Es ist nie zu spÀt, erfolgreich zu sein

Buch Es ist nie zu spÀt, erfolgreich zu sein

Ein lösungsfokussiertes Programm fĂŒr Coaching von Organisationen, Teams und Einzelpersonen

Carl-Auer,


Rezension

Wer etwas verĂ€ndern will, muss an sich und seinen Erfolg glauben. Die permanente BeschĂ€ftigung mit Problemen unterhöhlt die Motivation; die Fokussierung auf Lösungen gibt dagegen einen En­ergi­eschub und erhöht damit die Wahrschein­lichkeit, dass der ersehnte Erfolg auch tatsĂ€chlich Wirk­lichkeit wird. Wie man das macht, erlĂ€utern die Autoren sehr verstĂ€ndlich, in einem leicht umsetzbaren Zwölf-Punkte-Plan. Ob’s wirklich funk­tion­iert? Da hilft nur aus­pro­bieren. Das Buch bietet allerdings weniger Hilfe zur Selbsthilfe, sondern richtet sich in erster Linie an Coaches und Therapeuten. Gele­gentlich wĂ€ren gerade fĂŒr diese Zielgruppe etwas konkretere An­wen­dungs­beispiele wĂŒnschenswert, außerdem ist die Übersetzung aus dem Englischen manchmal etwas holprig. BooksInShort empfiehlt das Buch wegen der Klarheit des Konzepts dennoch allen Beratern, die mit ihren Klienten einen ĂŒbersichtlichen Plan zur VerĂ€nderung entwickeln möchten – und allen VerĂ€nderungswilli­gen, die sich einmal im Selb­st­coach­ing versuchen wollen. Denn auch fĂŒr sie bietet das Buch viel Aufbauendes.

Take-aways

  • Nur wenn wir richtig motiviert sind, können wir unsere Ziele erreichen.
  • Reteaming ist ein Zwölf-Punkte-Plan, der diese Motivation aufbaut und fördert.
  • ZunĂ€chst entwickeln Sie als Coach mit dem Klienten eine umfassende Vision des optimalen Lebens. Daraus leiten Sie positiv formulierte Einzelziele ab.
  • Suchen Sie Helfer und fĂŒhren Sie dem Klienten den positiven Nutzen seines Ziels vor Augen.
  • WĂŒrdigen Sie bereits erzielte erste Ergebnisse und en­twick­el­ten Sie Bilder des Fortschritts.
  • Bringen Sie Ihren Klienten dazu, zu akzeptieren, dass der Weg zum Ziel schwierig werden kann.
  • Planen Sie die ersten konkreten AktivitĂ€ten und achten Sie dabei auf kleine, machbare Schritte.
  • Doku­men­tieren Sie Fortschritte und bereiten Sie Ihren Klienten auf RĂŒckschlĂ€ge vor.
  • Ist das Ziel erreicht, feiern Sie mit dem Klienten den Erfolg und danken Sie allen Helfern.
  • Leicht modifiziert, eignet Reteaming sich fĂŒr alle Arten von Zielen – vom Team­build­ing bis zur Trauer­ar­beit.
 

Zusammenfassung

Was ist Reteaming?

Wer etwas verĂ€ndern möchte – sei es eine Gruppe, sei ein Einzelner –, braucht den Willen und die Motivation, durchzuhal­ten und sein Ziel auch bei Schwierigkeiten nicht aus den Augen zu verlieren. Wir sind immer dann besonders motiviert, wenn wir

  • eigene, nicht fremde Ziele verfolgen,
  • das Ziel fĂŒr uns persönlich wertvoll ist,
  • wir zu­ver­sichtlich sind, dass wir das Ziel auch tatsĂ€chlich erreichen können,
  • Fortschritte erkennbar sind,
  • auf RĂŒckschlĂ€ge vorbereitet sind.
„Motivation aufzubauen ist der zentrale Aspekt von Reteaming.“

Reteaming ist eine Methode, die eine solche Motivation aufbaut. Es handelt sich um einen Zwölf-Punkte-Plan, der in vielen un­ter­schiedlichen Situationen, vom Team­build­ing ĂŒber Persönlichkeit­sen­twick­lung bis hin zu Or­gan­i­sa­tion­sen­twick­lung und Trauer­ar­beit eingesetzt werden kann. Durch die Fokussierung auf Lösungen statt auf Probleme weckt die Methode Hoffnung, macht op­ti­mistisch, regt die KreativitĂ€t an und verbessert die Kooperation. Kurz: Reteaming sorgt fĂŒr genau den lang anhaltenden Mo­ti­va­tion­ss­chub, der notwendig ist, um Ziele auch tatsĂ€chlich zu erreichen.

