Virtuoses Marketing

Buch Virtuoses Marketing

"Motivaction II"

Orell Füssli,


Rezension

Es gibt Leute, die sind so voller Energie und Tatendrang, dass man ständig Angst hat, sie würden gleich explodieren. Klaus Kobjoll gehört sicher dazu und in seinem Buch knistert es deshalb auf jeder Seite. Wer hinter virtuosem Marketing eine Schritt-für-Schritt-An­leitung erwartet, wird sicher enttäuscht. Vielmehr sieht man sich in dem Buch einem Feuerwerk an Ideen gegenüber, die Motivation zum Kinderspiel werden lassen. Man vergisst darüber fast die wohl in­te­gri­erten the­o­retis­chen Ansätze und möchte am liebsten gleich die Ärmel hochkrem­peln und loslegen. Dass der Autor sich ab und zu wiederholt und die Gliederung zwis­chen­durch etwas aus den Fugen gerät, hat man spätestens bei der nächsten witzigen Bemerkung wieder vergessen. BooksInShort.​com empfiehlt das Buch allen Selbstständigen, die, wie der Autor, ihr Unternehmen als Aben­teuer­spielplatz sehen und keine Angst haben, aus­ge­tretene Tram­pelp­fade zu verlassen.

Take-aways

  • Ein strate­gis­cher Plan ist unerlässlich, deshalb brauchen Sie zuerst eine Sit­u­a­tion­s­analyse.
  • Ihr Ziel muss es sein, mit Ihrem Produkt ganz alleine und ganz oben an der Spitze zu stehen.
  • Beurteilen Sie Ihr Unternehmen nicht selbst, die meisten Unternehmer sind be­trieb­s­blind.
  • Warten Sie nicht, bis Sie in der Ab­stiegsphase stecken, ziehen Sie vorher die Reissleine.
  • Ein strate­gis­cher Plan bringt Sie ans Ziel - und in die Gewinnzone.
  • Eine Vision müssen Sie schon haben, aber mit den kurzfristi­gen Zielen haben Sie messbaren Erfolg.
  • Die besten Mitarbeiter sind für das Erreichen Ihrer Ziele gerade gut genug.
  • Wenn Sie Ihre Zielgruppe nicht kennen, machen Sie sich schleunigst auf die Suche!
  • Öffentlichkeit­sar­beit ist besser und billiger als Werbung, vo­raus­ge­setzt, sie ist perfekt aus­gear­beitet.
  • Hören Sie nicht auf den ewigen Skeptiker in sich, manche Dinge muss man einfach mal probieren.
 

Zusammenfassung

08/15 können Sie vergessen Wenn Sie schon Mailings verschicken, sollen Sie damit Ihre Kunden kon­tak­tieren, nicht traktieren. Also lassen Sie sich etwas einfallen: Nicht zutexten, sondern aufhorchen lassen! Alles, was die andern auch machen, und alles, was Sie immer schon gemacht haben, reisst keinen mehr vom Hocker. Da können die Kunden ja auch gleich zur Konkurrenz gehen, wenn doch alles dasselbe ist. Lassen Sie die Finger vom Ange­bots-Gu­lasch. Wenn Sie Gewinne erzielen möchten, müssen Sie sich profilieren. Wo ist Ihr strate­gis­cher Plan? Fangen Sie mit einer Sit­u­a­tion­s­analyse an. Schauen Sie sich die Rah­menbe­din­gun­gen an, dann den Markt, Ihre Mitbewerber und zuletzt Ihren eigenen Laden:

  • Unser Umfeld ist ziemlich verrückt. Die Mitarbeiter fühlen sich im Job un­ter­fordert, deshalb schonen sie sich die ganze Woche, damit sie am Samstag beim Freeclimb­ing den ultimativen Kick kriegen. Da finden die Leute die grossen Her­aus­forderun­gen, da haben sie ein Ziel, das sie zum Glücklichsein anscheinend brauchen. Dass auch Unternehmer glücklich sein möchten, daran denkt wieder keiner, sonst hätte man den Bürokratismus in Deutschland längst abgeschafft.
  • Und dann bee­in­flussen auch noch eine ganze Menge Trends den Markt und machen den Konzepten das Leben schwer. Beispiel­sweise wird die Bevölkerung immer älter, die "Selpies" (Second Life People, die 58- bis 68-Jährigen) geniessen das Leben, Traditionen und Autoritäten will niemand mehr und ein bonziges Auto auch nicht. Dafür machen es sich die Leute zu Hause gemütlich, die Kids sind die Kings und jeder Einkauf soll ein Erlebnis sein. Werden Sie also zum Trend-Scout, und was zu Ihrem Unternehmen passt, nehmen Sie mit - aber nicht wahllos alles, sonst wird es lächerlich.
  • Kennen Sie Ihre Mitbewerber? Sie müssen wissen, was die Konkurrenz anbietet, aus­tauschbare Leistungen bringen keine Rendite. Beobachten Sie Ihre Mitbewerber, kaufen Sie deren Produkt oder Di­en­stleis­tung (das müssen nicht alles Sie machen, binden Sie auch Ihre Mitarbeiter ein) und informieren Sie sich bei den Besten Ihrer Branche.
  • Wenn Sie wissen, wo die Mitbewerber stehen, können Sie sich selbst po­si­tion­ieren. Hoffentlich stehen Sie da jetzt ganz alleine, andernfalls müssen Sie sich überlegen, wie Sie eine Allein-Po­si­tion bekommen. Oder fühlen Sie sich wohl, wenn ein anderer Ihnen im Nacken hängt? Suchen Sie sich einen externen Berater, einen Be­triebs-Di­ag­nos­tiker, der einmal im Jahr Ihr Unternehmen auseinander nimmt. Wenn Sie versuchen, Ihre Mark­tat­trak­tivität selber festzustellen, werden Sie sich lauter gute Noten geben. Das ist nicht der Sinn der Sache. Kennen Sie Ihre Mark­tvol­u­men? Welche Preise können Sie erzielen? Mit welchen Risiken kämpft Ihr Markt? Wie steht die Konkurrenz da? Wie hoch ist Ihr eigener Marktanteil?

Schlafen Sie nicht, das wird teuer

Wer an die Spitze will, muss hart arbeiten. Legen Sie eine Port­fo­lio-Ma­trix an und tragen Sie die Ergebnisse Ihrer Sit­u­a­tion­s­analyse ein. Sind Sie zufrieden? Ihr Ziel muss es sein, die Mark­tat­trak­tivität ganz nach oben und die eigene Mark­t­stel­lung Richtung Cashflow zu dirigieren. Bei allen Ihren Produkten und bei allen Ihren Abteilungen. Betreiben Sie Port­fo­lio-Man­age­ment. Da erfahren Sie viel über den Leben­szyk­lus Ihres Produktes: Markteinführungsphase, Wach­s­tum­sphase, Sätti­gungsphase, Reifephase - und wenn Sie jetzt nicht aufpassen, dann geht’s un­weiger­lich bergab in die Ab­stiegsphase. Verhindern Sie das! Malen Sie nicht nur eine schöne Port­fo­lio-Ma­trix, schauen Sie sich die auch an und ziehen Sie die richtigen Kon­se­quen­zen. Am gefährlichsten leben Sie gegen Ende der Reifephase. Setzen Sie jetzt neue Impulse, kümmern Sie sich um einen "Relaunch". Sie müssen kein gänzlich neues Produkt aus dem Boden stampfen, ein bisschen Facelifting tut es meist auch. Hauptsache, es passiert rechtzeitig, bei den ersten kleinen Fältchen sozusagen. Sind die Runzeln erst mal grabentief, nutzt es nicht mehr viel. Dann kann Sie bestenfalls ein teurer Turn-around noch retten.

Ohne Plan kein Ziel

Das heisst: Sie können natürlich ein Ziel haben. Nur werden Sie es nicht erreichen ohne strate­gis­che Planung. Gehen Sie zielo­ri­en­tiert vor, dann kommen Sie genau dahin, wo Sie hin wollen. Fast ganz von allein. Und Sie machen Gewinn. Auch fast ganz von allein. Bei den immerhin 5 % mittelständischer Unternehmen in Deutschland, die es schaffen, strategisch zu planen, ist das jedenfalls so. Sie machen 46 % höhere Gewinne als die Planlosen. Das könnte ein Ansporn für Sie sein. Sicher haben Sie eine Vision, vielleicht auch langfristige Un­ternehmen­sziele, wenigstens aber mit­tel­fristige. Das Wichtigste aber sind die kurzfristi­gen Un­ternehmen­sziele, die Jahresziele, die nutzen Ihnen in schwierigen Zeiten am meisten. Um die zu überstehen, müssen Sie ein Beschaf­fungs-, Or­gan­i­sa­tions-, Finanz-, Marketing- und Mi­tar­beiter-Konzept haben und vorerst keine philosophis­chen Ergüsse über Visionen.

Freizeito­ri­en­tierte Angestellte oder er­fol­gshun­grige Mi­tun­ternehmer?

