Gold

Buch Gold

Mental stark zur Bestleistung

Orell Füssli,


Rezension

Warum gewinnt der eine Medaille um Medaille, während der andere nie einen Fuß aufs Treppchen bringt, obwohl er den Sport rein technisch genauso gut beherrscht? Was machen die so genannten Train­ingswelt­meis­ter falsch, die immer nur dann Spitzen­leis­tun­gen bringen, wenn es um rein gar nichts geht? Das Buch von Jörg Wetzel liefert die Antwort: Der Schlüssel liegt in der mentalen Stärke. Wer sie hat, triumphiert über den Gegner und erreicht jedes Ziel. Der Sportpsy­chologe zeigt, wie man mentale Stärke trainiert, und untermauert seine Thesen mit vielen Beispielen aus aktuellen Sportlerkar­ri­eren. Ein Text ohne Rüschen, dafür sehr kompetent geschrieben, mit Techniken und Übungen, die sich direkt umsetzen lassen. Specials zu Tennis, Marathon, Golf und Business sind in­ter­es­sante Zugaben. BooksInShort empfiehlt diesen Ratgeber allen am­bi­tion­ierten Sportlern; aber auch für den beruflichen Wettkampf kann man jede Menge daraus lernen.

Take-aways

  • Mit körperlichem und mentalem Training können Sie im entschei­den­den Moment Höchstleis­tung bringen.
  • Negative Glaubenssätze kratzen an Ihrem Selb­stver­trauen, mentale Stärke dagegen hebt Sie aufs Podest.
  • Höchstleis­tung erreichen Sie nur, wenn Sie überzeugt davon sind, dass Sie es schaffen.
  • Athleten lernen, Emotionen zu kon­trol­lieren, um ihre Leistungsfähigkeit zu optimieren.
  • Ihre Psyche muss so stark werden, dass Ihre Leistungen im Wettkampf Ihrem Potenzial entsprechen.
  • Bauen Sie durch Vi­su­al­isieren, Denken, Atmen und Re­gen­er­a­tion mentale Stärke auf.
  • Trainieren Sie unter wettkampfähnlichen Bedingungen und legen Sie sich „Wenn-dann-Strate­gien“ zum Umgang mit Störfaktoren zurecht.
  • Jede Sportart stellt andere mentale Her­aus­forderun­gen. Zum Erfolg gehören aber immer Selb­stkon­trolle, Selb­stver­ant­wor­tung und die Körpersprache eines Siegers.
  • Auch nach dem Wettkampf mental stark zu bleiben erfordert viel Selb­st­diszi­plin.
  • Mentale Stärke im Beruf bedeutet, besser mit Stress umgehen zu können und sich besser durchzuset­zen.
 

Zusammenfassung

Gewonnen wird mit dem Kopf

Im Spitzen­sport, wo tendenziell alle gleich gut sind, entscheidet mehr und mehr die mentale Stärke über Sieg oder Niederlage. Immer mehr Athleten, Trainer und Vereine setzen daher auf die angewandte Sportpsy­cholo­gie, um im entschei­den­den Moment die optimale Leistung abrufen zu können. Körperliches Training allein reicht nicht aus für eine Medaille, aber sie rückt in greifbare Nähe, wenn die Psyche mitspielt. Und umgekehrt kann mentale Schwäche alle anderen Fähigkeiten lahmlegen.

„Talent ist nur Vo­raus­set­zung, nicht Bedingung für den sportlichen Erfolg. Den Unterschied im Wettkampf macht die mentale Stärke aus.“

Es gibt im mentalen Bereich einiges, was Ihr Selb­stver­trauen und Ihr Leis­tungsvermögen beeinträchtigen kann. Negative Glaubenssätze gehören dazu, Misserfolge, die schlecht verarbeitet werden, und so genannte innere Störenfriede, die Sie ausbremsen. Wenn in Ihnen z. B. ein Imagejäger steckt, der eine Sportart nur des Ansehens wegen betreibt, bringen Sie schon nach kurzer Zeit keine Motivation mehr auf. Der Kar­ri­ere­blinde versäumt es, für die Zeit nach der Sportkar­riere zu sorgen, und verfällt dann in Panik, wenn er über seine Zukunft nachdenkt. Der Möchte­gern­star aalt sich im Blit­zlicht­ge­wit­ter und zerbricht an der ersten Kritik. Das Opfer macht alles und jeden für seine Fehler und Schwächen ve­r­ant­wortlich und verliert bald das Vertrauen in die eigene Kontrollfähigkeit. Der Per­fek­tion­ist in Ihnen ist ve­r­ant­wortlich für übermäßigen Druck und in der Folge für jede Menge Frust.

