Balanced Valuecard

Buch Balanced Valuecard

Leistung statt Egoismus

Haupt,


Rezension

„Wer Leistung fordert, muss Sinn und Anerkennung bieten“ – das ist die Hauptthese von Heinrich Anker. Doch Sinn in der Arbeit kann man nur finden, wenn die Un­ternehmen­skul­tur entsprechend ist: Die Mitarbeiter müssen sich als Teil einer überge­ord­neten Aufgabe sehen und sich als Menschen anerkannt fühlen. Anker leitet, wenn auch etwas langatmig und umständlich, eine durchaus sinnvolle Mo­ti­va­tion­s­the­o­rie her. An mancher Stelle beschleicht den Leser allerdings das Gefühl, dass der Autor nicht recht zum Punkt kommt. Kern der Balanced Valuecard ist eine Mi­tar­beit­er­be­fra­gung. Mit dieser kann im Unternehmen der Ist-Zustand von Sinn und Anerkennung fest­gestellt und es können die wichtigsten Stellschrauben iden­ti­fiziert werden. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Per­son­alentschei­dern, die an al­ter­na­tiven Ansätzen für Mi­tar­beit­er­mo­ti­va­tion und Un­ternehmensführung in­ter­essiert sind.

Take-aways

  • Der Homo oeconomicus hat ausgedient: Der Mensch wird nicht nur durch die Maximierung des eigenen Nutzens angetrieben.
  • Was ihn zu Leistung motiviert, sind Sinn und Anerkennung bei der Arbeit.
  • Sinn empfindet der Mensch, wenn er sich als Teil eines größeren Ganzen wahrnimmt.
  • Anerkennung erhält er durch den Austausch mit Menschen in seiner Umgebung.
  • Ihr Unternehmen braucht eine Un­ternehmen­skul­tur, die Sinn stiftet und Anerkennung ermöglicht.
  • Die Balanced Valuecard ist ein Instrument, mit dem eine entsprechende Un­ternehmen­skul­tur entwickelt werden kann. Die einzige Zielgröße ist die Leis­tungs­bere­itschaft.
  • Tragende Elemente eines Un­ternehmens als Sinnstifter sind eine Mission, eine Vision sowie interne und externe Werte.
  • Die Balanced Valuecard hat insgesamt acht Sin­nper­spek­tiven. Diese bilden die Grundlage für eine 360-Grad-Mi­tar­beit­er­be­fra­gung.
  • Durch die Mi­tar­beit­er­be­fra­gung können Sie den Ist-Zustand Ihrer Un­ternehmen­skul­tur in Bezug auf die Sin­nper­spek­tiven bestimmen.
  • Danach können sie Soll-Werte festlegen und Ihr Unternehmen mithilfe der Balanced Valuecard ans Ziel steuern.
 

Zusammenfassung

Geben Sie Ihren Mi­tar­beit­ern einen Sinn

Warum sind manche Unternehmen langfristig erfolgreich, andere hingegen nicht? Die Antwort liegt in der Un­ternehmen­skul­tur: Wird eine Firma lediglich mit dem Ziel der Gewin­n­max­imierung geführt, werden auch die Mitarbeiter nur vom Eigennutz angetrieben. Doch das Men­schen­bild des Homo oeconomicus, der sich genau so verhält, ist veraltet und realitätsfremd. Wir wissen, dass der Mensch weitaus komplexer ist, als uns mancher Ökonom glauben machen will. Der Mensch blickt über den Tellerrand hinaus und sucht seinen Platz in einem größeren Ganzen. Er ist empathisch und entwickelt seine Identität im Austausch mit der Umwelt und den Mitmenschen. Studien zeigen, dass Angestellte von Unternehmen mit einer „Homo-oe­co­nom­i­cus-Kul­tur“ keine emotionale Bindung an ihre Firma empfinden und demotiviert sind. Im Vergleich zu Unternehmen mit einer sinnzen­tri­erten Kultur fällt auch der wirtschaftliche Erfolg rein ökonomisch ori­en­tierter Unternehmen geringer aus.

„Das Er­fol­gspoten­zial der Balanced Valuecard liegt darin, dass sie in der Form von Sinn und Anerkennung auf fun­da­men­talen Bedürfnissen des Menschen aufbaut.“

Nachhaltige Un­ternehmensführung bedeutet demnach, den Mi­tar­beit­ern ein Ar­beit­sum­feld zu bieten, das durch Sinn und Anerkennung motiviert. Nur wenn Ihre Mitarbeiter gern Leistung erbringen, wird Ihr Unternehmen erfolgreich sein – in sämtlichen Bereichen. Aus diesem Grund ist die Zielgröße nicht der wirtschaftliche Erfolg, sondern die Leis­tungs­bere­itschaft der Mitarbeiter. Die Strategie dahinter lautet: Sinn führt zu Leistung, Leistung zu Gewinn. Messen lässt sich die Zielgröße Leis­tungs­bere­itschaft mit der Balanced Valuecard (BVC).

