Die Frage nach dem optimalen Preis
Für den Erfolg eines Unternehmens spielt die Preisgestaltung eine entscheidende Rolle. Der Preis bestimmt mit, inwieweit ein Produkt vom Kunden akzeptiert wird und welche Gewinne möglich sind. Preisänderungen bemerken Kunden und Konkurrenten sofort und reagieren entsprechend. An niedrigere Preise gewöhnt sich der Kunde rasch; er wird später kaum bereit sein, wieder mehr zu bezahlen. Zu tiefe Preise können für ein Unternehmen allerdings existenzbedrohend sein. Entsprechend wichtig ist ein gutes Preismanagement.
„Preisentscheidungen bereiten Unternehmen in der Praxis mit Abstand das größte Kopfzerbrechen.“
Wie entsteht ein Preis? Der Anbieter hat eine bestimmte Preisuntergrenze, zu der er das Produkt mindestens anbieten muss, damit seine Kosten gedeckt werden. Dem gegenüber steht die Preisobergrenze des Kunden – der Preis, den dieser gerade noch zu zahlen bereit ist. Je näher die beiden Grenzen beieinander liegen, desto geringer sind die Gewinnmöglichkeiten. Sie haben zwei Möglichkeiten, diesen Spielraum zu erweitern: die Senkung der Untergrenze, etwa durch Kostenreduktion, oder die Erhöhung der Obergrenze, etwa durch bessere Kommunikation des Kundennutzens oder durch zusätzliche Angebote für den Kunden. Gibt es für ein Produkt viele Anbieter, dann wird die Obergrenze stark von deren Preisen bestimmt.
Besonderheiten im Business-to-Business-Geschäft
In Business-to-Business-Märkten (B2B) ist der Kontakt zum Kunden wesentlich direkter und enger als im Business-to-Consumer-Bereich (B2C). Oft werden Produkte – etwa Maschinen – speziell nach den Wünschen des Kunden gefertigt. Entsprechend individuell muss die Preisgestaltung sein. Häufig handeln Vertreter den Preis direkt vor Ort mit dem Kunden aus. Eine lange, intensive Kundenbeziehung verlockt dazu, Treuerabatte und andere Vergünstigungen zu gewähren. Gerade im B2B-Bereich werden oft auch kostenlose Dienstleistungen zum Produkt angeboten. Doch da ist Vorsicht geboten: Solche Vergünstigungen wieder zurückzunehmen, ohne den Kunden zu verärgern, ist fast unmöglich. Hinzu kommt, dass im B2B-Bereich üblicherweise mehrere Personen an der Kaufentscheidung beteiligt sind. Es gilt also, nicht nur einen einzelnen Kunden, sondern eine ganze Gruppe zu überzeugen.
Preisanalyse und -strategie
Am Anfang jedes guten Preismanagements steht die Preisanalyse: In welcher finanziellen Lage befindet sich Ihr Unternehmen? Wie sieht der Markt aus? Welche Ziele hat das Unternehmen? Welcher Preis ist realistisch, wie viel würden die Kunden für das Produkt bezahlen? Sie können sowohl Experten als auch Kunden befragen. Die Antworten bei Kundenbefragungen fallen allerdings, wie Studien zeigen, meist wenig realistisch aus. Entweder überschätzen die Kunden ihre Zahlungsbereitschaft, weil sie ja nicht wirklich zahlen müssen, oder sie geben extrem niedrige Preise an in der Hoffnung, dadurch die tatsächlichen Preise beeinflussen zu können. Besser ist deshalb eine sogenannte Conjoint-Analyse, in der Kunden unterschiedliche Aspekte bewerten. So wird neben dem Preis etwa auch die Lieferzeit oder die Produktqualität beurteilt. Auch Auktionen sind eine hilfreiche Quelle für realistische Preisinformationen.
„Preismanagement umfasst alle Entscheidungen im Hinblick auf das vom Kunden für ein Produkt zu entrichtende Entgelt.“
Als Nächstes erarbeiten Sie die Preisstrategie. Wo möchten Sie Ihr Unternehmen im Vergleich zu den Wettbewerbern positionieren? Eher als Discounter, im Mittelfeld oder als Anbieter hochwertiger und entsprechend teurer Produkte? Wie soll sich der Preis eines Produkts während des Produktlebenszyklus entwickeln? Hier gibt es zwei gegensätzliche Strategien. Bei der Skimmingstrategie wird das Produkt am Anfang zu einem hohen Preis angeboten und dieser dann nach und nach gesenkt. Sie bietet sich vor allem bei innovativen Produkten an, für die die Kunden bereit sind, viel zu zahlen. Bei der Penetrationsstrategie wird das Produkt von Anfang an möglichst günstig angeboten, um einen hohen Absatz zu erzielen. Sie ist vor allem dann sinnvoll, wenn es bereits ähnliche Produkte auf dem Markt gibt und man sich von der Konkurrenz nicht wesentlich abheben kann.
