Weiche Faktoren
Wenn Sie glauben, an der Börse mit rational-logischen Argumenten weiterzukommen: Vergessen Sie’s, so funktioniert das nur manchmal. Das Beispiel Infineon hat gezeigt, dass "weiche" Faktoren eine wesentliche Rolle bei der Investitionsentscheidung spielen. Man braucht nämlich auch für Aktien Gefühl; Emotionen sind hier also schon mal Geld wert. Marktprämien realisieren sich eben nur zu einem Teil aus fundamentalen Informationen. Wie sieht Ihr Sharebranding-Konzept aus? Sie sollen Ihren Kunden, Aktionären, Angestellten, Partnern und der Presse keine tolle Story erzählen, sondern mit klaren, "markenkonsistenten" Botschaften kommen. Dafür müssen Sie sich erst mal im Klaren sein, wer denn Ihre Aktionäre und Informationsüberträger sind, welche Prämienhöhe Sie im Visier haben und wie Sie die Non-Fundamentals und die Fundamentals in den Griff bekommen:
- Steigern Sie mit Wertmanagement die Wirtschaftlichkeit Ihres Unternehmens.
- Finden Sie Ihre Investoren und bieten Sie ihnen ein massgeschneidertes Angebot.
- Kümmern Sie sich um Ihre "Key Performance Indicators" (KPI) oder Werttreiber.
- Sorgen Sie für ein einzigartiges Profil: Ein fähiger Manager, eine durchdachte Kommunikation und Aktien, die auch verfüg- und handelbar sind.
Was macht die Marke mit der Aktie?
Über die Marke bekommt der potenzielle Anleger eine Menge Informationen zu Ihrem Produkt. Wenn Sie Ihre Aktien wie einen Markenartikel vermarkten, funktioniert das im Prinzip genauso. Dabei können Sie Ihre Anleger sowohl etwas über den Wert der Marke wie über den Kursverlauf wissen lassen, also sowohl markenspezifische als auch nicht-markenspezifische Nachrichten herausgeben. Denken Sie aber daran, dass Sie v. a. die privaten Anleger damit erreichen - und beeinflussen werden.
Internet muss sein
Investoren schauen zuerst auf den Namen des Unternehmens. Wenn der etwas taugt - nicht weil er gut klingt, sondern weil das Unternehmen sich über ihn definiert -, haben Sie es viel leichter, sich am Markt zu positionieren und letztlich auch durchzusetzen. Es kommt aber auch immer darauf an, wie die Aktie vermarktet wird. Gerade heute, da Aktien zunehmend zum Massenprodukt werden. Die privaten Anleger sind in Deutschland stark im Kommen. Das ist das Publikum, mit dem Sie kommunizieren müssen. Und denken Sie dran: Ihr Unternehmen braucht international einen guten Namen, nicht nur in Ihrer Heimatgemeinde. Klar, dass das Internet auch hier eine gewichtige Rolle spielt. Online-Brokerage ist heute für immerhin 10 % aller Anleger schon alltäglich. Wo auch sonst als via Internet bekommt man so schnell und aktuell Informationen über Unternehmen, Börse und Finanzen. Richten also auch Sie Ihre Homepage so ein, dass man schon auf der ersten Seite mit einem Klick zu "Investor-Relations" oder "Unternehmensinformation" gelangt. Was der User dort findet, sollte aber schon aktuell sein, also bitte nicht die Bilanz vom vorletzten Jahr! Geben Sie Ergebnisse vierteljährlich bekannt und möglichst in Deutsch und Englisch. Machen Sie Ihre Seiten bedienerfreundlich und bieten Sie auch einen E-Mail-Service oder Newsletter an, den man abonnieren kann. Zwei weitere wichtige Instrumente des Aktienmarketings im Internet sind Finanzinformationsdienste und virtuelle Emissionshäuser.
Scheinwerfer an, Ton ab, Kamera läuft!
Jedes Unternehmen, das an die Börse geht, steht mehr oder weniger plötzlich im Rampenlicht. Natürlich will die Öffentlichkeit jetzt wissen, was Sache ist. Gut, wenn Sie dann vor lauter Hektik die Gebote der Public Relations und Investor-Relations (IR) nicht vergessen haben. Ob das Initial Public Offering (IPO) top wird (oder zum Flop), liegt sehr stark daran, wie zuvor die Öffentlichkeit informiert wurde. Machen Sie es nicht zu kompliziert, das Wesen Ihres Unternehmens, seine Produkte und Dienstleistungen und sein Geschäftsmodell sollten die Aktionäre auch ohne Fremdwörterlexikon verstehen. Und natürlich müssen Sie überzeugen, schliesslich wollen die Anleger ihr Kapital in eine Firma investieren, die wächst, nicht in eine, die vor sich hin dümpelt. Für den Börsengang brauchen Sie eine IR-Strategie. Die Financial Community will wohl überlegt informiert sein. Mit Analysten, Wirtschafts- und Finanzjournalisten müssen Sie dabei anders sprechen als mit Ihren Mitarbeitern oder den privaten Anlegern. Wichtig ist ein einheitliches Erscheinungsbild, aber sonst können Sie Ihrer Kreativität freien Lauf lassen, Hauptsache, die Financial Community wird auf Ihren Börsenstart aufmerksam. IR müssen Sie auch nach dem ersten Handelstag weiter betreiben, und zwar intensiv, Sie möchten doch, dass Ihre gut informierten Aktionäre Ihre Aktien behalten.
