Ihr Arbeitsalltag – ein Affenzirkus?
Kommen Sie abends erschöpft nach Hause und fragen sich, was Sie den ganzen Tag gemacht haben? Fühlen Sie sich fremdbestimmt und erledigen zu mehr als 50 % Aufgaben, die eigentlich nicht Ihre sind? Arbeiten Sie am Wochenende und im Urlaub und kommen trotzdem nicht voran?
„Monkey-Business bedeutet nichts anderes, als dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben und Probleme zum Chef bringen und diese bei ihm abladen.“
Dann kann es sein, dass Sie die Probleme Ihrer Mitarbeiter lösen, anstatt sich auf die Führung Ihrer Leute zu konzentrieren. Sie stecken im operativen Geschäft fest, weil in Ihrer Firma Monkey-Business herrscht.
Der Begriff „Monkey-Business“ stammt aus einem Fachartikel von William Oncken und Donald Wass, publiziert 1974, und beruht auf folgendem Szenario: Ein Mitarbeiter kommt mit einem Affen auf der Schulter zum Chef, und der Affe hüpft rüber zum Vorgesetzten. Das Tier steht symbolisch für Probleme, die Mitarbeiter an höherer Stelle abladen, anstatt sie selbst zu lösen. Der Prozess der Aufgabenverteilung verläuft dabei nicht von oben nach unten (Chef–Mitarbeiter), sondern von unten nach oben (Mitarbeiter–Chef).
„Monkey-Management bedeutet, dass der Manager die Problematik durchschaut und mit professionellen Mitteln dagegen vorgeht.“
Der Vorgesetzte löst die ihm übertragenen Probleme oft zusätzlich zu seinen Kernaufgaben, was auf Dauer zu einer extremen Arbeitsbelastung führt, die im Burn-out enden kann. Warum geraten Manager in die Monkey-Falle? Der Prozess ist oft schleichend:
- Der Chef kümmert sich um alles: In der Einarbeitungszeit will ein neuer Chef detailliert wissen, wie der Laden läuft, und eine Beziehung zu seinen Mitarbeitern aufbauen. Das Tagesgeschäft ist auch sein Geschäft.
- Die Mitarbeiter machen sich abhängig: Schnell finden die Mitarbeiter heraus, dass sich ihr Chef für die kleinsten Dinge interessiert. Folglich holen sie sich für jede Entscheidung sein Okay und werden immer unmündiger. Der Chef dagegen fühlt sich wichtig.
- Die Mitarbeiter arbeiten immer weniger: Sie entwickeln Strategien, wie sie ihre Affen beim Chef abladen können, etwa via Mitleid oder mit Eskalationsdrohungen.
- Fokusverschiebung: Der Chef wird im operativen Geschäft unersetzlich; ohne ihn läuft nichts. Im Zentrum seiner Tätigkeit stehen fremdgesteuerte Dringlichkeiten und nicht mehr die eigentlichen Managementziele. Er hat das Gefühl, zu nichts zu kommen.
- In der Monkey-Falle: Der Chef hat wegen der vielen Monkeys keine Zeit mehr, sich diese vom Hals zu schaffen. Seine Arbeit mag effizient sein, sie ist jedoch nicht effektiv.
- Frust breitet sich aus: Je stärker sich das Monkey-Business etabliert, desto enttäuschter ist der Chef über seine vermeintlich unfähigen Mitarbeiter. Er reagiert mit Druck und verhindert dadurch die nötige Selbstständigkeit erst recht.
- Die Mitarbeiter sind verunsichert: Die Gegenseite wird immer hilfloser und bringt alle Affen zum Chef, weil sie keine andere Lösung kennt. Der Monkey-Effekt verstärkt sich.
- Der Chef brennt aus: Die Führungskraft steht am Rande ihrer psychischen und physischen Belastungsgrenze. Oft folgen Zusammenbruch, Depression oder Herzinfarkt.
„Die durch operative Hektik geprägte Überlastungssituation führt zu dem Paradox, dass der Chef keine Zeit mehr hat, das eigentliche Grundproblem zu lösen.“
Monkey-Business ist ein Teufelskreis: Alles, was der Chef tut, um die Probleme der Mitarbeiter zu lösen, verstärkt bei ihnen das unselbstständige Verhalten. Erledigt er einen Affen erfolgreich, zieht er fünf weitere an. Dieser „Kamineffekt“ hat eine Führungsumkehr zur Folge: Auf dem Schreibtisch des Chefs liegen die Aufgaben der Mitarbeiter, während diese entspannt in der Kaffeeecke auf eine Lösung warten oder sogar das Tun des Vorgesetzten überwachen.