Der schönste Plan nutzt Ihnen aber nichts, wenn die Menschen, die ihn ausführen sollen, nicht dahinter stehen. Was Sie brauchen, sind einzi­gar­tige Mitarbeiter. Die können Sie haben, wenn die Leute sich an ihrem Ar­beit­splatz wohl fühlen. Machen Sie Ihre Angestell­ten zu Mit-Ar­beit­ern, zu Mit-Denkern und natürlich zu Mit-Planern. Wer, glauben Sie, weiss besser, was an Ort und Stelle gebraucht wird, als der, der dort jeden Tag acht Stunden oder mehr verbringt? Legen Sie Ihre Jahreszielpla­nung zusammen mit Ihren Mi­tar­beit­ern fest. Und wenn Sie wollen, machen Sie mit allen gemeinsam ein Men­tal­train­ing, um diese Ziele dann ins Un­ter­be­wusst­sein zu befördern. Nirgends sind sie besser aufgehoben! Das bedeutet nicht, dass Ihre Mitarbeiter jetzt nichts mehr tun müssen, es klappt nur besser. Und weil alle am Jahresziel mitgeplant haben, weiss auch jeder, bis wann er welches Ziel erreichen muss. Jeder ist für seinen Bereich alleine ve­r­ant­wortlich. Sie werden erstaunt sein, wie viel Eigen­dy­namik so ein Mitarbeiter auf einmal entwickelt. Da wird aktives Marketing endlich zur Realität.

Der Weg zur Pole-Po­si­tion

Sie können Marketing lernen, zu 95 %. Der Rest ist Talent oder Kunst. Also lernen Sie es. Und schon wieder brauchen Sie eine Strategie, diesmal eben die Mar­ket­ing-Strate­gie. Mit wildem Aktionismus verplempern Sie nur Ihre Zeit. Sie können sich an diese Punkte halten:

  1. Suchen Sie Ihre Zielgruppe. Auch wenn manche behaupten, es gibt keine mehr: Ohne Zielgruppen sind Sie einiger­massen ori­en­tierungs­los. Wen möchten Sie denn wie ansprechen, wenn Sie gar nicht wissen, wer Ihr Produkt kauft? Es macht schon einen Unterschied, ob Sie Kinder oder Erwachsene, Männer oder Frauen, Yuppies (Young Upcoming Pro­fes­sion­als) oder Milkies (Modest Introverted Luxury Keepers) als Kunden haben und ob die aus Berlin oder aus Hin­ter­tupf­ing kommen.
  2. Po­si­tion­ieren Sie sich. Wenn Sie eine Im­age-Broschüre unters Volk streuen, dann überlegen Sie sich genau, was Sie da rein­schreiben. Sie müssen sich damit von Ihren Mit­be­wer­bern un­ter­schei­den, andernfalls verwenden Sie das Geld lieber auf andere Weise. Und wenn Sie Ihre Position mit einem megacoolen Slogan un­ter­stre­ichen, dann braucht es dahinter eine Menge tragender Mar­ket­ing-Ideen. Behaupten Sie also nicht, Ihr Frühstücksbüfett sei ein richtiges Schlaraf­fen­land, wenn Sie dann bloss ein paar Cornflakes und ein Glas Orangensaft anzubieten haben ...
  3. Legen Sie Ihre Leis­tungss­chw­er­punkte fest. Zuerst brauchen Sie eine strate­gis­che Er­fol­gspo­si­tion (SEP), am besten aber natürlich mehrere. Sie könnten beispiel­sweise eine SEP "Her­zlichkeit" aufbauen, wenn Ihre Mitarbeiter mitziehen und nicht den ganzen Tag muffig und pampig zwischen Ihren Kunden herum­schle­ichen. Was Ihnen jetzt noch fehlt, sind ein paar vernünftige USPs (Unique Selling Propo­si­tions), Kleinigkeiten, mit denen Sie sich auf einzi­gar­tige Weise von Ihrer Konkurrenz un­ter­schei­den.
  4. Haben Sie Basisfähigkeiten? Die vielen netten USPs machen nur Sinn, wenn Sie bei Ihren Basisfähigkeiten nicht einbrechen. Eine Airline, die Er­frischungstücher mit De­sign­er­duft anbietet (USP), aber dann nicht vom Boden abhebt, weil dem Flieger der Treibstoff fehlt, hat bei ihrer Basisfähigkeit versagt.
  5. Setzen Sie auf Mar­ket­ing-Mix. Dazu zählen einmal der Leis­tungs-Mix, also Sach­leis­tun­gen, Di­en­stleis­tun­gen, evtl. Ambiente, dann Preis und Verkauf­swege. Das Zweite ist der Kom­mu­nika­tions-Mix aus Werbung, Verkaufsförderung, interner und externer Öffentlichkeit­sar­beit sowie Sponsoring bzw. Prod­uct-Place­ment. Wie Sie das alles mischen, ist Ihre Sache. Seien Sie ruhig kreativ, aber machen Sie es so, dass wieder etwas Un­ver­wech­sel­bares dabei herauskommt.
  6. Bestimmen Sie Ihre quan­ti­ta­tiven Ziele. Oder wollen Sie ganz umsonst arbeiten? Gewinn zu machen ist ein Mar­ket­ing-Ziel. Ihre Mar­ket­ing-Strate­gien sind das Mittel zum Zweck.

