Mit Business Wargaming den Markt erobern

Buch Mit Business Wargaming den Markt erobern

Strategische Kriegsführung für Manager

Redline,
Auch erhältlich auf: Englisch


Rezension

Wer möchte nicht wissen, welche Schachzüge sich die Konkurrenz gerade ausdenkt oder wie sich der Markt künftig entwickelt? Busi­ness-Wargames können die Antwort geben. In Teams versetzt man sich in die Rolle von Konkur­renten, Kunden oder Behörden. Wargames sind nützlich, wenn ein neues Produkt eingeführt wird, wenn man auf Konkur­ren­zpro­dukte reagieren will oder wenn es darum geht, einen neuen Markt zu erschließen. Nicht zuletzt geben sie Aufschluss über Marktlücken. Anders als Com­put­er­sim­u­la­tio­nen bewegen sie sich dicht an der Realität und kosten bedeutend weniger, behaupten die Autoren. Sie erläutern zunächst, was Busi­ness-Wargames sind und geben Tipps zu deren Vor­bere­itung, um dann an konkreten Beispielen die Durchführung zu zeigen. Damit erhält man hilfreiche Hand­lungsan­leitun­gen, die sich in die un­ternehmerische Praxis umsetzen lassen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Un­ternehmensstrate­gen mit einer spielerischen Ader.

Take-aways

  • Busi­ness-Wargames sind Rol­len­spiele, mit denen Sie künftige Reaktionen oder Strategien von Mark­t­teil­nehmern ermitteln können.
  • Mark­t­teil­nehmer, etwa Ihre Konkur­renten, müssen im Mark­tkon­text betrachtet und gespielt werden.
  • Wer seine Konkur­renten durch­schauen will, muss neben externen Ein­flussfak­toren auch ihre Gefühle und Wahrnehmungen kennen.
  • Klären Sie wichtige Fragen wie die nach der Zufrieden­heit des Konkur­renten mit seiner Mark­t­po­si­tion und die nach seinen blinden Flecken.
  • Mit Land­scape-Games können Sie einen Markt analysieren.
  • Test-Games zeigen, wie die Konkurrenz auf Neuerungen reagieren wird.
  • Die Teams eines Wargames sollten fachlich gut durchmischt sein, um möglichst viele Per­spek­tiven zu liefern.
  • Die Teilnehmer müssen mit verlässlichen In­for­ma­tio­nen versorgt werden, damit sie realitätsnah spielen können.
  • Nicht nur große, sondern auch kleine Unternehmen sollten gespielt werden, da diese plötzlich erstarken können.
  • Jedes Spiel sollte mit einer Zusam­men­fas­sung enden, damit die Erken­nt­nisse schnell umgesetzt werden können.
 

Zusammenfassung

Busi­ness-Wargames

Busi­ness-Wargames sind Rol­len­spiele, die Ihnen helfen, Fragen nach den Methoden der Konkurrenz oder deren Reaktion auf Ihre Strategie zu beantworten. Die Spieler eines Wargames versetzen sich in die Rolle von Dritten, etwa Kunden oder Konkur­renten. Anders als die Spielthe­o­rie berücksichtigen Wargames, dass Menschen keineswegs nur rational handeln, sondern von ihrem Umfeld beeinflusst werden. Jeglicher Erfolg hängt maßgeblich von den Aktionen und Reaktionen der anderen Mark­t­teil­nehmer ab. Wargames helfen Ihnen, deren Verhalten besser vorherzusagen. Weil hier Realitätsnähe zählt, sind Com­put­er­sim­u­la­tio­nen fehl am Platz: Diese stoßen schnell an die Grenzen der Wirk­lichkeit. Zudem sind sie bedeutend teurer als Rol­len­spiele mit Menschen. Ein Rollenspiel basiert auf freiem In­for­ma­tions­fluss und hilft, In­for­ma­tionslücken aufzudecken. Je mehr Sie über den Markt und dessen Teilnehmer wissen, desto besser sind Sie in der Lage vorherzuse­hen, was passieren wird. Die wichtigsten Mark­t­teil­nehmer sind Ihre Konkur­renten, Ihre Kunden und die Kunden der Konkurrenz sowie Lieferanten und Behörden.

„Strategien, die im luftleeren Raum entwickelt werden, funk­tion­ieren auch nur im luftleeren Raum.“

Wichtig für ein er­fol­gre­iches Rollenspiel sind kritikfähige Führungskräfte. Auf CEOs trifft das leider häufig weniger zu als auf Führungskräfte und Mitarbeiter unterer Hi­er­ar­chieebe­nen. Für Wargames ist das prob­lema­tisch: Wenn eine Führungskraft nicht zu ihren Fehlern stehen kann, ist sie nicht bereit, eine im echten Leben entwickelte Strategie zugunsten einer im Rollenspiel her­vorge­brachten aufzugeben. Achten Sie auch auf das Timing Ihres Rol­len­spiels: Nach dem Abschluss muss immer genug Zeit bleiben, dass Sie bestehende Pläne umwerfen können. Sonst ist die Mühe zwecklos.

