Ben Hur

Buch Ben Hur

Eine Erzählung aus der Zeit Christi

New York, 1880
Diese Ausgabe: dtv,


Worum es geht

Ein biblischer Aben­teuer­ro­man

Lewis Wallace gelang mit Ben Hur ein Ge­niestre­ich: Indem er seinen spannenden his­torischen Aben­teuer­ro­man mit christlichen Elementen versah, befreite er ihn vom schlechten Ansehen, das Romane zu seiner Zeit hatten. Bis heute ist das Genre des his­torischen Romans bei Lit­er­aturkri­tik­ern nicht wohlgelit­ten – und auch christliche Bezüge können Ben Hur keine positive Kritik mehr sichern. Der ungeheure Erfolg des Buches ist eindeutig nicht auf seine lit­er­arischen Qualitäten zurückzuführen. Dennoch hat Ben Hur Eigen­schaften, die eine weltweite Leserschaft seit über 100 Jahren schätzt: Der Roman ist äußerst kurzweilig und lässt eine vergangene Epoche in farbenprächtigen Bildern wieder lebendig werden. Wallace erläutert historische Zusammenhänge, ve­r­an­schaulicht, was in der Bibel nur angerissen wird, und lässt den Leser in eine Zeit eintauchen, die für das Abendland von entschei­den­der Bedeutung war. Damit bestätigt Ben Hur all jene, die historische Romane mögen, in ihrer Vorliebe und alle Kritiker des Genres in ihrer Abneigung – eben weil das Buch nicht mehr und nicht weniger ist als das: ein äußerst un­ter­halt­sames Stück Weltlit­er­atur.

Take-aways

  • Ben Hur war der meistverkaufte Roman des 19. Jahrhun­derts – nur die Bibel hatte eine höhere Auflage.
  • Inhalt: Zu Unrecht eines Attentats auf den römischen Statthalter von Judäa beschuldigt, wird der junge jüdische Adelige Ben Hur zum Sklaven­di­enst verurteilt. Ein reicher Römer befreit ihn, worauf Ben Hur in Rom bei einem Wagenrennen seinen Erzfeind besiegt. Als reifer Mann bekehrt er sich zum Christentum und stellt sein Leben in den Dienst Jesu.
  • Der Roman ist in acht Bücher unterteilt, wobei das erste die Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenland nacherzählt.
  • Das Werk gilt als Prototyp des his­torischen Romans mit biblischem Sujet.
  • Erst mit der Arbeit an Ben Hur begann Wallace, sich intensiv mit Bibeltexten au­seinan­derzuset­zen.
  • Ben Hur gilt als erster geplanter Bestseller der Geschichte, da er taktisch auf größtmöglichen Pub­likum­ser­folg ausgelegt war.
  • Ein wichtiges Vorbild für Wallace war der schottische Autor Sir Walter Scott, der mit Waverley (1814) das Genre des his­torischen Romans mitbegründete.
  • Wallace war der erste Autor, der durch ein lit­er­arisches Werk zum Millionär wurde.
  • Die Verfilmung des Stoffs aus dem Jahr 1959 mit Charlton Heston in der Hauptrolle erhielt elf Oscars.
  • Zitat: „Er ließ sich wie so mancher in unseren Tagen nicht davon abbringen, an Christus den eigenen Maßstab anzulegen. Um wie viel besser wäre es, würden wir uns nach dem Maßstab Christi messen!“ (über Ben Hur)
 

Zusammenfassung

Die drei Weisen

Im 747. Jahr nach der Gründung Roms treffen sich drei Männer in der Wüste. Kaspar, der Grieche, Melchior, der Hindu, und Balthasar, der Ägypter, haben sich von den Religionen ihrer Vorfahren abgewandt und glauben nun an den Gott der Juden. Dieser hat ihnen Zeichen gesandt und sie aufge­fordert, Zeugen zu sein, wenn in Jerusalem der neugeborene König der Juden erscheint.