Machen Sie Ihr Unternehmen zu einer „Sinn-Agen­tur“

Die BVC ist ein Instrument, mit dem Sie eine sinn- und leis­tungszen­tri­erte Un­ternehmen­skul­tur entwickeln können. Dahinter steckt eine moderne Mo­ti­va­tion­s­the­o­rie: Wenn das Unternehmen die Antwort auf die Frage nach dem „Wozu“ unserer Arbeit geben kann, erhält diese einen Sinn. Ein weiteres es­sen­zielles men­schliches Bedürfnis neben dem Sinn ist die Abgrenzung von anderen Menschen. Anerkennung durch andere ist daher ein weiterer Motivator. Sie ist die Antwort auf die Frage „Für wen?“. Wenn der Sinn einer Tätigkeit in Ihrem Unternehmen nicht nur schneller Gewinn sein soll, dann schaffen Sie eine Un­ternehmen­skul­tur, die mehr bietet und die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Belegschaft fördert. Folgende Elemente sind die Sinnquellen eines Un­ternehmens, um die herum die Un­ternehmen­skul­tur wächst:

  • Mission: Sie ist das „Wozu“ und „Für wen“ des Un­ternehmens und steht für den gesellschaftlichen Beitrag, den das Unternehmen leistet. Nicht die Gewin­n­max­imierung, sondern die gesellschaftliche Ve­r­ant­wor­tung – das überge­ord­nete, größere Ganze – gibt dem Unternehmen seine Ex­is­tenzberech­ti­gung. Und es wird dafür geschätzt. Walt Disneys Mission lautete nicht: „Wir machen Mil­lio­nengewinne mit Trickfilmen“, sondern: „Wir wollen die Menschen glücklich machen.“
  • Vision: Sowohl Menschen als auch Unternehmen brauchen hochgesteckte, konkrete und langfristige Ziele, an denen sie wachsen können. Das fördert die Leis­tungs­bere­itschaft und die Kreativität der Belegschaft – und den Willen zur Kooperation. Auch Henry Ford hatte eine konkrete Vision: „Demokratisieren wir das Automobil.“ Aber Vorsicht: Achten Sie darauf, dass die Vision immer im Kontext Ihrer Mission steht.
  • Interne und externe Werte: Die BVC un­ter­schei­det zwischen zwei Arten von Werten. Interne Werte stärken das Gemein­schafts­gefühl der Mitarbeiter, das aus den gemeinsamen Zielen hervorgeht. Gute Beispiele für interne Werte sind Teamwork, Wertschätzung oder gemeinsames Wachstum. Die externen Werte regeln den Umgang mit den Kunden; die BVC unterteilt sie in Nutzenwerte („Wir produzieren Qualitätserzeug­nisse“) und Beziehungswerte („Der Kunde ist unsere Nummer eins“).

Die Bal­anced-Val­ue­card-Di­men­sio­nen

Leis­tungs­bere­itschaft, die Zielgröße der BVC, ist messbar: Sinn und Anerkennung werden von zahlreichen Faktoren beeinflusst, die Sie mittels einer Mi­tar­beit­er­be­fra­gung iden­ti­fizieren und statistisch auswerten können. Daraus können Sie wiederum weitere Schritte ableiten, die sich direkt auf die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Mitarbeiter auswirken. Damit das komplexe Konstrukt der Un­ternehmen­skul­tur überschau- und messbar wird, muss man den Betrieb aus ver­schiede­nen Per­spek­tiven betrachten, die jeweils eigene Sinnaspekte betonen. Letztere müssen anschließend konkret beschrieben werden, sodass Sie sie als Ori­en­tierung für die Mi­tar­beit­er­be­fra­gung nutzen können. Die BVC un­ter­schei­det acht Per­spek­tiven eines Un­ternehmens:

  1. Leadership: Neben einem fähigen Management braucht jedes Unternehmen Führung. Diese gibt die Marschrich­tung vor, z. B. im Rahmen der Vision. Ein Men­schen­bild, das die Selb­stver­ant­wor­tung der Mitarbeiter fördert, ist dabei essenziell. Führen wird als Dienst an den Mi­tar­beit­ern verstanden und bedeutet, die Belegschaft zu ermächtigen, ihre Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Das Management muss rechtzeitig Veränderungen in der Umwelt des Un­ternehmens wahrnehmen und daraus re­sul­tierende Maßnahmen intern kom­mu­nizieren. Dann kann sich das Unternehmen den Gegeben­heiten auch anpassen. Die Un­ternehmen­skul­tur mit ihren internen Werten, ihrer Mission und Vision und ihren Beziehungs- sowie Nutzwerten leistet einen wichtigen Beitrag dazu.
  2. Mission, Vision, Werte: Diese Perspektive ist das Herzstück der Un­ternehmen­skul­tur. Gerade in turbulenten Zeiten, die große Veränderungen erfordern, schaffen Mission, Vision und Werte Vertrauen und Ori­en­tierung und sind damit die wichtigste Sinnquelle. Sie geben Ihrem Unternehmen das Gesicht einer einzi­gar­ti­gen „Di­en­stleis­tungspersönlichkeit“.
  3. Kunden und Produkte/Di­en­stleitun­gen: Im Fokus eines Di­en­stleis­ters stehen die Kunden. Ihnen müssen Sie sinnvolle Lösungen und menschliche Anerkennung bieten, z. B. indem Sie zuerst ihre Probleme verstehen und daraufhin optimale Lösungen entwickeln. Nutzenwert und ein wahrgenommener Beziehungswert führen zu einer Sin­ner­fahrung beim Kunden, die in eine enge Bindung an Ihr Unternehmen mündet. Auch das Preis-Leis­tungs-Verhältnis und die Kulanz spielen eine wichtige Rolle. Je leis­tungs­bere­iter Ihre Mitarbeiter sind, desto besser werden sie in diesem Bereich agieren und desto zufriedener wird Ihr Kunde sein. Die Marke als Brücke zwischen Kunden und Mi­tar­beit­ern wird letztlich mit positiven Erin­nerun­gen an erfahrene Leistungen aufgeladen.
  4. Mitarbeiter: Sinnvolle Aufgaben und Anerkennung führen zu Motivation. Binden Sie Ihre Angestell­ten gemäß ihren in­di­vidu­ellen Fähigkeiten in den Ar­beit­sprozess ein und integrieren Sie sie in einen größeren Hand­lungszusam­men­hang. Ihre Belegschaft muss im Zentrum stehen – schließlich erbringen alle Mi­tar­bei­t­en­den zusammen die Un­ternehmensleis­tung.
  5. Märkte: Hier findet die ökonomische Wertschöpfung statt. Sie verkaufen Ihre Produkte oder Di­en­stleis­tun­gen und müssen sich bewähren; Image, Mark­t­stel­lung, Wet­tbe­werb­spo­si­tion und Wet­tbe­werbsfähigkeit sind dabei auss­chlaggebend.
  6. Good Citizenship: Ein Unternehmen sollte auch gesellschaftlichen Wert schöpfen. Das funk­tion­iert nur über eine gute Reputation. Nehmen Sie Ihre soziale Ve­r­ant­wor­tung wahr und unterstützen Sie beispiel­sweise soziale Projekte mit Bezug zu Ihrer Leistung. Wenn Ihr Unternehmen einen guten Ruf hat und in der Öffentlichkeit positiv wahrgenom­men wird, erhöht das wiederum die Iden­ti­fika­tion Ihrer Mitarbeiter mit dem Unternehmen.
  7. An­teil­seigner: Diese verlangen Wert­steigerung, möchten also in Unternehmen mit Er­tragskraft und Beständigkeit investieren. Geben Sie auch ihnen einen Sinn, d. h. stellen Sie die An­teil­seigner ebenfalls in den Dienst eines größeren Ganzen. Das wird der Fall sein, wenn Sie Good Citizenship betreiben und dank zufriedener Kunden (sowie dank sinnvoller Produkte, die Ihre leis­tungs­bere­iten Mitarbeiter herstellen) eine starke Mark­t­po­si­tion haben.
  8. Interne Kom­mu­nika­tion: Schaffen Sie Kom­mu­nika­tion­sprozesse, mit denen die Fähigkeiten und das Wissen aller Mitarbeiter auf das große Ganze abgestimmt werden können. Die Kom­mu­nika­tion sollte zweiseitig erfolgen – Ihre Angestell­ten erfahren so die gewünschte Anerkennung als Menschen.

