Blick von außen oder innen?
Eine Inhouse-Beratung wird entweder als Organisationseinheit von der Unternehmensleitung gegründet oder aus einer bereits bestehenden Abteilung weiterentwickelt. Als eigener Bereich oder als Stabsstelle ist die hausinterne Beratung unmittelbar der Unternehmensleitung unterstellt. Auf diese Weise ist sie durchsetzungsfähig. Gleichzeitig aber muss sie unabhängig handeln können, um nicht als reines Werkzeug zur Umsetzung von Vorstandsinteressen verstanden zu werden. Vergleichen Sie zunächst die Vorteile hauseigener Beratungsleistungen mit jenen von externem Consulting.
„Die Inhouse-Beratungen werden mittlerweile als gleichwertige Partner von externen Beratungen anerkannt.“
Was für hausinternes Consulting spricht:
- Sie sparen Geld und Zeit. Hausinterne Beratung ist rund 30 % günstiger als externe, und sie ist schnell verfügbar.
- Auf lange Sicht arbeiten die Unternehmensbereiche effizienter. Die Inhouse-Beratung zielt nachhaltig auf verbesserte Abläufe und Strategien bei Ihren hausinternen Kunden, die möglichst bald selbstständig agieren sollen. Externe Berater hingegen wollen für längere Zeit vom Unternehmen engagiert werden.
- Die Identifikation der Berater mit der Firma ist hoch. Da die hausinterne Beratung fest zum Konzern gehört, ist sie auf allen Ebenen und in jeder Hinsicht Ihrem Unternehmen verpflichtet. Externe Berater verfügen nicht über das gleiche Maß an Commitment.
- Wissen bleibt im Unternehmen. Inhouse-Berater lernen nach und nach die gesamte Firma kennen. Sie bauen ihr Wissen mit jedem Projekt weiter aus. Bei externen Beratern wandert Know-how ab – zum nächsten Unternehmen.
- Inhouse-Berater werden von der Belegschaft akzeptiert. Man kennt sie, sie gehören zum Unternehmen. Hausinterne Berater haben es leichter, Projekte durchzusetzen und zu implementieren, denn sie knüpfen persönliche Kontakte über viele Ebenen hinweg und sind auch nach Abschluss eines Projekts anwesend. Externe Berater wechseln häufig und genießen nicht das gleiche Vertrauen von der Belegschaft wie Kolleginnen und Kollegen.
- Das Wissen um die unternehmensinternen Zusammenhänge ist bereits vorhanden. Interne Consultants kennen das Unternehmen, seine Produktionsabläufe, Verfahren und Strategien genauer als externe Berater.
„Die Mehrheit der Inhouse-Beratungen besteht entweder als GmbH oder selbstständige Stabsstelle, die in den allermeisten Fällen direkt beim Vorstand bzw. der Geschäftsführung angegliedert sind.“
Was für externes Consulting spricht:
- Bei bestimmten Spezialthemen (z. B. IT) kann es sinnvoll sein, zusätzliches Beratungs-Know-how einzukaufen.
- Der Ruf einer etablierten externen Unternehmensberatung mit langer Praxiserfahrung kann u. U. die Akzeptanz bei der Belegschaft erleichtern.
- Bei besonders umfangreichen Projekten sind möglicherweise nicht genügend Berater vorhanden. Hier kann sich externe Unterstützung lohnen.
- Externe Unternehmensberater gelten als neutral und verfügen über ein breites Spektrum an Erfahrungen aus unterschiedlichen Branchen.
- Die Gefahr von „Betriebsblindheit“ ist kleiner. Freie Unternehmensberatungen sind in der Lage, unerwartete Impulse und Lösungen zu präsentieren.
Kein Konkurrenzdenken
In einer Studie zum deutschen Inhouse-Consulting-Markt der European Business School (EBS) im Auftrag von Bayer Business Consulting gab etwa ein Drittel der 20 befragten Unternehmen an, externe Berater besonders bei „sensiblen“ Themen wie Restrukturierungen einzusetzen. Dagegen werden interne Berater eingesetzt, wenn es um strategische Bereiche geht, wenn kurzfristiger Beratungsbedarf besteht oder wenn spezielle Kenntnisse des Unternehmens erforderlich sind. Interessant ist, dass Konkurrenzdenken keine große Rolle spielt. 60 % der Befragten Inhouse-Berater betrachten sich als „Partner“ der Externen.