„Mit zwei anderen aus den fernsten Teilen der Erde sollst du den Heiland schauen und von Ihm Zeugnis ablegen.“ (überirdische Stimme zu Balthasar, S. 34)

Einige Jahre später: Joseph und Maria aus Nazareth treffen in Bethlehem ein, wo sie sich zur Volkszählung melden müssen. Weil die örtliche Karawanserei völlig überfüllt ist, suchen sie sich einen Schlafplatz in einer Höhle, die als Stall genutzt wird. In der Nacht sehen die Bewohner Bethlehems, wie ein Lichtstrahl über der Höhle erscheint. Die drei Weisen sind in Jerusalem eingetrof­fen und fragen nach dem neuge­bore­nen König. Sie gelangen zur Höhle, finden ihn in einer Krippe und lobpreisen ihn.

Aus Freunden werden Feinde

21 Jahre später ist Judäa eine römische Provinz, und nach der von Rom an­ge­ord­neten Absetzung des Ho­he­p­riesters herrscht im Volk Unruhe. Der junge Juda Ben Hur trifft sich mit seinem Freund, dem Römer Messala, der fünf Jahre in Rom verbracht hat und nun nach Jerusalem zurückgekehrt ist. Messala hat sich verändert und begegnet Ben Hur mit zynischen und her­ablassenden Äußerungen. Ben Hur erklärt die Fre­und­schaft daraufhin für beendet.

„Judäa war über achtzig Jahre lang eine römische Provinz gewesen, genügend Zeit, um den Kaiser über die Eigenarten der Juden zu un­ter­richten und ihn zu der Überzeugung zu bringen, dass sie leicht zu regieren waren, wenn man nur ihre Religion achtete.“ (S. 89)

Ben Hur stammt aus einer angesehenen und reichen Jerusalemer Fürsten­fam­i­lie. Als er nach dem Gespräch mit Messala völlig verstört nach Hause zurückkehrt, versucht seine Mutter ihn zu beruhigen. Sie erklärt ihm, dass die Römer keinen Grund hätten, sich anderen überlegen zu fühlen, schließlich seien sie nur in der Kriegskunst her­aus­ra­gend. Ben Hur beschließt, von den Römern die Kriegskunst zu lernen, damit er sein Können später gegen die Besatzer einsetzen kann. Am nächsten Tag steht er zusammen mit seiner Schwester Tirza auf dem Balkon, um den Einzug des neuen Prokurators Valerius Gratus zu beobachten. Als dieser vor­beire­itet, löst sich ein Stein aus der Brüstung am Haus und trifft Gratus. Sofort wird der Vorfall als Anschlag gedeutet – mehrere römische Soldaten, unter ihnen auch Messala, stürmen das Haus. Ben Hur wird verhaftet und ohne Verhandlung zur Arbeit auf den Galeeren verurteilt. Seine Mutter und seine Schwester werden fort­geschleppt. Das Haus und das Vermögen von Ben Hurs Familie werden konfisziert. Wie sich später her­ausstellt, teilen Gratus und Messala den Besitz un­tere­inan­der auf. Auf dem Weg zu den Galeeren trifft Ben Hur einen fre­undlichen Jüngling, der ihm an einem Brunnen Wasser reicht.

Gegen­seit­ige Rettung

Drei Jahre später besteigt in Misenum in der Nähe von Neapel der römische Tribun Quintus Arrius sein neues Schiff, die Asträa, mit der er eine Flotte von 100 Schiffen anführen soll. Er hat den Auftrag, gegen Piraten vorzugehen. Arrius verschafft sich zunächst einen Überblick über die Mannschaft und die Rud­er­sklaven. Dabei fällt ihm ein Ruderer wegen seiner Jugend und seiner ath­letis­chen Figur auf: Ben Hur. Sie unterhalten sich. Ben Hur erzählt seine Geschichte und beteuert seine Unschuld. Arrius glaubt ihm und beschließt, ihm zu helfen. Als die Flotte auf die Piraten trifft, kommt es zu einer großen Schlacht. Als ihr Schiff geentert wird, fällt Ben Hur von Bord. Er findet Arrius bewusstlos im Wasser treibend vor und rettet ihn. Zurück in Rom, adoptiert Arrius Ben Hur aus Dankbarkeit. Dieser kann nun seinen früheren Plan in die Tat umsetzen: Er will sich in Rom zum Soldaten ausbilden lassen. Nach Arrius’ Tod erbt Ben Hur dessen ganzes Vermögen.

