Neugründungen von innovativen Kleinstunternehmen

Buch Neugründungen von innovativen Kleinstunternehmen

Probleme ihrer Realisierung

Haupt,


Rezension

Die Autoren zeigen am Beispiel des Standorts Schweiz, wie wichtig Kleinst- und Mit­telun­ternehmen für die Wirtschaft sind. So fangen diese u. a. den Per­son­al­ab­bau der Grossun­ternehmen auf und bringen innovative Ideen und Produkte auf den Markt. Doch den Gründern derartiger Betriebe werden immer noch zu viele Steine in den Weg gelegt. Zu schlecht vorbereitet starten darüber hinaus viele ein Unternehmen und erfahren dabei wenig Unterstützung von Seiten des Staates oder der Banken und Ver­sicherun­gen. Das klar struk­turi­erte Werk gibt einen umfassenden Einblick in den be­trieblichen Alltag innovativer Unternehmer und bietet viele gute und umsetzbare Lösungsansätze. BooksInShort empfiehlt dieses Werk allen In­ter­essen­ten, die ein Kleinst- oder Mit­telun­ternehmen gründen bzw. eine „Kultur der Selbstständigkeit“ in ihrem Umfeld aufbauen und fördern wollen.

Take-aways

  • Vor allem Kleinst- und Mit­telun­ternehmen treiben die Wirtschaft voran.
  • Die In­for­ma­tions- und Kom­mu­nika­tion­stech­nolo­gie bietet immer mehr Möglichkeiten für innovative Un­ternehmensgründungen ohne besonders hohes fi­nanzielles Risiko.
  • Die Kultur der Selbstständigkeit stärkt die Konkurrenzfähigkeit eines Landes auf dem in­ter­na­tionalen Markt.
  • Die Selbstständigkeit ermöglicht es, die eigenen Ideen und in­di­vidu­ellen Fähigkeiten zu erweitern und zu realisieren und das Berufs- und Fam­i­lien­leben besser zu or­gan­isieren.
  • Für die Gründung von Kleinst- und Mit­telun­ternehmen sind nicht nur besondere fachliche Fähigkeiten gefragt, sondern auch eine überdurch­schnit­tliche Risikobere­itschaft.
  • Kleinst- und Mit­telun­ternehmen werden von der Wirtschaft und der Forschung sträflich vernachlässigt.
  • Banken, Ver­sicherun­gen und Behörden stellen oftmals eine Bedrohung für neue Unternehmen dar.
  • Die Haupt­prob­leme liegen in den Bereichen Kapazität, Pro­duk­t­d­if­feren­zierung, Personal, Absatz und Beschaffung.
  • Die langfristige Bindung von Kunden gehört zu den zentralen Her­aus­forderun­gen eines Un­ternehmens. Doch stehen diese innovativen Ideen oft kritisch gegenüber.
  • Auch der Wettbewerb und die Preis­poli­tik zwingen viele kleine Betriebe in die Knie.
 

Zusammenfassung

Un­ternehmensgründungen in der Schweiz

Die schweiz­erische Un­ternehmensland­schaft wird wie die von anderen Ländern durch Grossun­ternehmen geprägt. Zwar setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass v. a. Kleinst- und Mit­telun­ternehmen die Wirtschaft stark vo­rantreiben, doch sind die Schritte bis zur Neugründung eines derartigen Un­ternehmens immer noch sehr beschw­er­lich.

„Un­mit­tel­bare Vo­raus­set­zung einer er­fol­gre­ichen Existenzgründung ist eine solide und gesicherte Fi­nanzwirtschaft, die das Herzstück eines jeden Un­ternehmens bildet.“

Der Trend zur Selbstständigkeit wird in der Schweiz und in Europa ganz allgemein immer stärker. Die Zahl der Insolvenzen ist insgesamt gesunken, doch der Zustand im in­ter­na­tionalen Vergleich ist bei weitem noch nicht zufrieden stellend. Als mögliche Ursachen gelten die geringe Risikobere­itschaft der Banken und Investoren, aber auch der Un­ternehmensgründer selbst. Der Aufbau einer "Kultur der Selbstständigkeit" ist unerlässlich, wenn die schweiz­erische Wirtschaft in­ter­na­tional konkurrenzfähig bleiben will.

