HR Business Partner

Buch HR Business Partner

Die Spielmacher des Personalmanagements

Luchterhand,


Rezension

Das Konzept des HR-Busi­ness-Part­ners ist noch recht frisch, doch schon haben einige Unternehmen damit Erfahrungen gesammelt. Fünf Jahre nach ihrer ersten Be­stand­sauf­nahme haben sich die HR-Spezial­is­ten Martin Claßen und Dieter Kern erneut die Mühe gemacht, die Vorteile und Knackpunkte des Konzepts vom wertschöpfenden Per­son­al­strate­gen ausfindig zu machen. Her­aus­gekom­men ist eine empirisch gestützte Analyse, die von Er­fahrungs­berichten und Ex­pertenein­schätzungen lebt und Praktikern nützliche Dienste leisten wird. Umfang und Gliederung erschweren die Lektüre, doch die stel­len­weise recht launige Sprache macht das z. T. wieder wett. BooksInShort empfiehlt das Buch Per­son­al­wirtschaft­sex­perten, die aus den Erfahrungen der Vorreiter lernen wollen.

Take-aways

  • HR-Busi­ness-Part­ner arbeiten an der Schnittstelle zwischen Per­son­al­abteilung und Kerngeschäft.
  • Sie haben nicht in erster Linie die Mi­tar­bei­t­er­in­ter­essen, sondern die strate­gis­chen Ziele der Geschäftsleitung im Auge.
  • Als Berater und Coach stehen HR-Busi­ness-Part­ner den Führungskräften der Firma zur Seite.
  • Sie sind aber nicht deren Handlanger und führen auch nicht deren Mi­tar­beit­erge­spräche.
  • HR-Man­age­ment wird eine wichtige Quer­schnittsauf­gabe in Unternehmen bleiben.
  • Suchen Sie nach eigenen HR-Lösungen für Ihre Firma, kopieren Sie nicht einfach von anderen Unternehmen.
  • Behalten Sie als HR-Busi­ness-Part­ner das Gehaltsgefüge des Un­ternehmens im Blick und erinnern Sie Führungskräfte an deren diesbezügliche Versprechen.
  • Streben Sie eine Be­treu­ungsquote von über 100 Mi­tar­beit­ern je Personaler an.
  • Kandidaten für den HR-Busi­ness-Part­ner-Job sollten zuvor eine Zeit lang im Business eingesetzt werden.
  • Bevor Sie der HR-Abteilung neue Aufgaben aufladen, fragen Sie sich: Würden Sie die dafür nötigen Ressourcen auch einsetzen, wenn das Unternehmen Ihnen gehören würde?
 

Zusammenfassung

Per­spek­tivwech­sel in der Per­son­al­wirtschaft

Modernes HR-Man­age­ment (HRM) sieht die Per­son­alar­beit als wichtige Quer­schnittsauf­gabe im Unternehmen. Der wichtigste Unterschied zwischen bloßer Per­son­alver­wal­tung und HRM ist der Per­spek­tiven­wech­sel: Nicht die Belegschaft ist der Kunde des HRM, sondern die Fir­men­leitung. Statt der Mi­tar­bei­t­er­in­ter­essen ist die Man­ager­per­spek­tive entschei­dend. De­mentsprechend hat HRM in erster Linie Ziele und Ergebnisse zu erreichen, die das Management vorgibt. HR-Manager nehmen die Mitarbeiter nicht aus hu­man­is­tis­chen Gründen in den Fokus, sondern um deren Wertschöpfung zu steigern. Genau das ist auch das Ziel eines HR-Busi­ness-Part­ners: Wertschöpfung fürs Business zu schaffen. Als Idee nicht völlig neu, geht das Konzept in seiner modernen Variante auf den amerikanis­chen Man­age­ment­pro­fes­sor Dave Ulrich zurück. Seit Ende der 1990er Jahre beleben Ulrichs Anstöße das Per­sonal­man­age­ment vieler Unternehmen.

Stratege statt Ad­min­is­tra­tor

Ver­wal­tungsleis­tun­gen im Per­son­al­bere­ich sind ausdrücklich nicht Aufgabe des HR-Busi­ness-Part­ners. Solche Dienste zu au­toma­tisieren, zu stan­dar­d­isieren und zu zen­tral­isieren, ist Sache der Kollegen im Shared Service Center (SSC), während Per­son­al­spezialthe­men von Experten in Centers of Excellence (CoE) erledigt werden. Der HR-Busi­ness-Part­ner kümmert sich dagegen um die trans­for­ma­tionalen Komponenten des Per­sonal­man­age­ments, etwa um Projekte im Change- oder Tal­ent­man­age­ment. Er ist kein Verwalter, sondern ein Gestalter. Statt ad­min­is­tra­tiver Aufgaben sind strate­gis­che An­gele­gen­heiten seine Domäne.

