Präzise Ziel gewinnen
Am Anfang aller Innovationsbemühungen stehen präzise, produktive Ziele. Diese definieren Sie, indem Sie Wünsche präzisieren, indem Sie für bekannte Objekte neue Verwendungszwecke suchen oder indem Sie Schwachstellen in einem System aufspüren.
Beim Formulieren von Zielen behalten Sie Fakten, Vorhersagen und Absichten im Fokus. Beziehen Sie in Ihre Überlegung alle wichtigen Elemente mit ein: Für eine erfolgreiche Problemlösung müssen Sie zahlreiche Kategorien – Ziele, Bedingungen, Bewertungskriterien, Mittel, Folgen sowie die Zuordnung von Mitteln und Folgen – sorgfältig erfassen.
Die Prinzipien der Prometik
Die drei Prinzipien der Prometik sind Finalität, Vollständigkeit und Denkökonomie:
- Finalität heißt Zwecke zu definieren und sie zu verfolgen.
- Das Prinzip Vollständigkeit unterstellt ein theoretisch vollständiges Set für jede Kategorie eines Systems. Bei bestehenden Lösungen oder Systemen ist eine bestimmte Menge an Möglichkeiten bereits berücksichtigt worden. Die Betrachtung der Differenz zwischen dem bereits Realisierten und der theoretischen Annahme des Realisierbaren ist der entscheidende Schritt zum Erreichen der Vollständigkeit.
- Die Ökonomie des Denkens strebt nach Minimierung des geistigen Aufwands. Denkökonomie besteht im Prinzip aus Abstrahieren und Konkretisieren von Sachverhalten. Der Abstraktionsprozess ist eine Kompression einer Menge von Objekten auf einige Begriffe. Das Gegenstück dazu, die Konkretisierung, besteht in der „Entfaltung weniger Begriffe zu einer Fülle von Objekten“.
System und Zielfindung
Wollen Sie eine variable Größe in einem bestehenden Zusammenhang ändern, betrachten Sie das Ganze als System. Jede variable Größe ist in unterschiedlichem Maße von anderen abhängig. Als System bezeichnen wir das Modell der Wirklichkeit, welches diese Beziehungen abbildet.
„Beim Problemlösen geht es darum, neue Beziehungen herzustellen, die vorher nicht bestanden. Das ist eine gänzlich andere Aufgabe als die, sich an Beziehungen zu erinnern.“
Um zu einem sinnvollen Modell zu gelangen, übernehmen Sie nur das Wichtigste. Nebensächlichkeiten sollten nicht Teil des Modells sein. Sie müssen beurteilen, was wichtig und was unwichtig ist. Wenn es zu dieser Entscheidung kommt, bedienen Sie sich der „leitenden Gedanken“.
Von denen gibt es drei Klassen, die sich nach ihrer Wirkungsrichtung unterscheiden: Sie können sich a) auf das System selbst, b) auf einzelne Elemente oder c) auf andere Systeme beziehen.
„Die Ökonomie des Denkens scheint der Ökonomie der Natur verwandt zu sein.“
Beispiele für leitende Gedanken sind das Bestreben einer biologischen Art, sich selbst zu erhalten, die Selbstheilungsfähigkeit des menschlichen Körpers oder die Aufgabe der Energieversorgung, die ein Generator erfüllt.
Für die Zielfindung ist eine systemische Betrachtung zweckmäßig, denn das System fasst als Modell alle Fakten übersichtlich zusammen. Systeme dienen folglich dazu, Ziele präzise zu definieren und zu konkretisieren. Leitende Gedanken hingegen sind „Superziele“, die Ihnen bei der Ableitung verschiedenster Ziele helfen können.
„Systeme helfen, Ziele zu präzisieren und zu konkretisieren.“
Denkfiguren der Prometik
- Ziel realisieren: Präzisieren Sie in einem ersten Schritt das Ziel. Wünsche, Schwachstellen in bestehenden Systemen oder auch alternative Verwendungsmöglichkeiten können dabei hilfreich sein. Über eine Auswahl von Suchbegriffen umreißen Sie das Feld der Suche. Achten Sie dabei darauf, zu einer vollständigen Vorauswahl zu gelangen. Den Suchbegriffen ordnen Sie dann Mittel zu, die für die Erreichung des Ziels notwendig sind. Anhand vorab festgelegter Bewertungsbegriffe können Sie die potenziellen Lösungen beurteilen und sich für eine entscheiden.