Geschichten aus 1001 Nacht ...
... sind sehr spannend, als Equity-Story eignen sie sich aber nicht. Die Vergangenheit interessiert da weniger. Die Anleger möchten klare und aussagekräftige Informationen über das Wachstum Ihres Unternehmens und den Ertrag. Ihre Unternehmensstrategie ist dabei der Knackpunkt, sie sollte deshalb schlüssig sein, das macht immer einen guten Eindruck. Und wenn Sie auf Ihrem Gebiet besonders kompetent sind und mit entsprechenden Wettbewerbsvorteilen aufwarten können, packen Sie auch das in Ihre Equity-Story. Es darf auch alles ein bisschen spannend sein, sodass die Anleger neugierig sind auf die weitere Wertentwicklung. Stellen Sie Ihre Vision in den Mittelpunkt. Jetzt wäre es halt schön, wenn es nicht bei der Story bleibt, sondern Sie diese auch in die Tat umsetzen können. Enttäuschen Sie Ihre Anleger nicht. Es ist allerdings ein ziemliches Stück Arbeit, bis Sie das Ziel, die Aktienmarke, erreicht haben. Unternehmen, die das bereits erfolgreich geschafft haben, können ein Lied davon singen. Dabei ist die Neugestaltung der Corporate Identity noch die leichteste Übung. Aber an der Equity-Story beisst man sich leicht die Zähne aus. Bevor Sie jedoch das Handtuch schmeissen, beauftragen Sie ein IPO-Beratungsunternehmen. Und Ihrer Public-Relations-Abteilung lassen Sie von einer spezialisierten Finanzkommunikationsagentur unter die Arme greifen. Ist der Kommunikationsmix aus Investor-Relations, Öffentlichkeitsarbeit und klassischer Werbung erst mal stimmig, klappt es meist auch mit der Neupositionierung. So schaffen Sie es, Ihrer Aktie eine überdurchschnittliche Performance zu verleihen. Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass die konkrete Kommunikationsarbeit der Schlüssel zum Erfolg ist. Zum richtigen Zeitpunkt der richtige Inhalt - klingt irgendwie ganz einfach, ist es aber nicht. Auch wenn nicht ständig grosse Dinge in Ihrem Unternehmen passieren, sollten Sie die Financial Community regelmässig mit Informationen füttern - nicht die Leute eine Woche lang zutexten und dann vier Monate auf Tauchstation gehen. Auch die Inhalte sollten ausgewogen sein. Wenn der Öffentlichkeit angesichts Ihrer euphorisch herausposaunten Erfolgsmeldungen die Ohren abfallen und sie andererseits aber jeden kleinen Rückschlag mit dem Hörrohr verfolgen muss, haben Sie das richtige Gleichgewicht noch nicht gefunden. Stellen Sie sich auch auf Ihr jeweiliges Publikum ein. Pressevertreter dürfen Sie schon mal exklusiv behandeln; wenn Sie das aber im Bereich Investor-Relations machen, sind Ihnen alle anderen sehr böse. Erwarten Sie auch nicht, dass Aktionäre und Analysten nach dem Börsengang ein ebenso interessiertes Publikum abgeben wie vorher Ihre Gesellschafter und Mitarbeiter. Jetzt heisst es Farbe bekennen, klar und überzeugend. Wenn Ihre Story eher nach Märchen klingt, haben Sie bald gar kein Publikum mehr.
Wie sag ich’s meinen Aktionären?
Das ist genau die Frage, die Sie sich stellen sollten, wenn Sie erfolgreich Aktienmarketing betreiben möchten. Versuchen Sie es mit strukturierten Prozessen. Ein bisschen dürfen Sie aber trotzdem immer auch auf Ihre innere Stimme hören. Sicher ist, dass Aktien ebenso wie Markenartikel ihren Wert auch aus psychologischen Faktoren beziehen, und da gehört die Kommunikation dazu. Setzen Sie ruhig auf Emotionen, das müssen Sie sogar, denn beim Aktienkauf zählt in erster Linie die Zukunft. Sympathie und Vertrauen sind Faktoren, mit denen Sie arbeiten sollten. Das Aktienmarketing lebt also nicht allein von der Information über das Produkt, sondern ebenso von dessen Attraktivität. Speziell die Kleinanleger sprechen Sie im Bereich der klassischen Werbung mit Motiven, die Gefühle wecken, am besten an. Ganz umsonst ist das alles aber nicht, Sie brauchen schon ein vernünftiges Budget. Und zwar langfristig, weil gerade nach dem IPO die Kurspflege wichtig ist, sonst hat man Sie morgen bereits vergessen. Wo die Anleger mit einer Flut von Nachrichten überschwemmt werden, heisst Ihre Devise: Aufmerksamkeit erzeugen. Vielleicht genügt Ihnen ja ein kleiner Börsengang, dann genügen Ihnen auch 500 000 Mark. Wenn es aber international sein soll, dürfen Sie durchaus zweistellige Millionenbeträge ansetzen.
