Human Capital strategisch einsetzen

Buch Human Capital strategisch einsetzen

Neue Wege zum Unternehmenserfolg

Luchterhand,
Erstausgabe:2010


Rezension

Mit Human Capital strategisch einsetzen bietet Peter Meyer-Fer­reira einen umfassenden Einblick in einen relativ neuen Ansatz im Per­sonal­man­age­ment. Er zeigt detailliert, wie die Mitarbeiter, strategisch eingesetzt, einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Wet­tbe­werb­svorteilen leisten können und welche Vo­raus­set­zun­gen dafür nötig sind. Aus seiner Sicht sollte das Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment direkt in die oberste Führungsebene eingebunden werden. Als Teil der Un­ternehmensstrate­gie, so der Autor, kann die Hu­man-Cap­i­tal-Strate­gie die Wet­tbe­werb­spo­si­tion des Un­ternehmens wirksam und nachhaltig verbessern. Nachteilig ist, dass das Buch nicht immer einer stringenten Systematik folgt und sich die Inhalte einiger Kapitel überlappen. Insgesamt aber ein gelungenes Werk, das mit einer Fülle von In­for­ma­tio­nen die Bedeutung eines strate­gis­chen Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ments vermittelt. BooksInShort empfiehlt es allen, die im Per­son­al­we­sen Ve­r­ant­wor­tung tragen und wissen wollen, wie dieser Bereich effektiver zum Un­ternehmenser­folg beitragen kann.

Take-aways

  • Die Hu­man-Cap­i­tal-Strate­gie ist Teil der Un­ternehmensstrate­gie.
  • Beim Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment können Mitarbeiter unter drei Per­spek­tiven betrachtet werden: als Kosten­fak­tor, Wertschöpfungspoten­zial oder Anspruchs­gruppe.
  • Ein strate­gis­ches Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment umfasst mehrere Leis­tungs­bere­iche: Strate­gieen­twick­lung, Sys­te­men­twick­lung, Beratung und Controlling.
  • Die Hu­man-Cap­i­tal-Sys­teme sollten auf das jeweilige Unternehmen zugeschnit­ten werden.
  • Das Hu­man-Cap­i­tal-Mar­ket­ing soll die besten Mitarbeiter kostengünstig rekrutieren.
  • Mit Com­pe­tence-Man­age­ment stellen Sie sicher, dass die für die Erreichung der Un­ternehmen­sziele er­forder­lichen Kompetenzen zur Verfügung stehen.
  • Das Per­for­mance-Man­age­ment sorgt für die optimale Nutzung des Wertschöpfungspoten­zials der Mitarbeiter.
  • Das Com­pen­sa­tion-Man­age­ment kann die Attraktivität des Un­ternehmens auf dem Ar­beits­markt und bei den Mi­tar­beit­ern erhöhen.
  • Die Hu­man-Cap­i­tal-Be­ratung ist eine Di­en­stleis­tung der Per­son­al­abteilung für das Gesam­tun­ternehmen oder für einzelne Geschäftsbereiche.
  • Das Hu­man-Cap­i­tal-Con­trol­ling stellt sicher, dass das Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment Wet­tbe­werb­svorteile schafft und Risiken für das Unternehmen vermeidet.
 

Zusammenfassung

Die Mitarbeiter als Kapital

Die Sichtweise auf die Mitarbeiter in Unternehmen hat sich im Lauf der Geschichte kon­tinuier­lich verändert. Oft wurden sie einfach als Kosten- oder Pro­duk­tions­fak­tor gesehen. In den 90er Jahren kam der Hu­man-Re­sources-Ansatz auf, bei dem man die Mitarbeiter als eine der Un­ternehmen­sres­sourcen betrachtete. Diesem Ansatz ist es aber nicht gelungen, die strate­gis­che Bedeutung der Mitarbeiter für den Un­ternehmenser­folg im Denken des Managements zu verankern.

„Ar­beits­beziehun­gen sind typische Aus­tauschbeziehun­gen. Die Mitarbeiter investieren ihr Hu­mankap­i­tal in ein Unternehmen und erhalten dafür eine ,Verzinsung‘.“

Abgesehen davon sind die Mitarbeiter auch weniger eine ver­brauch­bare Ressource als vielmehr eine Form des Kapitals, das dem Unternehmen zur Verfügung steht. Sie bilden das Human Capital (HC), das sie dem Unternehmen gegen entsprechende Vergütung – in Form von Gehalt und weiteren Neben­leis­tun­gen – für eine bestimmte Zeit zur Verfügung stellen. Im Bereich der Finanzwelt nennt man so etwas „Verzinsung“. Diese Perspektive führt zu einem weiteren wichtigen Aspekt: Die Mitarbeiter, als Hu­mankap­i­tal betrachtet, sollten ebenso wie etwa Fi­nanzmit­tel strategisch eingesetzt werden, wenn aus ihrem Beitrag ein echter Wet­tbe­werb­svorteil für das Unternehmen erwachsen soll. Diese strate­gis­che Ausrichtung verlangt nach einem sys­tem­a­tis­chen Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment (HCM).

