Teamarbeit nervt
Wenn Sie kein Freund von Teamarbeit sind, dann sprechen Sie das lieber nicht aus. Denn wer in unserer Zeit nicht teamfähig ist, kann seine Karriere gleich vergessen. Einzelkämpfer müssen sich bedeckt halten und bloß nie sagen, was sie in Wirklichkeit von Teams halten. Angestellte ertragen die Teamarbeit noch einigermaßen unbeschadet, für sie wurde auf einer Skala von eins bis zehn ein durchschnittlicher Teamhasser-Wert von 5,8 errechnet. Flüchten diese sich dann in die Chefetage oder in die Selbstständigkeit, wo es vermeintlich keine Teamarbeit gibt, prallen sie dort mit Auftraggebern, Netzwerkkollegen oder Mitarbeitern zusammen. Das resultiert darin, dass sie noch einen weit höheren Teamhasser-Wert entwickeln.
„Wenn die Anonymen Einzelkämpfer mit anderen zusammenarbeiten, schlucken sie ihren Frust runter und heucheln ‚Social Skills‘.“
Irgendwie müssen die typischen Teamprobleme aber zu lösen sein. Hierfür haben sich sieben Freiwillige, die „Anonymen Einzelkämpfer“ Stephan, Lena, Ewa und Udo (für die Angestelltenfraktion) sowie Max, Uli und Bea (Inhaber einer Agentur), in ein einwöchiges Trainingscamp begeben. Dort lernen sie, die Arbeitswoche mit nervtötenden Teamkollegen besser zu überstehen.
Montag: Schluss mit überflüssigen Meetings
Projektmanager Stephan graust vor den schlecht strukturierten Montagsmeetings. Lieber würde er in Ruhe seiner Arbeit nachgehen, als die Selbstdarstellung der anderen Teilnehmer zu ertragen. Als Meetinggeschädigter sucht er eine Lösung gegen Ego-Denken, Nullergebnis und Cliquenwirtschaft. Wenn es Ihnen auch so geht: Abschaffen können Sie Besprechungen kaum, nicht mal als Freiberufler oder Chef. Aber statt zu jammern, können Sie zumindest das Beste daraus machen.
„Stammtisch, Mannschaft, Haufen und Truppe kennzeichnen die Gruppenpersönlichkeiten. Solche Persönlichkeiten entstehen durch die Summe ihrer Mitglieder.“
Finden Sie zuerst heraus, ob Ihr Team ein netter Stammtisch, eine zielstrebige Mannschaft, ein Haufen kreativer Individualisten oder eine straff organisierte Truppe ist. Die Gruppenpersönlichkeit, mit der Sie es zu tun haben, ist in jedem Fall eine andere. Der Stammtisch braucht ein wenig Distanz, die Mannschaft mehr Kreativität, der Individualistenhaufen Ordnung und Struktur und die Truppe Beziehungen untereinander. Übernehmen Sie doch die Moderation und geben Sie wichtige Meetingregeln vor, z. B. Ziel und Agenda sowie klare Zeitvorgaben für Vorträge und Redebeiträge.
Dienstag: Im Team muss jeder ran
Marketingassistentin Lena fühlt sich von den faulen Kollegen im Team oft alleingelassen. Sie arbeitet bis tief in die Nacht, erledigt auch die Aufgaben der anderen und hängt sich voll in jedes Projekt. Weil sie nicht gut Nein sagen kann, stapelt sich die Arbeit der Teamkollegen auf ihrem Schreibtisch, und der Chef verschließt davor die Augen. Solche „lazy co-workers“ gibt es in vielen Teams, wahrscheinlich kennen Sie diese Spezies.
„Der Arbeitseinsatz der Teammitglieder verschmilzt im gemeinsamen Leistungstopf zu einer Suppe.“
Verschiedene Arten von Faulpelzen lassen sich unterscheiden: Der eine wird nie pünktlich fertig, der andere liefert nur Mist ab, der nächste behandelt Sie wie seinen Untergebenen und wieder ein anderer ist mit mittelmäßiger Arbeit zufrieden. Jeden dieser „lazy co-workers“ müssen Sie anders in die Zange nehmen.
„Allein vom Organigramm oder den Visitenkarten lässt sich nicht auf die Machtpotenziale der Kollegen schließen. Das ist eine böse Falle für Neue.“
Der Terminschlamper z. B. bekommt auf die Minute exakte Fristen, und wenn er trotzdem nicht fertig wird, gehen Sie zum Boss. Der Mistlieferant ist entweder falsch gebrieft, hat keine Lust oder einen zu tiefen IQ. Vom Möchtegernchef lassen Sie sich keinen Job andrehen und den Weniger-ist-mehr-Kollegen stoßen Sie mit der Nase auf sein Mittelmaß. Zügeln Sie generell Ihr Helfersyndrom und legen Sie allzu dreisten Kollegen ruhig auch mal abends um 17 Uhr eine Muss-sofort-sein-Arbeit auf den Tisch. Vor allem aber lernen Sie, Nein zu sagen. Und auch Nein zu meinen. Schritt für Schritt.
