Geben Sie Ihren Mitarbeitern einen Sinn
Warum sind manche Unternehmen langfristig erfolgreich, andere hingegen nicht? Die Antwort liegt in der Unternehmenskultur: Wird eine Firma lediglich mit dem Ziel der Gewinnmaximierung geführt, werden auch die Mitarbeiter nur vom Eigennutz angetrieben. Doch das Menschenbild des Homo oeconomicus, der sich genau so verhält, ist veraltet und realitätsfremd. Wir wissen, dass der Mensch weitaus komplexer ist, als uns mancher Ökonom glauben machen will. Der Mensch blickt über den Tellerrand hinaus und sucht seinen Platz in einem größeren Ganzen. Er ist empathisch und entwickelt seine Identität im Austausch mit der Umwelt und den Mitmenschen. Studien zeigen, dass Angestellte von Unternehmen mit einer „Homo-oeconomicus-Kultur“ keine emotionale Bindung an ihre Firma empfinden und demotiviert sind. Im Vergleich zu Unternehmen mit einer sinnzentrierten Kultur fällt auch der wirtschaftliche Erfolg rein ökonomisch orientierter Unternehmen geringer aus.
„Das Erfolgspotenzial der Balanced Valuecard liegt darin, dass sie in der Form von Sinn und Anerkennung auf fundamentalen Bedürfnissen des Menschen aufbaut.“
Nachhaltige Unternehmensführung bedeutet demnach, den Mitarbeitern ein Arbeitsumfeld zu bieten, das durch Sinn und Anerkennung motiviert. Nur wenn Ihre Mitarbeiter gern Leistung erbringen, wird Ihr Unternehmen erfolgreich sein – in sämtlichen Bereichen. Aus diesem Grund ist die Zielgröße nicht der wirtschaftliche Erfolg, sondern die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Die Strategie dahinter lautet: Sinn führt zu Leistung, Leistung zu Gewinn. Messen lässt sich die Zielgröße Leistungsbereitschaft mit der Balanced Valuecard (BVC).
Machen Sie Ihr Unternehmen zu einer „Sinn-Agentur“
Die BVC ist ein Instrument, mit dem Sie eine sinn- und leistungszentrierte Unternehmenskultur entwickeln können. Dahinter steckt eine moderne Motivationstheorie: Wenn das Unternehmen die Antwort auf die Frage nach dem „Wozu“ unserer Arbeit geben kann, erhält diese einen Sinn. Ein weiteres essenzielles menschliches Bedürfnis neben dem Sinn ist die Abgrenzung von anderen Menschen. Anerkennung durch andere ist daher ein weiterer Motivator. Sie ist die Antwort auf die Frage „Für wen?“. Wenn der Sinn einer Tätigkeit in Ihrem Unternehmen nicht nur schneller Gewinn sein soll, dann schaffen Sie eine Unternehmenskultur, die mehr bietet und die Leistungsbereitschaft Ihrer Belegschaft fördert. Folgende Elemente sind die Sinnquellen eines Unternehmens, um die herum die Unternehmenskultur wächst:
- Mission: Sie ist das „Wozu“ und „Für wen“ des Unternehmens und steht für den gesellschaftlichen Beitrag, den das Unternehmen leistet. Nicht die Gewinnmaximierung, sondern die gesellschaftliche Verantwortung – das übergeordnete, größere Ganze – gibt dem Unternehmen seine Existenzberechtigung. Und es wird dafür geschätzt. Walt Disneys Mission lautete nicht: „Wir machen Millionengewinne mit Trickfilmen“, sondern: „Wir wollen die Menschen glücklich machen.“
- Vision: Sowohl Menschen als auch Unternehmen brauchen hochgesteckte, konkrete und langfristige Ziele, an denen sie wachsen können. Das fördert die Leistungsbereitschaft und die Kreativität der Belegschaft – und den Willen zur Kooperation. Auch Henry Ford hatte eine konkrete Vision: „Demokratisieren wir das Automobil.“ Aber Vorsicht: Achten Sie darauf, dass die Vision immer im Kontext Ihrer Mission steht.
- Interne und externe Werte: Die BVC unterscheidet zwischen zwei Arten von Werten. Interne Werte stärken das Gemeinschaftsgefühl der Mitarbeiter, das aus den gemeinsamen Zielen hervorgeht. Gute Beispiele für interne Werte sind Teamwork, Wertschätzung oder gemeinsames Wachstum. Die externen Werte regeln den Umgang mit den Kunden; die BVC unterteilt sie in Nutzenwerte („Wir produzieren Qualitätserzeugnisse“) und Beziehungswerte („Der Kunde ist unsere Nummer eins“).