„Beim Einsatz interner Berater werden relevante Kompetenzen im Konzern gehalten bzw. entwickelt.“
Die EnBW Akademie etwa, die im Bereich Personal- und Managemententwicklung tätig ist, arbeitet je nach Projekt mit externen Beratern zusammen. Diese gehen unvoreingenommener an Probleme heran, sind neutral und verfügen über Wissen und Kompetenzen aus anderen Branchen.
Auch RWE Consulting bildet zusammen mit externen Unternehmensberatern ein Team. Sofern der Konzern externe Berater engagieren möchte, werden die Berater der Consulting-Einheit von den Fachabteilungen hinzugezogen. RWE ist Wettbewerber zu externen Beratern – wer das Projekt übernimmt, beschließt letztendlich der Kunde.
Praxisbeispiel 1: Bayer
Als Ansprechpartner Nummer eins für Managementberatung hat sich die Beratungseinheit der Bayer AG – Bayer Business Consulting – als Alternative zum externen Consulting etabliert. Sie ist unmittelbar an die Geschäftsführung der Bayer Business Services angegliedert. Leiter ist Alexander Moscho, der vorher für McKinsey gearbeitet hat. Die hausinterne Beratung hat sich das Ziel gesetzt, als „Trusted Advisor“ mit allen Kollegen zu kooperieren. Die Arbeit funktioniert nach dem Modell externer Beratungen und ist von drei Grundsätzen geprägt:
- Vertraulichkeit gegenüber den Kunden soll garantiert sein.
- Eine Leistungshonorierung wird durchgesetzt.
- Die Kooperation mit den internen Beratern ist freiwillig.
„Seit Ende der 1990er Jahre hat sich die interne Unternehmensberatung in vielen großen deutschen Unternehmen als eine qualitativ hochwertige Ergänzung oder Alternative zur externen Managementberatung etabliert.“
Die Einheiten, die die Beratung von Bayer Business Consulting beanspruchen, handeln wie Kunden: Sie suchen sich ihre Beratungspartner für das jeweilige Projekt aus und konsequenterweise werden die Leistungen honoriert. So entsteht ein Gefühl für Wettbewerb, Marktwert und Qualität.
Als entscheidenden Erfolgsfaktor sieht Bayer Business Consulting die Entwicklung eines kompetenten Mitarbeiterstabes. Um hervorragendes Personal zu rekrutieren, legen die internen Berater viel Wert auf sehr unterschiedliche Ausbildungen und vielseitiges Know-how, wobei nicht nur Bewerber aus dem Bayer-Konzern, sondern auch externe Anwärter ausgesucht werden.
Praxisbeispiel 2: Deutsche Telekom
Da sich der Markt für Telekommunikation schnell und stetig ändert und ein hoher Wettbewerbsdruck herrscht, konzentriert sich die Arbeit des Center for Strategic Projects der Deutschen Telekom darauf, strategische Change-Projekte umzusetzen.
„In der Sachdimension des Veränderungsprozesses verfügen unternehmensinterne Berater gegenüber externen Beratern über den großen Vorteil, mehr Kontextwissen mitzubringen.“
Ein weiterer Bereich ist die gezielte Mitarbeiterförderung mit der Absicht, Managementnachwuchs zu entwickeln. Die Beratungseinheit mit ihren 65 Mitarbeitern berichtet direkt dem Vorstand des Gesamtkonzerns. Die Kunden werden als Businesspartner bezeichnet. Jedes Projekt wird bewertet. In Workshops reflektieren die Beteiligten die Nachhaltigkeit der Projekte, einerseits, um weitere Maßnahmen einzuleiten, andererseits, um Erkenntnisse für zukünftige Projekte daraus zu ziehen.
