Irrtum Nummer 1: Loyalität ist teuer.
Die Einführung eines loyalitätsbasierten Managements ist nicht billig. Das Unternehmen muss in erheblichem Masse und über einen längeren Zeitraum investieren. Und diese Investitionen machen sich erst nach zwei bis fünf Jahren bemerkbar. Dann aber so stark, dass die Investitionen im Vergleich zum Erfolg lächerlich sind. Loyale Kunden kaufen nicht nur häufiger, sie kaufen auch zusätzliche Produkte ein. Der steigende Wohlstand des Kunden spielt ebenso eine positive Rolle wie der steigende „Share of Wallet“. Bestehende Kunden müssen zudem nicht mehr neu geworben werden, was die Kundengewinnungskosten massiv reduziert. Ausserdem erhöhen loyale Kunden auch die Mitarbeiterloyalität.
Irrtum Nummer 2: Loyalität bedeutet Kundenbindung.
Kunden sollen nicht durch ein Monopol oder durch langjährige Verträge an ein Unternehmen gebunden werden, sondern freiwillig mit ihm Geschäfte machen. Gute Unternehmen mit überragenden Angeboten und ebensolchem Marketing können Menschen so sehr von einer Mission überzeugen, dass sie ein Sendungsbewusstsein entwickeln und andere für das Anliegen, das Produkt einnehmen können. Nicht Kundenbindung, sondern Partnerschaft ist anzustreben.
Irrtum Nummer 3: Kundenzufriedenheit ist gleichbedeutend mit Kundenbindung.
65-85 % der Kunden, die einem Anbieter den Rücken gekehrt haben, waren mit dessen Leistungen durchaus zufrieden. Zwei Drittel davon waren nicht einmal in der Lage, einen konkreten spezifischen Grund für ihren Wechsel anzugeben. Kundenzufriedenheit ist also nicht gleichbedeutend mit Kundenbindung, sondern nur eine Grundvoraussetzung dafür. Kunden sollen nicht einfach zufrieden, sondern begeistert sein.
Irrtum Nummer 4: Wenn die Konkurrenz die Preise senkt, geht die Loyalität zum Teufel.
Nicht der Preis ist entscheidend, sondern der Wert eines Produktes. Und der Wert setzt sich aus Faktoren wie Qualität, Service, Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Zusatzleistungen, Informationspolitik und allgemeines Ansehen eines Unternehmens zusammen. Fragen wie: „Wie wichtig ist das Produkt?“, „Was macht die Konkurrenz?“, spielen ebenso eine Rolle wie der Preis oder die Eigenschaften des Käufers.
Irrtum Nummer 5: Loyalität ist eine Marketingaufgabe.
Die alleinige Ansiedlung im Marketingbereich greift zu kurz. Damit ein Produkt nämlich hält, was die Werbung verspricht, muss der Loyalitätsgedanke sämtliche Unternehmensbereiche durchdringen: die Führungsspitze ebenso wie die Marketingabteilung und bis hin zu den Lagerhilfsmitarbeitern.
Irrtum Nummer 6: Der Kunde ist König (und hat immer Recht).
Unsere Anspruchsgesellschaft versteht nicht, dass ein Dienstleister eine Leistung erbringt, deren Gegenleistung Anerkennung, Bezahlung und Dank wäre.
Irrtum Nummer 7: Das Ziel ist hundertprozentige Kundenbindung.
Die meisten Unternehmen machen bis zu 80 % ihres Umsatzes mit nur 20 % ihrer Kunden. Etwa 30 % der mittleren Kundensegmente haben das Potenzial, zu Stamm- oder Top-Kunden zu werden. Der Rest ist eigentlich Ballast, der viel Geld kostet. Nichtkunden zu gewinnen ist am teuersten. Deshalb sollte das Hauptaugenmerk bei der Akquisition auf die Kunden mit nachweislichem Interesse an den Produkten des Unternehmens gelegt werden.
Irrtum Nummer 8: Im Internet gibt es keine Loyalität.