„Der HR-Busi­ness-Part­ner ist quasi der in­ves­tiga­tive Personaler, der – mitten im Geschehen – die relevanten Themen bemerkt und praktikable Lösungen umsetzt, zum Nutzen des Un­ternehmens und seiner Klientel.“

Einen ausschließlich mit strate­gis­chen Fragen befassten HR-Busi­ness-Part­ner kennen allerdings die meisten Personaler nur aus der Theorie. Viele HR-Busi­ness-Part­ner sind weiterhin mit Ver­wal­tungsauf­gaben betraut. Nach empirischen Un­ter­suchun­gen haben es die HR-Abteilun­gen erst in wenigen Unternehmen geschafft, vom reinen Di­en­stleis­ter zum eigentlichen Partner des Managements aufzusteigen. Das heißt aber nicht, dass sie dieses Ziel aufgegeben hätten.

Ar­beits­bere­iche für HR-Busi­ness-Part­ner

Es ist Mode, Aufgaben weg von der Per­son­al­abteilung und hin zu den direkten Vorge­set­zten der Mitarbeiter zu delegieren. Die Funktionen Recruiting oder Per­for­mance-Man­age­ment werden häufig von den Führungskräften erledigt. Was haben dann die HR-Busi­ness-Part­ner zu tun? Sie unterstützen die Führungskräfte z. B. bei Per­son­al­fra­gen, indem sie Be­wer­ber­messen und As­sess­ment-Cen­ter or­gan­isieren, die Integration der Neuen begleiten oder die Vorge­set­zten an die Einlösung ihrer Versprechen gegenüber den Schlüsselkräften erinnern, mit dem Ziel der Mi­tar­beit­erbindung.

„Der HR-Busi­ness-Part­ner ist kein Stuben­hocker, sondern ein Meilen­samm­ler.“

Das Thema Tal­ent­man­age­ment, die Suche und Pflege geeigneter Fachkräfte, wird mit dem de­mografis­chen Wandel für HR-Busi­ness-Part­ner an Bedeutung gewinnen. Die Work­force-Pla­nung ist zwar das Arbeitsfeld eines spezial­isierten Centers of Excellence. Als HR-Busi­ness-Part­ner sind Sie jedoch an der Schnittstelle zu den Geschäfts­bere­ichen und bei der Auswahl von Maßnahmen gefordert. Ein noch wichtigerer Bereich wird für HR-Busi­ness-Part­ner künftig die Weit­er­en­twick­lung der Führungskräfte werden. Hier besteht Ihre Rolle in der eines Coachs oder Beraters der Führungskräfte. Bei Gehalts­fra­gen behalten Sie den Überblick über marktübliche Vergütungsmod­elle und -niveaus. Und Sie wachen darüber, dass die Führungskräfte nicht von der vere­in­barten Vergütungspraxis abweichen.

Keine Ar­beits­bere­iche für HR-Busi­ness-Part­ner

Allem Gerede vom Kostens­paren zum Trotz gibt es in vielen HR-Abteilun­gen noch immer Bud­get­spielräume, die zur Ausweitung der Tätigkeits­felder genutzt werden könnten. Widerstehen Sie dieser Versuchung und konzen­tri­eren Sie sich auf die wesentlichen Aufgaben! Ein Entschei­dungskri­terium sollte die Frage sein, ob Sie die Zeit und das Geld für die gewünschte neue Aufgabe auch aufwenden würden, wenn das Unternehmen Ihnen gehören würde. Als HR-Busi­ness-Part­ner ist es z. B. nicht Ihre Aufgabe, das Un­ternehmen­sim­age bei poten­ziellen Stel­len­be­wer­bern zu verbessern. Sie sollten auch nicht hoffen, sich in die Geschäftsprozesse einmischen zu können. Das erledigen die Führungskräfte der Firma.

„Jedem HR-Busi­ness-Part­ner ist zu empfehlen, die engeren Grenzen seiner ursprünglichen Profession zu sprengen und sich mit einigen der Klassiker rund um Management, Strategie und Or­gan­i­sa­tion zu befassen.“

Laut einer Befragung sehen nur wenige HR-Prak­tiker einen Sinn darin, durch HR-Con­trol­ling eine quan­ti­ta­tive Bestätigung ihres Erfolgs zu erhalten. Besser ist es, wenn Sie sich durch ihre Kunden – die Führungskräfte – beurteilen lassen. Wie viel Wertschöpfung Sie als HR-Busi­ness-Part­ner erzielt haben, werden Sie in den seltensten Fällen genau beziffern können. Aufgrund dieses Zahlen­man­gels wird das HRM vom Management häufig unter Recht­fer­ti­gungs­druck gesetzt, vor allem wegen der Kosten. Diese Un­sicher­heit sollte Sie nicht davon abhalten, Ihre Vorstel­lun­gen vor dem Management zu vertreten. Apropos Kosten: Eine Be­treu­ungsquote von über 100 Mi­tar­beit­ern je Personaler ist möglich und zeitgemäß. Sie liegt im deutschsprachi­gen Raum aber nur bei 80. Mit solch einem Wert machen sich Per­son­al­abteilun­gen angreifbar: Sie sind zu groß.