Besondere Charak­ter­is­tika der KMUs

Kleinst- und Mit­telun­ternehmen (KMUs) nehmen in der Schweiz eine beachtliche Stellung ein und stellen einen hohen Anteil der Voll- und Teilzeitbeschäftigten, werden jedoch bei den notwendigen Förderungen sträflich vernachlässigt. Kle­in­stun­ternehmen beschäftigen in der Regel zehn Personen und weniger. Es herrscht eine enge Zusam­me­nar­beit zwischen Unternehmer und Mi­tar­beit­ern und meist ein sehr persönlicher Kontakt zu den Kunden. Die Arbeit wird abteilungsübergreifend organisiert. Meist stützt sich das Unternehmen auf nur wenige Produkte. Schwierigkeiten tauchen immer wieder im Per­son­al­bere­ich auf: Entweder geraten alle Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Be­last­barkeit oder die Aufträge bleiben aus saisonalen oder anderen Gründen aus.

„Die Akquisition und langfristige Bindung von Kunden an das eigene Unternehmen stellt eine der zentralen Her­aus­forderun­gen eines Existenzgründers dar.“

Fast alle KMUs sind dem Di­en­stleis­tungssek­tor zuzuordnen. Derartige Unternehmen sind schnell und kostengünstig aufzubauen. Be­dauer­licher­weise schliessen 80 % der so genannten Ein-Mann-Be­triebe nach einem Jahr wieder. Betriebe mit mindestens fünf Mi­tar­beit­ern haben jedoch er­freulicher­weise eine Einjahresüberleben­schance von 95 %. Die Bere­itschaft, das Kle­in­stun­ternehmen zu schliessen, ist natürlich eher gegeben als bei Grossun­ternehmen. Ist es nicht die Er­fol­glosigkeit, die zum Aufgeben zwingt, so stellt an­der­er­seits die Aussicht auf eine erneute sichere und gut bezahlte Fes­tanstel­lung einen reizvollen Grund dar, die eigene Firma wieder zu schliessen. Die Probleme der KMUs liegen in den Bereichen der Kapazität, der Pro­duk­t­d­if­feren­zierung, des Aufbaus von weiteren Standbeinen, des Personals sowie des Bereiches Absatz und Beschaffung. Un­zure­ichen­des un­ternehmerische Knowhow, geringe finanzielle Mittel und die staatlichen Rah­menbe­din­gun­gen erschweren den Start zusätzlich.

Gründe für den Weg in die Selbstständigkeit

Die schnell wachsende und sich verändernde In­for­ma­tions- und Kom­mu­nika­tion­s­ge­sellschaft mit ihren bahn­brechen­den Tech­nolo­gien bietet immer mehr Möglichkeiten für innovative Ideen, deren Re­al­isierung kein besonders hohes fi­nanzielles Risiko beinhaltet. Die Gründer von Kle­in­st­be­trieben sehen in der eigenen Selbstständigkeit eine Möglichkeit, ihre Ideen und in­di­vidu­ellen Fähigkeiten zu erweitern und zu realisieren und das Berufs- und Fam­i­lien­leben besser zu or­gan­isieren. Wichtig ist dabei auch die ver­meintlich grössere "Entschei­dungs­frei­heit und Unabhängigkeit", doch die alte Abhängigkeit vom Arbeitgeber wird ersetzt durch eine neue Abhängigkeit von den Auf­tragge­bern.

Die Un­ternehmensgründer

Das Durch­schnittsalter der befragten aktiven und ehemaligen Selbstständigen dieser Studie liegt bei 38,6 Jahren zum Zeitpunkt der Un­ternehmensgründung. Der Sprung in die Selbstständigkeit wird also erst nach einer längeren Zeit der Ar­beit­nehmer­schaft gewagt. Die meisten der Personen besitzen ein hohes Aus­bil­dungsniveau, sie haben entweder einen Hochschu­la­b­schluss oder eine Fach- bzw. Meisterprüfung abgelegt. Das ist sicherlich positiv zu bewerten wegen der Notwendigkeit, Probleme erkennen und lösen, Chancen nutzen und Risiken abschätzen zu können. Allerdings ist dieses Aus­bil­dungsniveau keine Garantie für eine Erfahrung mit Firmengründungen und den damit verbundenen Schwierigkeiten. Nur wenige der Befragten hatten bereits einmal eine Firma gegründet oder dies zumindest im Bekan­ntschafts- oder Ver­wandtschaft­skreis mitver­fol­gen können. Die meisten wagten tatsächlich den Sprung ins kalte Wasser.

Akteure und In­sti­tu­tio­nen mit Einfluss auf das neue Unternehmen

Neben dem persönlichen Umfeld üben das ehemalige Arbeitsfeld bzw. ehemalige Lehrkräfte, Hochschulen u. Ä., Netzwerke, Banken, Ver­sicherun­gen, Behörden und Verbände einen nicht un­wesentlichen Einfluss auf den Jun­gun­ternehmer aus. Das ehemalige Arbeitsfeld dient in der Regel als anfängliche Beziehungsquelle für das neue Unternehmen. Ein wesentlich be­deu­ten­deres Gewicht für den Kun­denkon­takt oder die persönliche Beratung gewinnen mit­tler­weile so genannte "Netzwerke zur Un­ternehmensgründung".