Den Preis festsetzen
Ist die Situation analysiert und die Strategie festgelegt, folgt die Preisbestimmung. Dabei können Sie sich an den Kosten, am Wettbewerb oder an den Kunden orientieren. Oft richten sich Unternehmen nur nach den Kosten, doch das ist insofern problematisch, als diese auch von der Menge der verkauften Produkte abhängen. Wenn Sie sich am Wettbewerb orientieren, werden Sie versuchen, die Preise der Konkurrenten zu unterbieten. Ein solcher Preiskampf kann ruinös werden. Bei einem rein kosten- oder wettbewerbsorientierten Vorgehen werden Sie es auch nicht bemerken, wenn Ihr Kunde bereit wäre, mehr für das Produkt zu zahlen. Die Zahlungsbereitschaft des Kunden ist wichtiger als Kosten und Wettbewerb, daher ist eine kundenorientierte Preisbestimmung zu empfehlen.
Verschiedene Preismodelle
Gerade im B2B-Bereich werden Preise oft nicht einseitig festgelegt, sondern im direkten Kontakt mit dem Kunden verhandelt. Entsprechend wichtig ist es, dass Sie die Verkäufer für Preisverhandlungen schulen. Je überzeugter der Käufer davon ist, dass gerade Ihr Produkt ihm einen Nutzen verschafft, desto eher können Sie hohe Preise aushandeln. Stellen Sie daher immer den konkreten Kundennutzen, z. B. Kosteneinsparungen für den Käufer, in den Mittelpunkt Ihrer Verhandlungen. Wenn der Kunde einen günstigeren Preis verlangt, können Sie diesen mit Abstrichen verbinden, z. B. mit längeren Lieferzeiten. Ist der konkrete Preis festgelegt, behält das Preiscontrolling die Entwicklung im Blick und nimmt notfalls Änderungen vor. Häufig sind Unternehmen versucht, einzelnen Kunden über Rabatte oder Boni einen attraktiveren Preis einzuräumen. Dagegen ist nichts einzuwenden, aber achten Sie darauf, dass es für solche Vergünstigungen ganz klare Regeln gibt. Die Gefahr ist nämlich groß, dass Preisermäßigungen bald nur noch aus Gewohnheit vergeben werden. Irgendwann können Sie Ihre Preisgestaltung nicht mehr überblicken und lassen sich unter Umständen erhebliche Gewinne entgehen.
„Die Performance eines Verhandlungsteams steigt nicht unbedingt mit zunehmender Teamgröße an.“
Eine Möglichkeit der Preisgestaltung ist die Bündelung. Hier bezahlt der Kunde für das Produkt einen eher hohen Preis, erhält aber zusätzliche Leistungen (z. B. Kundenservice) kostenlos dazu. Entbündelung verfolgt die gegensätzliche Strategie: Der Kunde bezahlt jedes Produkt und jede Dienstleistung einzeln. Mit Preisbündelung erhöhen Sie den Absatz einer Produktlinie und schöpfen die Zahlungsbereitschaft der Kunden besser aus. Bei der reinen Preisbündelung kann der Kunde nur das Bündel als Ganzes erwerben, bei der gemischten Preisbündelung kann er entscheiden, ob er das Bündel oder die Einzelprodukte haben möchte. Eine andere bewährte Strategie ist die Subventionierung: Hier ist das eigentliche Produkt (z. B. ein Drucker) sehr günstig; das Unternehmen erwirtschaftet seine Gewinne vor allem über das Folgegeschäft (z. B. Toner, Service), für das es auch höhere Preise verlangen kann. Eine weitere Möglichkeit ist die Einführung eines ganz neuen Preismodells, bei dem Sie den Kunden nicht für ein Gerät, sondern für die tatsächliche Nutzung zahlen lassen. So wird etwa nicht ein Kompressor, sondern die dadurch erzeugte Druckluft verrechnet. Mit solch kreativen Lösungen heben Sie sich von der Konkurrenz ab, und Ihre Preise sind mit denen der Wettbewerber weniger gut zu vergleichen.
Auf internationaler Ebene
Die Zahlungsbereitschaft der Kunden unterscheidet sich von Land zu Land. Viele Unternehmen passen ihre Preise deshalb dem Verkaufsort an. Das funktioniert vor allem bei stark individualisierten Produkten, bei denen die Preise sowieso nur schwer verglichen werden können. Risikoreich ist diese Strategie dagegen, wenn ein und dasselbe Produkt zu unterschiedlichen Preisen angeboten wird und die Kunden die Möglichkeit haben, sich über die Preise in anderen Ländern zu informieren. Auch wenn Ihre Kunden Niederlassungen in mehreren Ländern haben, ist diese Strategie nicht anzuraten – die Kunden werden dann einfach dort kaufen, wo sie das Produkt am billigsten bekommen. Setzen Sie das Instrument der Preisdifferenzierung prinzipiell nur sparsam ein. Es bringt kurzfristigen Nutzen, kann dem Unternehmen aber langfristig sehr schaden: Wenn Kunden die Unterschiede bemerken, sind sie verärgert und fordern den niedrigsten Preis.
