Yes, we can
Die gute Nachricht lautet: Frauen haben die Macht. Die schlechte: Sie wissen es noch nicht. Zu sehr eifern sie männlichen Karrieremustern nach, wollen Kinder, Job und Ehe unter einen Hut bringen, geraten so in ständigen Termindruck und arbeiten bis zum Umfallen. Zurzeit ändert sich allerdings das wirtschaftliche Umfeld. Der Punkt ist gekommen, an dem Frauen umdenken und sich ihrer Macht bewusst werden können – ganz im Sinne des Konzepts „Womenomics“, einer Initiative mit dem Ziel, das Berufsleben so zu gestalten, dass es der Individualität jeder Frau gerecht wird.
Studien und Fakten
Frauen sind ein starker Wirtschaftsfaktor und bringen den Unternehmen zahlreiche Vorteile. Mehrere Studien haben Folgendes nachgewiesen:
- Ein hoher Frauenanteil führt zu mehr Profit: Das hat die Pepperdine University im kalifornischen Malibu herausgefunden, die 215 Fortune-500-Unternehmen untersuchte. Die Firmen mit der höchsten Frauenförderung lagen rund 116 % über dem Durchschnitt ihrer Branche hinsichtlich Eigenkapital, 46 % in Bezug auf den Ertrag und 41 % beim Betriebsvermögen.
- Weiblicher Führungsstil verspricht Erfolg: Die Ergebnisse einer Harvard-Studie aus dem Jahr 2008 deuten darauf hin, dass Frauen mit mehr Empathie ausgestattet sind und es ihnen darum leichter fällt als ihren männlichen Kollegen, dauerhafte soziale Netzwerke zu Kollegen und Geschäftspartnern aufzubauen. Frauen kümmern sich häufiger darum, dass es anderen gut geht – das führt zu Win-win-Situationen und zu erhöhter Kundenbindung.
- Frauen treffen die meisten Kaufentscheidungen in Privathaushalten: Und sie kaufen gern Dinge, die von Frauen für Frauen entwickelt wurden, seien es Haushaltsgeräte, Designobjekte, Dienstleistungen oder Autos. 85 % aller Autokäufe werden von Frauen beeinflusst, und inzwischen werden mehr als die Hälfte aller Pkws in den USA von Frauen gekauft. Ford und Toyota berücksichtigen bei der Fahrzeugentwicklung bereits bewusst Frauenwünsche (z. B. Befestigungshaken im Kofferraum oder fingernagelfreundliche Türgriffe).
- Fachkräfte werden rar: Ab 2012 werden in den USA rund 6 Millionen Menschen fehlen, um die Lücke zu schließen, die zwischen der Anzahl vorhandener Hochschulabgänger und derjenigen benötigter Arbeitskräfte klafft. Der Grund: Die geburtenstarken Jahrgänge, die Babyboomer, werden in Rente gehen. Der so genannte Pillenknick wird unweigerlich spürbar werden. Für Frauen ist dies die Chance, gute Jobs zu ergattern. Bereits heute stellen Frauen rund 50 % aller Fachkräfte, und sie müssen entsprechend umworben werden.
Was Frauen wirklich wollen …
… ist ein Leben, das den Ausgleich zwischen Beruf, Kindern und Partnerschaft ermöglicht. Mit anderen Worten: Freiheit, Selbstbestimmung und Kontrolle über die eigene Zeit. Viele Frauen sind bereit, auf weitere Karrieresprünge zu verzichten. Denn die sind meist mit enormem zusätzlichem Zeitaufwand und vielen Reisen verbunden. Das können die meisten berufstätigen Frauen, zumal als Mütter kleiner Kinder, schlichtweg nicht in ihrem Tagesplan unterbringen. Die meisten Frauen wünschen sich von ihren Arbeitgebern mehr Flexibilität. Das ist der Schlüssel zur Zufriedenheit. Denn die Berufstätigkeit führt bei Frauen immer wieder zu Konflikten zwischen Privat- und Geschäftsleben.
Flexibilität am Arbeitsplatz
Arbeitgeber, die ihre Arbeitszeitmodelle und Arbeitsplätze flexibler gestalten, können positive Effekte wie die folgenden verzeichnen:
- Die Fluktuation sinkt: Continental Airlines in Houston hat mit 5 % eine für diese Branche äußerst geringe Fluktuationsquote (üblich sind 40 %). Das Geheimnis: Die rund 600 Sachbearbeiter der Reservierungsabteilung arbeiten von zu Hause aus.
