Kunden auf der Flucht?

Buch Kunden auf der Flucht?

Wie Sie loyale Kunden gewinnen und halten

Orell Füssli,


Rezension

Reisende soll man nicht aufhalten, denkt sich anscheinend so mancher Kun­den­be­treuer, wenn ein Kunde mit Kündigung droht. Statt alle Hebel in Bewegung zu setzen, diesen Kunden zu halten, konzen­tri­ert die Kun­den­abteilung oft lieber die ganze Energie auf die Neukun­de­nakquise. Grundfalsch, sagt Anne M. Schüller. Sie weiß: Statistisch gesehen ist es sieben Mal teurer, einen Neukunden zu gewinnen als einen bestehenden zu halten. Und das beste Marketing ist immer noch die Weit­erempfehlung; gratis ist es obendrein. Vo­raus­set­zung dafür ist allerdings, dass die Kunden loyal sind – und das sind sie heutzutage immer weniger. Zufrieden­heit allein ist zu wenig, sagt Schüller, der Kunde muss begeistert sein. Erst Begeis­terung führt zu dauerhafter Kun­den­loy­alität und zu einem stabilen Kundenstamm. Gerade in Zeiten der Krise kann dies über Fortbeste­hen oder Untergang eines Un­ternehmens entscheiden. Auch wenn das Thema Kun­den­loy­alität nicht gerade neu ist, behält es doch angesichts allzu wech­sel­bere­iter Kundschaft, aggressiver Strategien der Kun­den­ab­wer­bung und enger Budgets eine hohe Aktualität. Darum empfiehlt BooksInShort dieses Buch allen Marketing- und Ver­trieb­sver­ant­wortlichen.

Take-aways

  • Kun­den­loy­alität ist Treue auf frei­williger Basis.
  • Sie ist das Ergebnis von Ver­trautheit und Sympathie.
  • Eine loyale Kundschaft lässt ein Unternehmen doppelt so schnell wachsen wie das der Mitbewerber.
  • Die drei Arten der Kun­den­loy­alität sind Marken-, Un­ternehmens- und Mi­tar­beit­er­loy­alität.
  • Ein Kunde, der auf Empfehlung kommt, schließt garantiert ein Geschäft ab.
  • Empfehlungs­bere­itschaft und Empfehlungsrate lassen sich messen und sind entschei­dende Kennzahlen.
  • Mithilfe eines Kun­denkon­tak­t­man­age­ments können Sie die Kun­den­beziehun­gen erheblich verbessern.
  • Kun­den­loy­alität im Internet lässt sich über Communitys steuern.
  • Loyale Kunden sind tolerant und verzeihen auch Fehler.
  • Neben Vertrauen bilden her­aus­ra­gende Leistung, Top­mi­tar­beiter und Begeis­terung die Basis der Kun­den­loy­alität.
 

Zusammenfassung

Was Kun­den­loy­alität beeinflusst

Schenken Sie Ihre Loyalität dem Reisebüro oder dem einzelnen Mitarbeiter, der Sie berät? Sind Sie Ihrer Automarke treu oder Ihrem Händler? Gehen Sie zu Ihrem Kun­den­be­treuer bei Ihrer Bankfiliale oder zu irgendeiner Filiale? Mal ist es die Loyalität zu einer Person, mal die zu einer Marke, mal die zu einem Unternehmen, die den Ausschlag gibt. Als Unternehmer müssen Sie sich um alle drei kümmern, denn hakt es irgendwo, steht der Kunde blitzschnell bei der Konkurrenz vor der Tür.

„Das größte Vermögen, das ein Unternehmen besitzt, ist die Loyalität seiner Kunden.“

Nehmen Sie z. B. die Treue des Kunden zu seiner Automarke: Die hält er­fahrungs­gemäß lange, aber wehe, wenn der Service in der Werkstatt versagt. So mancher Kunde ist dann beim Neukauf zu einem Wechsel der Marke bereit.

Eine über viele Jahre andauernde Kun­den­loy­alität wird von ver­schieden­sten Faktoren beeinflusst. Diese sind unter anderem: Die Be­quem­lichkeit des Kunden, seine Angst vor Neuem und Unbekanntem und seine Ver­trautheit mit Marken und Personen. Mit zunehmendem Alter und dem Gefühl, einem Unternehmen gegenüber verpflichtet zu sein, steigt die Loyalität.

