Inhouse-Consulting in Deutschland

Buch Inhouse-Consulting in Deutschland

Markt, Strukturen, Strategien

Gabler,


Rezension

Der Bayer-Konz­ern, Siemens, die Commerzbank oder SAP machen es vor: In­house-Con­sult­ing kann sich lohnen, vor allem für Großbetriebe. Von den Dax-30-Un­ternehmen besitzen schon 21 eine hausinterne Beratung. Bei der Lufthansa besteht die In­house-Be­ratung­sein­heit bereits seit 1988. Wirklich neu ist der Trend also nicht, aber das Buch von Alexander Moscho und Ansgar Richter stellt ihn erstmals sys­tem­a­tisch vor. Neben den Ergebnissen einer empirischen Studie stehen viele Beispiele aus der Praxis und Anregungen für Führungskräfte, die die Situation ihrer externen oder internen Berater überdenken wollen. Sie finden hier Impulse für weitere Gestal­tungsmöglichkeiten. Aber auch kleinere und mittlere Unternehmen – die bislang noch kaum auf In­house-Con­sult­ing setzen – gewinnen nützliche Erken­nt­nisse. BooksInShort empfiehlt das Buch Führungskräften aller Un­ternehmensgrößen, Consultants von internen und externen Be­ratung­sein­heiten sowie Hochschu­la­b­sol­ven­ten, die sich für eine Be­ratungslauf­bahn in­ter­essieren.

Take-aways

  • In­house-Con­sult­ing leistet Beratung mit einem hohen Maß an Verpflich­tung gegenüber dem eigenen Unternehmen.
  • Eine In­house-Con­sult­ing-Ein­heit sollte unabhängig von Abteilungen und Geschäftsführung agieren.
  • Der Vorteil haus­in­terner Berater ist ein verstärktes Ver­trauensverhältnis zur Belegschaft.
  • Externe Un­ternehmens­ber­atun­gen hingegen verhalten sich neutral.
  • In­house-Con­sul­tants kooperieren häufig mit externen Beratern.
  • Über externe Consultants lässt sich zusätzliches Spezial­wis­sen einkaufen.
  • Mit jedem Be­ratung­spro­jekt wächst das Wissen der internen Consultants – und dieses bleibt dem Unternehmen erhalten.
  • Eine wichtige Aufgabe des In­house-Con­sult­ing ist die Per­son­alen­twick­lung.
  • Eine Beratertätigkeit im eigenen Unternehmen ebnet den Weg für eine Karriere in der Führungsetage.
  • Neben fachlicher Kompetenz brauchen interne Berater methodische und vor allem soziale Fähigkeiten.
 

Zusammenfassung

Blick von außen oder innen?

Eine In­house-Be­ratung wird entweder als Or­gan­i­sa­tion­sein­heit von der Un­ternehmensleitung gegründet oder aus einer bereits bestehenden Abteilung weit­er­en­twick­elt. Als eigener Bereich oder als Stabsstelle ist die hausinterne Beratung unmittelbar der Un­ternehmensleitung unterstellt. Auf diese Weise ist sie durch­set­zungsfähig. Gle­ichzeitig aber muss sie unabhängig handeln können, um nicht als reines Werkzeug zur Umsetzung von Vor­standsin­ter­essen verstanden zu werden. Vergleichen Sie zunächst die Vorteile hauseigener Be­ratungsleis­tun­gen mit jenen von externem Consulting.

„Die In­house-Be­ratun­gen werden mit­tler­weile als gle­ich­w­er­tige Partner von externen Beratungen anerkannt.“

Was für haus­in­ternes Consulting spricht:

  • Sie sparen Geld und Zeit. Hausinterne Beratung ist rund 30 % günstiger als externe, und sie ist schnell verfügbar.
  • Auf lange Sicht arbeiten die Un­ternehmens­bere­iche effizienter. Die In­house-Be­ratung zielt nachhaltig auf verbesserte Abläufe und Strategien bei Ihren haus­in­ter­nen Kunden, die möglichst bald selbstständig agieren sollen. Externe Berater hingegen wollen für längere Zeit vom Unternehmen engagiert werden.
  • Die Iden­ti­fika­tion der Berater mit der Firma ist hoch. Da die hausinterne Beratung fest zum Konzern gehört, ist sie auf allen Ebenen und in jeder Hinsicht Ihrem Unternehmen verpflichtet. Externe Berater verfügen nicht über das gleiche Maß an Commitment.
  • Wissen bleibt im Unternehmen. In­house-Be­rater lernen nach und nach die gesamte Firma kennen. Sie bauen ihr Wissen mit jedem Projekt weiter aus. Bei externen Beratern wandert Know-how ab – zum nächsten Unternehmen.
  • In­house-Be­rater werden von der Belegschaft akzeptiert. Man kennt sie, sie gehören zum Unternehmen. Hausinterne Berater haben es leichter, Projekte durchzuset­zen und zu im­ple­men­tieren, denn sie knüpfen persönliche Kontakte über viele Ebenen hinweg und sind auch nach Abschluss eines Projekts anwesend. Externe Berater wechseln häufig und genießen nicht das gleiche Vertrauen von der Belegschaft wie Kolleginnen und Kollegen.
  • Das Wissen um die un­ternehmensin­ter­nen Zusammenhänge ist bereits vorhanden. Interne Consultants kennen das Unternehmen, seine Pro­duk­tion­s­abläufe, Verfahren und Strategien genauer als externe Berater.
„Die Mehrheit der In­house-Be­ratun­gen besteht entweder als GmbH oder selbstständige Stabsstelle, die in den aller­meis­ten Fällen direkt beim Vorstand bzw. der Geschäftsführung angegliedert sind.“

Was für externes Consulting spricht:

  • Bei bestimmten Spezialthe­men (z. B. IT) kann es sinnvoll sein, zusätzliches Be­ratungs-Know-how einzukaufen.
  • Der Ruf einer etablierten externen Un­ternehmens­ber­atung mit langer Praxis­er­fahrung kann u. U. die Akzeptanz bei der Belegschaft erleichtern.
  • Bei besonders um­fan­gre­ichen Projekten sind möglicher­weise nicht genügend Berater vorhanden. Hier kann sich externe Unterstützung lohnen.
  • Externe Un­ternehmens­ber­ater gelten als neutral und verfügen über ein breites Spektrum an Erfahrungen aus un­ter­schiedlichen Branchen.
  • Die Gefahr von „Be­trieb­s­blind­heit“ ist kleiner. Freie Un­ternehmens­ber­atun­gen sind in der Lage, unerwartete Impulse und Lösungen zu präsentieren.

Kein Konkur­ren­z­denken

In einer Studie zum deutschen In­house-Con­sult­ing-Markt der European Business School (EBS) im Auftrag von Bayer Business Consulting gab etwa ein Drittel der 20 befragten Unternehmen an, externe Berater besonders bei „sensiblen“ Themen wie Re­struk­turierun­gen einzusetzen. Dagegen werden interne Berater eingesetzt, wenn es um strate­gis­che Bereiche geht, wenn kurzfristiger Be­ratungs­be­darf besteht oder wenn spezielle Kenntnisse des Un­ternehmens er­forder­lich sind. Interessant ist, dass Konkur­ren­z­denken keine große Rolle spielt. 60 % der Befragten In­house-Be­rater betrachten sich als „Partner“ der Externen.

„Beim Einsatz interner Berater werden relevante Kompetenzen im Konzern gehalten bzw. entwickelt.“

Die EnBW Akademie etwa, die im Bereich Personal- und Man­age­menten­twick­lung tätig ist, arbeitet je nach Projekt mit externen Beratern zusammen. Diese gehen un­vor­ein­genommener an Probleme heran, sind neutral und verfügen über Wissen und Kompetenzen aus anderen Branchen.

Auch RWE Consulting bildet zusammen mit externen Un­ternehmens­ber­atern ein Team. Sofern der Konzern externe Berater engagieren möchte, werden die Berater der Con­sult­ing-Ein­heit von den Fach­abteilun­gen hinzuge­zo­gen. RWE ist Wet­tbe­wer­ber zu externen Beratern – wer das Projekt übernimmt, beschließt let­z­tendlich der Kunde.

