Bär oder Bulle?

Buch Bär oder Bulle?

Wie Sie mit Börsenpsychologie Ihr Geld vermehren

Ueberreuter,


Rezension

Bei den Überlegungen zur Vermögensbildung ist die Börse in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt getreten. David Cohen gelingt in Bär oder Bulle? eine er­staunliche, erquick­liche und dennoch kritische Be­tra­ch­tungsweise des Geschehens rund um das Geld. Cohens Kernaussage zufolge wird das Geschehen an der Börse und das Verhältnis zum Geld mehr von der Psyche als von der Ratio beeinflusst. In lockerer Art bezieht er sich dabei auf historische Gegeben­heiten, ohne jedoch auf wis­senschaftliche Fakten zu verzichten: Hier stehen eine Vielzahl von Interviews mit Börsenmaklern der Londoner City sowie namhaften Wirtschaft­sex­perten an erster Stelle. In der Tat kann dieser Ansatz gewisse Erklärungen für die vorübergehende Hausse der Dot­com-Un­ternehmen und die Turbulenzen, die der Neue Markt gerade erlebt, liefern. Zwei Fragebögen, mit denen Sie Ihre eigene Einstellung zu Geld und Risiko ermitteln können, sowie ein um­fan­gre­iches Glossar unterstützen Sie bei der Lektüre. BooksInShort.​com empfiehlt dieses Buch all jenen, die Ihr Geld erfolgreich anlegen wollen - auch Börsenprofis und Makler können von Cohens Werk profitieren.

Take-aways

  • Was für den einen eine riskante Aktion ist, kann für den anderen eine günstige Gelegenheit sein.
  • Lassen Sie sich nicht von so genannten Experten oder Maklern einschüchtern.
  • Machen Sie sich klar, dass auch Ihr An­lage­ber­ater nicht alles wissen kann.
  • In­for­ma­tions­flut und Stress führen nicht immer zu rationalen Kauf- und Verkauf­sentschei­dun­gen.
  • Das Sammeln, Verarbeiten und Bewerten von In­for­ma­tio­nen kann nie vollständig sein.
  • Zu den daraus re­sul­tieren­den rationalen Schlussfol­gerun­gen gesellen sich man­nig­faltige, nich­tra­tionale Faktoren: Von Kind­heit­serin­nerun­gen bis zu gegenwärtigen Stim­mung­se­inflüssen ist alles vorhanden.
  • An der Börse verdichten sich diese psy­chol­o­gis­chen Faktoren en masse zu einer Hausse oder Baisse.
  • Verstehen Sie sich selbst, lernen Sie Ihre eigene Einstellung zum Risiko kennen und legen Sie Ihr Geld entsprechend an.
  • Seien Sie bereit, die nötigen Rechenken­nt­nisse zur Beurteilung von Aktien zu erwerben.
  • Es gibt immer Gele­gen­heiten, Geld zu machen.
 

Zusammenfassung

Der wirtschaftlich vernünftig denkende Mensch

Warum vertrauen Menschen ihre Geldgeschäfte An­lage­ber­atern an? Zum einen sind da die miserablen rech­ner­ischen Fer­tigkeiten, die wir in der Schule vermittelt bekommen haben. Die Folge ist: Viele scheuen sich davor, sich mit Zahlen zu beschäftigen und ein In­vesti­tion­srisiko einzuschätzen. Hinzu kommt, dass Geld mit gewissen Tabus verbunden ist. Selbst der Mensch, mit dem man zusam­men­lebt, weiss oft nicht, was der andere verdient und wie viel er oder sie auf dem Sparkonto hat. Der dritte Punkt ist, dass Geld häufig die Ursache für persönliche Konflikte darstellt. In einer Part­ner­schaft geht es bei einem Drittel aller Au­seinan­der­set­zun­gen um Geld. Dabei beschuldigen sich die Partner gegenseitig, sich bei Fi­nan­zan­gele­gen­heiten ve­r­ant­wor­tungs­los und irrational zu verhalten. Viertens gelingt es uns kaum, unsere eigene Einstellung zum Risiko rational zu analysieren. Zumal ja diese Einstellung von der Persönlichkeit und den gemachten Erfahrungen eines jeden beeinflusst wird. Auch wenn weiterhin am Bild eines Menschen fest­ge­hal­ten wird, der seine Entschei­dun­gen im Hinblick auf Ausgaben, In­vesti­tio­nen und Risiken völlig korrekt einschätzt: Seien Sie sich bewusst, dass dies ein Trugbild ist.

In­for­ma­tio­nen über In­for­ma­tio­nen ...