Wiedersehen in Antiochia

Fünf Jahre später erreicht Ben Hur im Dienst des römischen Konsuls die Stadt Antiochia in Assyrien. Dort hört er von einem reichen Kaufmann namens Simonides, der angeblich früher ein Sklave war und nach dem Tod seines Herrn dessen Geschäfte übernommen hat. Ben Hur ist überzeugt, dass es sich bei dem ver­stor­be­nen Fürsten um seinen Vater handeln muss. Er sucht Simonides auf, in der Hoffnung, etwas über das Schicksal seiner Mutter und seiner Schwester zu erfahren. Doch Simonides kann Ben Hur nichts darüber sagen. Er glaubt, dass Ben Hur gekommen ist, um sein Erbe zurückzufordern, und beschließt, mehr über ihn in Erfahrung zu bringen, bevor er ihm sein Vermögen überlässt. Er beauftragt seinen Diener Malluch, Ben Hur zu beobachten.

„In nichts außer dem Krieg hat Rom Anspruch auf Originalität. Selbst die Spiele und Schaustücke der Römer sind von den Griechen entlehnt und durch Blut und Grausamkeit ihrem Pöbel angepasst.“ (Ben Hurs Mutter, S. 117)

Ben Hur hat auch Simonides’ Tochter Esther kennen gelernt, die sich sofort in ihn verliebt. Malluch folgt Ben Hur und freundet sich mit ihm an. Sie gehen gemeinsam zum Wagenrennen, wo sie auf den reichen Scheich Ilderim treffen, der gerade wütend seinen Wagenlenker entlässt. Ben Hur traut seinen Augen kaum, als er unter den Fahrern Messala entdeckt. Offenbar wird er am großen Wagenrennen teilnehmen. Später halten sich Malluch und Ben Hur an einem Brunnen auf. Da rast Messala mit seinem Wagen heran und verletzt beinahe eine hübsche Frau und einen alten Mann. Nur Ben Hurs mutiges Eingreifen verhindert den Unfall. Die Geretteten sind die Ägypterin Iras und ihr Vater, der weise Balthasar. Dieser lädt Ben Hur ein, ihn bei seinem Gastgeber, Scheich Ilderim, zu besuchen.

Ben Hur erkennt sein Schicksal

Ben Hur entwickelt einen Plan: Er will für Ilderim beim Wagenrennen, das in sechs Tagen stattfinden wird, antreten und Messala bei dieser Gelegenheit demütigen. In Ilderims Lager wird er freundlich empfangen. Ben Hur hält sich vorerst bedeckt und gibt lediglich zu verstehen, dass er antirömisch eingestellt ist. Sein Gastgeber erzählt ihm die Geschichte der drei Weisen, die vor 27 Jahren zu ihm kamen, nachdem sie die Geburt des Messias bezeugt hatten. Balthasar fügt an, dass der Messias schon bald die Seelen der Menschen erlösen werde. Ben Hur ist überzeugt, dass nur die Vernichtung Roms den Juden Erlösung bringen kann. Er beschließt, den neuen König der Juden bei seinem Kampf zu unterstützen. Am Abend begegnet Ben Hur wieder Iras: Ben Hur verfällt der schönen Ägypterin vollkommen. Unterdessen stößt Messala auf Hinweise, dass es sich bei dem Römer, der sich ihm ent­ge­gengestellt hat, um Ben Hur handeln könnte. Er informiert Gratus.