Billig ist nicht alles

Falls Sie sich nur deshalb von Ihren Mit­be­wer­bern un­ter­schei­den, weil bei Ihnen alles viel billiger ist oder weil Sie immer versuchen, den billigsten Konkur­renten noch zu unterbieten, können Sie demnächst schliessen. Rabatt ist heute kein Mar­ketin­gin­stru­ment mehr. Geld ist genügend da bei den Kunden, sie suchen sich nur selber aus, wo sie’s lassen. Setzen Sie lieber immer wieder Tes­ti­mo­ni­als ein. Vor allem wenn bekannte Leute Ihr Produkt loben, ist das zehnmal besser, als wenn Sie selbst es tun. Und dann lassen Sie den Preis da, wo Sie ihn haben wollen. Wenn er zu Ihrer Leistung passt, werden die Kunden ihn bezahlen.

Alle mal herhören!

Wie bleiben Sie im Gespräch? Mit wohl überlegter Öffentlichkeit­sar­beit. So viele Ideen, wie Sie brauchen, können Ihnen aber gar nicht einfallen, also lassen Sie Ihre Mitarbeiter ran. Finden Sie ein tolles Thema - es sollte allerdings schon zu Ihrem Unternehmen passen. Dann arbeiten Sie es richtig gut aus. Erst dann gehen Sie damit an die Öffentlichkeit. Für unaus­ge­gorene Geis­tes­blitze in­ter­essieren sich die Medien nicht. Und ein PR-Termin, zu dem nur Sie selbst erscheinen, ist für Ihr Image eher eine kalte Dusche. Das gilt umso mehr für Event-Mar­ket­ing. Da betreiben Sie einen riesigen Aufwand und dann wird es ein Schuss in den Ofen, bloss weil Sie keine Lust hatten, die Sache von A bis Z zu planen. An einen Event müssen sich auch nach einem Jahr noch alle erinnern als eben ein un­vergessliches (und positives!) Erlebnis. Sie brauchen da keine Millionen investieren, die Idee ist wichtig und die Gestaltung. Gut gemacht ist das viel billiger und viel effektiver als Werbung. Sie kommen damit nämlich auch in die Zeitung oder ins Fernsehen. Umsonst!

Lieber klein und fein als gross und aus­tauschbar

Und wie kommen Sie zum Erfolg? Indem Sie sich spezial­isieren. Sehen Sie zu, dass Sie auf die eigenen Beine kommen, nur wer selbstständig ist, bestimmt die Richtung. Und dann treiben Sie es ruhig auf die Spitze: Wenn Sie auf Ihrem Gebiet hochspezial­isiert sind, gehört Ihnen die Zukunft. Das kriegen Sie alleine aber nicht hin, also scharen Sie die besten Mitarbeiter um sich, die Sie bekommen, filtern Sie knallhart, aber fair die Spreu vom Weizen, nur mit der Elite werden Sie ein Star. Legen Sie aber die Karten auf den Tisch, Ihre Mitarbeiter sollen wissen, was sie erwartet. An­schliessend wird der Bewerber auch akzeptieren, dass Sie ihn auseinander nehmen (nicht wörtlich natürlich). Und zum Schluss stellen Sie den ein, der die meiste Begeis­terung für den Beruf mitbringt. Die ist uner­set­zlich. Und wenn Sie jetzt immer noch nicht wissen, wie Sie mit Kreativität zu Erfolg gelangen, dann hilft nur noch eines: Sie probieren es einfach mal aus! Es hat ja auch keiner geglaubt, dass man ohne Sauerstoff 8000 Meter hoch klettern kann. Bis der Südtiroler es eben einfach versucht hat. Auch Eigensinn ist eine Zutat zum Erfolg.

Über den Autor

Was Klaus Kobjoll in seinen Büchern vermittelt, ist durch und durch praxis­er­probt, schliesslich ist der Autor selbstständiger, mittelständischer Unternehmer. Wie erfolgreich virtuoses Marketing sein kann, beweist er beispiel­haft in seinem "Landhotel Schindler­hof". Da wird alles das umgesetzt, was er in seinen Seminaren zum Besten gibt. Für sein Engagement in diesem Bereich erhielt er 1994 den Mar­ket­ing-Preis der HSMA (Hospitality Sales & Marketing Association).