Obschon im E-Commerce der Konkurrent bloss einen Mausklick entfernt ist, sind die Voraussetzungen für Kundenbindung und Kundenbindungssysteme online nahezu optimal. Die Identifikation der Kunden und das Sammeln ihrer Daten und Einkaufspräferenzen sowie das Verfolgen ihrer Handlungsmuster kann im Internet automatisch erfasst werden. Von den strategischen Grundlagen her funktioniert Kundenbindung im Internet genauso wie in der realen Welt. Der Aufbau von hoher Kundenzufriedenheit, echten Begeisterungsfaktoren und einer persönlichen Beziehung zwischen Anbieter und Kunde führt zu einer starken Loyalität.
Irrtum Nummer 9: Loyalität bedeutet CRM (Customer Relationship Management).
Der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV) definiert CRM als „ganzheitlichen Ansatz zur Unternehmensführung. Er integriert und optimiert abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse in Marketing, Vertrieb, Kundendienst sowie Forschung & Entwicklung. Dies geschieht auf der Grundlage einer Datenbank mit einer entsprechenden Software zur Marktbearbeitung und anhand eines vorher definierten Verkaufsprozesses. Zielsetzung von CRM ist dabei die Schaffung von Mehrwerten auf Kunden- und Lieferantenseite im Rahmen von Geschäftsbeziehungen.“ CRM ist wohl geeignet, Prozesse innerhalb eines Unternehmens stärker am Kunden auszurichten, garantiert aber noch keine Kundenbindung oder Loyalität.
Irrtum Nummer 10: Eine Kundenkarte schafft Loyalität.
Kunden wandern nicht ab, weil sie keine Plastikkarte eines Unternehmens besitzen. Die Ursache liegt wohl eher beim mangelhaften Beschwerdemanagement, bei den unzureichenden Informationen, bei den nicht eingehaltenen Werbeversprechungen, bei der schlechten Erreichbarkeit ... Wenn aber bei den Kunden bereits eine hohe Grundzufriedenheit herrscht, können Kundenkarten durchaus zur Loyalitätssteigerung eingesetzt werden.
Tempel der Loyalität
Das loyalitätsbasierte Management ist ein Tempel. Er steht auf dem Fundament der strategischen Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Wünschen und Bedürfnissen der internen und externen Kunden. Seine Stabilität erhält er durch die organisationsinternen Strukturen und Prozesse. Über die Auswahl und den Einsatz geeigneter Instrumente und Programme gelangt man zu den Loyalitätssystemen. Eine loyalitätsbasierte Kultur bildet das Dach.
„Loyalitätsbasiertes Management baut auf den Grundlagen eines fairen Miteinanders auf.“
Formulieren Sie Ihre Unternehmensmission. Formulieren Sie qualitative und quantitative Ziele und verknüpfen Sie diese mit konkreten Umsetzungsstrategien. Die vier kritischen strukturellen Faktoren für loyalitätsbasierte Prozesse sind die Hierarchien eines Unternehmens, die Zugangswege für den Kunden, die Informationsstruktur und der Handlungsspielraum der Mitarbeiter. Die wichtigste Frage bei der Ausgestaltung der Prozesse innerhalb eines Unternehmens ist die, inwieweit diese sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden orientieren. Im loyalitätsbasierten Management sollten alle Bereiche auf die Erfüllung folgender Anforderungen hin überprüft werden: Flexibilität, Geschwindigkeit, Einfachheit, Ehrlichkeit und Menschlichkeit.
Instrumente
Die wesentlichen Instrumente des loyalitätsbasierten Managements besitzen eine ausgeprägte Ausrichtung auf die Begeisterungsfaktoren. Um die Schritte von der Kundenzufriedenheit über die Kundenbindung hin zur Loyalität zu machen, braucht es Flexibilität, Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Relevanz, Verlässlichkeit, Qualität und Zusatznutzen.
„Nach dem Pareto-Prinzip machen die meisten Unternehmen 80 % ihres Umsatzes mit nur 20 % ihrer Kunden.“
Aber nicht nur auf der Kundenseite, sondern auch auf der Mitarbeiterseite sind Begeisterungsfaktoren zu beachten: Menschlichkeit, Anerkennung, Gestaltungsräume, Entwicklung, Verdienst und Zusatznutzen sorgen für zufriedene Mitarbeiter.
Auf das Internet übertragen gelten ähnliche Faktoren wie in der nicht virtuellen Geschäftswelt: Grundzufriedenheit wird erreicht durch Information, Navigation, Geschwindigkeit, Sicherheit, Erhältlichkeit, Zuverlässigkeit und den Preis. Instrumente zum Aufbau von Wechselbarrieren sind z. B. Partnerprogramme, die Möglichkeit, Webseiten zu individualisieren, sowie Living Content und User Driven Content (Foren, Rezensionen, interaktiver Meinungsaustausch).