Prax­is­beispiel 1: Bayer

Als Ansprech­part­ner Nummer eins für Man­age­ment­ber­atung hat sich die Be­ratung­sein­heit der Bayer AG – Bayer Business Consulting – als Alternative zum externen Consulting etabliert. Sie ist unmittelbar an die Geschäftsführung der Bayer Business Services angegliedert. Leiter ist Alexander Moscho, der vorher für McKinsey gearbeitet hat. Die hausinterne Beratung hat sich das Ziel gesetzt, als „Trusted Advisor“ mit allen Kollegen zu kooperieren. Die Arbeit funk­tion­iert nach dem Modell externer Beratungen und ist von drei Grundsätzen geprägt:

  1. Ver­traulichkeit gegenüber den Kunden soll garantiert sein.
  2. Eine Leis­tung­shon­orierung wird durchge­setzt.
  3. Die Kooperation mit den internen Beratern ist freiwillig.
„Seit Ende der 1990er Jahre hat sich die interne Un­ternehmens­ber­atung in vielen großen deutschen Unternehmen als eine qualitativ hochwertige Ergänzung oder Alternative zur externen Man­age­ment­ber­atung etabliert.“

Die Einheiten, die die Beratung von Bayer Business Consulting beanspruchen, handeln wie Kunden: Sie suchen sich ihre Be­ratungspart­ner für das jeweilige Projekt aus und kon­se­quenter­weise werden die Leistungen honoriert. So entsteht ein Gefühl für Wettbewerb, Marktwert und Qualität.

Als entschei­den­den Er­fol­gs­fak­tor sieht Bayer Business Consulting die Entwicklung eines kompetenten Mi­tar­beit­er­stabes. Um her­vor­ra­gen­des Personal zu rekrutieren, legen die internen Berater viel Wert auf sehr un­ter­schiedliche Aus­bil­dun­gen und viel­seit­iges Know-how, wobei nicht nur Bewerber aus dem Bayer-Konz­ern, sondern auch externe Anwärter ausgesucht werden.

Prax­is­beispiel 2: Deutsche Telekom

Da sich der Markt für Telekom­mu­nika­tion schnell und stetig ändert und ein hoher Wet­tbe­werb­s­druck herrscht, konzen­tri­ert sich die Arbeit des Center for Strategic Projects der Deutschen Telekom darauf, strate­gis­che Change-Pro­jekte umzusetzen.

„In der Sachdi­men­sion des Veränderung­sprozesses verfügen un­ternehmensin­terne Berater gegenüber externen Beratern über den großen Vorteil, mehr Kon­tex­twissen mitzubrin­gen.“

Ein weiterer Bereich ist die gezielte Mi­tar­beit­erförderung mit der Absicht, Man­age­ment­nach­wuchs zu entwickeln. Die Be­ratung­sein­heit mit ihren 65 Mi­tar­beit­ern berichtet direkt dem Vorstand des Gesamtkonz­erns. Die Kunden werden als Busi­ness­part­ner bezeichnet. Jedes Projekt wird bewertet. In Workshops re­flek­tieren die Beteiligten die Nach­haltigkeit der Projekte, einerseits, um weitere Maßnahmen einzuleiten, an­der­er­seits, um Erken­nt­nisse für zukünftige Projekte daraus zu ziehen.

„Das Einbringen von Erfahrungen aus anderen Unternehmen und branchenübergreifenden Erken­nt­nis­sen in Projekte und Lösungsvorschläge ist eine naturgemäße Anforderung an und Stärke von externen Partnern.“

Die Berater arbeiten nicht gewin­nori­en­tiert, die Leistungen des Centers werden nicht verrechnet. Geplante Projekte bewerten die Geschäftsführung der Deutschen Telekom und die Führungs­man­nschaft des Centers hin­sichtlich der fi­nanziellen und strate­gis­chen Effekte auf das gesamte Unternehmen.

