Facebook – Marketing unter Freunden

Buch Facebook – Marketing unter Freunden

Dialog statt plumpe Werbung

BusinessVillage,


Rezension

Wer nicht selbst mitmacht, steht vor dem Phänomen Facebook & Co. wie der Ochs vorm Berg: Was treibt Millionen Nutzer dazu, ihren Net­zfre­un­den mitzuteilen, welche Cornflakes es zum Frühstück gab? Weshalb opfern sie ihre Zeit, um kostenlose Werbevideos für Unternehmen zu drehen? Und wie konnte es passieren, dass sich eine der größten Face­book-Com­mu­ni­tys um die Marke Nutella dreht, obwohl das Unternehmen nicht einen Finger dafür gerührt hat? Nach der klassischen Lehre ergibt das alles keinen Sinn. Die Autorenbrüder Holzapfel erklären, warum soziale Netzwerker anders ticken, worauf sie ansprechen und wie Unternehmen einen Fuß in die Türen der Web-Wohnz­im­mer bekommen können. Die Autoren nehmen ihre Leser buchstäblich an die Hand, sie führen sie via Screenshots durch die Face­book-Welt, diskutieren Mar­ket­ingstrate­gien und Controlling und runden ihre Tour mit einem Blick auf kreative Kam­pag­nen­beispiele ab. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Mar­ket­ingver­ant­wortlichen und Un­ternehmern, die mit dem Web 2.0 noch fremdeln, aber im Kampf um die Kunden nicht die rote Laterne tragen wollen.

Take-aways

  • So­cial-Me­dia-Ange­bote stehen auf Platz eins der Aktivitäten im Internet.
  • Facebook & Co. sind passiv viral: ein Klick, und schon weiß der gesamte Fre­un­deskreis über Neuigkeiten Bescheid.
  • Der Kunde übernimmt im Web 2.0 die Macht. Unternehmen dürfen ihn unterhalten, aber nicht kon­trol­lieren.
  • Es ist wie beim Werben um einen neuen Partner: Langfristige Beziehungen fußen auf gemeinsamen Interessen.
  • Eine Face­book-Seite anzulegen ist nicht schwer, Fans zu gewinnen dagegen umso mehr.
  • Integrieren Sie Facebook auf der Un­ternehmensweb­site, nutzen Sie Crossmedia und Mund­pro­pa­ganda.
  • Verlinken Sie relevante Inhalte externer Anbieter. Die Urheber fühlen sich meist geehrt.
  • Er­fol­gre­iche Kampagnen verknüpfen Online- und Of­flinewel­ten der Nutzer miteinander.
  • Sie dürfen provozieren und po­lar­isieren, nur nicht langweilen. Das verzeiht Ihnen die Community nie.
  • Social Shopping und Mobile Apps sind zwei von vielen Zukun­ft­strends: Wer am schnellsten auf diese Züge aufspringt, gewinnt.
 

Zusammenfassung

Kunden an die Macht

Die Haup­tak­tivität im Internet sind So­cial-Me­dia-Ange­bote. Laut einer Umfrage vertrauen 78 % der Konsumenten den Empfehlun­gen ihres eigenen Netzwerks; nur 14 % glauben an Wer­be­botschaften. Im Jahr 2010 besitzt Facebook weltweit über 400 Millionen aktive Mitglieder, die im Durch­schnitt fast eine Stunde pro Tag auf der Website verbringen. Was das alles bedeutet? Kein Unternehmen kommt mehr am Web 2.0 vorbei. Es zu ignorieren käme un­ternehmerischem Selbstmord gleich. Fast ebenso kon­trapro­duk­tiv wäre ein überstürzter Einstieg, frei nach dem Motto „Dabei sein ist alles“. Denn die Mar­ket­ing­land­schaft hat sich mit dem ex­po­nen­tiellen Wachstum von Plattformen wie Facebook radikal verändert. Davon profitieren kann nur, wer folgende Wahrheiten verin­ner­licht:

  • Unternehmen haben weitgehend die Kontrolle über die Wahrnehmung ihrer Marken verloren. Die Macht liegt nun beim Verbraucher.
  • Männer und Unternehmen haben etwas gemein: Beide wollen nur das Eine – bei Ersteren ist das Sex, bei Letzteren das Verkaufen. Er­fol­gre­iche Männer und er­fol­gre­iche Unternehmen fallen beim Werben um das Objekt ihrer Begierde nicht mit der Tür ins Haus.
  • Emanzip­ierte Frauen lassen sich nicht mit Machoallüren und One-Night-Stands gewinnen. Ebenso bauen langfristige Beziehungen mit Kunden auf gemeinsamen Interessen auf.
  • Die goldene Regel „Was du nicht willst, das man dir tu ...“ gilt auch im Web 2.0: So, wie Sie möchten, dass andere mit Ihnen reden, müssen Sie auch selbst kom­mu­nizieren.