- Arbeitnehmer sind zufriedener, wenn sie sich ihre Zeit selbst einteilen können. Das hat eine Studie der Cranfield University School of Management bei sieben Topunternehmen ermittelt. Eine Anwaltskanzlei in Chicago stellte ihren Honorarmodus um und bietet ihren Anwälten seither an, entweder für ein sehr hohes Gehalt rund 2000 Arbeitsstunden pro Jahr zu leisten, oder nur rund 1800 Stunden abzurechnen, weniger zu verdienen, aber dafür mehr Zeit für das Privatleben zu haben. Über die Hälfte der Anwälte entschied sich für zweite Option.
Frauen müssen umdenken
Frauen sind gefordert, umzudenken. Sie dürfen den Erfolg nicht mehr aus Visitenkarten mit tollen Jobbezeichnungen und möglichst vielen Arbeitsstunden im Büro ableiten. Das Gegenteil ist angesagt: Verabschieden Sie sich vom Statusdenken und werden Sie sich Ihrer wirklichen Ziele bewusst. Die Kernfrage ist, womit Sie Ihre Lebenszeit verbringen möchten. Ihr Job ist zwar wichtig, aber er ist bei Weitem nicht alles. Formulieren Sie Ihre Ziele im Hinblick darauf, was für Sie sinnvoll ist, was Ihnen am meisten Spaß und Zufriedenheit bietet. Definieren Sie, wie viele Stunden pro Woche Sie arbeiten möchten. Überlegen Sie einmal, ob Ihnen mehr Freizeit mehr wert wäre als ein höheres Gehalt. Malen Sie sich aus, wie es wäre, eine Beförderung abzulehnen und dafür weniger Stunden in der Woche zu arbeiten und mehr Zeit für die Dinge zu haben, die Ihnen wichtig sind. Stellen Sie sich vor, wie Ihr Leben in einer perfekten Work-Life-Balance aussehen würde.
„Arbeiten Sie cleverer, nicht mehr – unsere idiotensichere Womenomics-Formel wird Ihr Universum verändern.“
Wenn es Ihnen von jetzt an gelingt, regelmäßig Ihre Kinder von der Schule abzuholen und am Nachmittag mit ihnen zwei Stunden zu Hause zu verbringen, könnte es gut sein, dass Ihnen diese Zeit weitaus mehr Sinn und Zufriedenheit gibt, als zwei weitere Überstunden oder eine Gehaltserhöhung es je könnten. Es geht darum, dass Sie Ihre Werte und Ihre Erfolgskriterien neu definieren – und darum, dass Sie Erfolg nicht länger am Gehalt messen, sondern an dem, was Sie in Ihrem Leben erreichen möchten. Nehmen Sie einen Stift zur Hand und schreiben Sie Ihre Überlegungen als Erinnerungsstütze auf.
Schuldgefühle behindern Sie nur
Für Frauen sind Schuldgefühle typisch. Sie glauben häufig, sich nicht ausreichend um Partner, Kinder, Familie, Eltern oder Job zu kümmern und nie allen Ansprüchen zu genügen. Doch Schuldgefühle behindern die eigene Entwicklung und Zufriedenheit. Sie können ihnen entkommen, indem Sie lernen, öfter Nein zu sagen und es nicht immer allen recht machen zu wollen. Lassen Sie nicht zu, dass Ihr schlechtes Gewissen Ihren Erfolg und Ihre Zufriedenheit sabotiert. Ein Nein setzt Grenzen. Sie können es höflich, aber bestimmt äußern. Eine elegante Vorgehensweise, Dinge abzublocken, ist: „Ich würde gerne helfen, aber ich habe gerade andere Prioritäten.“ Oder: „Normalerweise mache ich das gerne. Aber im Moment habe ich zu viele andere Projekte. Ich könnte XY für Sie fragen, wenn Sie möchten.“ Nein sagen zu können, ist für ein selbstbestimmtes Leben essenziell.