Vorsicht an der Schnittstelle

Das Arbeitsfeld des HR-Busi­ness-Part­ners ist kein unum­strittenes Revier. Sowohl das Management als auch externe Di­en­stleis­ter treffen Entschei­dun­gen, die einen Per­son­al­bezug haben. In der Praxis ist häufig ebenso wenig wie in der Theorie klar, wo die Trennlinien der Zuständigkeiten verlaufen. Seien Sie sich bewusst, dass es keine Be­stands­garantie für HR-Abteilun­gen gibt.

„Der HR-Busi­ness-Part­ner sollte sich vor allem um die wertschöpfenden Themen kümmern.“

Da viele strate­gis­che Entschei­dun­gen des Managements auch das Personal betreffen, sollten sich HR-Busi­ness-Part­ner an diesen Entschei­dungsvorgängen beteiligen. Ob eine neue Strategie im­ple­men­tiert, ein HRM-Prozess optimiert oder zwischen Management und HRM vermittelt werden soll: Jedes Mal sind Sie als HR-Busi­ness-Part­ner gefragt. Lassen Sie sich aber von den Führungskräften nicht in die Rolle des willfährigen Di­en­stleis­ters drängen, indem Sie ihnen deren HRM-Auf­gaben abnehmen: Mi­tar­beit­erge­spräche z. B. sind Sache der Vorge­set­zten.

Or­gan­i­sa­tions­fra­gen sind nicht entschei­dend

Umfragen zufolge ist die Hälfte der deutschen Unternehmen mit der Per­son­alor­gan­i­sa­tion unzufrieden. Kein Wunder also, dass 80 % der Per­son­al­abteilun­gen mindestens alle fünf Jahre umor­gan­isiert werden. Welchen or­gan­isatorischen Zuschnitt die Arbeit der HR-Busi­ness-Part­ner genau erhalten soll, lässt sich ebenso wenig allgemeingültig formulieren wie ihre Kapazität. Es gibt Unternehmen mit einem einzigen Personaler, der die Rolle eines HR-Busi­ness-Part­ners ausfüllt, und solche mit regel­rechten Teams von bis zu 25 Mi­tar­beit­ern.

„Vor dieser Situation steht inzwischen so manches Unternehmen: Den HR-Busi­ness-Part­ner formal als Rolle zu besitzen, ohne jedoch seine Grundidee so richtig ins Laufen gebracht zu haben.“

Die De­f­i­n­i­tionsver­suche sind graue, unscharfe Theorie. Was zählt, ist die Praxis. Als HR-Busi­ness-Part­ner werden Sie in zentrale Entschei­dung­sprozesse eingebunden, von Führungskräften akzeptiert und häufig kontaktiert. Sie sind räumlich und or­gan­isatorisch außerhalb der „per­son­al­wirtschaftlichen Komfortzone“ angesiedelt und bewegen sich zwischen Personal- und Busi­nessebene. Sie übernehmen wertschöpfende strate­gis­che Aufgaben.

Warum HR-Busi­ness-Part­ner so selten sind

Es gibt keinen Idealtypus für den Job des HR-Busi­ness-Part­ners. Drei An­forderun­gen muss er aber in jedem Fall erfüllen: Er kennt 1. das Business, 2. die HR-Abteilung und versteht sich 3. als Partner der Führungskräfte. Letzteres setzt Präsenz und Selb­st­be­wusst­sein voraus; es gibt meist nicht viele Kandidaten mit der nötigen Persönlichkeit. Er­fahrungs­gemäß schafft nur jeder dritte Personaler den Sprung vom Verwalter zum Gestalter.

„Es ist ein er­staunliches Phänomen in der mitteleuropäischen Per­son­aler-Zunft, dass sich nahezu niemand als Vorbild, Marktführer, Trendsetter bei HRM-Themen versteht.“

Die Herkunft ihrer HR-Busi­ness-Part­ner sehen die Unternehmen – anders als früher – nicht mehr als entschei­dend an: Sowohl „Eigengewächse“ als auch Angeheuerte, sowohl Business- als auch HR-Experten haben es zu er­fol­gre­ichen HR-Busi­ness-Part­nern gebracht. Kandidaten müssen in der Regel trainiert werden, vor allem weil die Auswahl sehr beschränkt ist: Von den Hochschulen kommen schlicht zu wenige Akademiker mit einer Spezial­isierung für den Per­son­al­bere­ich.