„Für durch und durch gute Gefühle sind Menschen sogar bereit, tief in die Tasche zu greifen, also viel Preiss­chmerz hinzunehmen und ein Preis­premium zu zahlen.“

Wichtige Kun­den­bindungsin­stru­mente sind kleine Überraschun­gen, wiederkehrende Kontakte, ein stetiger Dialog, belohnte Treue und Privilegien für Stammkunden, exklusive Angebote, exzellentes Bearbeiten von Bean­stan­dun­gen und Eingehen auf Sonderwünsche. Vor allem aber muss der Kunde positive Gefühle entwickeln, wenn er ein Produkt kauft oder einen Service nutzt.

„Fan-Kunden sind die besten Botschafter und Verkäufer.“

Positive Gefühle werden durch Glückshormone erzeugt, beispiel­sweise dann, wenn eine Marke – nehmen wir mal Porsche oder iPhone – das gehirneigene Be­loh­nungssys­tem aktiviert. Das Streben nach Belohnung ähnelt einer Sucht, das Be­loh­nungszen­trum verlangt nach Wieder­hol­ung der positiven Reize.

Was loyale Kunden einbringen

Wenn Sie Kun­den­loy­alität im Ver­hal­tenskodex Ihres Un­ternehmens verankern und sie glaubhaft leben, wenn Sie „Loyalitätsführer“ in Ihrer Branche werden, können Sie doppelt so rasch wachsen wie Ihre Konkurrenz. Die Treue Ihrer Kunden zahlt sich für Sie aus.

„Webbasierte Communitys sind der wohl ef­fizien­teste Weg, Loyalität aus der Of­fline-Welt in die Online-Welt und wieder zurück zu tragen.“

Hier sind einige Faktoren, die den Umsatz fördern:

  • Ein treuer Kundenstamm kauft häufiger ein – und Sie können damit planen und kalkulieren.
  • Eine loyale Kundschaft kündigt keine Verträge, sondern verlängert sie.
  • Bei neuen Produkten erhalten Sie einen Ver­trauens­bonus, denn loyale Kunden sind offen für Zusatzgeschäfte.
  • Loyale und zufriedene Kunden empfehlen Sie gerne weiter. So bekommen Sie kostenlos neue Kunden.
  • Die Ausgaben für Rekla­ma­tio­nen sinken, denn loyale Kunden sind tolerante Kunden, die Ihnen auch mal Fehler verzeihen.
  • Kunden, die Ihrem Unternehmen treu sind, helfen Ihnen mit kon­struk­tiven Vorschlägen bei Verbesserun­gen und Weit­er­en­twick­lun­gen.
  • Da loyale Kunden Ihr Unternehmen und damit Ihre Mitarbeiter loben, steigt die Zufrieden­heit Ihrer Belegschaft – und so entsteht ganz nebenbei ein angenehmes Ar­beit­sklima.

Loyale Mitarbeiter machen Ihre Kunden loyal

Häufig genug besuchen Kunden ein bestimmtes Geschäft, einfach weil sie die Verkäufer sympathisch finden. Die Mitarbeiter eines Un­ternehmens sorgen für Erfolg oder Misserfolg – deshalb ist ein häufiger Wechsel von Ansprech­part­nern Gift für das Unternehmen. Es liegt auf der Hand, dass Loyalität sehr viel leichter entsteht, wenn Menschen von Menschen kaufen statt von einem Unternehmen. Zwischen Menschen entwickeln sich Vertrauen und Ver­trautheit. Mit­tler­weile gibt es Betriebe im Di­en­stleis­tungs­bere­ich, bei denen der Kunde Einfluss darauf nehmen kann, wer ihn betreut.

„In vielen Branchen ist die Loyalität zum Ansprech­part­ner am stärksten ausgeprägt, vor allem dort, wo es um eine ver­trauensvolle Zusam­me­nar­beit geht.“

Eine Grund­vo­raus­set­zung für loyale Kunden sind darum loyale Mitarbeiter. Diese haben eine starke Affinität zur Firma oder sind von den Produkten und Marken absolut überzeugt. Durch eine un­mo­tivierte Belegschaft können rund 20 % an Produktivität eingebüßt werden. Daher sollten Sie her­aus­finden, ob Ihre Mitarbeiter sich zu Ihrem Unternehmen mit Stolz bekennen und es sogar verteidigen, falls es kritisiert wird. Fragen Sie, ob Ihre Leute in der Öffentlichkeit das Firmenlogo oder Mi­tar­beit­er­ausweise tragen würden. Geben Sie Ihren Mi­tar­beit­ern im Rahmen abge­sproch­ener Grenzen Raum, sich zu entfalten und auf Kunden einzugehen. Schaffen Sie unnötige Ser­vice-Richtlin­ien ab, verzichten Sie auf Bürokratie.