Der Er­wartungs­druck, dem An­lage­ber­ater unterliegen, ist enorm. Er funk­tion­iert nach dem Prinzip: Wenn alle meine Kollegen in xy investieren, dann muss ich schon sehr mutig sein, um etwas anderes zu tun. Und das selbst dann, wenn Sie den Verdacht hegen, dass die anderen sich nicht besonders vernünftig verhalten. Durch die Masse an In­for­ma­tio­nen, die Investoren analysieren müssen, ver­schlim­mert sich das Problem weiter. Ein Beispiel: Gegenwärtig hat ein Aktienhändler Zugang zu Com­put­er­sys­te­men, die ihm 28 ver­schiedene Bild­schirm­fen­ster öffnen und in Echtzeit die Aktienkurse aus der ganzen Welt zeigen. Es herrscht eine In­for­ma­tion­ss­chwemme. Der Aktienindex der 100 grössten an der Londoner Börse notierten Unternehmen ändert sich von Minute zu Minute. Die Geschwindigkeit, mit der uns In­for­ma­tio­nen überfluten, macht diese Frist noch kürzer. Kritik wird laut, dass in der Finanzwelt nur kurzfristiges Denken und Handeln vorherrschen.

Wie Sie Ihr letztes Hemd verlieren

Es hat zu un­ter­schiedlichen Zeiten ver­schiedene Booms gegeben. Doch wäre es falsch zu glauben, dass es sich hierbei nur um Habgier und einen primitiven Herdentrieb handelt. Bei jedem speku­la­tiven Wahnsinn lässt sich beobachten, dass manche zwar verlieren, andere hingegen gewinnen. Bei den Verlierern sieht man, dass sie entweder zu spät kauften oder es einfach nicht übers Herz brachten, rechtzeitig zu verkaufen, nachdem sie bereits einen Profit erzielt hatten. Ausserdem waren auch immer viele Autoritätspersonen und Mei­n­ungs­bild­ner am Börsen­geschehen beteiligt. Während man den Kritikern kein Gehör schenkte, orientierte man sich vorzugsweise an den Reichen, Angesehenen, Berühmten. Ein dritter Punkt kann mit Hilfe der Theorie kognitiver Dissonanzen erläutert werden. Diese gibt Aufschluss über die Frage, warum viele Investoren, die von den oben erwähnten Trugschlüssen betroffen waren, klare Hinweise auf die Risiken von Speku­la­tio­nen einfach ignorierten. Schenkt man der Definition der Dis­so­nanzthe­o­rie Glauben, so sind zwei Elemente dann dissonant, wenn eine Aussage das logische Gegenteil der anderen ist. Danach verfolgen Anleger nicht nur das Ziel, Geld zu verdienen. Es geht vielmehr auch um psy­chol­o­gis­che In­vesti­tio­nen. Sie müssen sich selbst und anderen eine vernünftige Erklärung für ihr Verhalten geben.

Geld und Gewinn - eine Psychologie

In der Welt­geschichte stösst man auf einige sehr be­merkenswerte Beispiele von riskanten In­vesti­tio­nen. Ihnen gemeinsam ist die Motivation der Investoren: Sie sind stets getrieben von einer Mischung aus persönlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Wie auch immer man das Verhalten von Investoren deuten mag, fest steht, dass es jenes gewisse unbeschreib­liche Gefühl im Bauch ist, das uns treibt, unser Geld anzulegen oder es spekulativ zu vermehren (bzw. zu verlieren). Für den einen ist Geld heilig, für den anderen hat es eine symbolische Bedeutung und wieder für den nächsten ist es eine sehr persönliche Sache. Ist es Zufall, dass es sich bei dem ersten Geld um Gold und Silber gehandelt hat? Wann immer wir mit Geldkapital in Berührung kommen, überfällt uns dieser seltsame Gefühlsmix aus Sorge, Furcht, Schuld und Panik. Zuweilen werden wir auch depressiv, wenn wir an Geld denken, und nur selten bereitet es uns Freude. So schreibt Keynes über die Liebe zum Geld, dass sie "eine dieser halb kriminellen, halb pathol­o­gis­chen Eigen­schaften" sei, "die man mit einem Schaudern den Spezial­is­ten für Geis­teskrankheiten überlässt." Weshalb ist nun bei vielen Menschen die Motivation zum Erfolg und damit auch die emotionale Einstellung zum Geld so stark ausgeprägt? Jedenfalls werden diejenigen, die auf eine Be­friedi­gung ihrer Bedürfnisse warten können, aller Wahrschein­lichkeit nach langfristig erfolgreich sein.