„Ben Hur stand wie angewurzelt, seine Ahnung und sein Gedächtnis hatten ihn nicht verlassen: Der Wagenlenker war Messala!“ (S. 229)

Ben Hur wird zu Simonides gerufen, der ihm sein Erbe übergeben will. Simonides gesteht, dass er und Esther rechtmäßig Ben Hurs Leibeigene sind und nicht freige­lassen werden können. Darauf setzt Ben Hur Simonides wieder als Verwalter ein. Der ist sich sicher, dass Gott mit dem Geld einen bestimmten Plan verfolgt, denn bisher waren alle seine Geschäftstätigkeiten von Erfolg gekrönt. Bestimmt sei das Vermögen dazu gedacht, den neuen König der Juden beim Aufbau seines Königreichs zu unterstützen. Er rät deshalb, dass Ben Hur und Ilderim gemeinsam ein Heer aufstellen und Soldaten ausbilden, auf die der neue König bei Bedarf zurückgreifen kann. Ben Hur ist ein­ver­standen – zuvor will er sich jedoch an Messala rächen.

Rache beim Wagenrennen

Ben Hur bittet Malluch und Simonides, dafür zu sorgen, dass Messala sein gesamtes Vermögen auf seinen Sieg beim Wagenrennen setzt. Der Tag des Rennens ist für Antiochia ein Volksfest: Jeder will das Spektakel sehen. Messala ist der Favorit, doch auch Ben Hur hat viele Anhänger. Schon kurz nach dem Start ist klar, dass die beiden das Rennen unter sich ausmachen werden. Lange sind sie gleichauf – bis Messala eines von Ben Hurs Pferden schlägt und so beinahe einen Sturz verursacht. Doch Ben Hur kann die Pferde wieder unter Kontrolle bringen. Die Stimmung im Stadion wendet sich gegen Messala. Am Ende greift Ben Hur aber selbst zu unlauteren Mitteln: Mit einer Eisenspitze, die an seinem Wagen befestigt ist, zerstört er Messalas Rad. Dieser stürzt und verletzt sich schwer – Ben Hur wird zum Sieger erklärt. Messala wird nie wieder gehen können und hat sein gesamtes Vermögen an Ben Hur verloren.

„Er widmet sich ganz der Aufgabe, seine Mutter und Schwester zu finden – das ist sein erster Gedanke. Dann nährt er einen tiefen Hass gegen Rom. Und was Messala betrifft, (...) so ist es sein au­gen­blick­liches Hauptziel, ihn zu demütigen.“ (Malluch über Ben Hur, S. 255)

Am nächsten Tag tappt Ben Hur in eine Falle: Messala hat zwei Männer beauftragt, ihn zu ermorden. Einen kann Ben Hur im Kampf töten, dem anderen bietet er Geld, damit dieser die Leiche des besiegten Attentäters vor Messala als Ben Hur ausgibt. Der Plan geht auf: Messala glaubt nun, Ben Hur sei tot. Dieser kann unbemerkt die Stadt verlassen.

Die Aussätzigen

Gratus wird als Prokurator abgesetzt und muss sein Amt Pontius Pilatus übergeben, der sofort alle Gefängnisse inspizieren lässt. Dabei werden in der Burg Antonia in Jerusalem geheime Verliese entdeckt, aus denen zwei Frauen befreit werden. Es sind Ben Hurs Mutter und seine Schwester Tirza. Gratus hatte sie in verseuchte Zellen gesteckt, wo sie sich mit Aussatz anstecken und qualvoll sterben sollten. Tatsächlich sind die beiden Frauen infiziert. Nach ihrer Freilassung finden sie in einer Aussätzi­genkolonie außerhalb der Stadt Zuflucht. Ben Hur erfährt von der Freilassung der beiden Frauen, doch es gelingt ihm nicht, sie ausfindig zu machen. Wenig später beginnt er in der Wüste mit der Ausbildung der Soldaten. Drei Legionen unterstehen seinem Kommando.