Schlauer arbeiten
Gerade perfektionistisch veranlagte Geschäftsfrauen tappen häufig in die Nonstop-Arbeitsfalle. Sie müssen lernen, in Zukunft schlauer statt mehr zu arbeiten:
- Nehmen Sie Ihr Zeitmanagement genau unter die Lupe und analysieren Sie, wo Sie Zeit verplempern (Internetsurfen, Gespräche in der Kaffeeküche). Wenden Sie das Pareto-Prinzip an, das besagt, dass 80 % jedes Ergebnisses mit rund 20 % des Aufwands erreicht werden. Finden Sie heraus, auf welche 20 % Ihrer Arbeit Sie sich konzentrieren sollten, und arbeiten Sie strikt danach. Also nicht: Erst noch eine Dokumentation fertigstellen, sondern besser: Den lange schon auf der To-do-Liste stehenden potenziellen Kunden ansprechen.
- Notieren Sie sich Ihre Ziele für diese Woche, diesen Monat und dieses Jahr. Machen Sie einen Plan, wie Sie diese erreichen wollen, und arbeiten Sie ihn konsequent ab. Lassen Sie sich nicht von kleineren, vermeintlich leichteren Aufgaben auffressen.
- Prüfen Sie, ob Sie wirklich bei allen Meetings, an denen Sie teilnehmen, auch teilnehmen müssen. Oft sind sie reine Zeitverschwendung. Lesen Sie lieber anschließend den Bericht gründlich durch.
- Schlagen Sie Termine, vor allem Deadlines, selbst vor – so bleiben Sie Herrin Ihrer Zeit.
- Ziehen Sie Telefonkonferenzen Livemeetings vor und gewinnen Sie so Zeit.
- Lesen Sie Ihre E-Mails nur zweimal täglich, z. B. um 11 Uhr und um 16 Uhr. Das ist in den meisten Fällen völlig ausreichend. Am Wochenende checken Sie Ihre E-Mails nur noch einmal.
- Schalten Sie Ihr Handy oder Ihren BlackBerry abends und am Wochenende aus.
So steigt Ihr Wert
Ihr Wert für Ihren Arbeitgeber ist umso höher, je weniger Zeit Sie ihm zur Verfügung stellen – allerdings nur, sofern Sie auch exzellente Ergebnisse bringen. Aber Achtung: Es hilft nicht, wenn Sie stets perfekt sein wollen. Gut genug reicht völlig. Lernen Sie, loszulassen und nicht alles selbst kontrollieren zu wollen. Das Zauberwort heißt „delegieren“. Diese Fähigkeit zeichnet Sie überdies als gute Führungskraft aus. Sagen Sie gelegentlich – aus strategischen Gründen – zu einer Aufgabe Ja, obwohl Sie gar nicht so versessen darauf sind. Tun Sie dies bei Dingen, die Ihrem Chef besonders am Herzen liegen. Dieses Ja kann viele Neins ausgleichen. Halten Sie sich über Branchentrends auf dem Laufenden und schlagen Sie neue Aktivitäten vor. Lernen Sie außerdem, sich und Ihre Leistungen in ein gutes Licht zu rücken. Männern fällt das leichter, Frauen müssen es oft erst noch lernen. Gewöhnen Sie sich an, Ihre Wünsche in Bezug auf Ihre Arbeit zu formulieren und für sie einzustehen. Nur wenn Sie sie klar ausdrücken, haben Sie die Chance, die Arbeitsbedingungen zu bekommen, die Sie wollen.
Verhandeln Sie neu
Wenn Sie mit Ihrem Vorgesetzten sprechen, um Ihren jetzigen Job Ihren Bedürfnissen anzupassen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Weisen Sie auf Ihre Leistungen hin und bleiben Sie sachlich.
- Zeigen Sie, wie sich Ihre von zu Hause aus erbrachten Leistungen konkret messen lassen. Schlagen Sie ggf. eine Testphase vor.
- Verhandeln Sie nur, wenn Sie gute Laune haben, niemals, wenn Sie wütend sind.
- Prüfen Sie mögliche Einwände Ihres Chefs im Voraus und sehen Sie das Problem durch seine Brille. Halten Sie eine Lösung parat.
- Überlegen Sie genau, worum Sie konkret bitten wollen: weniger Arbeitsstunden, seltenere Präsenz am Arbeitsplatz, einen freien Vormittag, flexiblere Arbeitszeiten. Je konkreter Sie Ihre Bedürfnisse kennen, desto eher werden Sie bekommen, was Sie möchten und was Ihnen zusteht.