Flexibilisierung der Arbeit - was sie bietet
In unserer prozessbeschleunigten Zeit ergeben sich gerade bei den oftmals noch starren Strukturen des Faktors Arbeit weitreichende Möglichkeiten zur Flexibilisierung. Meist wird an dieser Stelle auf die Änderung der Arbeitszeit nach diversen Mustern hingewiesen. Doch ist das Spektrum weitaus grösser. Nehmen Sie zu der Dimension Zeit noch die finanzielle und räumliche Dimension hinzu und verbinden Sie diese nach den Möglichkeiten des eigenen Unternehmens. Auf diese Weise werden Sie sich klare Chancen und Vorteile für den Wettbewerb erspielen.
Das Ziel - direkte Vorteile für Ihr Unternehmen
Eine schnelle Reaktion bei geänderten betrieblichen Erfordernissen ist sicher von hohem Wert. Bei entsprechend organisiertem Handling der Ressource Arbeit ist diese schnelle Reaktion praktisch eingeplant. Sie können den Faktor Arbeit optimal anpassen, indem Sie beispielsweise Betriebs- und Maschinennutzungszeiten bei Bedarf mit geringer Verzögerung ausdehnen oder verringern. Die Produktivität erhöht sich, Kosten für den Faktor Arbeit werden reduziert. Bei Weitergabe an den Konsumenten in Form von gesunkenen Güterpreisen ergibt sich eine gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit durch erhöhte Nachfrage. Das Arbeitsvolumen nimmt zu, Neueinstellung von Personal ist somit sinnvoll.
Die Einflüsse und die Strategie
Fragen Sie sich, welche Umweltzustände auf Ihr Unternehmen einwirken. Hierzu gehören: konjunkturelle, technologische, soziodemographische, gesellschaftliche, wirtschaftspolitische und weltwirtschaftliche Einflüsse. Jetzt ist die quantitative und qualitative Anpassungsfähigkeit des Unternehmens gefragt, also die Flexibilität. Schaffen Sie hierfür ein flexibles Arbeitsmodell, und Sie haben eine Strategie, die Ihr Unternehmen fit macht für die Zukunft.
Innovative Flexibilisierung als Optimum
Wann gilt eine Flexibilisierung als innovativ? Ein Arbeitsmodell, das allen beteiligten Akteuren zugute kommt, stellt hier das Optimum dar. Ziel ist somit ein stabiles Unternehmen mit zufriedenen Beschäftigten und ohne negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Besser noch: Das Unternehmen kommt in die Lage, neue Arbeitsstellen anbieten zu können. Erreicht wird dies jedoch nicht über kurzfristige Massnahmen, die nur Engpässe überwinden sollen. Nein, es bedarf schon einer auf Dauer angelegten, proaktiven Strategie. Gefragt sind also nicht Improvisation und auch nicht blinder Aktionismus, sondern vorausschauende Massnahmen mit der Vorgabe, den betrieblichen Status quo tatsächlich und auf Dauer zu verbessern.
Die drei Dimensionen für die Strategie
Die bekannteste hiervon ist sicher die zeitliche Dimension. Bei der Arbeitszeit wird nochmals unterschieden zwischen der Dauer (Chronometrie) und der Lage (Chronologie) der Arbeitszeit. Die Dauer der Arbeitszeit beginnt mit der Definition des Arbeitstages bis hin zur jährlichen Arbeitszeit. Überstunden und Kurzarbeit werden hier festgelegt, ebenso werden die Länge der Ferien und die Pensionierungsgrenzen bewertet. Die Lage der Arbeitszeit bestimmt hingegen die Verteilung der Arbeitszeit auf Tag, Woche, Monat und Jahr. Sie können diese Betrachtung sogar auf die gesamte Erwerbstätigkeit eines Mitarbeiters ausdehnen. Einige bekannte Modelle zur Flexibilisierung der Arbeit sind: gleitende Arbeitszeit, Jahresarbeitszeit, Schichtarbeit, Teilzeitarbeit (hier u. a.: Job-Sharing), Arbeit auf Abruf, Sabbaticals (Langzeiturlaub mit Weiterbeschäftigungsgarantie) und schliesslich die flexible Pensionierung.
„Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, eine möglichst grosse Zahl verschiedener innovativer Flexibilisierungsstrategien zu beschreiben.“
Die finanzielle Dimension bezieht sich auf das Entlohnungssystem. Schaffen Sie monetäre Anreize, um den Leistungsbeitrag der Beschäftigten zu erhöhen. Nutzen Sie dieses System, um schnell auf wirtschaftliche Schwankungen reagieren zu können. Zum Fixlohn gesellt sich immer stärker der variable Lohn, basierend auf Leistung und Erfahrung sowie Erfolg. Arbeiten Sie hier auch mit Sonderprämien und Fringe-Benefits (gesetzliche, tarifvertragliche und unternehmensspezifische Sonderleistungen). Die Präsenz am Arbeitsplatz stellt zunehmend nur noch die Basis für ein flexibles Lohnsystem dar. Flexibilität und Motivation ergänzen sich in einem solchen System auf ideale Weise.