Die Ankunft des Messias

Eines Tages trifft Ben Hur auf Iras und Balthasar und diskutiert mit ihnen über den neuen König. Balthasar ist überzeugt, dass der Messias den Menschen das Leben nach dem Tod schenken und ein Königreich der Seelen errichten wird, obwohl er nur ein armer und einfacher Mann ist. Iras dagegen glaubt nicht an den Gott der Juden: Sie träumt von einem mächtigen König, der das Römische Reich vernichten wird. Sie möchte, dass Ben Hur ihr Held ist und er für seine mutigen Taten reich belohnt wird. Er verspricht ihr, sie zu seiner Königin zu machen. Die drei hören Gerüchte, dass Johannes der Täufer ganz in der Nähe von dem nahenden Messias spreche. Ben Hur, Iras und Balthasar machen sich auf den Weg dorthin und erleben, wie sich ein einfach gekleideter Mann als Messias zu erkennen gibt. Ben Hur bleibt skeptisch – da erkennt er in dem Mann den Jüngling wieder, der ihm damals am Brunnen, auf dem Weg zu den Galeeren, einen Becher Wasser gab. Sein Name ist Jesus.

Einzug in Jerusalem

Fast drei Jahre sind vergangen und Ben Hur hält seine Identität noch immer geheim. Er hat die letzten Jahre in der Nähe des Messias verbracht, doch nach wie vor ist er sich nicht sicher, welche Ziele dieser wirklich verfolgt. Simonides und Esther ebenso wie Balthasar und Iras leben inzwischen in Ben Hurs Haus in Jerusalem, das er von Pilatus zurückgekauft hat. Nun kehrt Ben Hur im Gefolge des Messias nach Jerusalem zurück. Dessen Anhänger hoffen, dass Jesus seine Pläne jetzt bekannt geben wird. Auf dem Weg in die Stadt heilt der Messias Ben Hurs Mutter und Schwester, und die Familie wird wiedervere­int. Am 25. März trifft Ben Hur in der Stadt ein. Von Iras erfährt er, dass sich der Messias nicht zum König erklärt hat. Sie lästert über dessen Schwäche und bittet Ben Hur, Messala, mit dem sie seit ihrem ersten Treffen in Antiochia in Kontakt stand, sein Vermögen zurückzugeben. Ben Hur weigert sich und erkennt, dass Iras ihn all die Jahre hin­ter­gan­gen hat. Er gesteht sich seine Liebe zu Esther ein.

Die Kreuzigung

Als Ben Hur das Haus verlässt, bewegt sich eine riesige Men­schen­menge durch die Straße in Richtung Ölberg. Er folgt den Leuten und trifft unterwegs auf seine Freunde. Es stellt sich heraus, dass Jesus verraten und festgenom­men wurde. Ben Hur ist unschlüssig, ob er mit seinen Truppen eingreifen soll, entscheidet sich aber dagegen, da Jesus mit der Festnahme ein­ver­standen zu sein scheint. Zudem geht er davon aus, dass Jesus sich dank seiner übernatürlichen Kräfte jederzeit befreien könnte. Am nächsten Morgen muss Ben Hur erfahren, dass seine Truppen desertiert sind: Sie haben den Glauben an den neuen König verloren. Er erkennt, dass Jesus dem göttlichen Plan folgt und dass er deshalb nichts unternehmen darf, um ihn zu retten. Der Gefangene wird in der Nacht wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt und wird am Morgen nach Golgatha geleitet, wo man ihn unter dem Jubel des Volkes ans Kreuz schlägt. Als er sein Schicksal gelassen und bewusst annimmt, beginnen die Menschen jedoch zu zweifeln: Könnte er doch der Messias sein? Jesus stirbt. Die Erde bebt und versetzt die Menschen in Angst und Schrecken.

„Ein gewaltiger Krieg würde kommen mit seinen Todesnöten und Geburtswe­hen – aber dann würde der Frieden kommen und die Herrschaft der Juden für alle Zeit.“ (Ben Hurs Gedanken, S. 301 f.)

Fünf Jahre später: Ben Hur hat Esther geheiratet und mit ihr zwei Kinder bekommen. Eines Tages erscheint Iras bei Esther und berichtet, dass sie Messala umgebracht habe. Esther bietet ihr Hilfe an, doch Iras lehnt ab. Ben Hur erfährt unterdessen, dass die Christen in Rom uner­bit­tlich von Nero verfolgt werden. Er beschließt, sein Vermögen einzusetzen, um die junge Kirche zu schützen.