- Mitwirkende an Zielen beteiligen: Es gibt immer sachlich gebotene, „objektive Produktziele“, die ein Team oder eine Organisation zu erbringen hat. Daneben existieren individuelle, „subjektive Prozessziele“ der Handelnden. Diese sind z.B. das Streben nach Anerkennung, Geld oder Harmonie. Für den Erfolg sollten beide Zielarten in Einklang gebracht werden.
- Neue Anwendungen für bestehende Systeme: Innovative Lösungen können auch aus neuen Verwendungszwecken bereits bestehender Systeme entstehen. Entweder das gesamte System, einzelne Teile davon oder auch nur bestimmte Eigenschaften liefern dazu den Ansatzpunkt.
- Bewerten: Das Bewerten von Systemen, Vorstellungen, Handlungen oder Personen ist immer auch eine kreative Leistung. Nicht selten ist die Beurteilung einer Idee die Voraussetzung für deren Durchsetzung. In einfachen Fällen bewerten Sie etwa über ein Ausschlussverfahren oder einfaches Priorisieren. Bei steigendem Schwierigkeitsgrad oder großer Komplexität helfen beispielsweise eine Optionstabelle oder auch das Matrixverfahren.
- Kritische Variablen finden: Die Veränderung der so genannten kritischen Variablen eines Systems bringt den größten Vorteil. Analysieren Sie gründlich das Gesamtsystem und wenn nötig die einzelnen Teilsysteme. Achten Sie auf Defizite und Zielkonflikte. Priorisieren und präzisieren Sie die Mängel und ergründen Sie die Abhängigkeiten der einzelnen Variablen.
- Kritische Variablen verbessern: Die Suche nach dem Konflikt zwischen verschiedenen Anforderungen an ein System liefert häufig den Schlüssel für Verbesserungsmöglichkeiten. Die kritischen Variablen sind der Schlüssel zur Lösung.
- Widersprüche formulieren: Erst nach dem Formulieren von Widersprüchen zeigt sich, ob sie unlösbar, temporär unlösbar, per Kompromiss bzw. durch kreative Methoden lösbar oder aber auch nur scheinbar sind.
- Pointieren: Eine mehrmalige Betrachtung von Ursachen und Mitteln aus unterschiedlichen Blickwinkeln hilft, eine Variable zu finden, deren Veränderung das Problem löst oder es positiv beeinflusst.
- Metamorphosen durchführen: Nachdem Sie die kritischen Variablen erkannt haben, lässt sich das System durch zielgerichtete Veränderung produktiv verändern. Die drei Elementaroperationen der Metamorphose sind das Hinzufügen, Unterteilen oder Wegnehmen.
- Multifunktionalität einführen: Wenn der Aufwand für eine Lösung zu hoch erscheint, versuchen Sie ihn durch Multifunktionalität zu senken; suchen Sie also nach weiteren Funktionen, die Ihre Lösung übernehmen kann.
- Spezialisieren: In Umkehrung zur Multifunktionalität isolieren Sie zwei Funktionen, die sich gegenseitig behindern, und optimieren sie einzeln. Das gelingt allerdings nur, wenn beide Funktionen nicht zu stark verzahnt sind.
- Gutenberg-Methode: Wie bei der Erfindung des Buchdrucks, welcher der Vervielfältigung von Bibeln diente, isolieren Sie Teilprozesse, optimieren diese und standardisieren sie.
- Wirkprinzip variieren: Schon kleine Veränderungen des Wirkprinzips, also des entscheidenden Prinzips eines Systems, können ein Problem lösen. Dafür formulieren Sie das Wirkprinzip mit seinem Ziel und seinen Mitteln, identifizieren das Problem und versuchen durch Variationen oder das Vertauschen von Ziel und Mittel die Aufgabe zu lösen.
- Panoramamethode: Beschreiben Sie in einem ersten Schritt das System mit seinem Widerspruch. Entwickeln Sie daraus ein abstraktes Modell. Aus diesem leiten Sie wiederum ein konkretisiertes System ohne den Widerspruch des ursprünglichen Systems ab. Als letzten Schritt konkretisieren Sie die Mittel, die zum Erreichen des Zieles notwendig sind.
- Planung vorwärts: Benennen Sie das Wirkprinzip und legen Sie zwischen Ausgangslage und Endziel markante Punkte als Teilziele fest. Erkennen Sie kritische Variablen sowie solche, die davon abhängig sind. Vervollständigen Sie die einzelnen Planungspunkte durch Benennen der dazugehörigen Mittel.
