Die sechs Hebel der Strategieumsetzung

Buch Die sechs Hebel der Strategieumsetzung

Plan – Ausführung – Erfolg

Schäffer-Poeschel,


Rezension

Deutsche Wirtschaft­slit­er­atur ist auch immer ein Spiegel der herrschen­den Einstellung im deutschen Ar­beit­sall­tag. Dem kann sich auch Hans-Chris­t­ian Riekhof trotz seiner unzähligen Anleihen aus der amerikanis­chen Geschäftspraxis nicht entziehen. Die Deutschen scheinen eine Vorliebe dafür zu haben, den Fokus fast ausschließlich auf Defizite und deren Behebung zu legen. Dabei zeigt gerade der von Riekhof viel zitierte US-Man­age­ment­guru Henry Mintzberg, dass sich das Thema Strategie mit Lebendigkeit und Motivation beschreiben lässt, ohne dass ein Gefühl des Mangels zurückbleiben muss. Aber auch mit diesem Buch trifft der Leser eine her­vor­ra­gende Wahl. Denn etwas gelingt Riekhof mit Bravour: größtmöglicher Tiefgang auf enorm wenig Platz. Kompakt, die konkrete Un­ternehmen­spraxis immer im Blick, beantwortet der Autor alle Fragen zum Thema Strategie. Gespickt mit Fall­beispie­len, ist sein Buch eine leicht zu kon­sum­ierende Fachlektüre. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Un­ternehmern, Managern und BWL-Studieren­den, die die Notwendigkeit einer sorgfältig geplanten Geschäftsstrate­gie erkennen und die entschei­den­den Werkzeuge für deren Umsetzung suchen.

Take-aways

  • Unternehmen vernachlässigen oft die Umsetzung beschlossener Strategien.
  • Eine gute Strategie ist nicht statisch, sondern verändert sich ständig.
  • Entwicklung und Umsetzung der Strategie müssen laufend in­einan­der­greifen.
  • Strategien müssen realitätsnah und messbar sein.
  • Ohne aus­re­ichende Ressourcen haben Strategien keine Chance.
  • Strategien müssen allen betroffenen Mi­tar­beit­ern zugänglich sein.
  • Ein aussagekräftiges Controlling ist die Basis eines effizienten Strate­gieprozesses.
  • Ein wichtiger Schlüssel der Strate­gieum­set­zung ist die Kompetenz der Manager.
  • Jede Strategie beeinflusst die herrschen­den Fir­men­struk­turen.
  • Je emotionaler die Belegschaft mit der Strategie verbunden ist, desto höher ist die Er­fol­gswahrschein­lichkeit.
 

Zusammenfassung

Er­fol­gs­fak­tor Strategie

Umfragen und Interviews in Unternehmen offenbaren seit Jahren eine immer wieder er­staunliche Tatsache: Das Thema Strategie scheint im Management ein Schat­ten­da­sein zu fristen. Dabei wissen auch die Manager, dass eine sorgfältige Un­ternehmen­spla­nung, neben der Bewältigung des Tagesgeschäfts, der wichtigste Parameter für den Erfolg ist. Wieso entziehen sie so einem bedeutenden Aspekt dann aber so oft ihre Aufmerk­samkeit? Ein Grund liegt wahrschein­lich darin, dass die Entwicklung und Umsetzung von Strategien eine langfristige Ausrichtung erfordert, die nicht unbedingt kurzfristige Erfolge verspricht. Darüber hinaus enthalten Strategien eine Fülle von Risiken und verlangen den Führungskräften ein hohes Maß an Man­age­men­tkom­pe­tenz ab.

„Die Zeiten, in denen Strategie als geheime Kom­man­dosache galt, sind vorbei.“

Statt sich von diesen Nachteilen de­mo­tivieren zu lassen, könnte das Management gerade in der Strate­gieum­set­zung eine hohe Be­friedi­gung erfahren. Schließlich bietet das Entwickeln von Strategien eine her­vor­ra­gende Möglichkeit, das eigene Geschäft zu re­flek­tieren, die Energien und Ressourcen im Unternehmen auf die wesentlichen Aufgaben und Themen zu lenken, sich für mögliche Veränderungen zu wappnen sowie die Qualitäten der Führung in den Mittelpunkt zu rücken.