„Zur Erhöhung der Flexibilität eines betrieblichen Arbeitssystems stehen den Unternehmen verschiedene Flexibilisierungsoptionen zur Verfügung, die sich analytisch in eine zeitliche, eine finanzielle und eine räumliche Dimension differenzieren lassen.“
Mit der räumlichen Dimension entkoppeln Sie die Arbeit vom Standort des Arbeitgebers. Welche Tätigkeiten wären hier für Ihr Unternehmen sinnvoll? Es beginnt mit der klassischen Heimarbeit für einfache Routinetätigkeiten und führt über die Teleheimarbeit (zu Hause mit Kommunikation zum Arbeitgeber) und die alternierende Telearbeit (Büro und zu Hause) bis hin zur Offshore-Telearbeit, also der Verlagerung von Arbeitsplätzen in Länder mit einem geringeren Lohnniveau. Ebenso können Sie bei der kollektiven Telearbeit ganze Büros dezentralisieren (Outsourcing). Eine Zielabsprache, also das Management by Objectives (MbO), bietet sich hier geradezu an, da die Telearbeit ergebnisorientiert ist. Ziel ist natürlich auch hier eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Produktivität. Sie können bei den Raumkosten für Büros sparen. Es fallen Reisekosten weg. Qualifizierte Mitarbeiter, die aus verschiedenen Gründen für den Betrieb ausfallen würden, sei es durch Schwangerschaft, Verletzung oder Behinderung, können weiter ihr Potenzial zur Verfügung stellen. Die Eigenverantwortung der Mitarbeiter steigt. Das Selbstwertgefühl und die Motivation ebenso. Die Mitarbeiter haben die Möglichkeit zu einer für sie selbst günstigen Zeiteinteilung. Es fallen Zeit und Anfahrtskosten weg. Dies alles sind sehr gute Vorzeichen für eine Steigerung der Produktivität. Ein negativer Aspekt soll hier nicht verschwiegen werden: Die diversen Formen der Telearbeit können eine gewisse Isolation mit sich bringen. Die Mitarbeiter verlieren soziale Kontakte und fühlen sich u. U. ausgeschlossen vom betrieblichen Umfeld. Auch eventuelle Benachteiligungen bei innerbetrieblichen Entscheidungen sind zu befürchten.
Der Königsweg
Ihn gibt es (leider) nicht. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Varianten, mit denen die drei Dimensionen verknüpft werden können. Stellen Sie sich die Frage nach der Ausgangslage Ihrer Firma und definieren Sie Ihr Ziel. Dazwischen liegt der Weg mit den verschiedensten flexiblen Arbeitsmodellen. Wollen Sie neue Arbeitsplätze schaffen oder steht die Vermeidung von Entlassungen an? Wollen Sie ein schwankendes Arbeitsvolumen bewältigen, sei es aus konjunkturellen oder saisonalen Gründen? Wollen Sie grundsätzlich Ihre Wettbewerbs- und Konkurrenzfähigkeit steigern? Die gegebenen Situationen sind vermutlich ebenso vielschichtig wie das Spektrum der Modelle! Die Komplexität der verschiedenen Ausgangslagen wird aus den Beobachtungen heraus wohl auch auf längere Sicht kein Referenzmodell ermöglichen. Es gibt jedoch Trends. Und diese können Sie sehr gut als Orientierungshilfe zum Ausbau eines flexiblen Modells in Ihrem eigenen Unternehmen nutzen.
„Jedoch darf nur eine Flexibilisierung, die allen beteiligten Akteuren zugute kommt, als innovative Flexibilisierung bezeichnet werden.“
Die zeitliche Dimension ist hierfür vielfach die Basis. Strategien setzen also oftmals mit einer Arbeitszeitflexibilisierung an, die dann in eine Integration mit einer der anderen oder mit beiden anderen Dimensionen geführt wird. Im Idealfall ergibt sich ein Synergieeffekt: Das entstandene Ganze wird also grösser und effizienter als die Summe seiner einzelnen Teile.
„Die eingesetzten Modelle sind von dauerhafter Natur sowie langfristig und strategisch ausgerichtet.“
Eine weitere Beobachtung ist die Erweiterung des Zeithorizonts. Wo früher die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit im Vordergrund standen, bewertet die Arbeitszeitgestaltung heute einen weitaus grösseren Zeitraum. Hier werden z. B. Langzeitkonten für Arbeitszeiten eingerichtet, ausgehend von jährlichen Betrachtungen bis hin zu Lebensarbeitszeitmodellen. Schwankungen im Arbeitsanfall können kompensiert werden. Mitarbeiter können souveräner mit ihrer Arbeitszeit umgehen.
