Der wirtschaftlich vernünftig denkende Mensch
Warum vertrauen Menschen ihre Geldgeschäfte Anlageberatern an? Zum einen sind da die miserablen rechnerischen Fertigkeiten, die wir in der Schule vermittelt bekommen haben. Die Folge ist: Viele scheuen sich davor, sich mit Zahlen zu beschäftigen und ein Investitionsrisiko einzuschätzen. Hinzu kommt, dass Geld mit gewissen Tabus verbunden ist. Selbst der Mensch, mit dem man zusammenlebt, weiss oft nicht, was der andere verdient und wie viel er oder sie auf dem Sparkonto hat. Der dritte Punkt ist, dass Geld häufig die Ursache für persönliche Konflikte darstellt. In einer Partnerschaft geht es bei einem Drittel aller Auseinandersetzungen um Geld. Dabei beschuldigen sich die Partner gegenseitig, sich bei Finanzangelegenheiten verantwortungslos und irrational zu verhalten. Viertens gelingt es uns kaum, unsere eigene Einstellung zum Risiko rational zu analysieren. Zumal ja diese Einstellung von der Persönlichkeit und den gemachten Erfahrungen eines jeden beeinflusst wird. Auch wenn weiterhin am Bild eines Menschen festgehalten wird, der seine Entscheidungen im Hinblick auf Ausgaben, Investitionen und Risiken völlig korrekt einschätzt: Seien Sie sich bewusst, dass dies ein Trugbild ist.
Informationen über Informationen ...
Der Erwartungsdruck, dem Anlageberater unterliegen, ist enorm. Er funktioniert nach dem Prinzip: Wenn alle meine Kollegen in xy investieren, dann muss ich schon sehr mutig sein, um etwas anderes zu tun. Und das selbst dann, wenn Sie den Verdacht hegen, dass die anderen sich nicht besonders vernünftig verhalten. Durch die Masse an Informationen, die Investoren analysieren müssen, verschlimmert sich das Problem weiter. Ein Beispiel: Gegenwärtig hat ein Aktienhändler Zugang zu Computersystemen, die ihm 28 verschiedene Bildschirmfenster öffnen und in Echtzeit die Aktienkurse aus der ganzen Welt zeigen. Es herrscht eine Informationsschwemme. Der Aktienindex der 100 grössten an der Londoner Börse notierten Unternehmen ändert sich von Minute zu Minute. Die Geschwindigkeit, mit der uns Informationen überfluten, macht diese Frist noch kürzer. Kritik wird laut, dass in der Finanzwelt nur kurzfristiges Denken und Handeln vorherrschen.
Wie Sie Ihr letztes Hemd verlieren
Es hat zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Booms gegeben. Doch wäre es falsch zu glauben, dass es sich hierbei nur um Habgier und einen primitiven Herdentrieb handelt. Bei jedem spekulativen Wahnsinn lässt sich beobachten, dass manche zwar verlieren, andere hingegen gewinnen. Bei den Verlierern sieht man, dass sie entweder zu spät kauften oder es einfach nicht übers Herz brachten, rechtzeitig zu verkaufen, nachdem sie bereits einen Profit erzielt hatten. Ausserdem waren auch immer viele Autoritätspersonen und Meinungsbildner am Börsengeschehen beteiligt. Während man den Kritikern kein Gehör schenkte, orientierte man sich vorzugsweise an den Reichen, Angesehenen, Berühmten. Ein dritter Punkt kann mit Hilfe der Theorie kognitiver Dissonanzen erläutert werden. Diese gibt Aufschluss über die Frage, warum viele Investoren, die von den oben erwähnten Trugschlüssen betroffen waren, klare Hinweise auf die Risiken von Spekulationen einfach ignorierten. Schenkt man der Definition der Dissonanztheorie Glauben, so sind zwei Elemente dann dissonant, wenn eine Aussage das logische Gegenteil der anderen ist. Danach verfolgen Anleger nicht nur das Ziel, Geld zu verdienen. Es geht vielmehr auch um psychologische Investitionen. Sie müssen sich selbst und anderen eine vernünftige Erklärung für ihr Verhalten geben.