„Tarnen Sie sich in der Anfangsphase durch unauffällige Kleidung und möglichst wenig Blingbling.“
Sie dürfen auch gerne ein bisschen weniger perfektionistisch sein. 80 % Arbeitsaufwand reichen vollauf und weder ein Tippfehler noch schlampig abgelegte Akten kosten Sie Kopf und Kragen. Niemand ist perfekt. Lachen Sie über Ihre Fehler und zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, was ein anderer womöglich von Ihnen denkt. Außerdem hat jede negative Seite auch ein positives Pendant: Wenn Sie ein Konfliktvermeider sind, sind Sie vermutlich auch ein Harmoniestifter, und als Perfektionist sind Sie auch qualitätsbewusst. Sie tun sich viel Gutes, wenn Sie sich das bewusst machen.
Mittwoch: Als Neuer im Team Fuß fassen
Uniabsolventin Ewa wurde gleich aus ihrem ersten Job wieder rausgemobbt. Sie bekam nur Hilfsarbeiten und keiner nahm sie ernst. Damit ist sie nicht allein. Weil die Kollegen ihre Arbeit sabotieren, gehen Neulinge oft durch die Hölle – und schließlich in ein anderes Unternehmen. Jedes Team hat ungeschriebene Regeln, die ein Neuer nicht kennt. Beispielsweise können Sie gleich wieder einpacken, wenn Sie als Neuer im Audi vorfahren und diese Marke im Unternehmen der Führungsebene vorbehalten ist. Auch wenn Sie Designerfummel tragen, während alle anderen Nullachtfünfzehn-Kleidung bevorzugen, werden Sie wahrscheinlich nicht glücklich werden.
„Auf welcher Position im Team Sie am besten spielen, hat allein mit Ihrer Persönlichkeit zu tun, nicht mit Fachwissen.“
Es ist also entscheidend, die Teamspielregeln zu erkennen. Dazu gehört auch, dass Sie genau hinsehen, wer mit welchem Auto die vorderen, mittleren oder hinteren Parkplätze ansteuert. Sie können Ihren Chef nach diesen ungeschriebenen Gesetzen fragen, sollten aber in jedem Fall auch selbst die Augen offen halten. Über das Outfit künftiger Kollegen etwa können Sie sich bei Xing oder Facebook schlaumachen. Für andere Gepflogenheiten müssen Sie einfach Gespür entwickeln. Wenn alle mittags essen gehen, gehen Sie mit. Und wo alle sich duzen, haben Sie es leichter, wenn Sie sich anpassen. Damit Sie von vornherein auf der richtigen Position landen, verbiegen Sie sich im Vorstellungsgespräch nicht, sondern sagen Sie, wie Sie sind, damit man Sie richtig einschätzt.
Donnerstag: Gute Zusammenarbeit braucht gemeinsame Ziele
Uli, Bea und Max leiten eine Designagentur. Was am Anfang prima funktionierte, wurde bald zur Zerreißprobe, weil jeder sein eigenes Ding machte, was zusätzlich die Mitarbeiter verunsicherte. Für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit reicht es eben nicht aus, ein paar Gemeinsamkeiten zu haben. Leicht tappen Sie in die Sympathiefalle und vergessen darüber, dass man sich über Ziele verständigen muss und auch über Kleinigkeiten, wie etwa die Marke der Kaffeemaschine, sprechen sollte. Die Alphatiere spielen sich gern in den Vordergrund, und bald herrschen Anarchie und Machtkämpfe, weil statt Visionen die Ego-Ziele Einzelner das Bild beherrschen.
„Ohne Visionen backen Menschen nur Brötchen für den Eigenverzehr.“
Was zusammenhält, ist eine gemeinsame Vision: Ihr Team braucht einen Hafen, den es ansteuert, auch wenn die einzelnen Mitglieder vielleicht unterschiedliche Wege wählen. Die Ego-Ziele der Mitstreiter geben Ihnen möglicherweise einen guten Hinweis auf Gemeinsamkeiten – oder auch darauf, dass es keine gibt. Um Reibereien zu vermeiden, sind ein paar Regeln notwendig, an die sich alle im Team halten müssen. Man sollte sich z. B. die jeweiligen Stärken des anderen akzeptieren und sich nicht vor Mitarbeitern streiten. Sehen Sie auch zu, dass die unangenehmen Aufgaben nicht immer an der gleichen Person hängen bleiben; jedes Teammitglied sollte sowohl angenehme als auch ungeliebte Arbeiten übertragen bekommen. Worüber man sich nicht einigen kann, darüber darf auch gestritten werden. Aber nicht via E-Mail und nicht mit dem Messer zwischen den Zähnen, sondern persönlich, fair und auf Augenhöhe.