Die Balanced-Valuecard-Dimensionen
Leistungsbereitschaft, die Zielgröße der BVC, ist messbar: Sinn und Anerkennung werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst, die Sie mittels einer Mitarbeiterbefragung identifizieren und statistisch auswerten können. Daraus können Sie wiederum weitere Schritte ableiten, die sich direkt auf die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter auswirken. Damit das komplexe Konstrukt der Unternehmenskultur überschau- und messbar wird, muss man den Betrieb aus verschiedenen Perspektiven betrachten, die jeweils eigene Sinnaspekte betonen. Letztere müssen anschließend konkret beschrieben werden, sodass Sie sie als Orientierung für die Mitarbeiterbefragung nutzen können. Die BVC unterscheidet acht Perspektiven eines Unternehmens:
- Leadership: Neben einem fähigen Management braucht jedes Unternehmen Führung. Diese gibt die Marschrichtung vor, z. B. im Rahmen der Vision. Ein Menschenbild, das die Selbstverantwortung der Mitarbeiter fördert, ist dabei essenziell. Führen wird als Dienst an den Mitarbeitern verstanden und bedeutet, die Belegschaft zu ermächtigen, ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Das Management muss rechtzeitig Veränderungen in der Umwelt des Unternehmens wahrnehmen und daraus resultierende Maßnahmen intern kommunizieren. Dann kann sich das Unternehmen den Gegebenheiten auch anpassen. Die Unternehmenskultur mit ihren internen Werten, ihrer Mission und Vision und ihren Beziehungs- sowie Nutzwerten leistet einen wichtigen Beitrag dazu.
- Mission, Vision, Werte: Diese Perspektive ist das Herzstück der Unternehmenskultur. Gerade in turbulenten Zeiten, die große Veränderungen erfordern, schaffen Mission, Vision und Werte Vertrauen und Orientierung und sind damit die wichtigste Sinnquelle. Sie geben Ihrem Unternehmen das Gesicht einer einzigartigen „Dienstleistungspersönlichkeit“.
- Kunden und Produkte/Dienstleitungen: Im Fokus eines Dienstleisters stehen die Kunden. Ihnen müssen Sie sinnvolle Lösungen und menschliche Anerkennung bieten, z. B. indem Sie zuerst ihre Probleme verstehen und daraufhin optimale Lösungen entwickeln. Nutzenwert und ein wahrgenommener Beziehungswert führen zu einer Sinnerfahrung beim Kunden, die in eine enge Bindung an Ihr Unternehmen mündet. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis und die Kulanz spielen eine wichtige Rolle. Je leistungsbereiter Ihre Mitarbeiter sind, desto besser werden sie in diesem Bereich agieren und desto zufriedener wird Ihr Kunde sein. Die Marke als Brücke zwischen Kunden und Mitarbeitern wird letztlich mit positiven Erinnerungen an erfahrene Leistungen aufgeladen.
- Mitarbeiter: Sinnvolle Aufgaben und Anerkennung führen zu Motivation. Binden Sie Ihre Angestellten gemäß ihren individuellen Fähigkeiten in den Arbeitsprozess ein und integrieren Sie sie in einen größeren Handlungszusammenhang. Ihre Belegschaft muss im Zentrum stehen – schließlich erbringen alle Mitarbeitenden zusammen die Unternehmensleistung.
- Märkte: Hier findet die ökonomische Wertschöpfung statt. Sie verkaufen Ihre Produkte oder Dienstleistungen und müssen sich bewähren; Image, Marktstellung, Wettbewerbsposition und Wettbewerbsfähigkeit sind dabei ausschlaggebend.
- Good Citizenship: Ein Unternehmen sollte auch gesellschaftlichen Wert schöpfen. Das funktioniert nur über eine gute Reputation. Nehmen Sie Ihre soziale Verantwortung wahr und unterstützen Sie beispielsweise soziale Projekte mit Bezug zu Ihrer Leistung. Wenn Ihr Unternehmen einen guten Ruf hat und in der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen wird, erhöht das wiederum die Identifikation Ihrer Mitarbeiter mit dem Unternehmen.
- Anteilseigner: Diese verlangen Wertsteigerung, möchten also in Unternehmen mit Ertragskraft und Beständigkeit investieren. Geben Sie auch ihnen einen Sinn, d. h. stellen Sie die Anteilseigner ebenfalls in den Dienst eines größeren Ganzen. Das wird der Fall sein, wenn Sie Good Citizenship betreiben und dank zufriedener Kunden (sowie dank sinnvoller Produkte, die Ihre leistungsbereiten Mitarbeiter herstellen) eine starke Marktposition haben.