Die Definition der Strategie

Wenn es um die Frage geht, was eine Strategie ausmacht, werden gerne Anleihen aus der Kriegsführung gemacht. Doch der Vergleich ist irreführend. Schließlich verfolgen Unternehmen und Armee völlig un­ter­schiedliche Aufgaben mit ganz ver­schiede­nen Mitteln. Un­ternehmerische Strategien weisen nicht nur andere Inhalte auf als militärische, sie müssen auch in einem anderen Prozess festgelegt werden.

„Of­fen­sichtlich fällt es Führungskräften schwer, strate­gis­che Fragestel­lun­gen mit dem All­t­ags­geschäft in sinnvoller Weise zu verbinden und dabei den strate­gis­chen Fragen ausreichend Raum zu widmen.“

Auf die Wirtschaft bezogen, lässt sich grundsätzlich feststellen, dass eine Strategie alle Maßnahmen und Methoden umfasst, mit denen ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll. Dazu gehören z. B. die Steigerung des Mark­tan­teils oder der er­fol­gre­iche Verkauf eines neuen Produkts. Wichtig ist, dass es eine endgültige Strategie, die von oben festgelegt oder in einer Stab­sabteilung entwickelt wird, nicht gibt. Vielmehr ist eine gute Strategie ständig in Veränderung begriffen. Sie passt sich der Realität laufend an und entwickelt sich weiter, ohne vom angepeilten Ziel abzuweichen. Die einzelnen Maßnahmen ergeben sich dabei aus dem Tagesgeschäft. Für das Management bedeutet das: Seine Haup­tauf­gabe liegt darin, Erfolg ver­sprechende strate­gis­che Ansätze nicht nur frühzeitig zu erkennen, sondern auch deren Entwicklung im Betrieb zu fördern. Zudem sollten die Führungskräfte dafür sorgen, dass die Strategie zwar mit empirischen Belegen untermauert wird; eine zu de­tail­lierte Ausar­beitung sollten sie aber unterbinden, da damit nur unnötig Ressourcen ver­schwen­det werden. Ebenso muss das Management darauf achten, dass die Strate­gieen­twick­lung immer die Kundenbedürfnisse im Fokus hat, sich an den Ar­beit­sprozessen orientiert und alle Mitarbeiter einbezieht.

Der Prozess der Strate­gieen­twick­lung

Die er­fol­gre­iche Entwicklung einer Un­ternehmensstrate­gie beinhaltet zehn Schritte:

  1. Der Prozess beginnt mit einer umfassenden Analyse des Mark­tum­felds und der Wet­tbe­werb­ssi­t­u­a­tion. Ziel ist es dabei, neue Kundenbedürfnisse, Trends oder Rah­menbe­din­gun­gen wie etwa Gesetzesänderungen frühzeitig bewusst zu machen.
  2. Im nächsten Schritt geht es um das Offenlegen der un­ternehmen­seige­nen Stärken und Schwächen, etwa anhand der Kriterien Kosten, Wertschaf­fung, Qualität und Schnel­ligkeit.
  3. Aus diesen beiden Analysen leiten sich dann die aktuellen Chancen und Risiken des Geschäfts ab.
  4. Weitere Schritte der Strate­gieen­twick­lung sind die For­mulierung einer Fir­men­vi­sion,
  5. die Festlegung langfristiger, messbarer Ziele sowie
  6. die Erarbeitung von un­ternehmerischen Kernkom­pe­ten­zen.
  7. Aus diesen Prozesss­chrit­ten werden dann die Strategien der Geschäftsbereiche abgeleitet,
  8. die konkreten Maßnahmen zur Erreichung der Ziele bestimmt und
  9. so genannte Strate­gie-Steck­briefe für die Geschäft­sein­heiten entwickelt.
  10. Schließlich wird eine Er­fol­gskon­trolle durchgeführt.
„Es ist Aufgabe des Top­man­age­ments, die Notwendigkeit und die Vorteile einer klaren strate­gis­chen Ausrichtung zu betonen und zu kom­mu­nizieren.“

Diese Aufteilung in zehn Schritte soll nun nicht heißen, dass ein kompletter Ablaufplan stehen muss, bevor mit der Umsetzung begonnen werden kann. Im Gegenteil: Entwicklung und Umsetzung greifen ständig ineinander. Sie bedingen sich gegenseitig und machen das gesamte All­t­ags­geschäft zu einem strate­gis­chen Prozess, in dem Fehler oder Misserfolge in der Ausführung eine sofortige inhaltliche Veränderung der Strategie nach sich ziehen. Die Umsetzung der Strategie sollte daher so früh wie möglich beginnen. Ihr Erfolg hängt von sechs Hebeln ab, die das Management jederzeit bee­in­flussen kann.

