Monkey Management

Buch Monkey Management

Wie Manager in weniger Zeit mehr erreichen

MV-Wissenschaft,


Rezension

„Guten Morgen, haben Sie vielleicht eine Minute?“ Ein Satz, den jeder Chef kennt – und fürchtet. Denn meistens geht es darum, dass ihm ein mehr oder weniger ratloser Mitarbeiter ein Problem aufbürden will. „Monkeys“ werden solche Probleme genannt (die Metapher stammt von einem Fachartikel aus den 70er Jahren), und Man­age­ment­trainer J. R. Edlund weiß, wie man sie bändigt. Im ersten Drittel seines Buchs widmet er sich dem Ist-Zustand in vielen Unternehmen: Je höher die Stufe der Kar­ri­ereleiter, desto größer der Ar­beit­saufwand. Ist man im Teufel­skreis erst mal drin, gibt es scheinbar kein Entkommen. Edlund entlarvt die kreativen Methoden der Mitarbeiter, ihre Probleme beim Chef abzuladen, doch er gibt nicht ihnen allein die Schuld. Manche Chefs, sagt er, arbeiten freiwillig 70 Stunden die Woche – weil sie ihre Leute geradezu zur Unselbstständigkeit erziehen. So stecken sie bald mitten im operativen Geschäft, während es eigentlich ihre Aufgabe wäre, andere dazu anzuleiten. Mit viel Gespür für geplagte Man­agersee­len zeigt Edlund im Hauptteil, wie man sein Ar­beit­sleben wieder in den Griff bekommt und mehr Zeit für Privates hat. Eine praktische Anleitung zum Delegieren, meint BooksInShort und legt den Ratgeber allen Führungskräften ans Herz, die in Arbeit ertrinken.

Take-aways

  • Mon­key-Busi­ness heißt: Mitarbeiter kommen mit einem Affen (einem Problem) auf ihrer Schulter zum Chef, der Affe springt zum Chef rüber – und der hat jetzt das Problem.
  • Antrainierte Problemlösungsre­flexe und hohe Fachkom­pe­tenz sorgen dafür, dass Chefs zu viele Aufgaben selbst übernehmen.
  • Ein Teufel­skreis: Wenn der Chef sich an die Lösung einzelner Probleme macht, verstärkt er das generelle Problem nur noch.
  • Die Dop­pel­be­las­tung von operativer Tätigkeit und Führungsauf­gaben kann im Burn-out enden.
  • Ve­r­ab­schieden Sie sich von „Mr. Fix-it“ und widmen Sie sich Ihren eigentlichen Man­age­men­tauf­gaben: Lassen Sie die Dinge von anderen erledigen.
  • Fragen Sie sich: Was fällt in meinen Zuständigkeits­bere­ich? Woran werde ich gemessen? Alles andere müssen Sie langfristig delegieren.
  • Coachen Sie Ihre Mitarbeiter auf dem Weg zur Lösung, statt selbst eine anzubieten.
  • Überprüfen Sie die Re­al­isierung der Lösung bei einem Folgetermin.
  • Bestehen Sie auf guter Vor­bere­itung, bevor Ihnen jemand ein Problem präsentieren darf.
  • Fördern Sie neue Ideen und Eigen­ver­ant­wor­tung. Das sorgt für die richtige Kultur.
 

Zusammenfassung

Ihr Ar­beit­sall­tag – ein Affenzirkus?

Kommen Sie abends erschöpft nach Hause und fragen sich, was Sie den ganzen Tag gemacht haben? Fühlen Sie sich fremdbes­timmt und erledigen zu mehr als 50 % Aufgaben, die eigentlich nicht Ihre sind? Arbeiten Sie am Wochenende und im Urlaub und kommen trotzdem nicht voran?

„Mon­key-Busi­ness bedeutet nichts anderes, als dass die Mitarbeiter ihre Aufgaben und Probleme zum Chef bringen und diese bei ihm abladen.“

Dann kann es sein, dass Sie die Probleme Ihrer Mitarbeiter lösen, anstatt sich auf die Führung Ihrer Leute zu konzen­tri­eren. Sie stecken im operativen Geschäft fest, weil in Ihrer Firma Mon­key-Busi­ness herrscht.