Zum Text

Aufbau und Stil

Ben Hur ist in acht Bücher gegliedert, wobei das erste eine Son­der­stel­lung einnimmt: Es erzählt die Geschichte der drei Weisen, die von Gott angewiesen werden, die Geburt des Messias zu bezeugen. Das erste Buch war ursprünglich als eigenständiger Text angelegt und wurde vom Autor erst später in den Roman integriert. Ben Hurs Geschichte beginnt mit dem zweiten Buch. Lewis Wallace nutzt eine gut verständliche und flüssig zu lesende Sprache. Er erklärt viele historische Einzel­heiten und es gelingt ihm her­vor­ra­gend, Land­schaften und Szenerien lebendig zu beschreiben, so etwa den Markt von Joppe im ersten Buch oder die Kreuzigung Jesu am Schluss. Der ungeheure Erfolg des Romans ist aber zu einem guten Teil auf Wallaces Fähigkeit zurückzuführen, mitreißende Ac­tion­szenen zu schreiben: Das Wagenrennen zwischen Ben Hur und Messala ist nicht umsonst zur wohl bekan­ntesten Szenen des Romans geworden. Allerdings kommt der Text manchmal auch etwas plump daher. So wird etwa Messalas Zynismus immer wieder beim Namen genannt, statt dass er dem Leser auf subtilere Art vermittelt würde. Überzeugend ist das Buch aber in seinem bildge­walti­gen De­tail­re­ich­tum und in der tem­por­e­ichen Darstellung.

In­ter­pre­ta­tion­sansätze

  • Wallace greift mit Ben Hur auf die Struktur des his­torischen Romans zurück: Es wird eine fiktionale Lebens­geschichte erzählt, deren Rah­men­hand­lung historische Ereignisse liefern – ihnen entsprechen in diesem Buch die Ereignisse der vier Evangelien. Geprägt wurde der historische Roman von Sir Walter Scott mit dem Werk Waverley, das 1814 erschien.
  • Der Roman gilt als erstes Werk der Literatur, das taktisch als Bestseller angelegt war: Lewis Wallace setzte alles daran, den Geschmack des Publikums so gut wie möglich zu treffen. Vor diesem Hintergrund lassen sich viele Entschei­dun­gen des Autors hin­sichtlich Hand­lungssträngen oder Fig­ure­nen­twick­lung als strate­gis­che Züge in­ter­pretieren. Bis zu einem gewissen Grad lässt sich damit auch die Kombination von Romantik, zwis­chen­men­schlichen Konflikten und ac­tion­ge­lade­nen Szenen etwa in den Seeschlachten erklären.
  • Darüber hinaus verfolgte Wallace mit dem Roman die Absicht, eine Geschichte zu erzählen, die jedem die Notwendigkeit eines Erlösers einsichtig macht. Am Beispiel Ben Hurs soll gezeigt werden, wie christliche Werte das Leben des Einzelnen und die Welt als Ganzes verbessern. Die zentralen Argumente für diese These werden in den Diskus­sio­nen zwischen Ben Hur und Balthasar vorgestellt.
  • Von lit­er­atur­wis­senschaftlichem Interesse ist u. a. die Art und Weise, in der Wallace mit Leerstellen in der Bibel umgeht. Zwar gestaltet er den Stoff der vier Evangelien aus, allerdings war er hier auch eingeschränkt, da er einem gläubigen Publikum gerecht werden musste, das keine Ab­we­ichun­gen von der Bibel tolerierte.
  • Während sich Wallace recht stark an die Vorgaben der Bibel hält, nimmt er es mit der his­torischen Korrektheit mitunter nicht so genau. So gab es beispiel­sweise im Römischen Reich so gut wie keine Galeeren­sklaven. Die Galeeren wurden vielmehr mit verlässlichen und bezahlten Ruderern bemannt.