„Gelingt es durch eine professionelle Kommunikationsstrategie, für ein Unternehmen eine grosse öffentliche Aufmerksamkeit zu schaffen und dies mit einem hohen Mass an Glaubwürdigkeit zu verbinden, wird die Aktie dieses Unternehmens zur Premium-Marke.“
Unabhängig davon, wie viel Geld Sie ausgeben, müssen Ihre Stories zur Aktie in jedem Fall vier Hauptmerkmale aufweisen:
- Die Anlegerstory muss glaubwürdig sein. Dazu gehört, dass derjenige, der eine Information haben will, sie auch bekommt. Dazu gehört auch, dass Sie selbst aktiv werden und nicht warten, bis man Ihnen jede Einzelheit mühsam "aus der Nase zieht". Dass sich Ihre Aussagen nicht widersprechen und Sie immer bei der Wahrheit bleiben, ist ja eigentlich selbstverständlich. Ein Bonbon für Ihre Anleger: Sie erfahren alles aus erster Hand, authentisch und direkt vom Top-Management.
- Die Anlegerstory muss einen Nachrichtenwert haben. Wenn Sie eine "olle Kamelle" anbieten, wundern Sie sich nicht, dass die dann nirgends gedruckt wird. Die Medien bringen das, was aktuell und fundiert ist. Und wenn es ein bisschen paradox und Prominenz dabei ist, umso besser.
- Die Anlegerstory braucht ihren Helden. Welche Persönlichkeit ist mit dem Erfolg Ihres Unternehmens verbunden? Machen Sie eine gute Geschichte daraus.
- Die Anlegerstory muss die Phantasie anregen, wie wollen Sie sonst Ihre Zielgruppe zum Kauf bewegen? Das bedeutet aber nicht, dass Sie ins Reich der Fabeln abdriften, sondern dass Sie in Ihre Story alles hineinpacken, was mit dem Erfolg Ihres Unternehmens zu tun hat, egal ob dieser Erfolg in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft platziert ist. Und wenn Sie ein etwas kritisches Thema angehen müssen, dann verknüpfen Sie einen positiven Gedanken damit. Das ist der Stoff, aus dem Anleger-Träume sind.
Viele Wege führen ans Ziel
Sie haben also eine Story und wählen ein Kommunikationsinstrument. Doch das reicht nicht! Wenn Ihr Aktienmarketing eine Wirkung haben soll, müssen Sie parallele Kommunikationsstränge bemühen. Also direktes und indirektes Marketing Hand in Hand. Machen Sie aber keinen Rundumschlag, sondern wägen Sie genau ab, was sein muss (Pflichtpublikationen beim Börsengang), was notwendig ist (Road-Show für Analysten) und auf was Sie dann auch verzichten können (beispielsweise auf einen aufwendigen Event). Fragen Sie sich, ob das ausgewählte Kommunikationsinstrument sich für das spezifische Thema eignet. Ob eine Affinität zur Bezugsgruppe besteht, wie weit die Thematik in die Bezugsgruppe hineinreicht, was es pro 1000 Kontakte kostet, ob ein Synergieeffekt gegeben ist, oder auch, ob es dauerhafte Beziehungen herstellen kann. Worauf Sie auf keinen Fall verzichten können, ist eine Basispressemappe, Pressemeldungen und Pressekonferenzen. Das bedeutet, Sie brauchen einen Pressesprecher, der das professionell managt. Zu welcher Massnahme im Rahmen von Investor-Relations auch immer Sie greifen, vergessen Sie die Kontrolle hinterher nicht. Langfristigen Erfolg werden Sie jedenfalls nur dann haben, wenn Sie zuerst grosse Aufmerksamkeit schaffen und glaubwürdig sind. So wird aus Ihrer Aktie eine Marke.
Der Wirtschaftsingenieur Dr. Hartmut Knüppel und der Marketing-Kommunikationsexperte Christian Lindner haben Anfang 2000 die Agentur für Unternehmenskommunikation "knüppel, lindner communications" gegründet und sind zudem geschäftsführende Gesellschafter von "moomax", einem Anbieter von multimedialen Inhalten für das mobile Internet. Knüppel, Jahrgang 1953, hat u. a. als persönlicher Referent von Hans Dietrich Genscher die Kunst der Kommunikation beherrschen gelernt. Lindner, Jahrgang 1979, hatte schon als Schüler seine eigene Werbeagentur und zeichnete für die Marketingstrategie einer regionalen Telekommunikationstochter der RWE-Telliance verantwortlich.