„Als eine der zentralen Schwierigkeiten von Kle­in­stun­ternehmen kann die richtige Gestaltung der Preis­poli­tik betrachtet werden.“

Der Kontakt zu Banken und Ver­sicherun­gen wird von Kle­in­stun­ternehmen fast schon gemieden. Sie sehen diese In­sti­tu­tio­nen eher als Bedrohung für ihre Ideen. Die Ursache dafür ist in der geringen Risikobere­itschaft poten­zieller Grosskap­i­tal­ge­ber zu sehen. Bei neu gegründeten KMUs erwarten Banken eine besondere Transparenz und erlegen ihnen wesentlich mehr Bedingungen für Kredite (meist sehr geringen Umfangs!) auf als ver­gle­ich­sweise bei einem Grossun­ternehmen. Das Gleiche gilt für Behörden, die sich durch ihre Passivität, ihre mangelnde Bere­itschaft zu fi­nanziellen Starthilfen und ihre behindernde Geset­zge­bung äusserst negativ auf die Überlebensfähigkeit neu gegründeter Kle­in­stun­ternehmen auswirken.

Staatliche Förderungs­mass­nah­men

Arbeitslose, die sich selbstständig machen wollen, erhalten in der Schweiz während der "Pla­nungsphase" bis zu 60 Tage lang besondere Taggelder. Bedingung ist jedoch, dass man seine Selbstständigkeit noch nicht ausübt, sondern tatsächlich nur plant. Das Gesuch für diese finanzielle Unterstützung beinhaltet eine Grob­skizzierung des Fir­men­pro­jek­tes, einen Fi­nanzierungs­plan und Angaben über den Stand der Firme­nen­twick­lung. Grundsätzlich ist eine solche finanzielle Unterstützung zu begrüssen, auch wenn sie Schwierigkeiten aufwirft: Zum einen ist nicht nur der Begriff "Pla­nungsphase" schwer zu definieren, sondern auch die Bezugsdauer im in­ter­na­tionalen Vergleich sehr kurz. Zum anderen wäre eine Unterstützung während der "Startphase" wesentlich wichtiger.

Wirtschaftsförderung

Nachdem die kantonale Wirtschaftsförderung eingesehen hatte, dass es wenig sinnvoll ist, nur die Ansiedlung von Grossun­ternehmen zu fördern, konzen­tri­erte sie sich mehr auf die Be­stand­spflege. Neue und v. a. kleine Betriebe wurden weiterhin stiefmütterlich behandelt. Der Kontakt der Neugründer von Kle­in­st­be­trieben zur kantonalen Wirtschaftsförderung wird meist von vornherein als aus­sicht­s­los angesehen.

Besteuerung

Im in­ter­na­tionalen Vergleich gilt die Schweiz als steuerlich attraktiver Standort - jedoch nicht für Kle­in­st­be­triebe. Die in der Schweiz gängige Ver­gan­gen­heits­besteuerung, bei der das im Vorjahr bezogene Einkommen zugrunde gelegt wird, kann den Neugründer teuer zu stehen kommen, wenn er vor der Gründung seines Un­ternehmens als Ar­beit­nehmer ein hohes Einkommen bezogen hat. Neben der einjährigen Ver­gan­gen­heits­besteuerung gibt es auch die zweijährige, die sich mitunter ex­is­tenzbedro­hend auswirken kann.

Alters- und Hin­ter­lasse­nen­ver­sicherung (AHV)

Bei der AHV wird die Selbstständigkeit sozial­rechtlich definiert. Dabei gelten folgende Bedingungen: das Tragen eines eigenen wirtschaftlichen Risikos, das Tätigen von langfristi­gen In­vesti­tio­nen, eigene Geschäftsräume, eigene Kunden, Rechnungen in eigenem Namen, mehrere Auf­tragge­ber. Selbst wenn die Steuerbehörde einem die Selbstständigkeit bescheinigt, muss das nicht heissen, dass es die AHV auch tut. Die Beiträge der AHV, die In­vali­den­ver­sicherung und die Er­werb­ser­sat­zord­nung können sich mitunter zu einer immensen Belastung für das junge Unternehmen auswirken.

Lösungsansätze zur Problembewältigung

Als Lösungsansätze bieten sich u. a. ein verstärkter Wettbewerb auf dem Markt der Fi­nanz­di­en­stleis­tun­gen, eine trans­par­entere Kred­it­poli­tik und eine Aus­gliederung der Kred­itver­gabe­prozesse bei den Banken an sowie eine freiwillige Ver­sicherung gegen Ar­beit­slosigkeit für Selbstständige, evtl. sogar unter staatlicher Führung.