„Harte Arbeit schadet zwar nicht und ist im Lichte der Vorbildfunktion sehr sinnvoll. Es kommt jedoch darauf an, an welchen Tätigkeiten Sie hart arbeiten.“
Die Folge: Obwohl in der Führungsebene weit oben angelangt, arbeiten Chefs immer mehr und immer fremdbestimmter, anstatt Dinge von anderen erledigen zu lassen. Schuld daran sind falsche Glaubenssätze wie „Wer soll sich sonst darum kümmern?“, hohe Fachkompetenz und der Wunsch nach unmittelbarer Bestätigung.
Die Psychologie der Bedürfnisse
Jede Führungskraft erzieht ihre Mitarbeiter. Nach einigen Jahren hat sie jene Leute im Team, die sie verdient. Die Mitarbeiter kennen dann die Bedürfnisse ihres Vorgesetzten aufs Genaueste und wissen, wie sie diese zu seiner Zufriedenheit erfüllen. Übergibt ein Mitarbeiter Ihnen erfolgreich sein Problem, so erfüllt er damit Ihr Bedürfnis nach Harmonie oder Macht.
„Loslassen heißt Kontrolle und Macht abgeben. Es bedeutet Vertrauen auszusprechen und zu akzeptieren, dass die Dinge nicht exakt so laufen, wie man sich das persönlich vielleicht vorgestellt hat.“
Wenn Sie also z. B. die Chefrolle „Experte“ innehaben, wird Ihr Mitarbeiter Sie mit der Monkey-Strategie „Nur der Chef weiß Bescheid“ überzeugen. Tipp: Lernen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse kennen, um der Wirkungsweise des Monkey-Business entgegenzutreten!
Acht Gegenstrategien, mit denen Sie Ihre Affen bändigen
Affen haben auf Ihrem Pult nichts verloren. Aber wie werden Sie sie los? Die folgenden Strategien können helfen:
- Monkeys abblocken: Wenn Sie Ihre Tür geschlossen haben oder bei Terminen eine schriftliche Vorbereitung von Ihren Mitarbeitern fordern, werden Sie garantiert weniger Monkeys abgeladen bekommen. Aber Achtung: Diese kurzfristig einfachste Lösung ist langfristig auch die problematischste. Zu den unerwünschten Nebenwirkungen zählen der emotionale Bruch zwischen dem Chef und den Mitarbeitern und eine gestörte Informationskultur: Die wichtigen Dinge kommen nicht mehr oben an.
- Monkeys wegcoachen: Die Kunst des Monkey-Managements liegt darin, den Affen anzuschauen, richtig zu bewerten und zurückzugeben, damit der Besitzer das Problem selbst erfolgreich lösen kann. Coaching als Problemlösungsmethode hilft Ihnen, mit den meisten Affen fertigzuwerden. Die Grundprinzipien sind: Als Chef sind Sie Partner auf dem Lösungsweg, steuern durch Fragen das Gespräch und begleiten den Mitarbeiter erfolgreich zum Ziel. Anstatt in den „Mr. Fix-it“-Reflex zu verfallen und das Problem zu lösen, müssen Sie herausfinden, was dem Mitarbeiter für die selbstständige Erledigung fehlt. Leiten Sie die Lösungsfindung methodisch, nicht inhaltlich. Wenn Sie gezielt Fragen stellen, lösen Sie beim Mitarbeiter einen Denkprozess aus. Kehren Sie im Gespräch das Verhältnis der Redezeit um: Lassen Sie Ihren Mitarbeiter sprechen, statt ihm was vorzukauen. Als guter Coach müssen Sie loslassen können, Geduld mitbringen und anderen gegenüber offen sein. Mit der Harvard Problemsolving Method (HPM) können Sie einen Affen in mehreren Schritten wegcoachen:
- Belasten Sie sich nicht länger mit dem „Tell&Sell-Modus“ („Ich denke, ihr macht“), sondern befreien Sie sich, indem Sie auf den „Listen&Learn-Modus“ („Ihr denkt, ich coache, ihr macht“) umschalten.