- Interne Kommunikation: Schaffen Sie Kommunikationsprozesse, mit denen die Fähigkeiten und das Wissen aller Mitarbeiter auf das große Ganze abgestimmt werden können. Die Kommunikation sollte zweiseitig erfolgen – Ihre Angestellten erfahren so die gewünschte Anerkennung als Menschen.
Die 360-Grad-Befragung: das Hauptinstrument
Das Gerüst der BVC steht nun. Jetzt geht es darum, eine Mitarbeiterbefragung durchzuführen. Um den Grad der Leistungsbereitschaft zu bestimmen, ist es wichtig zu erfahren, ob und wie die verschiedenen Sinndimensionen von den Mitarbeitern wahrgenommen werden. Fragen Sie dazu alle acht Sinnperspektiven der BVC bei Ihren Mitarbeitern ab. Brechen Sie die einzelnen Perspektiven auf konkrete Beurteilungsaspekte herunter (z. B. „Grad an Sympathie in der Öffentlichkeit“ oder „Vitalität und Zukunftsorientiertheit des Unternehmens“) und lassen Sie jeden Aspekt auf einer Zehnerskala beurteilen (10 = „stimme voll und ganz zu“; 1 = „stimme überhaupt nicht zu“). Wenn Sie die Wahrnehmung und Beurteilung der acht Perspektiven aus Sicht der Mitarbeiter kennen, können Sie daraus mithilfe der statistischen Faktoren- und Regressionsanalyse relevante Faktoren der einzelnen Perspektiven herausfiltern und deren direkten Einfluss auf die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter bestimmen. Auch eine Aufschlüsselung nach einzelnen Abteilungen ist möglich. Natürlich erhalten Sie ebenfalls Feedback darüber, wie es aktuell um die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter steht.
„Die Wertsteigerung eines Unternehmens beginnt bei der Wertschätzung der Mitarbeitenden.“
Die gewonnenen Daten tragen Sie in eine Mehrfeldertafel ein. Die y-Achse kennzeichnet den Wirkungsgrad der identifizierten sinnhaltigen Faktoren auf die Leistungsbereitschaft, die x-Achse die Beurteilung dieser Faktoren (Ist-Zustand). Faktoren mit niedriger Benotung bei gleichzeitig hohem Wirkungsgrad gelten als kritisch – hier besteht dringender Handlungsbedarf. Generell gilt: Alle Faktoren sollten um eine Diagonale ausgehend vom Schnittpunkt der x- und y-Achse ausbalanciert sein. Je größer die Streuung, umso eher ist eine Intervention im Bereich der Unternehmenskultur notwendig.
„Die zentrale Zielvariable einer Mitarbeiterbefragung auf dem Gebiet der sinn- und leistungszentrierten Unternehmenskultur ist der Ausweis der Leistungsbereitschaft.“
Bilden Sie Hypothesen zur Erklärung der Resultate. Wenn beispielsweise die Zukunftsaussichten und die Mission des Unternehmens einen starken Einfluss auf die Zielgröße der Leistungsbereitschaft haben, aber von Ihren Angestellten eher schlecht bewertet werden, kann das ein Indiz dafür sein, dass in der Führungsebene bereits ein Veränderungsprozess gelebt wird, der in anderen Abteilungen jedoch noch nicht angekommen ist. Identifizieren Sie so die Möglichkeiten, mit denen Sie die Leistungsbereitschaft Ihrer Belegschaft erhöhen können.
Steuerung und Erfolgscontrolling
Die Befragungsdaten liefern Ihnen die Grundlage für die Kernkenngrößen – das sind die Faktoren, die den größten beeinflussbaren Anteil an der Leistungsbereitschaft statistisch erklären. Die Daten verraten Ihnen außerdem auf einen Blick sowohl den Ist-Zustand der relevanten Faktoren als auch die optimierungsbedürftigen Größen. Als Unternehmensverantwortlicher müssen Sie nun die Zielwerte festlegen. Das kann beispielsweise in Form von Prozenten, Durchschnittswerten oder Indizes erfolgen. Basierend darauf können Sie konkrete Maßnahmen entwickeln. Diese müssen auf eine Unternehmenskultur zielen, die die Leistungsbereitschaft Ihrer Mitarbeiter erhöht und somit zu nachhaltigem Unternehmenserfolg führt.