Die Revolution der mobilen Kommunikationstechnologie
Um den Anforderungen eines immer komplexeren Zusammenspiels in der globalen Wirtschaft gerecht zu werden, benötigt und entwickelt die Menschheit immer mehr Maschinen. Bereits 2020 werden die Maschinen die weltweite Bevölkerung zahlenmäßig um das 30-Fache übertreffen. Weder eine einzelne Gesellschaft noch die Menschheit insgesamt kann diese Technikflut kontrollieren. Deshalb gewinnt die Vernetzung der Maschinen in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung.
„Schon bald werden mehr Maschinen automatisiert miteinander kommunizieren als Menschen.“
Unter dem Schlagwort Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) werden derzeit immer leistungsfähigere Technologien entwickelt, die die Wirtschaft revolutionieren. Künftig werden nicht nur verschiedenste Maschinen, sondern sogar ganze Stromnetze weltweit zu einem umfassenden Netzwerk verbunden. Die Herausforderungen, die es dabei zu meistern gilt, sind allerdings gewaltig. Neben den technischen Ansprüchen sind vor allem wirtschaftliche Hürden und gesellschaftliche Widerstände zu überwinden. Denn M2M-Kommunikation ruft nicht nur Begeisterung hervor. Skeptiker befürchten Datenmissbrauch und Eingriffe in die Privatsphäre sowie ökonomische Nachteile, da die neue Art der Kommunikation bestehende Marktmechanismen außer Kraft setzen wird. Technisch betrachtet gewinnt das Streben nach weltweiten, unternehmens- und branchenübergreifenden Standards an Dringlichkeit. Damit soll die M2M-Kommunikation schnell einer breiten Masse zugänglich gemacht werden. Bislang setzen nur 12 % der Firmen auf die Vernetzung der Maschinen – trotz der schon heute zu realisierenden Profite in Produktion und Logistik.
Die Vielfalt der M2M-Kommunikation
Bei der Vernetzung von Maschinen handelt es sich um einen automatisierten Datenaustausch, der klassische Produktionsmaschinen oder ganze Produktionsstraßen ebenso wie Alltagsgeräte und virtuelle Maschinen (Software) überall auf der Welt miteinander verbinden kann. Voraussetzung dafür ist, dass die Informations- und Telekommunikationstechnik (IT) zunehmend in Maschinen integriert wird, etwa mithilfe von Chips. Im Alltag kann dann z. B. die Heizung in der eigenen Wohnung per Handy gesteuert werden, Kühlschränke können selbstständig Einkäufe in Auftrag geben, oder wegen einer Leerstelle in einem Supermarktregal wird die Produktion neuer Waren angestoßen. Damit diese Prozesse reibungslos funktionieren, müssen nicht nur alle Geräte an ein leistungsstarkes Computersystem angeschlossen sein. M2M-Kommunikation erfordert auch ein zuverlässiges Datenübertragungsnetz wie LAN, GPS oder ISDN, den Einsatz selbstständig arbeitender Server sowie umfassende Dienstleistungen in der Telekommunikation und Beratung.
„50 Milliarden Maschinen weltweit bei 6 Milliarden Menschen sprechen bereits eine deutliche Sprache.“
Sind die Maschinen erst einmal per IT und Mobilfunk verbunden, entstehen zahlreiche intelligente Anwendungsmöglichkeiten. Die wichtigsten sind:
- Smart Grids: Intelligente Netzwerke, die Energie und Daten gleichzeitig übertragen können und z. B. die Stromgewinnung dem individuellen Verbrauch laufend anpassen, etwa indem sie Flauten bei erneuerbaren Quellen durch Atomstrom ausgleichen oder Elektroautos als Speicher nutzen.
- Smart Metering: Intelligente Datenerfassung, bei der z. B. Stromzähler online abgelesen und Rückmeldungen zum aktuellen Stromverbrauch gegeben werden. Das animiert den Kunden zum Stromsparen.
- Smart Homes: Intelligente Gebäude, in denen sich der Einsatz aller Maschinen automatisch an den günstigsten Stromtarifen, den Wetterbedingungen oder den Alltagsgewohnheiten (Kaffeeautomat geht mit dem Klingeln des Weckers an) orientiert.