Der Begriff „Mon­key-Busi­ness“ stammt aus einem Fachartikel von William Oncken und Donald Wass, publiziert 1974, und beruht auf folgendem Szenario: Ein Mitarbeiter kommt mit einem Affen auf der Schulter zum Chef, und der Affe hüpft rüber zum Vorge­set­zten. Das Tier steht symbolisch für Probleme, die Mitarbeiter an höherer Stelle abladen, anstatt sie selbst zu lösen. Der Prozess der Auf­gaben­verteilung verläuft dabei nicht von oben nach unten (Chef–Mitarbeiter), sondern von unten nach oben (Mitarbeiter–Chef).

„Mon­key-Man­age­ment bedeutet, dass der Manager die Problematik durchschaut und mit pro­fes­sionellen Mitteln dagegen vorgeht.“

Der Vorgesetzte löst die ihm übertragenen Probleme oft zusätzlich zu seinen Ker­nauf­gaben, was auf Dauer zu einer extremen Ar­beits­be­las­tung führt, die im Burn-out enden kann. Warum geraten Manager in die Mon­key-Falle? Der Prozess ist oft schleichend:

  1. Der Chef kümmert sich um alles: In der Einar­beitungszeit will ein neuer Chef detailliert wissen, wie der Laden läuft, und eine Beziehung zu seinen Mi­tar­beit­ern aufbauen. Das Tagesgeschäft ist auch sein Geschäft.
  2. Die Mitarbeiter machen sich abhängig: Schnell finden die Mitarbeiter heraus, dass sich ihr Chef für die kleinsten Dinge in­ter­essiert. Folglich holen sie sich für jede Entschei­dung sein Okay und werden immer unmündiger. Der Chef dagegen fühlt sich wichtig.
  3. Die Mitarbeiter arbeiten immer weniger: Sie entwickeln Strategien, wie sie ihre Affen beim Chef abladen können, etwa via Mitleid oder mit Es­kala­tions­dro­hun­gen.
  4. Fokusver­schiebung: Der Chef wird im operativen Geschäft uner­set­zlich; ohne ihn läuft nichts. Im Zentrum seiner Tätigkeit stehen fremdges­teuerte Dringlichkeiten und nicht mehr die eigentlichen Man­age­mentziele. Er hat das Gefühl, zu nichts zu kommen.
  5. In der Mon­key-Falle: Der Chef hat wegen der vielen Monkeys keine Zeit mehr, sich diese vom Hals zu schaffen. Seine Arbeit mag effizient sein, sie ist jedoch nicht effektiv.
  6. Frust breitet sich aus: Je stärker sich das Mon­key-Busi­ness etabliert, desto enttäuschter ist der Chef über seine ver­meintlich unfähigen Mitarbeiter. Er reagiert mit Druck und verhindert dadurch die nötige Selbstständigkeit erst recht.
  7. Die Mitarbeiter sind verun­sichert: Die Gegenseite wird immer hilfloser und bringt alle Affen zum Chef, weil sie keine andere Lösung kennt. Der Mon­key-Ef­fekt verstärkt sich.
  8. Der Chef brennt aus: Die Führungskraft steht am Rande ihrer psychischen und physischen Be­las­tungs­grenze. Oft folgen Zusam­men­bruch, Depression oder Herzinfarkt.
„Die durch operative Hektik geprägte Überlas­tungssi­t­u­a­tion führt zu dem Paradox, dass der Chef keine Zeit mehr hat, das eigentliche Grund­prob­lem zu lösen.“

Mon­key-Busi­ness ist ein Teufel­skreis: Alles, was der Chef tut, um die Probleme der Mitarbeiter zu lösen, verstärkt bei ihnen das unselbstständige Verhalten. Erledigt er einen Affen erfolgreich, zieht er fünf weitere an. Dieser „Kamineffekt“ hat eine Führung­sumkehr zur Folge: Auf dem Schreibtisch des Chefs liegen die Aufgaben der Mitarbeiter, während diese entspannt in der Kaffeeecke auf eine Lösung warten oder sogar das Tun des Vorge­set­zten überwachen.

„Harte Arbeit schadet zwar nicht und ist im Lichte der Vor­bild­funk­tion sehr sinnvoll. Es kommt jedoch darauf an, an welchen Tätigkeiten Sie hart arbeiten.“

Die Folge: Obwohl in der Führungsebene weit oben angelangt, arbeiten Chefs immer mehr und immer fremdbes­timmter, anstatt Dinge von anderen erledigen zu lassen. Schuld daran sind falsche Glaubenssätze wie „Wer soll sich sonst darum kümmern?“, hohe Fachkom­pe­tenz und der Wunsch nach un­mit­tel­barer Bestätigung.