Per­son­alen­twick­lung für In­house-Con­sult­ing

Die An­forderun­gen an die internen Berater gleichen im Grunde denen an die externen. Diese fachlichen, method­is­chen und sozialen Kompetenzen können Sie von Ihren Beratern erwarten:

  • Sach- bzw. Fachkom­pe­tenz: Consultants benötigen neben be­trieb­swirtschaftlichem Know-how – inkl. Sachken­nt­nis aus der jeweiligen Branche und aus dem Finanzwesen – Kenntnisse in der In­for­ma­tion­stech­nolo­gie.
  • Meth­o­d­enkom­pe­tenz: Dazu gehören Kenntnisse in Pro­jek­t­man­age­ment, Ver­trautheit mit Problemlösungsstrate­gien und Kreativitätstechniken sowie Kom­mu­nika­tions-, Mod­er­a­tions- und Präsentationsfähigkeiten.
  • Soziale Kompetenzen: Berater müssen mit Zeitdruck umgehen können, Empathie gegenüber anderen zeigen, motivieren und Konflikte lösen können.
„Neben Trainings ist der ‚Sprung ins kalte Wasser‘ bei neuen Projekten eine wesentliche Komponente der Entwicklung der Mitarbeiter.“

Führen Sie regelmäßig oder nach jedem Projekt Beurteilung­sprozesse durch. Durch Rückmeldungen von Kollegen erhalten Sie ein Bild über den internen Berater. Eventuelle Defizite werden fest­ge­hal­ten und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Gleichen Sie in einem nächsten Schritt den so fest­gestell­ten Ist-Zustand mit dem Soll-Zu­s­tand ab. Hier können Sie auch persönliche Ziele des Beraters einbeziehen. Als Maßnahmen der Per­son­alen­twick­lung bieten sich diese Al­ter­na­tiven an:

  • Coaching, Mentoring, Praktikum, gezielte Einar­beitun­gen für Beruf­se­in­steiger,
  • Arbeit im Projekt „on the job“,
  • Beratende Unterstützung eines Coachs,
  • Externe Trainingsmaßnahmen bis hin zu Mas­ter­pro­gram­men.

Kar­ri­erechan­cen für Consultants

Was nur wenigen bekannt ist: Der Weg ins Management führt oft über eine hausinterne Beratung. Laut der EBS-Studie wechselten 78 % der Consultants nach drei bis vier Jahren in eine Führungspo­si­tion im Konzern. So gelten gerade In­house-Con­sult­ing-Abteilun­gen von deutschen Konzernen als attraktiv, weil sie die Vorteile spannender und viel­seit­iger Be­ratungsauf­gaben mit dem Plus von zahlreichen Sozialleis­tun­gen kombinieren. Hier bieten sich vor allem für Frauen gute Kar­ri­erechan­cen – immerhin sind 40 % der In­house-Be­rater weiblich, bei externen Beratern liegt der Anteil bei 15–20 %. Das liegt u. a. an flexiblen Modellen zur Arbeitszeit, die Raum für Privates lassen.

„Junge Talente bearbeiten direkt nach ihrem Einstieg eigen­ver­ant­wortlich analytisch anspruchsvolle Aufgaben und präsentieren nicht selten ihre Ar­beit­sergeb­nisse den obersten Führungskräften des Un­ternehmens.“

Sind Sie Hochschu­labgängerin oder Neue­in­steiger? Über eine Tätigkeit im In­house-Con­sult­ing haben Sie den Vorteil, sich auf eine Branche spezial­isieren zu können. Gle­ichzeitig gelingt es Ihnen, sich mit dem Konzern stärker zu iden­ti­fizieren – Sie müssen nicht immer wieder von einem Kunden zum anderen wechseln. Was außerdem zählt: Sie bearbeiten Aufgaben, die der Konz­ern­spitze am Herzen liegen, von daher haben Sie die Chance, im Top­man­age­ment bekannt und anerkannt zu werden. Haben Sie Talent, ist die Consultingtätigkeit Ihr Sprungbrett in die Man­age­mente­tage.

Über die Autoren

Dr. Alexander Moscho leitet die In­house-Be­ratung bei Bayer. Prof. Ansgar Richter ist Leiter des Lehrstuhls für Strategie und Or­gan­i­sa­tion sowie des Instituts für in­dus­trielles Di­en­stleis­tungs­man­age­ment an der European Business School. Die übrigen Autoren sind als In­house-Be­rater in diversen Unternehmen tätig.