„Die alten Marktmechanismen ändern sich. Standardisierungen durch Kooperation und Interaktion sind heute gefragt, damit Kompatibilität zwischen den Technologiefeldern und Branchen entsteht.“
Diese drei Entwicklungen sind vor allem für das Energie- und Gebäudemanagement von großer Relevanz, eröffnen jedoch auch andere lukrative Einsatzmöglichkeiten. Dazu zählen etwa die Verkehrssteuerung, Finanzdienstleistungen, mobile Bezahlung, Transport und Handel sowie Elektromobilität. Zahlreiche Forschungsinstitute prognostizieren, dass in diesen Gebieten schon bald eine breite Masse Zugang zur M2M-Kommunikation erhalten wird. Von der Technikseite her sprechen der rasante Trend zur Miniaturisierung, die hohe Verbreitung des Mobilfunks, ständig steigende Speicherkapazitäten von Chips, immer schnellere Datenübertragungen und die Tatsache, dass alle Wirtschaftsprozesse zunehmend von der IT durchdrungen werden, für diese Entwicklung.
Anforderungen an die Vernetzung von Maschinen
In der M2M-Welt erfahren Produkte und Dienstleistungen einen tief greifenden Wandel. Entscheidendes Kriterium für ihren Wert ist nicht mehr länger die Qualität. Vielmehr bestimmt künftig der Grad ihrer Vernetzung und der daraus resultierende Nutzen, wie sie von den Kunden aufgenommen werden. So gewinnt z. B. die Bezahlung per Handy erst dann an Attraktivität, wenn sie von vielen Händlern akzeptiert wird und die Daten mit den Banken kostengünstig ausgetauscht werden können. Dass eine Standardisierung aber nicht immer das qualitativ beste Produkt hervorbringen muss, zeigt die heute übliche Computertastatur, die noch aus den Zeiten der mechanischen Schreibmaschine stammt. Ihre weltweit verbreitete Akzeptanz verhindert, dass sich bei den Computern Tastenanordnungen durchsetzen können, die ein viel schnelleres Schreiben ermöglichen.
„Die Verknüpfung von Maschinen über gängige Kommunikationsnetzwerke zum Zweck der Interaktion führt zu einem so genannten ,Internet intelligenter Objekte‘ oder auch ,Internet der Dinge‘.“
Die Vernetzung der Maschinen verlangt nicht nur die Einführung von Standards. Sie erfordert auch eine neue Art der Geschäftsführung. So ist der Erfolg von profitablen M2M-Kommunikationstechniken stark davon abhängig, wie schnell eine hohe Zahl an Kunden die neuen Einsatzmöglichkeiten akzeptiert. Eine wichtige Aufgabe von Unternehmen wird es daher sein, Kooperationspartner zu finden, mit denen die Verbreitung der Technologien gemeinsam vorangetrieben werden kann. Für das Management ist damit eine erhöhte Koordinationsanstrengung verbunden, da die Kooperationspartner sowohl Kunden, Zulieferer und Wettbewerber als auch staatliche Institutionen sein können. Darüber hinaus müssen die Kundenerwartungen noch stärker in den Fokus gerückt werden, da sie den Erfolg von M2M-Standards maßgeblich beeinflussen. Des Weiteren gewinnen Preisstrategien und Komplementärprodukte an Bedeutung.
Effizientes Energiemanagement
Die Verbindung von Smart Metering mit Smart Grids und Smart Homes verschafft nicht nur Energieanbietern Kostenersparnisse und Effizienzgewinne. Die intelligente Stromerzeugung ist auch ein wesentlicher Beitrag zum globalen Umweltschutz und zu mehr Transparenz in der Nutzung unserer begrenzten Ressourcen.
„Generell besteht die Gefahr, dass sich wünschenswerte Standards nicht etablieren.“
Zwar steckt die Entwicklung dieser Märkte noch in den Anfängen. Aber es gibt bereits vielversprechende Pilotprojekte, etwa das „Haus der Gegenwart“ in München, in dem sich alle technischen Vorgänge per Computer oder Mobiltelefon steuern lassen. In vielen Bürogebäuden werden bereits Klimaanlagen oder Sonnenschutzsysteme mittels Sensoren kontrolliert, die die Umweltdaten erfassen. In den USA und in Skandinavien werden Stromzähler zunehmend per Funk abgelesen. Verstärkte Initiativen der Energieversorger sowie gesetzliche Vorschriften und Anreize zur Einführung intelligenter Messgeräte weisen darauf hin, dass dieser Markt in den nächsten Jahren deutlich wachsen wird. Den Durchbruch werden die neuen Technologien allerdings erst schaffen, wenn gewährleistet ist, dass die Netze sicher sind und die Daten nicht missbraucht werden können.
Fließende Verkehrsströme
Die großen Vorzüge der M2M-Kommunikation erfahren die meisten Menschen heute bereits im Straßenverkehr. Leitsysteme zur Stauumgehung per Telematik oder die elektronische Erfassung von Mautgebühren sind erste Entwicklungen, um den Verkehr fließender, sicherer und energiesparender zu gestalten. Angesichts des stetig wachsenden Autostromes sind diese Maßnahmen allerdings nur ein Anfang.