Die 360-Grad-Be­fra­gung: das Hauptin­stru­ment

Das Gerüst der BVC steht nun. Jetzt geht es darum, eine Mi­tar­beit­er­be­fra­gung durchzuführen. Um den Grad der Leis­tungs­bere­itschaft zu bestimmen, ist es wichtig zu erfahren, ob und wie die ver­schiede­nen Sin­ndi­men­sio­nen von den Mi­tar­beit­ern wahrgenom­men werden. Fragen Sie dazu alle acht Sin­nper­spek­tiven der BVC bei Ihren Mi­tar­beit­ern ab. Brechen Sie die einzelnen Per­spek­tiven auf konkrete Beurteilungsaspekte herunter (z. B. „Grad an Sympathie in der Öffentlichkeit“ oder „Vitalität und Zukun­ft­sori­en­tiertheit des Un­ternehmens“) und lassen Sie jeden Aspekt auf einer Zehnerskala beurteilen (10 = „stimme voll und ganz zu“; 1 = „stimme überhaupt nicht zu“). Wenn Sie die Wahrnehmung und Beurteilung der acht Per­spek­tiven aus Sicht der Mitarbeiter kennen, können Sie daraus mithilfe der sta­tis­tis­chen Faktoren- und Re­gres­sion­s­analyse relevante Faktoren der einzelnen Per­spek­tiven her­aus­fil­tern und deren direkten Einfluss auf die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Mitarbeiter bestimmen. Auch eine Aufschlüsselung nach einzelnen Abteilungen ist möglich. Natürlich erhalten Sie ebenfalls Feedback darüber, wie es aktuell um die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Mitarbeiter steht.

„Die Wert­steigerung eines Un­ternehmens beginnt bei der Wertschätzung der Mi­tar­bei­t­en­den.“

Die gewonnenen Daten tragen Sie in eine Mehrfeldertafel ein. Die y-Achse kennze­ich­net den Wirkungs­grad der iden­ti­fizierten sinnhalti­gen Faktoren auf die Leis­tungs­bere­itschaft, die x-Achse die Beurteilung dieser Faktoren (Ist-Zustand). Faktoren mit niedriger Benotung bei gle­ichzeitig hohem Wirkungs­grad gelten als kritisch – hier besteht dringender Hand­lungs­be­darf. Generell gilt: Alle Faktoren sollten um eine Diagonale ausgehend vom Schnittpunkt der x- und y-Achse aus­bal­anciert sein. Je größer die Streuung, umso eher ist eine In­ter­ven­tion im Bereich der Un­ternehmen­skul­tur notwendig.

„Die zentrale Ziel­vari­able einer Mi­tar­beit­er­be­fra­gung auf dem Gebiet der sinn- und leis­tungszen­tri­erten Un­ternehmen­skul­tur ist der Ausweis der Leis­tungs­bere­itschaft.“

Bilden Sie Hypothesen zur Erklärung der Resultate. Wenn beispiel­sweise die Zukun­ft­saus­sichten und die Mission des Un­ternehmens einen starken Einfluss auf die Zielgröße der Leis­tungs­bere­itschaft haben, aber von Ihren Angestell­ten eher schlecht bewertet werden, kann das ein Indiz dafür sein, dass in der Führungsebene bereits ein Veränderung­sprozess gelebt wird, der in anderen Abteilungen jedoch noch nicht angekommen ist. Iden­ti­fizieren Sie so die Möglichkeiten, mit denen Sie die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Belegschaft erhöhen können.

Steuerung und Er­fol­gscon­trol­ling

Die Be­fra­gungs­daten liefern Ihnen die Grundlage für die Kernkenngrößen – das sind die Faktoren, die den größten bee­in­fluss­baren Anteil an der Leis­tungs­bere­itschaft statistisch erklären. Die Daten verraten Ihnen außerdem auf einen Blick sowohl den Ist-Zustand der relevanten Faktoren als auch die op­ti­mierungs­bedürftigen Größen. Als Un­ternehmensver­ant­wortlicher müssen Sie nun die Zielwerte festlegen. Das kann beispiel­sweise in Form von Prozenten, Durch­schnittswerten oder Indizes erfolgen. Basierend darauf können Sie konkrete Maßnahmen entwickeln. Diese müssen auf eine Un­ternehmen­skul­tur zielen, die die Leis­tungs­bere­itschaft Ihrer Mitarbeiter erhöht und somit zu nach­haltigem Un­ternehmenser­folg führt.

Über den Autor

Heinrich Anker ist nach leitender Tätigkeit in der Markt- und Sozial­forschung seit 2007 auf dem Gebiet der Un­ternehmen­skul­tur­forschung und -en­twick­lung selbstständig tätig.