Märkte betrachten

Die Konkur­renten sind die häufigsten Rol­len­spielcharak­tere. Da sie nicht im luftleeren Raum, sondern im Markt handeln, müssen sie auch in diesem Kontext betrachtet werden. Gemäß dem Wirtschaft­s­the­o­retiker Joseph A. Schumpeter befindet sich der Markt in ständiger Bewegung. Ein Gle­ichgewicht stellt sich niemals ein. In­for­ma­tio­nen und Erwartungen ändern sich laufend. Nur der Aufmerksame kann sich das Un­gle­ichgewicht zunutze machen. Die Plat­ten­fir­men etwa dachten jahrelang, der Markt befände sich im Gle­ichgewicht. Doch unter der Oberfläche waren die Kunden unzufrieden darüber, sich stets ganze Alben kaufen zu müssen, wenn sie sich nur für einen Titel in­ter­essierten. Unternehmen wie iTunes nutzten die Ignoranz der Plat­ten­fir­men und boten online einzelne Lieder zum Download an – mit bahn­brechen­dem Erfolg. Überlegen Sie, wie sich Ihre Kunden die künftige Entwicklung des Marktes vorstellen und wünschen. Gemäß dem Wirtschaftswis­senschaftler Michael Porter wirken fünf Kräfte auf den Markt ein: die Käufer, die Zulieferer, die Mitbewerber, die Hersteller von Er­satzpro­duk­ten und die Rivalität in der Branche. Ein Rollenspiel hilft Ihnen her­auszufinden, wer die Marktveränderungen verursacht und welche Kräfte im Erstarken sind.

Gefühle und Wahrnehmungen

Michael Porters Wet­tbe­werb­s­the­o­rie zufolge gibt es vier Eckpunkte für das Verhalten der Konkurrenz: externe Ein­flussfak­toren, Vermutungen des Managements, die aktuelle Strategie und das Potenzial. Während es sich bei den letzten beiden um beobacht­bare Elemente handelt, sind Ein­flussfak­toren und Vermutungen nicht ohne Weiteres sichtbar. Das Wertesystem eines Un­ternehmens, seine his­torischen Wurzeln oder seine Risikobere­itschaft fallen in diesen un­sicht­baren Bereich. Porters Vier-El­e­mente-Sys­tem wurde später um zwei Elemente aus der Neu­rowis­senschaft erweitert: die kognitive und die affektive Aktivität des Gehirns. Mit anderen Worten: die Wahrnehmung und die Gefühle. Visuelles Erkennen oder das Sprachverständnis sind der kognitiven Seite zuzuordnen. Wenn Erin­nerun­gen bestimmte Gefühle auslösen, handelt es sich um affektive Aktivität. Wer mit den Augen der Konkur­renten sehen und deren nächste Schachzüge erahnen will, muss diese sechs Bezugse­le­mente erforschen und berücksichtigen. Die meisten Un­ternehmensstrate­gen versuchen sich zwar in die Lage der Konkurrenz zu versetzen, gehen dann aber nur von dem aus, was sie selbst an deren Stelle tun würden.

Konkur­renten durch­schauen

Um das Verhalten eines Konkur­renten vorhersagen zu können, müssen Sie sich drei entschei­dende Fragen stellen:

  1. Fragen Sie sich, ob seine aktuelle Position im Markt ihn zufrieden­stellt. Vergleichen Sie dazu seine Ziele mit seiner Leistung und mit den Markttrends.
  2. Fragen Sie nach dem „roten Tuch“ des Konkur­renten: Welche Ereignisse können heftige spontane Reaktionen hervorrufen? Bringen Sie in Erfahrung, wie sich die Branche entwickelt und welche Bereiche für den Konkur­renten wach­s­tum­sentschei­dend sind.
  3. Die dritte Frage zielt auf die blinden Flecke der Konkurrenz. Diese finden Sie, indem Sie das Un­gle­ichgewicht in der Branche iden­ti­fizieren und die Überzeu­gun­gen und Annahmen des Managements in Bezug auf den Markt ermitteln.
„Sich der kognitiven Schwächen, emotionalen Prädis­po­si­tio­nen und Vor­ein­genom­men­heiten bewusst zu sein, ist der erste Schritt, das Verhalten unserer Mitmenschen zu verstehen.“

Viele Menschen halten an einge­fahre­nen Strategien und alten Vorstel­lun­gen fest, obwohl die Mark­ten­twick­lung ein Umdenken erfordert. Beispiel­sweise konnte man sich bei IBM lange nicht vorstellen, dass Computer direkt an Kunden verkauft werden können. Dell belehrte den Com­put­er­riesen eines Besseren und entwickelte sich zum Marktführer im PC-Geschäft.