„Das Benennen eines Ziels, mit dem man arbeiten möchte, ist der wesentliche Punkt des Reteam­ing-Prozesses.“

Das sind die zwölf Stufen des Reteam­ing-Mod­ells:

1. Schritt: Visionen beschreiben

Dieser Schritt ist die Basis des gesamten Reteam­ing-Prozesses, denn ohne Visionen ist es unmöglich, Ziele zu entwickeln. Egal, ob Sie ein Einzel­coach­ing durchfĂŒhren, ob Sie die Zusam­me­nar­beit in einem Team verbessern oder einem Paar helfen möchten, Eheprobleme zu lösen: Entwerfen Sie mit Ihren Klienten ein möglichst de­tail­liertes, buntes und an­schauliches Bild vom positiven Zustand, den sie erreichen möchten. Leider ist dieser Punkt auch einer der schwierig­sten: Den meisten Menschen fĂ€llt dazu spontan nĂ€mlich nicht viel ein. Hier helfen nur HartnĂ€ckigkeit, Geduld und die richtige Fragetech­nik. Empfehlenswert sind Fragen nach Zukun­ftsvi­sio­nen „Stellen Sie sich vor, in einem Jahr wĂ€re alles besser: Wie wĂŒrde Ihr Leben dann aussehen?“ Ebenfalls bewĂ€hrt ist die Frage nach der Perspektive des außenstehenden Beobachters: „Stellen Sie sich vor, in einem Jahr wĂ€re alles perfekt. Was wĂŒrde Ihr bester Freund/Ihr Chef etc. wahrnehmen?“ Manchem fĂ€llt es auch leichter, Dinge zunĂ€chst in negativer Form zu formulieren („Ich will, dass die ewigen Stre­it­ereien aufhören“), um sie dann in einem weiteren Schritt in positive Ziele („har­monis­ches Miteinander“) umzu­for­mulieren. In Teams entstehen oft un­ter­schiedliche Visionen. Wenn die Gruppe sich im Laufe der Diskussion nicht auf einen gemeinsamen Nenner einigen kann, ist auch eine Weit­er­ar­beit auf Basis mehrerer Visionen möglich.

2. Schritt: Ziele festlegen

Visionen als Gesamt­bilder sind wichtig, doch erreichbar sind nur konkrete, einzelne Ziele. Im nĂ€chsten Schritt erstellen Sie deshalb mit Ihrem Klienten eine Liste konkreter Ziele, die er erreichen möchte. Von dieser Liste wird anschließend das Wichtigste ausgewĂ€hlt. Meist gelingt das sehr leicht, wenn nicht, wĂ€hlen Sie das Ziel, das den grĂ¶ĂŸten positiven Effekt auf die anderen Ziele hat. Möchte der Klient beispiel­sweise studieren, sich mit anderen Wis­senschaftlern vernetzen und Englisch lernen, ist das Studium zu wĂ€hlen, weil man die anderen Ziele dadurch quasi „nebenher“ realisieren kann. Wichtig ist es, die Ziele positiv zu formulieren, also nicht „das NĂ€gelkauen beenden“, sondern „lernen, die NĂ€gel zu pflegen“. Jedes Ziel erhĂ€lt außerdem einen Namen und ein (Bild-)Symbol.

3. Schritt: Helfer suchen

Im nĂ€chsten Schritt mĂŒssen Personen gefunden werden, die das Vorhaben unterstĂŒtzen, sei es ideell oder durch konkrete Hilfen und Tipps. FĂŒhren Sie dem Klienten vor Augen: Nicht nur der UnterstĂŒtzte profitiert, sondern meist auch der Helfer selbst. Helfer bieten nicht nur Ermutigung in schwierigen Phasen. Die Einbindung Dritter verbessert auch den eigenen Ruf, wenn es sich herum­spricht, dass nun tatsĂ€chlich eine positive VerĂ€nderung eingetreten ist.

4. Schritt: Nutzen finden

Schreck­liche Kon­se­quen­zen, die uns drohen, wenn wir bestimmte Ziele nicht erreichen, wirken nicht motivierend, sondern ab­schreck­end. Statt dem ler­nun­willi­gen Kind all die furchtbaren Folgen eines Schu­la­b­bruchs auszumalen, sollten Sie ihm die VorzĂŒge einer abgeschlosse­nen Ausbildung aufzeigen. FĂŒhren Sie dem Coachee deshalb die positiven Auswirkun­gen seines Ziels vor Augen – auf ihn selbst und auf andere. Je mehr VorzĂŒge er an seinem Ziel entdeckt, desto attraktiver wird es und desto stĂ€rker wird seine Motivation.