So tickt das Web 2.0

So­cial-Net­work­ing-Sites sind passiv viral: Während die Nutzer im E-Mail-Zeital­ter noch aktiv In­for­ma­tio­nen ver­bre­it­eten – durch Anhängen von Videos, Fotos usw. –, genügt heute ein Klick, um Inhalte auf einen Schlag mit dem gesamten Fre­un­desnet­zw­erk zu teilen. Das Open-Graph-Konzept mit seinen Social Plug-ins, die quasi als Generalschlüssel zu allen Web-2.0-Wohnungen fungieren, ermöglicht es Nutzern, z. B. in Blogs Kommentare zu verfassen und diese mit ihrem gesamten persönlichen Netzwerk auf Facebook zu teilen. Die Nutzer kom­men­tieren und bewerten Kampagnen, Fußballspiele oder neue Produkte, sie treten Gruppen bei, entwickeln und nutzen Ap­p­lika­tio­nen, spielen Social Games und or­gan­isieren Events.

„Wenn Facebook ein Land wäre, wäre es die viertgrößte Nation der Welt.“

Sobald jemand Fan einer bestimmten Face­book-Seite wird, indem er auf den „Gefällt mir“-Button klickt, wird er via Newsfeed über neue Inhalte auf dem Laufenden gehalten. Direkt nach dem Einloggen erfahren Face­book-Nutzer so sämtliche Neuigkeiten über ihre Face­book-Fre­unde und Lieblings­marken, -un­ternehmen oder -künstler. Einziger Knackpunkt: Jeder Nutzer kann die Kom­mu­nika­tion abbrechen, indem er z. B. auf „Verbergen“ klickt und einzelne Face­book-Fre­unde oder Anbieter aus seinem Newsfeed verbannt. Oder er kann sich bestimmte Inhalte bevorzugt anzeigen lassen. Je aktiver der Face­book-Nutzer, desto schwerer kon­trol­lier­bar wird die In­for­ma­tions­flut in seinem Newsfeed. Für Unternehmen gilt daher: Ihre Kom­mu­nika­tion muss so gut sein, dass der Nutzer Ihnen auch in Zukunft die Tür zu seinem Web-Wohnz­im­mer aufhält.

Die Face­book-Seite

Pri­vat­per­so­nen legen auf Facebook ein Profil an und kreieren so ihr persönliches Schaufen­ster im Internet. Wer einen kom­merziellen oder gemeinnützigen Zweck verfolgt, kann eine Face­book-Seite einrichten. Vorsicht: Der Name lässt sich im Nachhinein nicht mehr ändern! Er muss aussagekräftig und attraktiv sein und sollte wenn möglich auch als Vanity-URL vorhanden sein: Das ist ein verkürzter Link (www.​facebook.​com/​Nutzername), den Sie erhalten, sobald Sie 25 Fans haben. Beschreiben Sie Ihr Unternehmen in der 250 Zeichen fassenden Textbox. Erklären Sie, was Sie einzigartig macht. An dieser Stelle müssen Sie den Besucher überzeugen, den „Gefällt mir“-Button zu klicken.

„Allein auf Facebook zu sein ist ungefähr wie eine große Party zu schmeißen, ohne einen einzigen Gast einzuladen.“

Über die Ein­stel­lun­gen bestimmen Sie dann die Zugriffsmöglichkeiten auf Ihre Face­book-Seite. Sollen Fans auf Ihre Pinnwand schreiben oder Fotos und Videos posten können? Unbedingt! Wer hier den Kon­trol­lver­lust fürchtet, ist in sozialen Netzwerken fehl am Platz. Nutzen Sie Facebook Markup Language (FBML) oder Facebook Javascript (FBJS), um sich vom Stan­dard­look abzuheben und Ihrer Seite ein in­di­vidu­elles Gesicht zu geben. Sie können z. B. einen zusätzlichen Reiter namens „Über uns“ anlegen, in dem Sie Ihr Unternehmen individuell und fan­tasievoll darstellen. Kreieren Sie am besten eine attraktive Landingpage, auf der jeder neue Nutzer begrüßt wird. Der erste Eindruck entscheidet!