Hebel 1: Strate­gie-Steck­briefe

Die Wirksamkeit einer Strategie steigt mit ihrer Akzeptanz bei der Belegschaft und der Begeis­terung, die sie dort auslöst. Die Un­ternehmensstrate­gie sollte darum nicht nur allen zugänglich sein. Sie muss auch so einfach und klar formuliert werden, dass jeder Einzelne sie leicht nachvol­lziehen kann. Realitätsnähe und Messbarkeit gehören daher genauso zum An­forderung­spro­fil einer Strategie wie eindeutig festgelegte Ve­r­ant­wortlichkeiten und Etap­pen­ziele.

„Das Management unterstellt oftmals, dass automatisch umgesetzt wird, was beschlossen wurde.“

Das ideale Mittel, eine Strategie leicht verständlich in jede Geschäftseinheit zu trans­portieren, sind die Strate­gie-Steck­briefe. Sie beinhalten übersichtlich zusam­menge­fasst alle wesentlichen In­for­ma­tio­nen wie Markt- und Kun­de­n­analy­sen, Vision, Geschäftsprioritäten, langfristige Ziele, Maßnahmen und die jeweils bere­it­gestell­ten Budgets sowie Kriterien für die Er­fol­gsmes­sung. Die Strate­gie-Steck­briefe sind allerdings nur dann sinnvoll, wenn die Führung sich für deren Einsatz starkmacht und sie einfordert. Das heißt, dass sich die Manager von jeder Form der Geheimhal­tung ve­r­ab­schieden müssen.

Hebel 2: Ressourcenein­satz

Ohne Ressourcen scheitert die beste Strategie. Doch auch mit einem zu großen fi­nanziellen Spielraum verliert sie schnell Effizienz und Wirksamkeit. Eine weit­sichtige Zuteilung der notwendigen Mittel ist daher ein wesentliches Kriterium für die er­fol­gre­iche Umsetzung einer Un­ternehmensstrate­gie. Um diese schwierige Anforderung erfüllen zu können, setzen seit einigen Jahren immer mehr Firmen auf das Prinzip des so genannten Beyond Budgeting. Dabei werden nicht mehr jährliche Budgets anhand intern aus­ge­han­del­ter Vere­in­barun­gen bestimmt. Vielmehr orientiert sich der finanzielle Spielraum kon­tinuier­lich an Mark­t­gegeben­heiten und Leis­tungszie­len, wobei sich Planung und Be­mes­sungskri­te­rien auf die kommenden zwei bis fünf Jahre beziehen. Zwar ist diese Art der Bud­getbes­tim­mung deutlich einfacher als das tra­di­tionelle Vorgehen, sie erfordert jedoch eine regelmäßige Prüfung der Annahmen auf der Basis der ver­wirk­lichten Etap­pen­ziele.

Hebel 3: Kon­tinuier­liche Kontrolle

Ein aussagekräftiges Controlling ist das A und O der Strate­gieum­set­zung. Obwohl dieser Punkt unter Führungskräften große Zustimmung findet, steht seine konkrete Anwendung nicht selten dem Erfolg einer Strategie im Weg. Denn obwohl das strate­gis­che Reporting eigentlich die Geschäftsprozesse so einfach wie möglich abbilden soll, sodass die Er­fol­gs­fak­toren auf einen Blick sichtbar sind, führt die herrschende Praxis oft zum Gegenteil. Ab­schreck­endes Beispiel ist der Einsatz der so genannten Balanced Scorecards, die den Strate­gieprozess eher kom­plizierter gestalten, als er ist. Ein aussagekräftiges Controlling dagegen legt ausgehend von der Strategie die Messgrößen fest. Es definiert re­al­is­tis­che Ziele, bezieht gle­ichzeitig alle Geschäftsprozesse, Kunden und Lieferanten ein und berücksichtigt die Zeit (etwa die Dauer einer Lieferung) als wichtige Ressource. Zudem werden die Daten immer in der gleichen Art und Weise leicht verständlich aufbereitet.