5. Schritt: Erste Schritte wĂŒrdigen

Fast immer lassen sich bei einem VerĂ€nderung­sprozess schon die ersten Schritte in die gewĂŒnschte Richtung entdecken. Benennen Sie sie! Das zeigt Ihrem Klienten, dass er nicht am Nullpunkt steht, sondern sich bereits in die richtige Richtung bewegt. Das sorgt fĂŒr den nötigen Schwung, weitere Maßnahmen anzugehen.

6. Schritt: Weitere Fortschritte imaginieren

Im nĂ€chsten Schritt soll der Klient sich die weiteren Fortschritte auf dem Weg zum Ziel ausmalen. Obacht: Hier geht es nicht um anstren­gende und deshalb wenig mo­tivierende Planung einzelner Schritte. Vielmehr soll er an­schauliche Bilder entwickeln, wie der Fortschritt konkret aussehen wĂŒrde. Also nicht: „Was werden Sie nĂ€chste Woche tun?“, sondern: „Stellen Sie sich vor, in einer Woche hĂ€tten sich die Dinge ein wenig in die richtige Richtung bewegt. Was wĂ€re anders?“ Um es dem Coachee leichter zu machen, arbeiten Sie, Ă€hnlich wie bei der Entwicklung der Vision, mit ver­schiede­nen Techniken: Finden Sie etwa Beispiele fĂŒr die Fortschritte, oder bitten Sie den Klienten, sich vorzustellen, welche VerĂ€nderung Sie sehen wĂŒrden, wenn Sie die neue Situation auf Video sehen wĂŒrden, oder fragen Sie nach Anzeichen fĂŒr einen Fortschritt, die selbst Skeptiker umstimmen wĂŒrden. Manchmal hilft es auch, dem Klienten falsche Vorstel­lun­gen zu prĂ€sentieren, die er dann korrigieren wird. Der Clou an diesem Vorgehen ist, dass die konkreten nĂ€chsten Schritte durch diese de­tail­lierten Bilder quasi von selbst entstehen.

7. Schritt: Her­aus­forderun­gen annehmen

NatĂŒrlich ist es fĂŒr Ihren Klienten nicht einfach, sein Ziel zu realisieren – sonst hĂ€tte er es ja schon lĂ€ngst erreicht. FĂŒhren Sie ihm vor Augen, welche Schwierigkeiten und Her­aus­forderun­gen ihn auf dem Weg zum Ziel erwarten. Das bewirkt oft einen richtigen Mo­ti­va­tion­s­kick – es ist nun mal be­friedi­gen­der, etwas Schwieriges geschafft zu haben als etwas absolut Banales. In Gruppen ist das Benennen von Problemen wichtig, damit Skeptiker ihre Bedenken einbringen können. Dies sorgt dafĂŒr, dass sie VerĂ€nderungen nicht torpedieren. Nachdem Sie allen die Her­aus­forderung vor Augen gefĂŒhrt haben, machen Sie klar, warum sie zu meistern ist, denn: Schwierig heißt nicht unmöglich!

8. Schritt: Optimismus fördern

Wer an sich selbst glaubt, dem fĂ€llt es leichter, bei der Stange zu bleiben. Jeder wird op­ti­mistis­cher, wenn er sich vor Augen fĂŒhrt, wie viele Probleme er in seinem Leben bereits erfolgreich gelöst hat. Überlegen Sie gemeinsam mit dem Klienten, welche zusĂ€tzlichen Ressourcen existieren, die beim Erreichen des neuen Ziels helfen könnten – egal ob es sich um BĂŒcher, Websites, Kontakte oder was auch immer handelt. Wenn Sie ein Team coachen, ist es außerdem hilfreich, allen die besonderen FĂ€higkeiten der einzelnen Mitglieder vor Augen zu fĂŒhren, um den Optimismus zu fördern.

9. Schritt: Versprechen geben

Jetzt bringen Sie Ihren Klienten dazu, aktiv zu werden. Er soll sich selbst, Dritten oder Ihnen, öffentlich oder geheim, das Versprechen geben, was er bis zum nĂ€chsten Treffen tun wird. Im Hinterkopf muss stets behalten werden, dass es sich um sehr kleine Schritte – Babyschritte – handelt, die auch wirklich umsetzbar sind. Also statt: „In die Bibliothek gehen und die Fach­lit­er­atur zum Thema lesen“, besser: „Her­aus­finden, wo die Bibliothek ist“. Da man Versprechen sich selbst gegenĂŒber leichter bricht, ist es besser, sie anderen Personen abzugeben.