His­torischer Hintergrund

Die USA Mitte des 19. Jahrhun­derts

Die noch jungen USA setzten im 19. Jahrhundert zunehmend auf eine iso­la­tion­is­tis­che Politik, mit der man sich gegen die Ein­mis­chun­gen aus Europa zur Wehr setzte. Auf dem amerikanis­chen Festland verfolgte die Union derweil das Ziel, alle Territorien, die sich noch in europäischem Besitz befanden, zurückzukaufen oder zu erobern. Zwischen den neuen Staaten kam es schnell zu Au­seinan­der­set­zun­gen um die Aus­gestal­tung der Verfassung und die politischen sowie wirtschaftlichen Ziele: Während sich der Norden auf Handel, Industrie und Bankwesen spezial­isierte, strebte der Westen selbstständige Farm­be­triebe ohne Sklave­nar­beit an, und der Süden wollte das tra­di­tionelle Plan­ta­gen­sys­tem mit Sklaven­hal­tung beibehalten.

Nachdem Abraham Lincoln 1861 zum ersten re­pub­likanis­chen Präsidenten gewählt worden war, traten die elf Südstaaten aus der Union aus und gründeten den Sonderbund der Konföderierten Staaten. Es kam zum Bürgerkrieg. Die Südstaate­n­armee musste 1865 nach erheblichen Verlusten ka­pit­ulieren. Im selben Jahr wurde Präsident Lincoln ermordet. Kurz darauf wurde die Sklaverei in der ganzen Union abgeschafft. Die ehemaligen Sklaven erhielten Bürger- und Stimmrechte. Die Nordstaaten, durch den Bürgerkrieg erstarkt, setzten nach und nach eine kap­i­tal­is­tis­che Wirtschaft­sor­d­nung durch, die sich etwa in der zunehmenden In­dus­tri­al­isierung oder im Vo­rantreiben des Eisen­bahn­baus nieder­schlug. Die mangelnde Regulierung des Wirtschaft­slebens führte aber auch immer wieder zu schweren Wirtschaft­skrisen (1873, 1885/86 und 1907) sowie Masse­nar­beit­slosigkeit.

Entstehung

Lewis Wallace, der sich selbst zwar nicht als religiös bezeichnete, aber mit seiner Familie regelmäßig die Kirche besuchte, hatte sich seit jeher besonders für die Geschichte der drei Weisen in­ter­essiert, die nach Jerusalem kamen, um das Chris­tuskind zu sehen. Diese drei Gestalten werden nur in wenigen Zeilen des Matthäuse­van­geli­ums erwähnt. Wallace beschloss, ihre Geschichte literarisch aufzu­greifen. So entstand das erste Buch von Ben Hur. Die Idee zu der Haupt­geschichte kam Wallace nach einem Gespräch mit einem der bekan­ntesten bekennenden Atheisten seiner Zeit, Robert Ingersoll. Dessen re­li­gion­skri­tis­chen Äußerungen hatte Wallace nichts ent­ge­gen­zuset­zen, da er die Bibel kaum kannte. Er beschloss, die christlichen Texte intensiv zu studieren und ein Buch zu verfassen, das die Notwendigkeit eines Erlösers für die Menschheit nachvol­lziehbar machen sollte. Gerüchten zufolge soll Wallace dabei eine Art Er­weck­ungser­leb­nis gehabt und zum Glauben gefunden haben – es ist jedoch unklar, ob es sich dabei nicht nur um eine Mar­ket­ingstrate­gie handelte.

Wichtige Vorbilder für Wallace waren die populären his­torischen Romane von Sir Walter Scott (Waverley, 1814, und Ivanhoe, 1820) und Edward Bul­wer-Lyt­ton (Die letzten Tage von Pompeji, 1834), von denen Wallace zahlreiche Sto­ryele­mente übernahm. Die zentrale Quelle für seinen Roman ist aber die Bibel selbst – alle Szenen, die mit Jesus Christus in Verbindung stehen, sind im Grunde aus­gestal­tete Bibelverse (z. B. der Verrat an Jesus und seine Kreuzigung).