Lernen Sie, In­for­ma­tio­nen zu hassen

Mal Hand aufs Herz: Den meisten von uns ist es doch eher ein Graus, auch nur im Ent­fer­n­testen an Zahlen zu denken. In vielen Theorien geht man vom wirtschaftlich rational denkenden und handelnden Menschen, also der perfekten Rechen­mas­chine, aus. Die Realität sieht jedoch anders aus: Alle Tatsachen sprechen dafür, dass es den meisten von uns schwer fällt, mit Statistiken umzugehen und die richtigen Schlussfol­gerun­gen daraus zu ziehen. Dabei ist genau diese Einstellung zu Zahlen und die Fähigkeit, sie miteinander zu vergleichen sowie Statistiken zu analysieren, auss­chlaggebend für unser An­lagegeschick - und natürlich auch für die Fähigkeit, unser Geld zu schützen. Dafür spricht, dass wir uns an Makler wenden, weil wir ihnen jenes Fachwissen zutrauen, das uns fehlt. Aber wussten Sie schon, dass auch Börsenprofis nicht immer aus­re­ichende Kenntnisse besitzen? Ein beträchtlicher Teil von ihnen kann überhaupt keine Ausbildung nachweisen, die für In­vesti­tion­sentschei­dun­gen relevant sein könnte! Im Ernst: "Wenn Ihr Arzt seinen Magister in Geschichte oder einen Abschluss als Au­to­mechaniker gemacht hätte, würden Sie ihm dann erlauben, Sie zu operieren?"

„Für Anleger ist es wichtig, nicht nur ihre eigene Einstellung zum Risiko zu verstehen ..., sondern auch ihre eigene Einstellung zum Sammeln und Beachten von In­for­ma­tio­nen.“

Aber wie zieht man nun richtige Schlüsse? Die alten Griechen versuchten es mit Hilfe des Syllogismus. Er stellt logisch notwendige Beziehungen zwischen ver­schiede­nen Be­haup­tun­gen auf: Wenn A grösser ist als B und B grösser ist als C, dann muss auch A grösser sein als C. Richtig? Wie sieht es dann aus mit: Alle Katzen sind sterblich. Michael Schumacher ist sterblich. Also ist Michael Schumacher eine Katze!? Zwar ist in diesem Fall die falsche Ar­gu­men­ta­tion of­fen­sichtlich, weil wir wissen, dass Katzen keine Rennfahrer sind. Brenzlig wird es jedoch in Fällen, wo die Prämissen weniger deutlich sind und darum häufig die falschen Schlüsse gezogen werden. Auch Geschwindigkeit spielt eine Rolle. Je schneller Sie gezwungen sind, Entschei­dun­gen zu treffen, desto grösser ist die Wahrschein­lichkeit, dass Sie Fehler machen werden.

Wie Sie mit der In­for­ma­tions­flut umgehen können

Jüngste Forschungen zeigen, dass in Stress­si­t­u­a­tio­nen derjenige Teil unseres Gehirns, der für das Gedächtnis und für die Integration von In­for­ma­tio­nen aus anderen Bereichen unseres Gehirns zuständig ist, zu de­gener­ieren beginnt. Parallel dazu ist an der Börse und in Maklerbüros zu beobachten, dass die In­for­ma­tio­nen, mit denen Beschäftigte in der Finanzwelt umgehen müssen, Druck auf die natürliche Kon­sti­tu­tion des men­schlichen Gehirns ausüben. Es ist auch bekannt, dass wir den grösseren Teil unseres Wissens schon nach kurzer Zeit wieder vergessen haben. Nur selten haben Menschen ein absolutes Gedächtnis. Diese Tatsache stellt uns vor ein Problem: Welche Strategien können wir entwickeln, um mit dem Überangebot von In­for­ma­tio­nen fertig zu werden? Börsenprofis geniessen den Vorteil, dass Ihnen die modernsten Computer und Com­put­er­pro­gramme dabei helfen, mit dem In­for­ma­tion­ss­chwall umzugehen. Hingegen sind private Anleger oft be­nachteiligt. Nur wenige verwenden Com­put­er­mod­elle. Den meisten Anlegern wird überhaupt nicht bewusst, wie viel sie nicht wissen.

„Welche In­vest­mentstrate­gie auch immer man verfolgt, man sollte die Art Disziplin akzeptieren, der sich Charles Clark und Michael Barnard unterwerfen, und sich nur auf eine überschaubare Anzahl Aktien in wenigen Sektoren konzen­tri­eren.“