Wann nützen Wargames?

Wargames sind besonders dann nützlich, wenn Sie Mark­ten­twick­lun­gen vo­raus­greifen, ein neues Produkt einführen, einen neuen Markt betreten, eine Marke neu beleben oder sich gegen Konkur­ren­zpro­dukte zur Wehr setzen wollen. Sie sollten sich immer nur auf eine Branche oder Gruppe von Akteuren konzen­tri­eren. Kommt eine weitere ins Spiel, ist ein neues Wargame nötig. Wenn Sie beispiel­sweise die Marktverhältnisse für ein an IT-Profis gerichtetes Soft­ware­pro­dukt durch­spie­len, ist ein anderes Wargame nötig als bei einem Soft­ware­pro­dukt für Nor­malver­braucher. Schließlich liegt das Branche­nun­gle­ichgewicht in den beiden Fällen nicht an derselben Stelle, was zwei ver­schiedene Strategien erfordert.

„Verwenden Sie gezielt In­for­ma­tio­nen, um sich in die Rolle einzufühlen. Machen Sie keine Annahmen über das Konkur­ren­zun­ternehmen.“

Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Wargames: Land­scape-Games und Test-Games. Bei den Land­scape-Games analysieren Sie einen Markt. Die Bedeutung dieser Spiel­vari­ante ist nicht zu unterschätzen; schließlich bewegen sich Märkte laufend. Wer rechtzeitig von Un­gle­ichgewichten profitieren will, muss Veränderungen frühzeitig erkennen. Mit Test-Games finden Sie heraus, wie Ihre Konkurrenz auf eine neue Strategie oder auf eine Produkteinführung reagieren wird.

Das Team fürs Spiel

Die ideale Teil­nehmerzahl für ein Wargame liegt bei zwölf bis 48 Personen. Dabei bilden drei bis acht Spieler ein Team. Mehr als sechs Teams sollte es nicht geben, da jedes Team vor den anderen präsentieren muss, wie es als Konkurrent denkt und welche Strategie es verfolgt. Ve­r­an­schla­gen Sie dafür je 20–25 Minuten. Eines der Teams steht für Ihr eigenes Unternehmen, die anderen für die Konkur­renten. Wenn für Sie nur ein Gegner relevant ist, können Sie auch nur mit zwei Teams spielen. Als Mitspieler laden Sie am besten die folgenden Personen ein: Mitarbeiter, die bereits mit Ihren Konkur­renten zu tun hatten, ehemalige Mitarbeiter des Konkur­ren­zun­ternehmens und Personen, die für die Re­al­isierung Ihrer Strategie wichtig sind. Gerade was die Rolle der Konkur­renten anbelangt, sollten Sie sich um ein gut gemischtes Team bemühen, das viele Per­spek­tiven ermöglicht. Setzen Sie es etwa aus Außen­di­en­st­mi­tar­beit­ern, Mar­keting­ex­perten, Per­son­alver­ant­wortlichen, Fi­nan­z­an­a­lysten und unbedingt einem Wet­tbe­werb­sex­perten zusammen. Im Team, das Ihr eigenes Unternehmen spielt, sollte auf keinen Fall jemand mitspielen, der für die derzeitige Strategie ve­r­ant­wortlich ist. Denn diese Person wird kaum daran in­ter­essiert sein, nach einem blinden Fleck in der eigenen Arbeit zu suchen.

Welche Konkur­renten?

In vielen Unternehmen werden bei Wargames diejenigen Konkur­renten dargestellt, die den höchsten Marktanteil besitzen. Das ist grundsätzlich richtig, weil die Großen ihre Position behaupten wollen und enorme Reserven mo­bil­isieren werden, wenn Sie ihnen die Position streitig machen wollen. Genauso wichtig sind aber auch kleinere Unternehmen, da diese aus den ver­schieden­sten Gründen, etwa durch Fremd­kap­i­tal, plötzlich erstarken und zu einer ernsten Gefahr werden können. So hat Microsoft die Gefahr, die von dem anfangs kleinen Mitbewerber Google ausging, unterschätzt. Wenn es in Ihrer Branche mehrere Unternehmen gibt, die die gleiche Strategie verfolgen, können Sie diese als Cluster zusam­men­fassen. Ein Cluster bilden beispiel­sweise General Motors, Ford und Toyota, da jedes dieser Unternehmen mit einem breiten Sortiment und relativ tiefen Preisen hohe Umsätze erzielen will. Entweder spielt ein Team eines dieser Unternehmen stel­lvertre­tend für alle. Oder es spielt mehrere solcher Unternehmen und entwickelt so ein Mischprofil.