Die Psychologie der Bedürfnisse

Jede Führungskraft erzieht ihre Mitarbeiter. Nach einigen Jahren hat sie jene Leute im Team, die sie verdient. Die Mitarbeiter kennen dann die Bedürfnisse ihres Vorge­set­zten aufs Genaueste und wissen, wie sie diese zu seiner Zufrieden­heit erfüllen. Übergibt ein Mitarbeiter Ihnen erfolgreich sein Problem, so erfüllt er damit Ihr Bedürfnis nach Harmonie oder Macht.

„Loslassen heißt Kontrolle und Macht abgeben. Es bedeutet Vertrauen auszus­prechen und zu akzeptieren, dass die Dinge nicht exakt so laufen, wie man sich das persönlich vielleicht vorgestellt hat.“

Wenn Sie also z. B. die Chefrolle „Experte“ innehaben, wird Ihr Mitarbeiter Sie mit der Mon­key-Strate­gie „Nur der Chef weiß Bescheid“ überzeugen. Tipp: Lernen Sie Ihre eigenen Bedürfnisse kennen, um der Wirkungsweise des Mon­key-Busi­ness ent­ge­gen­zutreten!

Acht Gegen­strate­gien, mit denen Sie Ihre Affen bändigen

Affen haben auf Ihrem Pult nichts verloren. Aber wie werden Sie sie los? Die folgenden Strategien können helfen:

  1. Monkeys abblocken: Wenn Sie Ihre Tür geschlossen haben oder bei Terminen eine schriftliche Vor­bere­itung von Ihren Mi­tar­beit­ern fordern, werden Sie garantiert weniger Monkeys abgeladen bekommen. Aber Achtung: Diese kurzfristig einfachste Lösung ist langfristig auch die prob­lema­tis­chste. Zu den unerwünschten Neben­wirkun­gen zählen der emotionale Bruch zwischen dem Chef und den Mi­tar­beit­ern und eine gestörte In­for­ma­tion­skul­tur: Die wichtigen Dinge kommen nicht mehr oben an.
  2. Monkeys wegcoachen: Die Kunst des Mon­key-Man­age­ments liegt darin, den Affen anzuschauen, richtig zu bewerten und zurückzugeben, damit der Besitzer das Problem selbst erfolgreich lösen kann. Coaching als Problemlösungsmeth­ode hilft Ihnen, mit den meisten Affen fer­tigzuw­er­den. Die Grund­prinzip­ien sind: Als Chef sind Sie Partner auf dem Lösungsweg, steuern durch Fragen das Gespräch und begleiten den Mitarbeiter erfolgreich zum Ziel. Anstatt in den „Mr. Fix-it“-Reflex zu verfallen und das Problem zu lösen, müssen Sie her­aus­finden, was dem Mitarbeiter für die selbstständige Erledigung fehlt. Leiten Sie die Lösungs­find­ung methodisch, nicht inhaltlich. Wenn Sie gezielt Fragen stellen, lösen Sie beim Mitarbeiter einen Denkprozess aus. Kehren Sie im Gespräch das Verhältnis der Redezeit um: Lassen Sie Ihren Mitarbeiter sprechen, statt ihm was vorzukauen. Als guter Coach müssen Sie loslassen können, Geduld mitbringen und anderen gegenüber offen sein. Mit der Harvard Prob­lem­solv­ing Method (HPM) können Sie einen Affen in mehreren Schritten wegcoachen:
  • Belasten Sie sich nicht länger mit dem „Tell&Sell-Modus“ („Ich denke, ihr macht“), sondern befreien Sie sich, indem Sie auf den „Listen&Learn-Modus“ („Ihr denkt, ich coache, ihr macht“) umschalten.
  • Lassen Sie sich das Problem vom Mitarbeiter ausführlich erklären und stellen Sie offene Fragen, um zu ergründen, worum es geht.
  • Stellen Sie W-Fragen („wer“, „was“, „wann“ ...), um den Mitarbeiter zur Ursache des Problems zu führen.
  • Erarbeiten Sie das Schlüsselproblem durch gezieltes Nachfragen und lassen Sie Ihren Mitarbeiter die Dinge auf den Punkt bringen. Ist es ein technisches oder ein persönliches Problem?
  • Bremsen Sie sich in der Lösungsphase und fordern Sie Ihren Mitarbeiter auf, Vorschläge zu machen und Al­ter­na­tiven zu erarbeiten.
  • Stellen Sie gemeinsam Vor- und Nachteile jeder Lösung zusammen. Legen Sie dabei die Be­w­er­tungskri­te­rien fest, die zur Entschei­dungs­find­ung führen.
  • Anhand von Fragen zur Aufgabenübernahme, zur Vorge­hensweise und Dauer lassen Sie den Mitarbeiter einen konkreten Plan zur Umsetzung erstellen.
  • Überprüfen Sie die Re­al­isierung der Lösung bei einem Folgetermin.
  • Kritische Selb­st­be­fra­gung nach dem Coach­ing-Gespräch hilft, sich zu verbessern.
  1. Monkeys wegdelegieren: Trauen Sie sich, Aufgaben, die nicht in Ihren Bereich als Chef fallen, anderen zu übergeben. Dazu gehört z. B. alles, was nicht in Ihrem Ar­beitsver­trag steht oder an dem nicht Ihre Leistung gemessen wird. Wenn Sie einen Affen dauerhaft übergeben wollen, beantworten Sie folgende Fragen:
  • In wessen Zuständigkeits­bere­ich fällt das Problem?
  • Ist der Mitarbeiter kompetent und motiviert?
  • Passen Komplexität und Frei­heits­grad der Aufgabe zum Reifegrad des Mi­tar­beit­ers?
  • Auf welcher Kar­ri­er­estufe steht der Mitarbeiter? Delegieren Sie an junge, begeisterte Mitarbeiter einen größeren Gorilla. Älteren, rou­tinierten können Sie getrost einen King Kong anvertrauen.
  1. Mon­key-Man­age­ment-Spiel­regeln: Wenn Ihre Abteilung folgende Regeln beherzigt, können Sie verhindern, dass Mon­key-Busi­ness entsteht:
  • Der Mitarbeiter hat ein Problem, nicht „wir“.
  • Der Mitarbeiter muss etwas dagegen tun, nicht Sie.
  • Nur wer gut vorbereitet ist, darf Ihnen seinen Affen vorstellen.
  • Kein Affe bleibt im Chefbüro.
  • Sie überwachen alle Affen Ihrer Mitarbeiter, nicht umgekehrt.
  • Jeder Affe ist irgendwann fällig und das Problem gelöst.
  • Alle Termine werden konsequent eingehalten.
  • Sta­tus­in­for­ma­tio­nen zwischen Tür und Angel sind unzulässig.
  • Wer das Problem letztlich löst, kann Ihnen egal sein.
  1. Erlernte Hil­flosigkeit vermeiden: Bei diesem Phänomen können Menschen das in einer Opfer­si­t­u­a­tion erlernte Ver­hal­tens­muster nicht abstellen, obwohl sie dazu in der Lage sein sollten. In Unternehmen kann Macht­miss­brauch zu ohnmächtigen und hand­lung­sunfähigen Mi­tar­beit­ern führen. Miss­brauchen Sie Ihre Macht nicht, um Mitarbeiter zu de­mo­tivieren.
  2. Selb­stver­ant­wor­tung stärken: Mit aktiven, risikobere­iten und selb­st­bes­timmten\\ Mi­tar­beit­ern verringern Sie die Gefahr von Mon­key-Busi­ness. Wenn Sie einen Führungsstil als Coach pflegen, Zusatzver­ant­wor­tung übertragen und neue Ideen fördern, schaffen Sie eine Un­ternehmen­skul­tur, in der die erwünschten Eigen­schaften sich entfalten können.
  3. Monkeys vom Chef: Hüten Sie sich vor dem „Ver­heizungs-Mon­key“, d. h. vor Aufgaben, die Sie niemals bewältigen werden, egal wie sehr Sie sich bemühen. Denken Sie gründlich nach, bevor Sie zusagen, machen Sie dann einen de­tail­lierten Plan und sorgen Sie von Beginn an für aus­re­ichende Ressourcen.
  4. Die eigene Effizienz steigern: Wenn sich das operative Geschäft nicht ganz abwimmeln lässt, optimieren Sie Ihren Arbeitsstil mit Zeit­man­age­ment und Ar­beit­stech­niken.

Über den Autor

J. R. Edlund trainiert Topmanager in­ter­na­tionaler Konzerne wie IBM, Credit Suisse oder Daimler. Er lehrte u. a. an der Harvard University und an der European Business School.