Erfolgreich verhandeln
Da im B2B-Geschäft Preise oft direkt mit dem Kunden ausgehandelt werden, stellt sich die Frage, inwieweit die Außendienstmitarbeiter die Befugnis erhalten sollten, selbst die Preise festzusetzen. Grundsätzlich können die Ziele des Mitarbeiters erheblich von denen des Unternehmens abweichen: Das Unternehmen will zu einem möglichst hohen Preis verkaufen, der Außendienstmitarbeiter dagegen möchte vor allem in einer kurzen Zeit viele Verkäufe abschließen und neigt deshalb dazu, dem Kunden einen eher niedrigen Preis anzubieten. Außendienstmitarbeiter sollten dann über die Preise selbst entscheiden dürfen, wenn sie wesentlich mehr Informationen über die Kunden besitzen als die Unternehmensleitung, wenn sie also die Situation besser einschätzen können, oder aber wenn der Markt stark umkämpft ist, wenn also ein Interesse besteht, den Kunden nicht zu verlieren. Die Provision sollte in jedem Fall so gestaltet sein, dass sie einen deutlichen Anreiz schafft, zu einem hohen Preis abzuschließen.
„Wer langfristig erfolgreich sein will, darf nicht nur über den Preis konkurrieren.“
Eine erfolgreiche Verhandlung ist kein Zufall. Wichtig ist, die Verhandlung schon im Vorfeld genau zu planen. Das beginnt mit einer Analyse der Situation: Wer ist der Kunde? Wie wichtig ist er für Ihr Unternehmen? Mit wem werden Sie verhandeln? Wie sind ähnliche Verhandlungen mit diesem Kunden in der Vergangenheit verlaufen? Dann folgen organisatorische Fragen: Wann und wo soll die Verhandlung stattfinden? Wer gehört dem Verhandlungsteam an? Dann erst kommt die eigentliche Vorbereitung: Sie greifen auf die bisher gesammelten Informationen zurück und erarbeiten die Verhandlungsziele und die Strategie. Welchen Preis möchten Sie mindestens erzielen? Wieweit können und wollen Sie dem Kunden entgegenkommen? Achten Sie darauf, dem Kunden keine einseitigen Zugeständnisse zu machen: Eine erfolgreiche Verhandlung besteht immer aus Geben und Nehmen. Halten Sie die wichtigsten Punkte Ihrer Vorbereitung unbedingt schriftlich fest. In den eigentlichen Verhandlungen stellen die Teilnehmer jeweils erst einmal ihre Position vor. Im nächsten Schritt nähern Sie sich einander nach Möglichkeit an, bis im optimalen Fall eine Lösung gefunden ist. Auf die Verhandlung folgt das Controlling: Wurden die Ziele erreicht? Wo gibt es Abweichungen, und was lässt sich daraus für künftige Verhandlungen lernen?
Preisfestsetzung in verschiedenen Branchen
Die jeweilige Branche gibt die Leitplanken der Preisgestaltung vor. Ein gutes Beispiel ist die chemische Industrie: Chemikalien werden überwiegend im B2B-Bereich vertrieben. Viele Artikel sind Standardprodukte, die bei allen Anbietern gleich sind. Bei diesen Produkten muss sich der Preis notwendigerweise an den Kosten und an den Mitbewerbern orientieren – der Kunde hat keinen Nutzen davon, eine Chemikalie bei einem bestimmten Anbieter zu kaufen, wenn er sie anderswo günstiger haben kann. Bei Anbietern von Spezialchemikalien ist die Lage dagegen genau umgekehrt: Möglicherweise ist das Produkt dem Kunden so viel wert, dass er auch wesentlich mehr zahlen würde, um es zu bekommen. Hier machen kosten- und wettbewerbsorientierte Modelle keinen Sinn; ermitteln Sie stattdessen den Kundennutzen. Ein bei jedem Anbieter völlig gleichartiges Produkt wird in der Energiewirtschaft vertrieben: Strom. Hier schaut der Kunde eigentlich nur auf den Preis. Deshalb ist es in dieser Branche gerade im B2B-Bereich sinnvoll, attraktive Vertragsmodelle und zusätzliche Leistungen anzubieten, für die dann auch ein höherer Preis verlangt werden kann.