- Planung rückwärts: Mit dieser Denkfigur können Sie Engpässe, die vor dem Erreichen des Ziels liegen, beseitigen. Identifizieren Sie den Engpass, ordnen Sie dessen Bewältigung Mittel zu und bewegen sie sich im Denkprozess rückwärts bis zum Ausgangspunkt.
- Negation: Bei dieser Methode schließen Sie alles Unerwünschte aus. Dazu erstellen Sie einen Kriterienkatalog mit allen nicht gewünschten Parametern. Dann machen Sie sich auf die Suche nach Alternativen.
- Kombination: Es gibt zwei kombinative Optionen. Bei der expansiven werden große Mengen mit wenigen Grundelementen dargestellt (z. B. Wörter werden aus Buchstaben gebildet). In der reduktiven Variante verhält es sich umgekehrt: Eine gegebene Menge wird mit einem Minimum an Elementen dargestellt (z. B. Abbildung menschlicher Laute durch Buchstaben).
- Kontrolliertes Erweitern: Beschreiben Sie in einem ersten Schritt das System, seine Teile, die Beziehung zwischen ihnen und die Eigenschaften der Teile sowie der Beziehungen. Finden Sie neue Kombinationen. Während des Konkretisierens reduzieren Sie die Anzahl der Kombinationen.
- Analogien finden: Analogien finden Sie durch Abstraktion eines Wirkprinzips und seine Übertragung auf andere Anwendungsbereiche. Ein typisches Anwendungsgebiet ist die Bionik: Phänomene aus der Natur bilden die Grundlage ingenieurtechnischer Lösungen.
- Effizienzen finden und steigern: Finden Sie im ersten Schritt heraus, welche Aufwandsgröße (kritische Variable) die größte Wirkung auf die gewünschte Ertragsgröße hat. Ermitteln Sie im Folgenden die beiden Extremwerte für minimalen Aufwand und maximales Ergebnis. Fokussieren Sie auf die entscheidenden Parameter, um die Effizienz des Systems zu verbessern.
- Partielle Konkretisierung: Bei dieser Methode finden Sie zuerst die kritische Variable. Konkretisieren Sie den Plan so weit, dass Sie den Wert für die kritische Variable ermitteln können. Anhand dieses Wertes beurteilen Sie dann die Grundidee. Unterziehen Sie alle kritischen Variablen der gleichen Prozedur.
- Partielle Umkehrung: Diese Methode kommt dann zum Einsatz, wenn eine Zielgröße nicht verändert werden kann, ohne dass sich auch andere Größen unerwünscht verändern. In diesem Fall sollte sich die Suche darauf konzentrieren, kompensierende Größen festzustellen, diese zu variieren und zum Schluss eine auszuwählen und zu konkretisieren.
- Zentralisieren: Ein System ist zentralisiert, wenn seine Elemente mit einem Zentralelement verbunden sind. Als Zentralisieren bezeichnet man einen Vorgang, bei dem diese Verbindung verstärkt wird. Zentralisierung erscheint sinnvoll, wenn die Einzelleistungen kostenintensiv, einheitlich und stark nachgefragt sind. Gleichzeitig sollte der Transport effektiv und preiswert organisiert werden können.
- Dezentralisieren: Bei einen dezentralisierten System gibt es zwischen dem Zentrum und den Elementen nur einen auf das Minimum reduzierten Austausch. Dezentralisierung erreicht man dadurch, dass die einzelnen Elemente untereinander verbunden sind, über eine größere Autonomie verfügen oder durch eine Hierarchieebene vom Zentrum getrennt sind.
Zum Gebrauch der Prometik-Denkfiguren
Beim Arbeiten mit diesen Denkfiguren sind immer die Prinzipien der Denkökonomie, Vollständigkeit und Finalität zu beachten. Behalten Sie diese Prinzipien im Hinterkopf, wenn Sie mithilfe einer Denkfigur eine Lösung suchen.
„Leitende Gedanken sind Superziele, die der Generierung diverser Ziele dienen können.“
Grundsätzlich helfen Denkfiguren immer beim Lösen von Problemen. Allerdings können verschiedene Ansätze zum Ziel führen. Insofern gibt es keinen verbindlich vorgeschriebenen Ansatzpunkt. Um ein Problem zu identifizieren, kann man es einer Problemklasse zuordnen. Anhand dieser Zuordnung lässt sich dann die entsprechende Denkfigur ermitteln, die den Problemlöser befähigt, eine Lösung zu finden.