An sich glauben, dann geht alles wie von selbst

Störenfriede lauern aber auch draußen: etwa in Form von übe­ram­bi­tion­ierten Eltern oder er­fol­gs­be­sesse­nen Trainern. Hier hilft nur ein klärendes Gespräch. Anschließend arbeiten Sie an Ihrem Selb­stver­trauen. Sie brauchen die innere Überzeugung, selbst etwas bewirken zu können und alle nötigen Vo­raus­set­zun­gen und Fähigkeiten zu besitzen, um eine bestimmte Her­aus­forderung erfolgreich zu meistern. Die gute Nachricht: Mentale Stärke können Sie lernen und trainieren, Sie müssen aber regelmäßig üben.

„Die Meinung über sich selbst ist wichtiger als tatsächlich vorhandene Fähigkeiten.“

Wenn alles rund läuft, spricht man vom Flow. Der Sportler wird eins mit seinem Tun und seiner Umgebung, alles geht wie von selbst. Der Psychologe Mihaly Csik­szent­mi­ha­lyi hat untersucht, was den Flow ausmacht. Unter anderem gehört dazu, dass man automatisch weiß, was man zu tun hat. Stress empfindet man in dem Moment als Her­aus­forderung, man kann sich ohne große Anstrengung konzen­tri­eren, hat nur das Ziel vor Augen, vergisst die Zeit und geht vollkommen in seiner Aktivität auf.

Die richtigen Emotionen wecken

Gefühle wie Ärger, Trauer, Freude oder Überraschung bee­in­flussen die Leistung. Aus der Bewertung dieser Emotionen entstehen Stimmungen – z. B. Zufrieden­heit, Stolz, Zuversicht, Erschöpfung –, die sich steuern lassen. Stimmungen können Sie auch bewusst erzeugen und sich damit entweder anregen oder beruhigen. Laufen, schnell atmen, sich unter Zeitdruck bringen oder auf dem Wet­tkampfgelände einer Siegerehrung beiwohnen – das alles aktiviert, wohingegen entspan­nende Musik, Sich-Zeit-Lassen oder eine Erkundung des Wet­tkampfgeländes beruhigend wirken.

„Mentale Stärke erfordert ein ständiges Dranbleiben.“

Gerade vor dem Start sind Emotionen wichtig. Athleten lernen, wie sie jederzeit die für sie optimalen Gefühle abrufen können. Eine entschei­dende Rolle spielt dabei der Trainer. Je nachdem wie er auf seinen Sportler zugeht, ob er ihn z. B. anspornt oder zum Nachdenken anregt, löst er bestimmte Gefühle aus. Während des Wettkampfs verbessern Stimmungen die Leistungsfähigkeit maßgeblich: Freude, Selb­stver­trauen, Gelassen­heit, Zuversicht und Siegeswillen gehören zu dieser Op­ti­mierungsmix­tur.

„Im Beruf sind diejenigen Personen mental stark, die in der Lage sind, das Denken und Wahrnehmen so zu steuern, dass sie ihre Aufgaben auf Dauer wirkungsvoll bewältigen können.“