Das Management der Kun­denkon­takte

Für Ihre Kunden gibt es zahlreiche Momente, in denen sie mit Ihrem Unternehmen in Kontakt treten. Das sind neben Live-Begeg­nun­gen Telefonate, E-Mails oder das Nutzen der Parkplätze. Auch Empfehlun­gen von Kollegen, über die Medien oder über Such­maschi­nen und Blogs im Internet sind erste Berührungspunkte zwischen Kunden und Unternehmen. Um diese Kun­denkon­tak­t­punkte zu optimieren, müssen Sie folgendermaßen vorgehen:

  • Iden­ti­fizieren Sie alle relevanten Berührungspunkte und klären Sie, was dem Kunden dort an Positivem wie Negativem begegnet und welche Mitarbeiter beteiligt sind. Legen Sie dabei eine Wertigkeit für den Kunden fest, wobei der persönliche Kontakt besonders hoch bewertet wird.
  • Legen Sie für jeden Kon­tak­t­punkt Ba­sis­stan­dards fest. Alle Faktoren, die den Kunden enttäuschen, müssen beseitigt werden. Besprechen Sie gemeinsam mit Ihrem Team, welche Berührungspunkte verbessert werden sollen und welche Überraschun­gen – so genannte „Begeis­terungs­fak­toren“ – eingesetzt werden können. Dazu zählen z. B. Geschenke oder, wie es ein Hotel vormacht, der einfache Trick, Wünsche vor der Anreise erfragen.

Kun­den­loy­alität online

Kun­den­loy­alität im Internet – auch das ist ein Aspekt, an den Sie bei Ihren Überlegungen zum Aufbau von Loyalitäts­beziehun­gen denken sollten. Im Internet haben Sie dann loyale Kunden, wenn diese Ihre Webseiten wiederholt anklicken, um zu kaufen, sich zu informieren und zu kom­mu­nizieren.

„Kunden sind heute nicht mehr ahnungslos und isoliert, sie sind bestens vernetzt und informiert.“

Stellen Sie Ihren Kunden eine Plattform zum In­for­ma­tion­saus­tausch zur Verfügung – Stichwort Net­zge­mein­schaft oder „Community“. Die Automarke Mini etwa bietet Gle­ich­gesin­nten Raum für Gespräche, Fotos, Kaufgeschäfte und stärkt so die Loyalität zur Marke.

Wenn Sie einen Online-Shop betreiben, erreichen Sie Kundentreue, indem Sie neben optimalem Design der Website diese Punkte beachten:

  • Ein Be­ratungssys­tem: Dieses gibt dem Kunden Hinweise, ob das gewählte Produkt für ihn vorteilhaft ist oder ob es evtl. sogar Nachteile beinhaltet.
  • Zum Produkt passende Hinweise aus einer On­line-Com­mu­nity oder entsprechende Kommentare aus sozialen Netzwerken wie Twitter.
  • Infos rund um die On­line-Bestel­lung: Wann kommt die Ware? Wie werden Retouren behandelt?
  • Aktuelle Inhalte: Dazu gehören aktuelle Infos, Umfragen, Tipps und Tricks oder Gewinn­spiele.
  • Newsletter: Richten Sie Newslet­ter-Verteiler mit den E-Mail-Adressen der Kunden ein. Bieten Sie parallel dazu RSS-Feeds an, die Ihre Kunden abonnieren können.
  • Such­maschi­nenop­ti­mierung: Stellen Sie sicher, dass Ihr Unternehmen und Ihre Marken in Such­maschi­nen gefunden werden.
  • Soziale Netze: Engagieren Sie sich in Net­zge­mein­schaften wie Facebook, Xing oder Wer-kennt-wen.
  • Kun­den­di­a­log: Der so genannte Af­ter-Sales-Di­a­log muss ein Bestäti­gungss­chreiben, In­for­ma­tio­nen über die Lieferung und in­di­vidu­elle Angebote enthalten.
  • Persönliche Ansprech­part­ner: Bei Problemlösungen sollte immer der Mensch ins Spiel kommen.
„Loyalität ist immer emo­tions­be­haftet.“

Arbeiten Sie an Ihrem guten Ruf: Mund­pro­pa­ganda im Netz, Online-Buzz, ist heutzutage ein Muss. Wenn die schlecht ist, müssen Sie um Ihre Kunden fürchten: Hotels, die im Internet schlecht bewertet wurden, haben jeden fünften Gast verloren.