10. Schritt: Fortschrittstage­buch fĂŒhren

Fortschritte werden oft nicht wirklich bemerkt oder in der Hektik des Alltags schnell vergessen. Sorgen Sie deshalb unbedingt dafĂŒr, dass der Coachee jeden noch so kleinen Fortschritt doku­men­tiert – egal ob in einem Tagebuch, einer Com­pu­t­er­datei oder wie auch immer. Das verschafft nicht nur das GefĂŒhl von Anerkennung, sondern sorgt auch dafĂŒr, dass leichter her­auszufinden ist, welche AktivitĂ€ten gut funk­tion­ieren.

11. Schritt: RĂŒckschlĂ€ge vorbereiten

Kaum ein Ziel lĂ€sst sich ohne RĂŒckschlĂ€ge und Probleme erreichen. Umso wichtiger ist es, sich schon im Vorfeld darauf einzustellen, damit man nicht frustriert auf halbem Wege aufgibt. Wenn das Projekt bereits hakt und nicht mehr so recht vorangeht, helfen die folgenden Fragen: 1. Stimmt mein Ziel (noch)? 2. Stimmt die Vorge­hensweise? 3. Fehlen Ressourcen? 4. Sind Sie zu ungeduldig?

12. Schritt: Erfolg feiern

Ist das Ziel erreicht, ist es an der Zeit, allen zu danken, die geholfen haben, und den Erfolg zu feiern. Das Feiern hilft Ihrem Klienten dabei, seine eigenen Leistungen wahrzunehmen, sorgt dafĂŒr, dass die VerĂ€nderungen nachhaltig sind und sichert die UnterstĂŒtzung fĂŒr neue Projekte. Wenn Sie dabei die Leistung der anderen gebĂŒhrend anerkennen, vermeiden Sie außerdem viel Neid und Missgunst.

Reteaming unter speziellen Bedingungen

Manchmal ist die Last der Probleme so groß, dass positive AnsĂ€tze nicht gleich funk­tion­ieren. Doch Problem und Ziel sind zwei Seiten derselben Medaille: Setzen Sie also gegebe­nen­falls bei den Problemen an und formulieren sie diese in einem zweiten Schritt zu positiven Zielen um (Goaling). Bei der Grup­pe­nar­beit ist es zusĂ€tzlich hilfreich, ein so genanntes Jubelritual einzufĂŒhren. Es trĂ€gt, Ă€hnlich wie das Abklatschen im Sport, dazu bei, Erfolge gebĂŒhrend anzuerken­nen. Übrigens ist es sogar besser, wenn die Grup­pen­mit­glieder un­ter­schiedliche Ziele haben – das verhindert Konkurrenz und erleichtert die Kooperation.

„In den meisten FĂ€llen Ă€hnelt die Re­gen­er­a­tion einer Achter­bah­n­fahrt, bei der auf einen guten Tag zwei schlechte folgen können, und umgekehrt.“

Bei beruflichem Team­coach­ing ist die Ver­lauf­skon­trolle etwa durch Protokolle per E-Mail ein wichtiger Punkt – sonst gerĂ€t in der All­t­agshek­tik zu viel in Vergessen­heit. Speziell beim Team­build­ing nach stressigen Um­struk­turierun­gen ist der Einstieg ĂŒber das Thema Stress­reak­tio­nen in allgemeiner Form empfehlenswert. Anschließend können Sie die Gruppe dabei unterstĂŒtzen, die (stress­be­d­ingten) Probleme in Ziele umzu­for­mulieren. Erst danach beginnen Sie mit dem bekannten Zwölf-Punkte-Plan. Auch bei trau­ma­tisierten Menschen oder nach schlimmen Erfahrungen wie Unfall, Tod usw. ist die Frage nach einer positiven Zukun­ftsvi­sion zunĂ€chst wenig sinnvoll. Erst wenn quĂ€lende Fragen wie „Was habe ich falsch gemacht?“, oder „Warum gerade ich?“, beantwortet sind, kann der Klient wieder daran glauben, dass ĂŒberhaupt noch eine Zukunft vor ihm liegt. Erst dann kann der Reteam­ing-Prozess beginnen. Ganz wichtig dabei ist, zu akzeptieren, dass die Re­gen­er­a­tion ihre Zeit braucht und kein linearer Prozess, sondern ein stĂ€ndiges Auf und Ab ist.

Über die Autoren

Der Psychiater Ben Furman und der Sozialpsy­chologe Tapani Ahola leiten gemeinsam das Helsinki Brief Therapy Institute. Beide haben langjĂ€hrige Erfahrung als Berater und haben ver­schiedene BĂŒcher zum Thema lösungs­fokussierte Kom­mu­nika­tion veröffentlicht, darunter Twin Star – Lösungen vom anderen Stern.