„Das Einbringen von Erfahrungen aus anderen Unternehmen und branchenübergreifenden Erkenntnissen in Projekte und Lösungsvorschläge ist eine naturgemäße Anforderung an und Stärke von externen Partnern.“
Die Berater arbeiten nicht gewinnorientiert, die Leistungen des Centers werden nicht verrechnet. Geplante Projekte bewerten die Geschäftsführung der Deutschen Telekom und die Führungsmannschaft des Centers hinsichtlich der finanziellen und strategischen Effekte auf das gesamte Unternehmen.
Personalentwicklung für Inhouse-Consulting
Die Anforderungen an die internen Berater gleichen im Grunde denen an die externen. Diese fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen können Sie von Ihren Beratern erwarten:
- Sach- bzw. Fachkompetenz: Consultants benötigen neben betriebswirtschaftlichem Know-how – inkl. Sachkenntnis aus der jeweiligen Branche und aus dem Finanzwesen – Kenntnisse in der Informationstechnologie.
- Methodenkompetenz: Dazu gehören Kenntnisse in Projektmanagement, Vertrautheit mit Problemlösungsstrategien und Kreativitätstechniken sowie Kommunikations-, Moderations- und Präsentationsfähigkeiten.
- Soziale Kompetenzen: Berater müssen mit Zeitdruck umgehen können, Empathie gegenüber anderen zeigen, motivieren und Konflikte lösen können.
„Neben Trainings ist der ‚Sprung ins kalte Wasser‘ bei neuen Projekten eine wesentliche Komponente der Entwicklung der Mitarbeiter.“
Führen Sie regelmäßig oder nach jedem Projekt Beurteilungsprozesse durch. Durch Rückmeldungen von Kollegen erhalten Sie ein Bild über den internen Berater. Eventuelle Defizite werden festgehalten und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Gleichen Sie in einem nächsten Schritt den so festgestellten Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand ab. Hier können Sie auch persönliche Ziele des Beraters einbeziehen. Als Maßnahmen der Personalentwicklung bieten sich diese Alternativen an:
- Coaching, Mentoring, Praktikum, gezielte Einarbeitungen für Berufseinsteiger,
- Arbeit im Projekt „on the job“,
- Beratende Unterstützung eines Coachs,
- Externe Trainingsmaßnahmen bis hin zu Masterprogrammen.
Karrierechancen für Consultants
Was nur wenigen bekannt ist: Der Weg ins Management führt oft über eine hausinterne Beratung. Laut der EBS-Studie wechselten 78 % der Consultants nach drei bis vier Jahren in eine Führungsposition im Konzern. So gelten gerade Inhouse-Consulting-Abteilungen von deutschen Konzernen als attraktiv, weil sie die Vorteile spannender und vielseitiger Beratungsaufgaben mit dem Plus von zahlreichen Sozialleistungen kombinieren. Hier bieten sich vor allem für Frauen gute Karrierechancen – immerhin sind 40 % der Inhouse-Berater weiblich, bei externen Beratern liegt der Anteil bei 15–20 %. Das liegt u. a. an flexiblen Modellen zur Arbeitszeit, die Raum für Privates lassen.
„Junge Talente bearbeiten direkt nach ihrem Einstieg eigenverantwortlich analytisch anspruchsvolle Aufgaben und präsentieren nicht selten ihre Arbeitsergebnisse den obersten Führungskräften des Unternehmens.“
Sind Sie Hochschulabgängerin oder Neueinsteiger? Über eine Tätigkeit im Inhouse-Consulting haben Sie den Vorteil, sich auf eine Branche spezialisieren zu können. Gleichzeitig gelingt es Ihnen, sich mit dem Konzern stärker zu identifizieren – Sie müssen nicht immer wieder von einem Kunden zum anderen wechseln. Was außerdem zählt: Sie bearbeiten Aufgaben, die der Konzernspitze am Herzen liegen, von daher haben Sie die Chance, im Topmanagement bekannt und anerkannt zu werden. Haben Sie Talent, ist die Consultingtätigkeit Ihr Sprungbrett in die Managementetage.
Dr. Alexander Moscho leitet die Inhouse-Beratung bei Bayer. Prof. Ansgar Richter ist Leiter des Lehrstuhls für Strategie und Organisation sowie des Instituts für industrielles Dienstleistungsmanagement an der European Business School. Die übrigen Autoren sind als Inhouse-Berater in diversen Unternehmen tätig.