Geld und Gewinn - eine Psychologie
In der Weltgeschichte stösst man auf einige sehr bemerkenswerte Beispiele von riskanten Investitionen. Ihnen gemeinsam ist die Motivation der Investoren: Sie sind stets getrieben von einer Mischung aus persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Wie auch immer man das Verhalten von Investoren deuten mag, fest steht, dass es jenes gewisse unbeschreibliche Gefühl im Bauch ist, das uns treibt, unser Geld anzulegen oder es spekulativ zu vermehren (bzw. zu verlieren). Für den einen ist Geld heilig, für den anderen hat es eine symbolische Bedeutung und wieder für den nächsten ist es eine sehr persönliche Sache. Ist es Zufall, dass es sich bei dem ersten Geld um Gold und Silber gehandelt hat? Wann immer wir mit Geldkapital in Berührung kommen, überfällt uns dieser seltsame Gefühlsmix aus Sorge, Furcht, Schuld und Panik. Zuweilen werden wir auch depressiv, wenn wir an Geld denken, und nur selten bereitet es uns Freude. So schreibt Keynes über die Liebe zum Geld, dass sie "eine dieser halb kriminellen, halb pathologischen Eigenschaften" sei, "die man mit einem Schaudern den Spezialisten für Geisteskrankheiten überlässt." Weshalb ist nun bei vielen Menschen die Motivation zum Erfolg und damit auch die emotionale Einstellung zum Geld so stark ausgeprägt? Jedenfalls werden diejenigen, die auf eine Befriedigung ihrer Bedürfnisse warten können, aller Wahrscheinlichkeit nach langfristig erfolgreich sein.
Lernen Sie, Informationen zu hassen
Mal Hand aufs Herz: Den meisten von uns ist es doch eher ein Graus, auch nur im Entferntesten an Zahlen zu denken. In vielen Theorien geht man vom wirtschaftlich rational denkenden und handelnden Menschen, also der perfekten Rechenmaschine, aus. Die Realität sieht jedoch anders aus: Alle Tatsachen sprechen dafür, dass es den meisten von uns schwer fällt, mit Statistiken umzugehen und die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Dabei ist genau diese Einstellung zu Zahlen und die Fähigkeit, sie miteinander zu vergleichen sowie Statistiken zu analysieren, ausschlaggebend für unser Anlagegeschick - und natürlich auch für die Fähigkeit, unser Geld zu schützen. Dafür spricht, dass wir uns an Makler wenden, weil wir ihnen jenes Fachwissen zutrauen, das uns fehlt. Aber wussten Sie schon, dass auch Börsenprofis nicht immer ausreichende Kenntnisse besitzen? Ein beträchtlicher Teil von ihnen kann überhaupt keine Ausbildung nachweisen, die für Investitionsentscheidungen relevant sein könnte! Im Ernst: "Wenn Ihr Arzt seinen Magister in Geschichte oder einen Abschluss als Automechaniker gemacht hätte, würden Sie ihm dann erlauben, Sie zu operieren?"
„Für Anleger ist es wichtig, nicht nur ihre eigene Einstellung zum Risiko zu verstehen ..., sondern auch ihre eigene Einstellung zum Sammeln und Beachten von Informationen.“
Aber wie zieht man nun richtige Schlüsse? Die alten Griechen versuchten es mit Hilfe des Syllogismus. Er stellt logisch notwendige Beziehungen zwischen verschiedenen Behauptungen auf: Wenn A grösser ist als B und B grösser ist als C, dann muss auch A grösser sein als C. Richtig? Wie sieht es dann aus mit: Alle Katzen sind sterblich. Michael Schumacher ist sterblich. Also ist Michael Schumacher eine Katze!? Zwar ist in diesem Fall die falsche Argumentation offensichtlich, weil wir wissen, dass Katzen keine Rennfahrer sind. Brenzlig wird es jedoch in Fällen, wo die Prämissen weniger deutlich sind und darum häufig die falschen Schlüsse gezogen werden. Auch Geschwindigkeit spielt eine Rolle. Je schneller Sie gezwungen sind, Entscheidungen zu treffen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Fehler machen werden.
Wie Sie mit der Informationsflut umgehen können
Jüngste Forschungen zeigen, dass in Stresssituationen derjenige Teil unseres Gehirns, der für das Gedächtnis und für die Integration von Informationen aus anderen Bereichen unseres Gehirns zuständig ist, zu degenerieren beginnt. Parallel dazu ist an der Börse und in Maklerbüros zu beobachten, dass die Informationen, mit denen Beschäftigte in der Finanzwelt umgehen müssen, Druck auf die natürliche Konstitution des menschlichen Gehirns ausüben. Es ist auch bekannt, dass wir den grösseren Teil unseres Wissens schon nach kurzer Zeit wieder vergessen haben. Nur selten haben Menschen ein absolutes Gedächtnis. Diese Tatsache stellt uns vor ein Problem: Welche Strategien können wir entwickeln, um mit dem Überangebot von Informationen fertig zu werden? Börsenprofis geniessen den Vorteil, dass Ihnen die modernsten Computer und Computerprogramme dabei helfen, mit dem Informationsschwall umzugehen. Hingegen sind private Anleger oft benachteiligt. Nur wenige verwenden Computermodelle. Den meisten Anlegern wird überhaupt nicht bewusst, wie viel sie nicht wissen.