Auch unser Aus­bil­dungssys­tem scheitert bisher daran, den Menschen einen Weg dahin zu vermitteln, Fi­nanzentschei­dun­gen zufrieden stellend treffen zu können. Deshalb fühlen sich viele angesichts kom­plizierter Fi­nanzs­ta­tis­tiken inkompetent und sind verwirrt. Eine Hilfe bieten hier Com­put­er­pro­gramme. Sie können das menschliche Rechen­de­fizit kom­pen­sieren, indem sie Lösungen bieten, mit denen man das Verhältnis des Ak­tienkurses zum Anstieg des Gewinns und dem his­torischen Aktienwert berechnet. Aber: "Bei In­vesti­tio­nen muss man oft eine Wahl treffen, die auf einer Mischung aus Mathematik, Logik und persönlicher Vorliebe basiert." Eine typische Entschei­dungssi­t­u­a­tion setzt voraus, dass das Individuum gut informiert ist und über das nötige Wissen verfügt, um die Information zu analysieren. Sie müssen math­e­ma­tis­che und psy­chol­o­gisch komplexe Optionen gegeneinan­der abwägen. Sie müssen entscheiden, "wie viel Risiko Sie ohne Schmerzen aushalten können, und sich anschauen, welches Verhältnis zwischen dem Gewinn, den Sie möglicher­weise erzielen können, und dem mit der Investition verbundenen Risiko besteht." Aber wie hoch ist denn überhaupt die Motivation privater Anleger, sich gut zu informieren? Wir müssen erkennen, dass die In­for­ma­tionsüberflutung heutzutage eine Tatsache ist. Niemand ist in der Lage, alle über Finanzmärkte verfügbaren In­for­ma­tio­nen zu verarbeiten. Der einzige Tipp, dem Sie vertrauen können, ist deshalb: Unabhängig davon, welche In­vest­mentstrate­gie Sie verfolgen, akzeptieren Sie eine gewisse Art von Disziplin! Konzen­tri­eren Sie sich dabei auf eine überschaubare Anzahl an Aktien in wenigen Sektoren! Nachdem Sie sich diese Grenze gesetzt haben, sollten Sie versuchen, diese Aktien so genau wie möglich zu verstehen! Lernen Sie dabei nicht nur, Ihre eigene Einstellung zum Sammeln und Beachten von In­for­ma­tio­nen, sondern auch Ihre eigene Einstellung zum Risiko zu verstehen.

Zur Psychologie des Risikos

Es gibt bestimmte Persönlichkeit­stypen, die bereit sind, hohe Risiken einzugehen. Dies beeinflusst natürlich ihre Wahrnehmung von gewissen Situationen. Der englische Psychologe Michael Apter bemerkt in seiner "Reversal Theory", dass es Zeiten und Situationen gibt, in denen wir Ruhe und Frieden geniessen, während wir in anderen Anregung und Stimulation bevorzugen. Die Menschen pendeln zwischen einem Grenz­zu­s­tand A, in dem wir ein geringes Mass an Erregung als friedlich und angenehm empfinden, und einem Gegenpol B, an dem wir geringe Erregung als langweilig empfinden. Wie häufig Menschen diesen Schwankun­gen unterliegen und welchen Zustand eine bestimmte Person als eher normal empfindet, hängt von ihrer Persönlichkeitsstruk­tur ab. Je ausgeprägter ein Mensch zu Typ A gehört, umso häufiger wird er Erregung meiden; je stärker er ein Typ B ist, umso mehr wird er Erregung suchen. Sogar an der Puls­fre­quenz kann man An­halt­spunkte über die Persönlichkeit erhalten und auch ablesen, wie viel Risiko eine bestimmte Person einzugehen bereit ist. Führt man diesen Gedanken weiter, so kommt man zu dem Schluss, dass ein genaues Wissen um das eigene Fi­nanzver­hal­ten zu einer Änderung von Spar- und Aus­gabe­mustern führen kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle unser Fi­nanzge­baren genau kennen sollten. Für vorsichtige Menschen dürfte es dabei üblicher­weise einfacher sein, ihr An­lagev­er­hal­ten etwas zu ändern. Sie müssten sich nur vorstellen und überlegen, wie es wohl wäre, wenn sie grössere Risiken eingingen. Der nächste Schritt wäre dann, Aktien oder Kap­i­ta­lan­lage­fonds genau zu studieren, denn für viele Menschen ist die Scheu vor dem Risiko eine Angst vor dem Unbekannten. Diejenigen, die gerne Risiken eingehen, stehen vor einem grösseren Problem. Ihnen könnte es schwerer fallen, Ihr Verhalten zu ändern. In diesem Falle empfiehlt es sich, die Geldanlagen einem Makler zu überlassen.

Über den Autor

David Cohen ist Psychologe und Autor zahlreicher Bücher. Er hat ver­schiedene Sendungen für das britische Fernsehen entwickelt und war elf Jahre lang Herausgeber der Zeitschrift Psychology News. Cohen schreibt für zahlreiche Tageszeitun­gen und Zeitschriften. Zu den bisher von ihm veröffentlichten Büchern gehören Psy­chol­o­gists on Psychology, Being A Man, Alter Egos: Multiple Per­son­al­i­ties sowie How to Succeed in Psy­cho­me­t­ric Tests.