„Wir versuchen, ein Hu­man-Cap­i­tal-Verständnis zu entwickeln, das HCM als Teil der Un­ternehmensführung begreift.“

Das Per­sonal­man­age­ment erfährt dadurch eine deutlich neue Ausrichtung. In Form von Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment ist es ein direkter strate­gis­cher Partner der Geschäftsleitung und wird in die Strate­gieen­twick­lung eingebunden. Zudem beinhaltet das HCM neue Aufgaben.

Drei Sichtweisen der Mitarbeiter

Es gibt drei Per­spek­tiven, unter denen die Mitarbeiter betrachtet werden können:

  1. Als Lieferanten von Ar­beit­sleis­tung und Kosten­fak­tor erbringen die Mitarbeiter eine Leistung, die auf dem Ar­beits­markt eingekauft (oder aber durch Au­toma­tisierung ersetzt) werden kann. Die Kosten, die dabei verursacht werden, gilt es möglichst niedrig zu halten. Dieser Sicht entspricht im HCM das strate­gis­che Hand­lungs­feld Per­for­mance-Man­age­ment.
  2. Als Wertschöpfungspoten­zial betrachtet erbringen die Mitarbeiter eine Leistung, die nicht problemlos vom Ar­beits­markt bezogen werden kann, sondern im Unternehmen gezielt entwickelt werden muss. Das entsprechende Hand­lungs­feld ist Com­pe­tence-Man­age­ment.
  3. Als Anspruchs­gruppe sind die Mitarbeiter sozusagen Investoren, die ihr eigenes Hu­mankap­i­tal ins Unternehmen einbringen. Diese Sichtweise kommt vor allem dann zum Tragen, wenn die Mitarbeiter die Wahl zwischen ver­schiede­nen Ar­beit­ge­bern haben und fürs Unternehmen gewonnen werden müssen. Hier kommt das HC-Mar­ket­ing ins Spiel.

Die Leis­tungs­bere­iche des HCM

Ursprünglich war das Per­sonal­man­age­ment vor allem mit ad­min­is­tra­tiven Aufgaben betraut. In den letzten Jahren wurde sein Bereich um mehrere Funktionen erweitert. Aus der Per­son­al­abteilung wurde das HR-Man­age­ment, das zunehmend den Un­ternehmenser­folg mit bee­in­flusste. Doch auch die Human Resources gehen in ihrer Funktion nicht darüber hinaus, die Geschäftsleitung zu unterstützen.

„Aufgabe des HCM ist es, sicherzustellen, dass aus in­di­vidu­ellen Fähigkeiten und Wissen wet­tbe­werb­sentschei­dende Un­ternehmen­skom­pe­ten­zen entstehen.“

Das Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment vereint vielfältigere Aufgaben und wird damit Bestandteil der Un­ternehmensführung: Es unterstützt eine Strategie nicht nur, sondern ermöglicht sie u. U. erst, etwa indem HCM bei der Po­si­tion­ierung des Un­ternehmens auf dem Ar­beits­markt oder beim Management der Kompetenzen mitredet. Natürlich gehört die tra­di­tionelle Per­son­alver­wal­tung auch zum HCM. Wenn es aber seine Aufgabe als Teil der Un­ternehmensstrate­gie erfüllen soll, kommt noch eine Reihe weiterer Leis­tungs­bere­iche hinzu: HC-Strate­gieen­twick­lung, HC-Sys­te­men­twick­lung, HC-Beratung und HC-Con­trol­ling.

HC-Strate­gieen­twick­lung

Ins­beson­dere in diesem Bereich ist das HCM strate­gis­cher Partner der Geschäftsleitung. Es muss die gesamthafte Situation des Un­ternehmens verstehen und analysiert, welchen Zustand das Unternehmen auf seinen Märkten vorfindet und was der HC-Bereich zur Stärkung der Wet­tbe­werbsfähigkeit beitragen kann.