Hebel 4: Strate­giekom­pe­tenz des Managements

Auch wenn die Un­ternehmensstrate­gie eine Gesam­tauf­gabe aller Mitarbeiter ist, liegt die Hauptver­ant­wor­tung doch beim Management. Vo­raus­set­zung für eine er­fol­gre­iche Strate­gieum­set­zung ist daher eine Führungs­man­nschaft, die über die dafür er­forder­lichen Qual­i­fika­tio­nen verfügt. Bereits bei der Einstellung neuer Führungskräfte, aber spätestens bei der Man­age­menten­twick­lung sollte darauf geachtet werden, dass die Manager mit Macht umgehen können, Rückschläge oder Niederlagen als Chancen sehen, ein Gespür für echtes Un­ternehmer­tum aufweisen, ihre eigene Energie so managen, dass sie Spitzen­leis­tun­gen zum richtigen Zeitpunkt abrufen, sich konsequent an Ergebnissen orientieren und ihre Leute laufend weit­er­en­twick­eln.

„Unsere Erfahrung ist es, dass in manchen Unternehmen Halb­wahrheiten nicht hinterfragt werden, dass ungeprüfte Annahmen die Strategie bestimmen und dass strate­gis­che Entschei­dun­gen keineswegs immer ev­i­denzbasiert sind.“

Die Strate­giekom­pe­tenz der Manager können Sie mit ver­schiede­nen Mitteln fördern. Der na­he­liegend­ste Weg zum Ziel ist das Seminar. Hier kann das Thema Strategie sowohl im the­o­retis­chen Zusam­men­hang als auch anhand praktischer Beispiele vermittelt werden. Sinnvoll ist außerdem ein persönliches Coaching etwa durch externe Berater. Es geht nicht nur auf die sachlichen Fragen ein: Mithilfe der Einschätzung eines Außenstehenden können auch Defizite im persönlichen Verhalten, speziell in der Kom­mu­nika­tion mit Kollegen und Mi­tar­beit­ern, reflektiert werden. Die höchste Anforderung an Führungskräfte stellt die Ve­r­ant­wor­tung für ein konkretes Strate­giepro­jekt dar. Hier muss sich die Führungskraft an einer aktuellen Aufgabe beweisen. Besonders effektiv ist diese Form der Man­age­menten­twick­lung, wenn das Projekt von einem externen Coach begleitet wird. Die Bere­itschaft der Führungskräfte, sich für eine konsequente Strate­gieen­twick­lung stark zu machen, wird darüber hinaus durch ein An­reizsys­tem gefördert, das diese Kompetenz belohnt.

Hebel 5: Strukturen und Prozesse

In vielen Firmen wird unterschätzt, dass Strategien un­mit­tel­baren Einfluss auf die bestehenden Prozesse haben. Alte Strukturen müssen u. U. geändert oder sogar abgeschafft werden, damit eine Strategie überhaupt eine Re­al­isierungschance hat. Deshalb erfordert jede Un­ternehmen­spla­nung eine umfassende Au­seinan­der­set­zung mit den bestehenden Strukturen und, wenn notwendig, deren Neuor­gan­i­sa­tion.

Hebel 6: Internes Marketing

Ein weiterer Punkt, um den sich das Management kümmern muss, ist die interne Kom­mu­nika­tion der Strategie. Nur wenn die Zukunftspläne in der Belegschaft emotional verankert sind, besteht Aussicht auf Erfolg. Studien belegen, dass es ein Irrtum ist, zu glauben, Vere­in­barun­gen oder Vorgaben würden automatisch umgesetzt. Die Führung muss daher ein internes Marketing konzipieren, mit dem sie ihre Pläne leicht verständlich allen Mi­tar­beit­ern präsentiert. Dies erfordert nicht nur eine ständige Bere­itschaft zur offenen Kom­mu­nika­tion, sondern auch die Nutzung aller zur Verfügung stehenden technischen und or­gan­isatorischen Möglichkeiten. Eine spannende Out­doorver­anstal­tung zum Thema Strategie kann genauso wirksam sein wie eine Broschüre oder ein speziell für die Belegschaft pro­duzierter Film.

Über den Autor

Hans-Chris­t­ian Riekhof ist Professor für Allgemeine Be­trieb­swirtschaft­slehre an der PFH Private University of Applied Sciences Göttingen. Darüber hinaus ist Riekhof geschäftsführender Partner der Göttinger UNICconsult Strate­gieen­twick­lung.