- Lassen Sie sich das Problem vom Mitarbeiter ausführlich erklären und stellen Sie offene Fragen, um zu ergründen, worum es geht.
- Stellen Sie W-Fragen („wer“, „was“, „wann“ ...), um den Mitarbeiter zur Ursache des Problems zu führen.
- Erarbeiten Sie das Schlüsselproblem durch gezieltes Nachfragen und lassen Sie Ihren Mitarbeiter die Dinge auf den Punkt bringen. Ist es ein technisches oder ein persönliches Problem?
- Bremsen Sie sich in der Lösungsphase und fordern Sie Ihren Mitarbeiter auf, Vorschläge zu machen und Alternativen zu erarbeiten.
- Stellen Sie gemeinsam Vor- und Nachteile jeder Lösung zusammen. Legen Sie dabei die Bewertungskriterien fest, die zur Entscheidungsfindung führen.
- Anhand von Fragen zur Aufgabenübernahme, zur Vorgehensweise und Dauer lassen Sie den Mitarbeiter einen konkreten Plan zur Umsetzung erstellen.
- Überprüfen Sie die Realisierung der Lösung bei einem Folgetermin.
- Kritische Selbstbefragung nach dem Coaching-Gespräch hilft, sich zu verbessern.
- Monkeys wegdelegieren: Trauen Sie sich, Aufgaben, die nicht in Ihren Bereich als Chef fallen, anderen zu übergeben. Dazu gehört z. B. alles, was nicht in Ihrem Arbeitsvertrag steht oder an dem nicht Ihre Leistung gemessen wird. Wenn Sie einen Affen dauerhaft übergeben wollen, beantworten Sie folgende Fragen:
- In wessen Zuständigkeitsbereich fällt das Problem?
- Ist der Mitarbeiter kompetent und motiviert?
- Passen Komplexität und Freiheitsgrad der Aufgabe zum Reifegrad des Mitarbeiters?
- Auf welcher Karrierestufe steht der Mitarbeiter? Delegieren Sie an junge, begeisterte Mitarbeiter einen größeren Gorilla. Älteren, routinierten können Sie getrost einen King Kong anvertrauen.
- Monkey-Management-Spielregeln: Wenn Ihre Abteilung folgende Regeln beherzigt, können Sie verhindern, dass Monkey-Business entsteht:
- Der Mitarbeiter hat ein Problem, nicht „wir“.
- Der Mitarbeiter muss etwas dagegen tun, nicht Sie.
- Nur wer gut vorbereitet ist, darf Ihnen seinen Affen vorstellen.
- Kein Affe bleibt im Chefbüro.
- Sie überwachen alle Affen Ihrer Mitarbeiter, nicht umgekehrt.
- Jeder Affe ist irgendwann fällig und das Problem gelöst.
- Alle Termine werden konsequent eingehalten.
- Statusinformationen zwischen Tür und Angel sind unzulässig.
- Wer das Problem letztlich löst, kann Ihnen egal sein.
- Erlernte Hilflosigkeit vermeiden: Bei diesem Phänomen können Menschen das in einer Opfersituation erlernte Verhaltensmuster nicht abstellen, obwohl sie dazu in der Lage sein sollten. In Unternehmen kann Machtmissbrauch zu ohnmächtigen und handlungsunfähigen Mitarbeitern führen. Missbrauchen Sie Ihre Macht nicht, um Mitarbeiter zu demotivieren.
- Selbstverantwortung stärken: Mit aktiven, risikobereiten und selbstbestimmten\\ Mitarbeitern verringern Sie die Gefahr von Monkey-Business. Wenn Sie einen Führungsstil als Coach pflegen, Zusatzverantwortung übertragen und neue Ideen fördern, schaffen Sie eine Unternehmenskultur, in der die erwünschten Eigenschaften sich entfalten können.
- Monkeys vom Chef: Hüten Sie sich vor dem „Verheizungs-Monkey“, d. h. vor Aufgaben, die Sie niemals bewältigen werden, egal wie sehr Sie sich bemühen. Denken Sie gründlich nach, bevor Sie zusagen, machen Sie dann einen detaillierten Plan und sorgen Sie von Beginn an für ausreichende Ressourcen.
- Die eigene Effizienz steigern: Wenn sich das operative Geschäft nicht ganz abwimmeln lässt, optimieren Sie Ihren Arbeitsstil mit Zeitmanagement und Arbeitstechniken.