Wirkungs­geschichte

Das Buch gilt als Prototyp des his­torischen Romans mit biblischem Sujet. Sofort nach seinem Erscheinen wurde Ben Hur zum Bestseller und Kassen­schlager für das Verlagshaus Harper. Im ganzen 19. Jahrhundert wurden seine Verkauf­szahlen nur von einem anderen Buch übertroffen – der Bibel. Schon früh wurde die spannende Geschichte für die Bühne entdeckt: Die In­sze­nierung am Broadway, die auf eine pompöse Ausstattung setzte und acht lebende Pferde auf die Bühne brachte, lief 21 Jahre und wurde auch nach Europa, Australien und Neuseeland exportiert. Der ungeheure Erfolg machte Wallace zum ersten Autor der Geschichte, der mit seiner Literatur zum Millionär wurde.

Bald nach der Erfindung des Films wurde das Potenzial von Ben Hur für die In­sze­nierung auf der großen Leinwand erkannt. Eine erste Verfilmung entstand bereits 1907. Wallace’ Erben hatten jedoch nicht ihre Zustimmung dazu gegeben und ver­hin­derten gerichtlich eine weitere Verbreitung des Films. Die zweite Version aus den 20er Jahren dagegen war autorisiert und mit einem Budget von 4 Millionen US-Dollar die teuerste Stumm­film­pro­duk­tion aller Zeiten. Die berühmteste Version ist jedoch der über drei Stunden lange Mon­u­men­tal­film aus dem Jahr 1959, der mit elf Oscars aus­geze­ich­net wurde und in dem Charlton Heston die Titelrolle spielt. Der Film war stilbildend für das Genre: Seine Einflüsse lassen sich in so un­ter­schiedlichen Werken wie Das Leben des Brian oder Gladiator erkennen, und das berühmte Wagenrennen zählt bis heute zu den bekan­ntesten Filmszenen überhaupt. Der Aufbau von Wallace’ Roman wird bis heute in der Un­ter­hal­tungslit­er­atur wiederver­wen­det, etwa von Ken Follett (Die Säulen der Erde, 1990) oder Rebecca Gablé (Das Lächeln der Fortuna, 1997).

Über den Autor

Lewis Wallace wird am 10. April 1827 in Brooksville als zweitältester Sohn des Vize­gou­verneurs von Indiana geboren. Er ist kein guter Schüler, doch er liest viel und gerne und beginnt früh, sich für Malerei zu in­ter­essieren. Er studiert Jura, bis er beim Ausbruch des Mexikanisch-Amerikanis­chen Krieges beginnt, in einem In­fan­teriereg­i­ment zu dienen. 1849 erhält er seine Zulassung als Anwalt und eröffnet im Jahr darauf seine eigene Kanzlei. 1852 heiratet er Susan Elston, mit der er einen Sohn hat. Ab 1856 ist er Mitglied des Senats von Indiana. Im Bürgerkrieg macht er im Unionsheer Karriere und wird schließlich zum Gen­eral­ma­jor ernannt – im Alter von nur 34 Jahren und damit als einer der jüngsten in der amerikanis­chen Geschichte. Wenig später urteilt er als Mitglied des Militärtribunals über das Schicksal der Lin­coln-At­tentäter. 1865 verlässt Wallace die Armee. Nach Kriegsende übernimmt er den Gou­verneur­sposten im Territorium New Mexico, in dem er nach vielen Jahren korrupter Machen­schaften die Ordnung wieder­her­stellt. Hier un­ter­schreibt er u. a. das Todesurteil für den berühmten Re­volver­helden Billy the Kid. Nach dem recht er­fol­gre­ichen Er­stlingswerk The Fair God (Die hehre Gottheit) von 1873 veröffentlicht Wallace 1880 seinen weltberühmt gewordenen his­torischen Roman Ben Hur. Ab 1881 lebt er vier Jahre im Osmanischen Reich, wo er als Gesandter der USA fre­und­schaftlichen Kontakt zu Sultan Abdul Hamid II. pflegt. Nach seiner Rückkehr in die USA kann er dank den Einnahmen aus Ben Hur haupt­beru­flich als Schrift­steller arbeiten; sein dritter Roman The Prince of India (Der Prinz von Indien) erscheint 1893. Zudem zieht er sich zum Tüfteln in seine Werkstatt zurück, in der insgesamt acht US-Patente entstehen. Lewis Wallace stirbt am 15. Februar 1905 im Alter von 77 Jahren in Craw­fordsville.