„Der Insider-Beschäftigungseffekt ist als qualitative Arbeitsmarktwirkung zu verstehen.“
Ein wichtiger Trend liegt ebenso in dem gleitenden Einstieg in das Erwerbsleben und in den Ruhestand. Auch hier lösen sich alte Strukturen auf, ein harter Schnitt bei Beginn und Ende des Arbeitslebens wird seltener. Es ergibt sich hieraus auch ein generell positiver Effekt für den Arbeitsmarkt, da durch die zumeist verkürzte Lebensarbeitszeit Stellen für Nachrücker früher verfügbar werden. Bei speziellen Stafettenmodellen ermöglicht der "weiche Schnitt" eine allmähliche Übertragung von Verantwortung und Kenntnissen der älteren auf die jüngeren Mitarbeiter.
„Demgegenüber stellt der Outsider-Beschäftigungseffekt eine quantitative Wirkung der Flexibilisierung dar, die durch eine Zunahme der Zahl der Beschäftigten und/oder der Zahl der Arbeitsplätze charakterisiert ist.“
Der Markt zeigt, dass ein herausragendes Element zur Flexibilisierung die Kopplung des Lohnsystems mit der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens ist. Schaffen Sie ein leistungsgerechtes System, bei dem die "Anwesenheitsprämie", also die Grundlohnkomponente, nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Es zählt der Erfolg mit der direkten, angemessenen Entlohnung. In mageren Zeiten hilft ein solches System durch entsprechend geringere Vergütung, Entlassungen zu vermeiden. Laufen die Geschäfte gut, können die Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens teilhaben.
„Sowohl in der Literatur als auch in der unternehmerischen Praxis wird der Begriff der Flexibilisierung der Arbeit meist intuitiv mit Flexibilisierung der Arbeitszeit gleichgesetzt.“
Alle möglichen Wege haben in der Beobachtung eines gemeinsam: Sie entfernen sich in der konkreten Umsetzung von einem Standard hin zur Individualität. Es wird immer öfter nicht ein System einer ganzen Abteilung oder Unternehmensebene übergestülpt, sondern Arbeitszeiten und Entlohnungsmodelle konzentrieren sich auf kleine Gruppen mit gleicher Tätigkeit bis hin zum einzelnen Mitarbeiter. Also weg vom Giesskannensystem hin zu einer individuellen, reaktionsschnellen und angepassten Regulierung.
Beobachtete Effekte
Bei der Flut an möglichen Arbeitsmodellen ergibt sich natürlich auch eine Vielfalt an möglichen Effekten, abhängig von der Intention des einzelnen Unternehmens. Es gibt genügend Beispiele, die den Beweis dafür liefern, dass Flexibilisierung der Arbeit funktioniert. Um eine Typologie aller Modelle hinsichtlich des Effektes zu haben, eignet sich nachfolgende Schablone mit zwei grundsätzlichen Fragestellungen hinsichtlich des Beschäftigungseffekts:
- Der Insider-Beschäftigungseffekt (die qualitative Beschäftigungswirkung). Dies ist die interne Seite, also Ihr Unternehmen. Jetzt bewerten Sie Ihr Modell zum einen nach der Beschäftigungssicherheit der Mitarbeiter und zum anderen nach der Erhöhung der Qualität der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Hält es diesen beiden Ansprüchen stand? Sind die Arbeitsplätze sicher? Sind die Mitarbeiter zufrieden? Gut! Wenden Sie sich nun der externen Seite zu.
- Der Outsider-Beschäftigungseffekt (die quantitative Beschäftigungswirkung). Auch hier gibt es zwei mögliche Effekte. Die Zahl der Beschäftigten und der Arbeitsplätze steigt; dann haben Sie einen Beschäftigungseffekt. Die Zahl der Beschäftigten steigt, die der Arbeitsplätze jedoch nicht; dann handelt es sich um einen Beschäftigteneffekt.
„Darüber hinaus können die Flexibilisierungsoptionen inhaltlich so miteinander verknüpft werden, dass aus der Kombination ein zusätzlicher Nutzen entsteht (Synergieeffekt), der sich im Falle eines parallelen, aber inhaltlich nicht aufeinander abgestimmten Einsatzes der Strategien nicht ergeben würde.“
Fällt ein einmal gewähltes Modell aus dem Rahmen dieser Typologie, so mag es zwar flexibel sein, innovativ ist es allein deswegen jedoch nicht unbedingt.