Loyalitätsprogramme
Durch die richtige Kombination der verschiedenen Instrumente zu Loyalitätsprogrammen eröffnet sich für Unternehmen der Zugang zu Loyalitäts-Systemen und damit zum loyalitätsbasierten Wachstumskreislauf. Die strategischen Ziele von Loyalitätsprogrammen sind Gewinnen, Entwickeln und Halten der richtigen Kunden. Um Kunden zu gewinnen, sind drei Phasen zu durchlaufen. In der ersten Phase geht es darum, auf sich aufmerksam zu machen. Zum Einsatz kommen in dieser Phase des Interruption-Marketings u. a. TV- und Radiowerbung, Anzeigen, Promotion, Bannerwerbung, Direct Mailing, Plakate.
„Kunden ‚binden’ im wahrsten Sinne des Wortes können Sie nur als Monopolist. Oder durch Erpressung.“
Das Ziel ist nicht unmittelbarer Verkauf, sondern die Kontaktaufnahme. In der zweiten Phase versorgt man die potenziellen Kunden via Broschüren, CD-ROMs, Newsletters mit allen Informationen, die sie brauchen.
Diese Phase folgt den Regeln des Permission-Marketings, das zum Ziel hat, dem Interessenten so vertrauenswürdig zu erscheinen, dass dieser es Ihnen gestattet, ein konkretes Angebot zu unterbreiten, oder dass er dazu bewegt wird, Sie persönlich kennen lernen zu wollen. Die dritte Phase ist das Interaction-Marketing. Hier lassen Sie den Interessenten das Produkt, die Leistungen und Vorteile selber erleben. Messen, Events, Seminare und Produktvorführungen können je nach Manpower und Budget durchgeführt werden. Erst an diese Phase schliesst sich der eigentliche Verkauf einer Leistung an.
„Das Preisimage eines Unternehmens kann sogar dazu führen, dass ein Unternehmen viele treue Kunden hat, die glauben, beim günstigsten Anbieter einzukaufen, und zwar völlig unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Annahme.“
Um die richtigen Kunden zu entwickeln, müssen diese zuerst identifiziert werden. Welche Kunden das Potenzial haben, zu Top- und Stammkunden zu werden, kann z. B. über das Clubmarketing oder über Bonusprogramme herausgefunden werden. Die wichtigsten Programme zur Bindung der Top- und Stammkunden sind dann One-to-One-Marketing, Bonusmarketing, Clubmarketing, Key-Account-Marketing und Added-Value-Marketing.
Kommunikation hält zusammen
Stellen Sie sich das Loyalitätssystem als Planeten vor, dessen äussere Hülle aus Kommunikation besteht, auf der Kunden und Mitarbeiter wandeln. Die Kommunikation hält den inneren Mantel zusammen, der aus Kernangeboten, Loyalitätsprogrammen und internen Anreizen besteht.
„Man müsste den Kunden einfach mehr Einfluss geben, und die Kundenzufriedenheit würde durch einen erweiterten Handlungsspielraum steigen.“
Die Kunden bewegen sich am liebsten über den Bereichen Kernangebote und Loyalitätsprogramme, während sich die Mitarbeiter überwiegend über dem Bereich interne Anreize befinden. Der Kern besteht aus Controlling und Entwicklung.
Die Corporate Culture ist eine dynamische, lernende Ansammlung von Verhaltenscodizes und Ritualen, die auf bestimmten Werten und Normen beruhen und die zwischenmenschliche Kommunikation im gesamten Unternehmen bestimmen. Die Corporate Culture erwächst aus der Corporate Identity, der strategischen Ausrichtung und dem Mission-Statement eines Unternehmens.
„Die genauen Absatzzahlen für einen Club im Voraus zu berechnen und auf Basis dieser Berechnungen entsprechende Kapazitäten bereitzustellen, gleicht immer einem Vabanque-Spiel.“
Auf dieser Unternehmensidentität basiert auch das Corporate Design. Die loyalitätsbasierte Kultur ist der Rahmen, in dem sich jeder Kunde, Mitarbeiter und Lieferant eines Unternehmens bewegen kann.