„Welche Investmentstrategie auch immer man verfolgt, man sollte die Art Disziplin akzeptieren, der sich Charles Clark und Michael Barnard unterwerfen, und sich nur auf eine überschaubare Anzahl Aktien in wenigen Sektoren konzentrieren.“
Auch unser Ausbildungssystem scheitert bisher daran, den Menschen einen Weg dahin zu vermitteln, Finanzentscheidungen zufrieden stellend treffen zu können. Deshalb fühlen sich viele angesichts komplizierter Finanzstatistiken inkompetent und sind verwirrt. Eine Hilfe bieten hier Computerprogramme. Sie können das menschliche Rechendefizit kompensieren, indem sie Lösungen bieten, mit denen man das Verhältnis des Aktienkurses zum Anstieg des Gewinns und dem historischen Aktienwert berechnet. Aber: "Bei Investitionen muss man oft eine Wahl treffen, die auf einer Mischung aus Mathematik, Logik und persönlicher Vorliebe basiert." Eine typische Entscheidungssituation setzt voraus, dass das Individuum gut informiert ist und über das nötige Wissen verfügt, um die Information zu analysieren. Sie müssen mathematische und psychologisch komplexe Optionen gegeneinander abwägen. Sie müssen entscheiden, "wie viel Risiko Sie ohne Schmerzen aushalten können, und sich anschauen, welches Verhältnis zwischen dem Gewinn, den Sie möglicherweise erzielen können, und dem mit der Investition verbundenen Risiko besteht." Aber wie hoch ist denn überhaupt die Motivation privater Anleger, sich gut zu informieren? Wir müssen erkennen, dass die Informationsüberflutung heutzutage eine Tatsache ist. Niemand ist in der Lage, alle über Finanzmärkte verfügbaren Informationen zu verarbeiten. Der einzige Tipp, dem Sie vertrauen können, ist deshalb: Unabhängig davon, welche Investmentstrategie Sie verfolgen, akzeptieren Sie eine gewisse Art von Disziplin! Konzentrieren Sie sich dabei auf eine überschaubare Anzahl an Aktien in wenigen Sektoren! Nachdem Sie sich diese Grenze gesetzt haben, sollten Sie versuchen, diese Aktien so genau wie möglich zu verstehen! Lernen Sie dabei nicht nur, Ihre eigene Einstellung zum Sammeln und Beachten von Informationen, sondern auch Ihre eigene Einstellung zum Risiko zu verstehen.
Zur Psychologie des Risikos
Es gibt bestimmte Persönlichkeitstypen, die bereit sind, hohe Risiken einzugehen. Dies beeinflusst natürlich ihre Wahrnehmung von gewissen Situationen. Der englische Psychologe Michael Apter bemerkt in seiner "Reversal Theory", dass es Zeiten und Situationen gibt, in denen wir Ruhe und Frieden geniessen, während wir in anderen Anregung und Stimulation bevorzugen. Die Menschen pendeln zwischen einem Grenzzustand A, in dem wir ein geringes Mass an Erregung als friedlich und angenehm empfinden, und einem Gegenpol B, an dem wir geringe Erregung als langweilig empfinden. Wie häufig Menschen diesen Schwankungen unterliegen und welchen Zustand eine bestimmte Person als eher normal empfindet, hängt von ihrer Persönlichkeitsstruktur ab. Je ausgeprägter ein Mensch zu Typ A gehört, umso häufiger wird er Erregung meiden; je stärker er ein Typ B ist, umso mehr wird er Erregung suchen. Sogar an der Pulsfrequenz kann man Anhaltspunkte über die Persönlichkeit erhalten und auch ablesen, wie viel Risiko eine bestimmte Person einzugehen bereit ist. Führt man diesen Gedanken weiter, so kommt man zu dem Schluss, dass ein genaues Wissen um das eigene Finanzverhalten zu einer Änderung von Spar- und Ausgabemustern führen kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle unser Finanzgebaren genau kennen sollten. Für vorsichtige Menschen dürfte es dabei üblicherweise einfacher sein, ihr Anlageverhalten etwas zu ändern. Sie müssten sich nur vorstellen und überlegen, wie es wohl wäre, wenn sie grössere Risiken eingingen. Der nächste Schritt wäre dann, Aktien oder Kapitalanlagefonds genau zu studieren, denn für viele Menschen ist die Scheu vor dem Risiko eine Angst vor dem Unbekannten. Diejenigen, die gerne Risiken eingehen, stehen vor einem grösseren Problem. Ihnen könnte es schwerer fallen, Ihr Verhalten zu ändern. In diesem Falle empfiehlt es sich, die Geldanlagen einem Makler zu überlassen.