Wie man Fans gewinnt

Ihr Erfolg im Web 2.0 steht und fällt mit Ihrer Fanbasis. Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine loyale Community aufzubauen:

  • „Pay per Click“-Anzeigen: Diese erscheinen gut sichtbar in der rechten Spalte aller Face­book-Seiten. Der Vorteil: Sie können Nutzer ganz gezielt ansprechen, z. B. mod­ein­ter­essierte Frauen zwischen 25 und 30 Jahren. Ein Nachteil dieser Vorge­hensweise: Nicht alle Nutzer geben bei der Pro­fil­er­stel­lung ihre Interessen an.
  • Integration in die eigene Un­ternehmensweb­site durch Social Plug-ins: Eines von mehreren Plug-ins ist die Facebook Like Box. Besucher Ihrer Website können auf diesem Weg Ihre Fans werden, ohne die eigentliche Face­book-Seite aufzurufen.
  • Eigene Ap­p­lika­tio­nen: Spaß und Un­ter­hal­tung bieten einen Mehrwert und werden besonders gerne mit dem Fre­un­desnet­zw­erk geteilt.
  • Mund­pro­pa­ganda: Ergreifen Sie kreative, einmalige Maßnahmen, die dafür sorgen, dass über Sie geredet wird. Meist braucht es dafür eine gewagte Idee: Beispiel­sweise versprach Burger King einmal jedem Nutzer, der zehn Face­book-Fre­un­den die Fre­und­schaft kündigte, einen Gratis-Whop­per. Diese Aktion war nur zu bald in aller Munde, und es gab ein regel­rechtes Kündi­gungswet­tren­nen. Facebook unterband das Treiben nach einer Woche, doch Burger King hatte bereits 35 Millionen Me­di­enkon­takte generiert.
  • Crossmedia: Sie können z. B. Verkaufsver­anstal­tun­gen als Face­book-Event anmelden. Auf der Ve­r­anstal­tung selbst ermutigen Sie dann Besucher, Inhalte, Fotos oder Videos auf Facebook zu veröffentlichen (z. B. indem Sie sie an einer Verlosung teilnehmen lassen).
„Nicht mehr der Mann bzw. das Unternehmen sucht den Partner aus. Das macht heute verstärkt die Frau bzw. der Kunde.“

Einmal Fan ist nicht immer Fan. Um Ihre Nutzer langfristig an die Seite zu binden, müssen Sie Sta­tus­meldun­gen erstellen. Diese erscheinen auf Ihrer Pinnwand und im Newsfeed der Fans. Haben Sie ein lustiges Video auf YouTube gefunden, das für Ihre Fans interessant sein könnte? Gibt es neue Blogs, Produkte oder ein spannendes Event? Verstehen Sie sich als Newsfilter für sämtliche In­for­ma­tio­nen rund um Ihre Marke. Lassen Sie Ihre Fans mitmachen und mitreden. Das könnte der Beginn einer echten Mar­ket­ing-Lovestory sein. Doch Vorsicht: Mehr als zwei oder drei Sta­tus­meldun­gen am Tag werden als Spam empfunden.

Was es bringt

Obwohl So­cial-Me­dia-Mar­ket­ing im digitalen Umfeld agiert, lässt sich sein Erfolg nicht eindeutig in Zahlen darstellen – damit steht es im Medienmix allerdings nicht allein da. Sicher ist: Der Wert von So­cial-Me­dia-Kam­pag­nen liegt im Net­zw­erk­ef­fekt. Passive Viralität könnte zur neuen Leitwährung im Social Web werden. Sie würde gle­ichzeitig auch die Kom­mu­nika­tion verbessern, weil Nutzer innerhalb ihres persönlichen Netzwerks eher die In­for­ma­tio­nen erhalten, die sie in­ter­essieren.

„Wir als Unternehmen möchten, dass ... Falsch! Unsere Kunden wünschen sich ... Richtig!“

Anstatt als ungebetener Ein­drin­gling würden Unternehmen häufiger als gern gesehener Gast wahrgenom­men, auch wenn sie Werbung machen. Zu schön, um wahr zu sein? Facebook liefert Statistiken zur Anzahl der Fans, zu Seit­e­naufrufen und In­ter­ak­tio­nen, zu Geschlecht, Alter und Wohnort der Nutzer und vielem mehr. Sie können diese Daten mit denen von Google Analytics kombinieren, das Ihnen sagt, wie die Nutzer auf eine Face­book-Seite gelangt sind, wie viel Zeit sie dort verbracht haben usw. Daneben gibt es Anbieter kostenpflichtiger Services, die de­tail­liert­ere Auswer­tun­gen aller In­ter­ak­tio­nen auf einer Seite im Programm haben. Auch die Wech­sel­wirkun­gen z. B. zwischen Twitter und Facebook können so dargestellt werden. Achten Sie aber darauf, dass die Kosten für das Controlling in einem angemesse­nen Verhältnis zum Umfang der Kampagne stehen.