Sie können dem vorbeugen, indem Sie über die Google-Blog-Suche, über Yasni oder Technorati Ihre Antennen im Netz ausrichten und her­aus­finden, ob es Kritik oder Lob für Sie gibt. Setzen Sie sich mit den genannten Schwach­stellen auseinander und iden­ti­fizieren Sie neue Trends und Pro­duk­tideen.

Viel zu simpel: Empfehlen Sie uns weiter!

Wussten Sie, dass etwa 40 % aller Unternehmen kein aktives Empfehlungs­mar­ket­ing betreiben? Dabei ist doch der empfehlende Kunde Ihr Topverkäufer. Ein Neukunde, der auf eine Empfehlung zu Ihnen kommt, ist quasi ein Interessent mit Ab­schlussgarantie.

„Loyalität bekommt nur der geschenkt, der Kun­den­er­wartun­gen deutlich übertrifft.“

Machen Sie pro­fes­sionelles Empfehlungs­mar­ket­ing zur Chefsache. Beachten Sie dabei, dass nur derjenige Kunde Empfehlun­gen aussprechen wird, der von Ihnen, Ihrem Produkt, Ihren Mi­tar­beit­ern oder Ihrem Unternehmen wirklich überzeugt ist.

Sofern Sie über einen großen Kun­denbe­stand verfügen, aber nur selten persönlichen Kontakt zu Kunden herstellen, ermitteln Sie die Empfehlungs­bere­itschaft. Der Fachmann in Sachen Loyalität, der amerikanis­che Wirtschaftsstratege Frederick F. Reichheld, favorisiert dabei die „ultimative Frage“. Sie lautet: „Wie wahrschein­lich ist es, dass Sie Unternehmen X an einen Freund oder Kollegen weit­erempfehlen werden?“ Messen Sie die Antworten auf einer Skala von 0 (un­wahrschein­lich) bis 10 (äußerst wahrschein­lich).

„Loyalität ist freiwillige Treue. Kun­den­bindung hingegen lässt uns an Fesseln denken.“

Kunden, die mit 9 oder 10 antworten, sind Promotoren. Als Kritiker gelten diejenigen, die mit 0 bis 6 antworten – sie werden von den Promotoren abgezogen. Kunden, die mit 7 oder 8 antworten, sind „passiv Zufriedene“ und werden bei der Berechnung des Net Promoter Score (NPS) nicht berücksichtigt. Ziehen Sie die Kritiker von den Promotoren ab, und Sie erhalten den NPS. Einen Topwert von plus 68 erreicht z. B. Porsche, Opel hingegen nur minus 7.

„Dort wo Produkte nicht mehr faszinieren können, dort müssen es die Menschen tun.“

Dann messen Sie die Empfehlungsrate. Drei Fragen reichen dazu aus:

  1. Wie ist der Kunde auf das Unternehmen aufmerksam geworden? So bekommen Sie den Prozen­tan­teil an Kunden, die über Mund­pro­pa­ganda gekommen sind – die Empfehlungsrate.
  2. Was genau hat der empfehlende Kunde über das Unternehmen bzw. über das Produkt berichtet? Mit dieser Frage erhalten Sie konkrete Aussagen über die er­fol­gre­ichen Produkte oder Services Ihres Hauses und können rückschließen, wie sich Ihr Angebot entwickeln lässt.
  3. Welcher Kunde hat das Unternehmen empfohlen? Hier ergibt sich die Chance, wieder in Kontakt mit dem Empfehler zu treten, sich zu bedanken und vielleicht sogar ein Geschenk zu überreichen.

Über die Autorin

Anne M. Schüller ist Dipl.-Be­trieb­swirtin und arbeitet seit 2001 als Man­age­ment­ber­a­terin mit Spezial­ge­biet Loyalitätsmarketing. Sie ist auch Autorin der Bücher Kundennähe in der Chefetage und Come back!