie ihre Erin­nerun­gen an Afrika auf Englisch und Dänisch nieder. Den ersten Abschnitt, der später Kamante und Lullu heißen sollte, verfasste Blixen zunächst auf Dänisch. Andere Teile schrieb sie in der Erstfassung auf Englisch. Sie übersetzte einzelne Teile von der jeweils einen in die andere Sprache, sodass parallel zwei Versionen entstanden, die keine kon­se­quenten, durchgängigen Überset­zun­gen darstellen.

1937 erschien das Buch zunächst in der englischen Fassung als Out of Africa unter dem Pseudonym Isak Dinesen. Im selben Jahr wurde die dänische Version Den afrikanske Farm unter dem Namen Karen Blixen publiziert. Die deutsche Erstausgabe (auf Grundlage der englischen Fassung) erschien 1938, betitelt als Afrika, dunkel lockende Welt und unter dem Namen Tania Blixen, da der deutsche Verleger Bedenken wegen des jüdisch klingenden Namens Isak hatte.

Wirkungs­geschichte

Die zwei Versionen des Buches erfuhren zwei völlig un­ter­schiedliche Reaktionen: Während die dänische Presse Den afrikanske Farm weitgehend verriss, feierten die britische und die amerikanis­che Presse Out of Africa. Namhafte Schrift­steller bewunderten Blixens Buch. Truman Capote bezeichnete es als „eines der schönsten Bücher unseres Jahrhun­derts“, Ernest Hemingway bedauerte 1954, als er den Lit­er­aturnobel­preis ent­ge­gen­nahm, dass ihn nicht Blixen für ihr Afrika-Buch erhalten hatte, J. D. Salinger ließ seinen Helden in Der Fänger im Roggen Sympathie für Blixen und Out of Africa bekunden.

Obwohl die meisten Leser das Buch auch als Kritik am britischen Kolo­nial­is­mus verstanden, gab es immer wieder Vorwürfe gegen Blixen, sie habe sich nicht ausreichend von eu­rozen­trischem Her­ren­denken distanziert. Die Vorwürfe kamen vor allem aus Dänemark und Afrika. Blixen selbst hat diese Kritik deutlich zurückgewiesen. Mit Sidney Pollacks Oscar-prämiertem Film Out of Africa von 1985 (der sich mehr auf die Blixen-Bi­ografie von Judith Thurman als auf das Buch stützt), erlebte die Geschichte von der Farm in Afrika, mit Meryl Streep und Robert Redford in den Hauptrollen, ihren größten Pub­likum­ser­folg.

Über die Autorin

Tania Blixen wird als Karen Christentze Dinesen am 17. April 1885 in Rung­st­ed­lund bei Kopenhagen geboren. Ihr Vater ist Offizier und Autor, ihre Mutter stammt aus einer wohlhaben­den Kauf­manns­dy­nas­tie. Als Karen zehn Jahre alt ist, begeht ihr mit Syphilis infizierter Vater Selbstmord. Ab 1903 studiert sie Kunst in Kopenhagen, Paris und Rom, schreibt erste Erzählungen und Gedichte unter dem Pseudonym Osceola – das erste von mehreren Pseudonymen, die sie im Lauf ihres Lebens annimmt. Sie verliebt sich in den schwedis­chen Baron Hans Blixen-Fi­necke. Als dieser sie abweist, verlobt sie sich mit seinem Zwill­ings­bruder Bror. Nach dem Kauf einer Kaf­feeplan­tage in Kenia zieht das Paar nach Afrika und heiratet 1914 in Mombasa. Bror hat keinerlei Talent zum Farmer, er nimmt an Safaris teil und betrügt seine Frau. 1915 infizieren sich beide mit Syphilis. Karen wird an den Folgen einer Behandlung mit Quecksilber ihr ganzes Leben lang leiden. Während ihrer 17 Jahre in der britischen Kolonie Ostafrika be­wirtschaftet sie die Farm und hat eine Beziehung mit dem britischen Großwildjäger Denys Finch-Hat­ton. Ihre Ehe wird 1925 geschieden. 1931 reist sie nach dem Konkurs der Farm zurück ins Elternhaus nach Dänemark. Hier beginnt sie, meist auf Englisch, unter dem Pseudonym Isak Dinesen zu schreiben. Ihre erste Veröffentlichung Seven Gothic Tales (1934) ist in England und den USA ein un­mit­tel­barer Erfolg. 1937 veröffentlicht sie ihre afrikanis­chen Lebenserin­nerun­gen unter dem Titel Out of Africa und etabliert sich damit als Schrift­stel­lerin. 1958 erscheinen die Schick­sals-Anek­doten (Anecdotes of Destiny) mit der er­fol­gre­ichen und später verfilmten Erzählung Babettes Fest (Babettes gæstebud). 1962 steht Tania Blixen auf der Shortlist für den Lit­er­aturnobel­preis, sie stirbt allerdings vor dessen Vergabe am 7. September 1962 in ihrem Elternhaus an den Spätfolgen ihrer Syphilis­erkrankung.