Probleme im Ab­satzbere­ich

Nicht nur die Banken stehen den innovativen Ideen der Un­ternehmensgründer skeptisch gegenüber, sondern oft genug auch potenzielle Kunden. Die langfristige Bindung von Kunden an die Firma gehört jedoch zu den zentralen Her­aus­forderun­gen eines Kle­in­stun­ternehmens. Der Kundenkreis muss so gross sein, dass regelmässig Aufträge eingehen. Die Mar­ket­ingstrate­gien der Kle­in­stun­ternehmer reichen dabei vom Schalten von Anzeigen über Direktmail- und Tele­fon­mar­ket­ing bis zum persönlichen Besuch beim poten­ziellen Auf­tragge­ber. Doch auch das "Verkaufen der eigenen Fir­men­philoso­phie" will gelernt sein. Nicht nur die Kun­de­nakqui­si­tion ist ein hartes Geschäft, sondern auch der Wettbewerb auf dem Markt. Oft fallen Kle­in­stun­ternehmen einem grösseren Rivalen zum Opfer, der mitunter zu Methoden wie Verleumdung greift. Ein weiterer Prob­lem­punkt ist die Preis­poli­tik. Ein Kle­in­stun­ternehmer produziert natürlich immer teurer als sein grösserer Konkurrent und muss daher in engeren Margen rechnen. Doch sollte er auch keine Dump­ing­preise einsetzen, um die Kunden zunächst zu ködern, denn diese ärgern sich dann über die später notwendigen Preiserhöhungen. Es ist also unerlässlich, dass die Un­ternehmensgründer sich vorher genauestens auf dem Gebiet der Preis­poli­tik und Kun­de­nakqui­si­tion kundig machen.

Probleme im be­trieblichen Ar­beit­sall­tag

Die Probleme eines Kle­in­stun­ternehmers im be­trieblichen Ar­beit­sall­tag sind sehr vielfältig. So hat er nicht nur mit der oft un­zure­ichen­den Zahlungsmoral seiner Kunden zu kämpfen, sondern auch mit dem Akquirieren von Personal, mit zu wenig Kapazitäten, Einkom­menss­chwankun­gen oder auch mit dem Mangel an fachlichem Austausch mit Ar­beit­skol­le­gen. Lösungsmöglichkeiten liegen in der Einführung eines Lohngutschriftver­fahrens, der Schaffung von ar­beits­mark­tlichen Arbeitskräftepools, un­ternehmerischen Businessplänen und der Vereinigung von ehemaligen Führungskräften und Fach­ex­perten, die den Jun­gun­ternehmern beratend zur Seite stehen. Ein sehr grosses Problem ist das un­ternehmerische Risiko. Um es nicht zu gross und unbekannt werden zu lassen, bietet sich die Aufstellung eines "Risiko-Chan­cen-Pro­fils" an.

Plädoyer für eine Förderung der "Kultur der Selbstständigkeit"

Es sollte verstärkt für eine "Kultur der Selbstständigkeit" geworben werden, speziell für eine verstärkte Förderung von Kleinst- und Mit­telun­ternehmen. Es ist notwendig, besonders in der Schweiz, der Selbstständigkeit zu einem besseren Ruf zu verhelfen und das Scheitern einer Existenzgründung nicht mehr als ehrenrühriges Delikt anzusehen. Hier sind die Wirtschaft­spoli­tik, das Bil­dungswe­sen, positive Gründungsvor­bilder und auch die Unternehmer selbst gefragt und gefordert.

Über die Autoren

Stefan Graf, lic. rer. soc., absolvierte ein Studium der Ver­wal­tungswis­senschaften an der Universität Konstanz. Seit 1999 ist er wis­senschaftlicher Mitarbeiter an der Universität St. Gallen (FAA-HSG). Fred Henneberger, Dr. rer. soc., Dipl.-Volkswirt, Dipl.-Ver­wal­tungswis­senschaftler, ist seit 2000 Direktor am Forschungsin­sti­tut für Arbeit und Ar­beit­srecht an der Universität St. Gallen (FAA-HSG), Dozent für Volk­swirtschaft­slehre an der HSG und Dozent für Ver­wal­tungswis­senschaften an der Universität Konstanz. Hans Schmid, Dr. rer. publ., ist seit mehr als 20 Jahren Ordinarius für Volk­swirtschaft­slehre an der Universität St. Gallen (HSG). David Dorn, Student der Wirtschaftswis­senschaften an der Universität St. Gallen (HSG), arbeitet seit Januar 2000 als wis­senschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsin­sti­tut für Arbeit und Ar­beit­srecht an der Universität St. Gallen (FAA-HSG).