Gestalten Sie Ihre Rolle selbst

Manche Per­son­alver­ant­wortlichen beziehen ihre Inspiration allein aus der Man­age­mentlit­er­atur, deren Rezepte sie mechanisch umsetzen. Diese Methode mag in anderen Un­ternehmens­bere­ichen sinnvoll sein, im Per­sonal­man­age­ment ist sie es nicht. Das simple Management mithilfe von In­stru­mentenkästen, Checklisten und Hand­lungsan­leitun­gen wird inzwischen auch von Beratern kritischer als früher gesehen. Gerade im komplexen Per­sonal­man­age­ment­bere­ich sollten Sie selbst souverän nach passenden Lösungen für Ihre Firma suchen, statt solche aus anderen Unternehmen zu kopieren. Best-Prac­tice-Beispiele dienen dem HR-Busi­ness-Man­ager als Anregung, aber nicht als Vorlage. Ein wesentlicher Punkt, den Sie angehen müssen, um sich den nötigen Freiraum zu verschaffen, sind au­toma­tisierte Ba­sis­prozesse. Mit anderen Worten: Die IT für die einfachen, sich wieder­holen­den HR-Prozesse muss laufen, damit Sie sich um Wichtigeres kümmern können.

Schwierigkeiten bei der Umsetzung

Defizite bei der Pro­jek­t­s­teuerung sind der Hauptmangel, unter dem die Umsetzung des HR-Busi­ness-Part­ner-Konzepts in der Un­ternehmen­spraxis leidet. Die Beteiligten wollen zu viel auf einmal. Kurzfristig wirksame Maßnahmen werden langfristi­gen vorgezogen. Häufig bereiten auch interne Dissonanzen Probleme – sei es wegen In­ter­essenkon­flik­ten oder fehlender Unterstützung aus der Chefetage. Ständige Re­or­gan­i­sa­tio­nen verhindern ebenfalls eine er­fol­gre­iche Umsetzung. Um die Mängel zu beheben, wollen die befragten Unternehmen in erster Linie ihre HR-Busi­ness-Part­ner besser qual­i­fizieren. Den gegenwärtigen HR-Busi­ness-Part­ner durch einen externen Kandidaten zu ersetzen, nannte nur jedes zehnte Unternehmen als Maßnahme.

„Sup­port-Funk­tio­nen wie HR werden niemals in die Profit&Loss-Liga aufsteigen.“

Welchen Weg Sie bei der Einführung des Konzepts auch immer gehen: Rechnen Sie mit einem Zeitraum von zehn Jahren. Eine schnellere Umsetzung hält heute kaum ein Praktiker mehr für möglich. Viele Um­set­zung­sprob­leme lassen sich mit einem klugen Trans­for­ma­tion­s­man­age­ment voraussehen und bewältigen. Haben Sie den geeigneten Kandidaten für den HR-Busi­ness-Part­ner-Job schon im Auge, können Sie auch einen ungewöhnlichen Weg gehen: Statt erst das Modell zu entwickeln und dann den Partner zu suchen, lassen Sie den oder die besten Per­son­alar­beiter im Business mitarbeiten – und nutzen Sie dann erste positive Ergebnisse, um das neue Konzept zu etablieren. Diese so genannte 007-Taktik hat sich schon ver­schiedentlich bewährt.

Per­son­alar­beit: weder abgeschafft noch aufgeblasen

Über die Zukunft der Quer­schnittsauf­gabe HRM lässt sich trefflich spekulieren. Sicher ist, dass sie nicht abgeschafft werden wird – schon weil die Führungskräfte gar nicht alle HR-Aufgaben übernehmen können. Ebenso un­re­al­is­tisch ist das andere Extrem, von dem manch ein Personaler träumt: dass HR-Ve­r­ant­wortliche zu den maßgeblichen Fir­men­lenkern aufsteigen. Gewisse Manager wünschen sich hingegen den Per­sonal-Su­per­di­en­stleis­ter, der auf Zuruf pariert. Lassen Sie sich weder von Unkenrufen noch von All­machts­fan­tasien in der täglichen Arbeit beirren. Per­son­alar­beit wird weiterhin im Span­nungs­feld zwischen Kosten und Wertschöpfung für das Unternehmen stattfinden und Schritt für Schritt besser werden. HR-Busi­ness-Part­ner befinden sich dabei auf Augenhöhe mit dem Management.

Über die Autoren

Martin Claßen und Dieter Kern arbeiten bei einer Man­age­ment­ber­atung im Bereich HR-Man­age­ment. Sie waren die Autoren der Vorgängerstudie zum Thema HR-Busi­ness-Part­ner aus dem Jahr 2006.