„Excellence im Markt ist größtenteils das Ergebnis sorgfältiger Per­son­albeschaf­fung und -erhaltung. Beides ist Gegenstand des HC-Mar­ket­ings.“

Führen Sie zu diesem Zweck eine Umwelt­analyse durch: Erbringt das Unternehmen eine hochwertige Leistung für die Kunden, müssen Sie das Wertschöpfungspoten­zial der Mitarbeiter fördern und erhalten. Bieten Sie dagegen kostengünstige Produkte und Di­en­stleis­tun­gen an, muss eine möglichst effiziente Leis­tungser­bringung im Vordergrund stehen. Herrscht auf dem Markt ein Arbeitskräftemangel vor, gilt es, die bestmöglichen Mitarbeiter zu gewinnen. Erwartet der Finanzmarkt die Umsetzung eines vielver­sprechen­den Busi­ness­plans, sind erneut die Wertschöpfungspoten­ziale der Mitarbeiter ein kritischer Faktor. Bei einem Sanierungs­fall müssen Sie die Kosten­struk­tur im Bereich der Mitarbeiter verbessern. Hat das Unternehmen auf dem Beschaf­fungs- und Tech­nolo­giemarkt einen Kosten­nachteil gegenüber größeren Konkur­renten, müssen Sie ebenfalls Wege finden, die Kosten bei den Mi­tar­beit­ern zu senken. Wenn das Unternehmen vor allem von der Entwicklung neuer Tech­nolo­gien und In­no­va­tio­nen abhängig ist, müssen Sie die Kompetenzen der Mitarbeiter erhöhen.

„Durch die Auswahl der richtigen Mitarbeiter, ins­beson­dere in Man­age­ment­po­si­tio­nen, kann ein großer Teil des Un­ternehmenser­folgs erklärt werden.“

Nach der Umwelt­analyse untersuchen Sie, wie die interne Leistungsfähigkeit aussieht. Dabei geht es um in­di­vidu­elle Kompetenzen der Mitarbeiter, ihre Motivation und ihre Ver­hal­tensweisen, aber auch darum, ob die Prozesse und Strukturen im Unternehmen den Angestell­ten die bestmöglichen Rah­menbe­din­gun­gen für die Leis­tungser­bringung bieten.

„Oft findet sich der Fall, dass die Mitarbeiter trotz aus­re­ichen­der oder guter Fähigkeiten ihre Ziele nicht erreichen, nicht weil sie nicht wollen, sondern weil sie nicht dürfen.“

Basierend auf der externen und internen Analyse entwickeln Sie eine maßgeschnei­derte Hu­man-Cap­i­tal-Strate­gie. Die Leitung des HC-Bereichs fungiert dabei als strate­gis­cher Partner der Un­ternehmensführung.

HC-Sys­te­men­twick­lung

Dieser Leis­tungs­bere­ich wird meist in einem Com­pe­tence-Cen­ter mit entsprechen­den Spezial­is­ten zusam­menge­fasst. Bei der Entwicklung der HC-Systeme, die die Umsetzung der HC-Strate­gie unterstützen sollen, erliegen viele Ve­r­ant­wortliche der Versuchung, sich im Rahmen eines Best-Prac­tice-Ansatzes an anderen Unternehmen zu orientieren. Das bringt aber den Nachtteil mit sich, dass keine Systeme entwickelt werden, die über das Beste, was bereits existiert, hinausgehen. Und damit wird auch kein Wet­tbe­werb­svorteil geschaffen. Eine bessere Herange­hensweise ist der Best-Fit-Ansatz, also die Entwicklung von Systemen, die optimal an die externe und interne Situation des Un­ternehmens angepasst sind. Die HC-Systeme im Einzelnen:

  • Mittels HC-Mar­ket­ing versuchen Sie, das Image des Un­ternehmens (im Sinne eines Employer Brand) auf dem Markt sys­tem­a­tisch zu verbessern und es für potenzielle Mitarbeiter attraktiv zu machen. Auch die Pflege der Beziehungen zu den Mi­tar­beit­ern sowie zu Mi­tar­beit­er­vertre­tun­gen wie Betriebsräten oder Gew­erkschaften gehört zum Auf­gaben­bere­ich. Zudem ermittelt dieses System den jeweiligen Per­son­albe­darf und sucht nach Möglichkeiten, neue Mitarbeiter möglichst effektiv und kostengünstig zu rekrutieren.
  • Beim Com­pe­tence-Man­age­ment geht es darum, die Un­ternehmen­skom­pe­ten­zen zu planen und zu steuern. Ihr vorrangiges Ziel muss die Erhöhung der Gesamtkom­pe­tenz des Un­ternehmens sein. Die Grundlage dafür liegt in den in­di­vidu­ellen Kompetenzen der Mitarbeiter. Deren Effektivität erhöhen Sie durch Team- und Or­gan­i­sa­tion­sen­twick­lung sowie durch Wis­sens­man­age­ment. Das Com­pe­tence-Man­age­ment ist für die Kom­pe­tenzbe­darf­s­pla­nung zuständig und muss sich­er­stellen, dass die Kompetenzen, die für die Erreichung der strate­gis­chen Ziele notwendig sind, zur Verfügung stehen. Mithilfe von Wis­sens­man­age­ment sorgen Sie für den Erwerb des er­forder­lichen Wissens. Dabei gilt es vor allem, zukünftige Wissensengpässe zu vermeiden.
  • Ziel des Per­for­mance-Man­age­ments ist es, den Anteil, den die Mitarbeiter zur Gesamtleis­tung des Un­ternehmens beitragen, zu optimieren. Diese Leis­tungss­teuerung zielt zwar auf die in­di­vidu­ellen Mitarbeiter, Sie müssen aber auch für entsprechende leistungsfördernde Rah­menbe­din­gun­gen sorgen. Das heißt etwa, dass Sie die notwendigen Ressourcen bere­it­stellen und die Mitarbeiter unterstützen. Vor allem aber müssen Sie ihnen die Freiräume geben, die sie brauchen, um ihre Kompetenzen voll einbringen zu können. Die Un­ternehmens- und Führungskul­tur spielt hierfür eine zentrale Rolle.
  • Beim Com­pen­sa­tion-Man­age­ment geht es darum, bestehenden und poten­ziellen Mi­tar­beit­ern ein möglichst attraktives Paket an Gegen­leis­tun­gen dafür zu bieten, dass sie sich dem Unternehmen als Hu­mankap­i­tal für eine bestimmte Zeit zur Verfügung stellen. Dazu gehören neben einem Grundgehalt oft auch Bonuszahlun­gen und Neben­leis­tun­gen. Ein gut durch­dachtes Ent­loh­nungssys­tem kann wesentlich zur positiven Po­si­tion­ierung des Un­ternehmens auf dem Ar­beits­markt beitragen und die Mitarbeiter zu hohen Leistungen motivieren. Daneben kann es auch der Ver­hal­tenss­teuerung dienen: Wenn Verkäufer z. B. nur über eine Kommission entlohnt werden, neigen sie eher dazu, sich dem Kunden gegenüber auf­dringlich oder sogar unehrlich zu verhalten.

HC-Beratung

Die HC-Beratung steht dem Gesam­tun­ternehmen oder einzelnen Geschäfts­bere­ichen bei der Lösung von Problemen zur Verfügung, die den HC-Bereich tangieren. Die Be­ratung­spro­jekte sind fallbezogen und zeitlich begrenzt: Man arbeitet zusammen, bis eine Lösung gefunden ist. Eine qualitativ hochwertige Beratung wird meist nur von erfahrenen HCM-Fach­leuten durchgeführt. Richtig gehandhabt sollte die Beratung aber nicht nur als gele­gentliche Feuerwehr funk­tion­ieren: Es sollte ein Ver­trauensverhältnis zu den internen Kunden aufgebaut werden, sodass das Know-how der Berater öfter abgefragt wird und sie dadurch einen höheren Beitrag zum Un­ternehmensergeb­nis leisten können.

HC-Con­trol­ling

Beim HC-Con­trol­ling geht es darum, die Aktivitäten des HCM transparent zu machen und zu überprüfen, dass sie zur Erreichung der Un­ternehmen­sziele beitragen und die Wet­tbe­werb­spo­si­tion stärken. Gle­ichzeitig gilt es, Wet­tbe­werb­snachteile zu iden­ti­fizieren und potenzielle Risiken für das Unternehmen rechtzeitig zu erkennen. In diesem Sinne spielt das HC-Con­trol­ling eine strate­gis­che Rolle. Wichtig ist dabei, dass Sie die er­fol­gsentschei­den­den Kennzahlen ermitteln. Das Endziel ist, sicherzustellen, dass das HCM dem Unternehmen tatsächlich Wet­tbe­werb­svorteile verschafft.

 

Über den Autor

Peter Meyer-Fer­reira ist Gründer und Leiter des Zentrums für Hu­man-Cap­i­tal-Man­age­ment an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wis­senschaften in Winterthur.