Freitag: Selbstüberschätzern Paroli bieten
Key-Account-Manager Udo kriegt Nackenstarre, wenn Kollegen sich für die Größten halten und glauben, alles zu wissen und zu können. Er selbst vergleicht sich aber ständig mit anderen und lässt sich ungern und schon gar nicht von Jüngeren etwas sagen. Selbstüberschätzung ist eines der größten Probleme, wenn es um den Erfolg eines Teams geht. Leider ist im Unternehmensalltag durchaus die Ansicht verbreitet, die vermeintlichen Supermänner seien die wahren Helden und Teamplayer nur deren Wasserträger. Zeigen Sie dem Supermann in Ihrem Team, dass dem ganz und gar nicht so ist, bieten Sie ihm die Stirn und klotzen Sie mit Ihren eigenen Erfolgen. Oder Sie machen den Egomanen platt, indem Sie mit Daten, Zahlen und Fakten seine Fehler offenlegen.
„Der kleine Bruder der Selbstüberschätzung heißt Egoismus. Er paart sich gern mit geheimen Machtspielen und ergibt dann miese Intrigen.“
Die Frage ist aber auch, ob der vermeintlich Arrogante wirklich so arrogant ist oder ob Sie ihn nur dafür halten, weil er z. B. einen Uniabschluss hat, um den Sie ihn beneiden. Im Umgang mit dem Supermann sollten Sie deshalb erst mal eine positive Haltung einnehmen. Versorgen Sie ihn mit Informationen und zeigen Sie an seinen Ideen Interesse. Außerdem besinnen Sie sich auf Ihre eigenen Qualitäten, schließlich wissen Sie doch, was Sie können. Was Sie evtl. nicht wissen, ist, was andere von Ihnen halten. Fragen Sie einfach im Kollegenkreis; die Antworten dürfen auch anonym kommen. Spannend wird es, wenn Sie den arroganten Schnösel nach seiner Einschätzung fragen – danach haben Sie vielleicht auch ein anderes Bild von ihm.
„Die richtige Dosierung zu finden ist schwer. Entweder die Kollegen wissen zu viel oder zu wenig.“
Hoffentlich geraten Sie nicht an eine notorische Labertasche. Solche Zeitgenossen merken nämlich nicht, dass sie nur deshalb keine Kritik erhalten, weil das Gegenüber schlicht nicht dazu kommt, den Mund aufzumachen. Der Vielredner fühlt sich dadurch immerfort bestätigt. Lassen Sie Ihre gute Erziehung beiseite und unterbrechen Sie den Typen: Schauen Sie weg, fassen Sie das Gespräch zusammen oder lenken Sie es knallhart in Ihre Richtung. Keine Angst, eine Labertasche ist kein Sensibelchen, sonst würde sie ja merken, dass sie dem Rest der Welt auf die Nerven geht.
Samstag: Wie viel Privates verträgt das Team?
Wer zusammen arbeitet, darf auch zusammen Spaß haben, das ist gut gegen Stress im Team. Wo man mit Kollegen aber privat zusammenkommt, braucht es Fingerspitzengefühl, denn mitunter ist es eine Gratwanderung, nicht zu viel und nicht zu wenig zu erzählen. Wenn Sie sich bedeckt halten, werden Sie als arrogant abgestempelt, wenn Sie aus dem Nähkästchen plaudern, gelten Sie als Klatschtante. Intimitäten sollten Sie in jedem Fall für sich behalten, andernfalls werden Sie schnell angreifbar. Wenn Sie dagegen niemanden an sich heranlassen, werden die Leute sich Geschichten ausdenken und über Ihr Privatleben zu fantasieren beginnen.
„Abends an der Theke werden Karrieren gemacht, aber auch zerstört.“
Kommt Amor ins Spiel, steigt die Spannung im Team. Schnell vermutet man etwa hinter der Beförderung der Sekretärin ein Techtelmechtel mit dem Chef. Sind zwei tatsächlich liiert, kann das aber auch dazu führen, dass z. B. der Boss seine Freundin aus lauter Angst, sie im Team zu bevorzugen, ganz hinten anstellt und so u. U. ihr Talent vergeudet. Manchmal ist die Preisgabe von Privatem aber auch eine Chance, weil die anderen im Team sehen, dass unter der harten Schale doch ein richtiger Mensch steckt.
„Bei aller Teamarbeit sollte der Job am Ende des Tages dann doch auch noch Spaß machen.“
Den Idealfall, nur mit Freunden und guten Bekannten zusammenzuarbeiten, gibt es selten. Für alle anderen Teamkonstellationen heißt es: Nicht alle Geheimnisse preisgeben. Ein Grund mehr, abends an der Theke dem Alkohol zu widerstehen; mehr als ein halbes Glas Wein sollten Sie sich nicht erlauben. Im Übrigen ist es gut, Privates und Berufliches zu trennen, das sollte auch der Lebenspartner akzeptieren, der im Team als normaler Kollege behandelt wird. Noch ein Tipp zum Schluss: Lachen Sie viel, über sich selbst und gemeinsam, denn nichts entspannt, befreit und hebt die Stimmung mehr als Lachen.