Welche In­for­ma­tio­nen?

Um ihre Rolle realitätsnah spielen zu können, benötigen die Teams objektive In­for­ma­tio­nen. Dazu gehören das Alter und der Hintergrund der zu spielenden Menschen, deren Beziehungen zu anderen Personen, die emotionale Verfassung, die Hand­lungsmo­ti­va­tion, das Selbstbild usw. Holen Sie dazu am besten im Voraus Erkundi­gun­gen ein und legen Sie eine Mappe für die Teams an. In diese gehören auch In­for­ma­tio­nen zur Geschichte des Mit­be­wer­bers, zu seiner Un­ternehmen­skul­tur, zu Händler­beziehun­gen, Marketingmaßnahmen, beauf­tragten Con­sult­ing­fir­men usw. Entsprechende In­for­ma­tio­nen liefern Ihnen Geschäftsberichte, Me­di­en­ar­tikel sowie Interviews mit Beobachtern oder Mi­tar­beit­ern. Auch de­tail­lierte Branchen­in­for­ma­tio­nen müssen allen Teams zur Verfügung stehen. Gerüchte und Vermutungen haben im Rollenspiel nichts zu suchen.

Beispiel: Marken­wieder­bele­bung

Ein Lebens­mit­telkonz­ern führte ein Wargame durch, nachdem seine Mark­tan­teile bei Getränken seit fünf Jahren geschrumpft waren. Dabei wurden vier Teams mit je acht Spielern gebildet. Ein Team stand für das Unternehmen selbst, eines für den Marktführer, eines für ein Unternehmen mit geringeren globalen Mark­tan­teilen, das jedoch Wach­s­tumspoten­zial besaß, und eines für ein Unternehmen mit geringen Mark­tan­teilen, bei dem nicht klar war, ob es nicht durch Übernahmen doch gefährlich werden könnte. Das Ganze war ein Test-Game für die Wieder­bele­bung der Marke. Die erste Runde begann mit einem Wis­sensaus­tausch zum Unternehmen und seiner Konkurrenz. Die Teams mussten beantworten, ob ihr Unternehmen mit seiner aktuellen Mark­t­po­si­tion zufrieden ist, welches die Joker am Markt sind und wo die blinden Flecke liegen. Außerdem sollten die Teams der Konkur­ren­zun­ternehmen vorhersagen, wie sie auf die Wieder­bele­bung der Marke des Gast­ge­berun­ternehmens reagieren würden.

„Es ist äußerst wichtig, ein Wargame mit einer produktiven Zusam­men­fas­sung abzuschließen.“

In einer zweiten Runde er­ar­beit­eten alle Spieler Vorschläge, wie der Wieder­bele­bungs­plan des Gast­ge­berun­ternehmens verbessert werden konnte. Die wichtigste Erkenntnis war dabei, dass sich das Unternehmen vom Marktführer abheben musste statt ihn anzugreifen, wie es der ursprüngliche Plan vorsah. Außerdem sollte es seinen schwächeren Mit­be­wer­bern Mark­tan­teile wegnehmen. Um kostenmäßig konkurrenzfähig zu bleiben, wurde die Re­or­gan­i­sa­tion von Produktion und Vertrieb empfohlen. Diese und weitere Empfehlun­gen flossen in die Zusam­men­fas­sung des Spiels an dessen Ende ein. Diese ist wichtig, denn dadurch haben die Teilnehmer das Gefühl, ihre wertvolle Zeit für etwas Sinnvolles geopfert zu haben. Außerdem gewährleisten Sie so, dass aus Empfehlun­gen wirklich Aktionen werden.

Über die Autoren

Ben Gilad ist Gründer und Präsident der Academy of Competitive In­tel­li­gence. Er führt seit vielen Jahren weltweit in allen Branchen Busi­ness-Wargames durch. Davor war er Professor für strate­gis­ches Management an der Rutgers University, School of Management. Markus Götz Junginger ist Partner eines großen US-amerikanis­chen Be­ratung­sun­ternehmens, das sich vorrangig mit Strategie, Wachstum und Wet­tbe­werbsfähigkeit befasst. Außerdem forscht er als Professor für Verhaltensökonomie an einer privaten Hochschule.