„Als Smart Grids bezeichnet man Stromnetze, die neben dem herkömmlichen Stromtransport auch bidirektionale Datenkommunikation erlauben und den Anforderungen für einen hochkomplexen Netzbetrieb genügen.“
Weitere Entwicklungen wie die Kommunikation zwischen Fahrzeugen zur Abwendung von Gefahren an Kreuzungen, Geschwindigkeitswarnungen oder die automatisierte Prüfung von Umweltplaketten sind wünschenswert. Auch die Verbindung der Fahrzeuge mit dem Internet über die Schnittstelle Mobiltelefon wäre ein wichtiger Schritt zur Förderung von Sicherheit, Komfort und Umweltschutz. Dies scheitert bislang jedoch u. a. an fehlenden Standards, wie etwa einem europaweit einheitlichen Notruf, sowie einer mangelnden Erfassung der Verkehrsdaten.
Mobiler Zahlungsverkehr
Eine der revolutionärsten Erfindungen für die Wirtschaft war sicherlich die Einführung der Kreditkarte und des Electronic Cash. Nun steht der beschleunigte Finanztransfer vor einem weiteren Quantensprung: dem Bezahlen per Mobilfunk, auch Mobile Payment (MP) genannt. Der Erfolg dieser Zahlungsweise, die den Handel weiter vereinfachen soll, hängt allerdings entscheidend davon ab, ob sich weltweit ein einheitlicher Standard für einen solchen Einsatz der Mobilfunkgeräte durchsetzt. Zwar wünschen sich schon viele Menschen diese Möglichkeit, vor allem für kleine Beträge, und die Technologie ist auch längst ausgereift. Doch ungelöste Fragen der Sicherheit und der Abstimmung der Anbieter untereinander verhindern den Durchbruch noch.
Transparente Wertschöpfung
Kostenoptimierung ist eine der vordringlichsten Aufgaben von Unternehmen. Der offensichtlichste Ansatz ist die Steuerung des Warenflusses. Es ist daher auch kein Wunder, dass sich die M2M-Kommunikation in Produktion, Logistik, Transport und Handel zuerst durchgesetzt hat. Seit Jahren gibt es in vielen Unternehmen ein satellitengesteuertes Flottenmanagement oder eine computergesteuerte Produktbestellung.
„Durch M2M werden Branchen miteinander verknüpft, die zuvor keinerlei oder sehr wenige Berührungspunkte hatten.“
Einer der wichtigsten Bausteine dieser Vernetzung von Maschinen ist der RFID-Tag, mit dem Produkte bereits zu Beginn ihrer Herstellung ausgestattet werden. Dieser Datenträger stellt jederzeit sämtliche Produktinformationen – vom Produktionsbeginn bis zur Auslieferung in den Handel – über elektromagnetische Wellen zur Verfügung. Die Daten können an jedem Ort per Informationstechnologie eingesehen werden. Ein flächendeckender Einsatz dieser M2M-Kommunikation scheitert bislang u. a. daran, dass die Auswertung der RFID-Tags noch einige Mängel aufweist. Zudem sind vor allem kleine Unternehmen noch nicht hinreichend über die tatsächlichen Vorteile und Einführungskosten informiert.
Mobilität aus der Steckdose
In der breiten Öffentlichkeit ist das Elektroauto im Trend – zumindest in der Diskussion. Wenn es aber an die konkrete Umsetzung geht, bleibt der Wunsch nach Elektromobilität sowie nach neuen Carsharing-Formen noch Zukunftsmusik. Dies liegt nicht nur an den Autoherstellern, die die Entwicklung lange verschlafen haben, sondern auch an Politikern und Behörden, die über geeignete Standards für diesen Markt, etwa das optimale Aufladen der Fahrzeuge betreffend, streiten.
„Insbesondere die großen Energiekonzerne werden die Treiber der Kompatibilität in den drei smarten Domänen (Smart Grid, Smart Metering, Smart Homes) sein müssen.“
Eine der wichtigsten Fragen ist z. B., ob ein landesweites Netz an einheitlichen Stromzugängen oder vollautomatisch funktionierenden Akkuwechselstationen, die den Ladevorgang deutlich beschleunigen, etabliert werden soll. Auch die Verbindung mit dem Mobilfunknetz muss vorangetrieben werden, um das Bezahlen zu vereinfachen. Die drängenden Probleme der Verkehrsüberlastung und des Umweltschutzes sorgen allerdings dafür, dass alle Beteiligten verstärkt nach Lösungen suchen.