Ein Blick in die Hexenküche des Web 2.0

Ikea hat bei der Neueröffnung eines Ein­rich­tung­shauses vorgemacht, wie man allein mit einer guten Idee und ohne die Pro­gram­mierung aufwändiger Ap­p­lika­tio­nen viel Aufmerk­samkeit erregt: Der Marktleiter lud innerhalb von zwei Wochen zwölf Bilder von ein­gerichteten Ikea-Show­rooms hoch. Der Nutzer, der als Erster mithilfe der Funktion „Foto-Tag­ging“ einen Gegenstand auf einem Foto markierte, bekam ihn geschenkt. Man erreichte so binnen kürzester Zeit Tausende Nutzer.

„Nachmacher sind auch im Web 2.0 nicht gern gesehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass man das Rad immer wieder komplett neu erfinden muss.“

Ein anderes Beispiel: Der „Crème-brulée-Man“, ein Straßenverkäufer in San Francisco, führt ide­al­typ­isch vor, wie selbst Kle­in­stun­ternehmer Social Media nutzen können: Er twittert mehrmals am Tag, wo er sich befindet und welche heißen Crème-brulée-Geschmack­srich­tun­gen er aktuell anbietet. Das Ergebnis: 10 000 Anhänger lassen sich von seinen Tweets den Mund wässrig machen. Aus diesen und anderen Beispielen er­fol­gre­icher Kampagnen können Sie viel lernen:

  • Ermutigen Sie Of­flinekun­den, die positive Erfahrungen mit Ihnen gemacht haben, zum Austausch mit anderen im Internet. Verbinden Sie wann immer möglich die Online- mit der Offlinewelt.
  • Nutzen Sie Crowd­sourc­ing, d. h. lassen Sie die Nutzer selbst ein Produkt designen oder ein Werbevideo drehen. Das funk­tion­iert jedoch nur mit einer wirklich loyalen Community, die sich nicht ausgenutzt fühlt. Sie sollten deshalb mögliche Erlöse aus der Aktion für einen guten Zweck spenden oder attraktive Preise unter den Teilnehmern verlosen.
  • Fassen Sie möglichst viele Aktionen auf Ihrer Face­book-Seite zusammen, da diese durch ihre passive Viralität der normalen Un­ternehmensweb­site überlegen ist. Beispiel easyJet: Die Flugge­sellschaft hat eine Applikation entwickelt, mit der Kunden über die Face­book-Seite gemeinsam mit ihren Freunden eine komplette Reise planen und buchen können.
  • Machen Sie von sich reden, selbst wenn Sie po­lar­isieren: Saturn etwa führte das „sexy Webluder“ Tara Technique ein, eine spärlich bekleidete, langbeinige Schönheit, die von ihren Fans via Facebook verwöhnt werden will.
  • Liefern Sie Stoff für gute Geschichten: Ein Eisanbieter or­gan­isierte ein Gewinnspiel, das ein Jahr kostenloses Eisessen versprach. So eine Auslobung spricht sich herum.
  • Das Zauberwort im Social Web heißt Verlinkung: Sie brauchen nicht alle Inhalte selbst zu erstellen. Die meisten Con­tent-Her­steller freuen sich, wenn sie bemerkt werden.

Das Web wird sozialer

Mit dem Siegeszug von Social Media hat sich das Verhältnis zwischen Unternehmen und Konsumenten gewandelt. Wer einst kon­trol­lierte, muss heute zuhören und moderieren. Probieren Sie es aus, betreten Sie notfalls neue Pfade, auch auf die Gefahr hin, dass sie sich im Dickicht des Social Webs verirren. Der Open-Graph-Stan­dard mit den dazugehörenden Social Plug-ins wird dazu führen, dass immer mehr In­ter­net­seiten integriert und die In­ter­ak­tio­nen zwischen Face­book-Nutzern zunehmen werden. Es gibt noch genug ungenutztes Potenzial.

„Der Weg, der an Facebook vorbeiführt, wird durch die Omnipräsenz der Plattform immer schmaler.“

So könnte das so genannte Social Shopping sich bald zu einem Riesenmarkt entwickeln: Kunden werden online mit ihren Face­book-Fre­un­den diskutieren, ob sie ein T-Shirt in rot oder grün kaufen sollen. So macht On­li­neshop­ping Spaß – und der Anbieter erhöht ganz nebenbei seinen Bekan­ntheits­grad. Auch mobile Face­book-Apps werden an Bedeutung gewinnen. Ein Viertel der Community greift heute über das Mo­bil­tele­fon auf Facebook zu, und die mobilen Nutzer sind doppelt so aktiv wie die reinen PC-Nutzer. Hier lauert noch eine Menge Potenzial für innovative Geschäftsideen.

Über die Autoren

Klaus Holzapfel leitet die Mar­ketinga­gen­tur Con­cept­bak­ery in Denver, die sich auf alternative Konzepte wie Guerilla- und So­cial-Me­dia-Mar­ket­ing spezial­isiert hat. Sein Bruder Felix Holzapfel ist Geschäftsführer der deutschen Agen­turnieder­las­sung in Köln.