In sieben Schritten mental topfit

  1. Zunächst geht es darum, Potenzial und Leistung einander gegenüberzustellen. Wenn die Leistung im Wettkampf deutlich dem Potenzial des Sportlers hin­ter­her­hinkt, braucht er Techniken, mit denen er seine mentalen Prozesse besser in den Griff bekommt. Vielleicht gehören Sie auch zu den „Train­ingswelt­meis­tern“, jenen Athleten, die im Training kaum zu schlagen sind, sich aber dann im Wettkampf von Nervosität, mangelndem Selb­stver­trauen, Stress oder äußeren Einflüssen aus dem Konzept bringen lassen. Analysieren Sie das mit Ihrem Trainier und legen Sie Techniken fest, wie Sie Ihr mentales Ziel erreichen können.
  2. Als Nächstes setzen Sie die richtigen Ziele. Sie müssen wissen, was Sie wollen: eine Olympiamedaille oder einfach eine mentale Stärkung. Ersteres erfordert Zwis­chen­ziele, perfekte Planung und eine langfristige Ausrichtung, Letzteres ist weniger komplex, weil Sie nur die Methoden erlernen und anwenden müssen. Passend für jedes Ziel, ob Handlungs-, Verhaltens-, Ergebnis- oder mentales Ziel ist das SMART-Mod­ell. Ihm zufolge müssen Ihre Ziele spezifisch, messbar, anpassbar, realistisch und terminiert sein.
  3. Jetzt bauen Sie mentale Stärke auf. Die bewährtesten Techniken hierfür sind:
  • Vi­su­al­isieren: Sie üben bestimmte Be­we­gungsabläufe im Kopf, um sie so weit zu per­fek­tion­ieren, dass sie zuverlässig abgerufen werden können. Bei Trainings- oder Ver­let­zungspausen oder wenn Sie übertrainiert sind, kann so das Leis­tungsniveau erhalten werden. Vi­su­al­isieren ist immer dann das Mittel der Wahl, wenn Be­we­gungsabläufe möglichst perfekt ausgeführt werden sollen, z. B. beim Kunstturnen, beim Schießen oder beim Eiskun­st­lauf. Beschreiben Sie einen Be­we­gungsablauf in allen Details und stellen Sie ihn sich dann im entspannten Zustand vor. Ebenso können Sie einen Parcours im Kopf durchgehen oder aber den Erfolg vi­su­al­isieren, der dann zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird.
  • Denken: Wie Sie sich fühlen, hängt entschei­dend davon ab, was Sie denken. Je nachdem, wie Sie eine Situation wahrnehmen und bewerten, ist sie positiv oder negativ. Profis­portler haben ein Gedankenset parat, das sie jederzeit motivierend unterstützt. Kommen negative Gedanken auf, packen Sie sie vorübergehend in eine imaginäre Box, sonst stören sie während des Wettkampfs Ihre Konzen­tra­tion. Lenken Sie dafür mit positiven Af­fir­ma­tio­nen („Ich weiß, ich kann das!“) Ihr Denken, Fühlen und Handeln in Richtung Erfolg.
  • Atmen: Sie können Ihre Atmung einsetzen, um Ihren Er­re­gungszu­s­tand zu steuern. Ihre Selb­stkon­troll- und Ihre Hand­lungskom­pe­tenz lassen sich dadurch optimieren. Die Atmung kann Sie sowohl beruhigen, wenn Sie im Wettkampf sehr nervös sind, wie auch mit frischer Energie aktivieren, wenn die nötige Spannung nachlässt.
  • Re­gen­er­a­tion: Sie können nicht immer Vollgas geben. Wenn Sie Ver­let­zun­gen und Leistungsrückgang vermeiden wollen, ist Erholung ein Muss. Das gilt auch für den Hob­bysportler. Ihr Körper sendet Signale – z. B. Schlaf­prob­leme, Gewichtss­chwankun­gen, Immunschwäche, Gereiztheit oder Angst –, die auf Er­hol­ungs­be­darf hindeuten. Spätestens dann wird es Zeit für körperliche und geistige Re­gen­er­a­tion. Diese kann in Form von autogenem Training, aus­re­ichen­dem Schlaf, gesunder Ernährung, Yoga, Musikhören oder Spazierenge­hen stattfinden.
  1. Bevor es ernst wird im Wettkampf, müssen Sie trainieren und sich vorbereiten. Wichtig ist es, wettkampfähnliche Bedingungen zu schaffen, damit Sie den Ernstfall realitätsnah üben können. Jetzt ist der richtige Moment, um zu lernen, wie Sie mit erschwerten Bedingungen umgehen. Vor­bere­it­ete „Wenn-dann-Strate­gien“ lassen Sie im Wettkampf cool und flexibel auf Störfaktoren reagieren. Zur spez­i­fis­chen Wet­tkampf­pla­nung machen Sie sich eine Checkliste. Darauf halten Sie alles fest: die Anreise, das Or­gan­isatorische am Wet­tkampf­tag und was sonst noch wichtig für Sie ist, damit Sie im richtigen Moment Ihre Topleistung bringen können.
  2. Am Wet­tkampf­tag selbst beginnt die mentale Vor­bere­itung direkt nach dem Aufwachen. Schon in diesem Moment müssen Sie sich positiv einstellen, für negative Gedanken ist jetzt kein Raum. Ein bisschen Nervosität darf aber schon sein. Wer unmittelbar vor dem Beginn in eine Star­ta­pathie verfällt, lenkt sich ab besten gezielt ab. Ein Gespräch mit dem Trainer, irgendetwas beobachten, Rockmusik, all das kann die Starre auflösen. Anders bei Startfieber (feuchte Hände, Durchfall, Übelkeit): Hier helfen mentale Techniken zur Beruhigung, wie entspan­nende Musik, Selbstgespräche oder Entspan­nungsat­men. Die mentale Her­aus­forderung un­ter­schei­det sich je nach Sportart erheblich. Wenn Sie Di­rek­tkon­takt mit dem Gegner haben (z. B. Fußball, Kampfsport), müssen Sie im Gegeneinan­der Ihre Emotionen viel mehr im Griff haben als z. B. Skispringer, die nacheinan­der starten. Beim Nebeneinan­der (z. B. Schwimmen, Langlauf) besteht die mentale Stärke darin, gle­ichzeitig zu realisieren, was die Gegner machen, und für sich zu entscheiden, wie man selbst vorgeht. Egal ob Sportarten mit „Alles-oder-Nichts-Mo­menten“ (z. B. Tennis) oder mit Pausen (z. B. Eishockey), immer muss der Athlet sich neu motivieren. Das klappt nur, wenn Sie es im Training gezielt geübt haben. Selb­stkon­trolle, Selb­stver­ant­wor­tung und die Körpersprache eines Siegers führen im Wettkampf zur Bestleis­tung. Olympische Spiele haben ein ganz eigenes Flair, das den einen zu Höchstleis­tun­gen treibt, während es den anderen lähmt. Die Balance zu halten zwischen dem Sich-Ein­lassen auf das neuartige Erlebnis und dem Festhalten an der Wet­tkampfvor­bere­itung ist nicht leicht. Bei solchen Turnieren haben Sie meist nur eine Chance zu zeigen, was Sie draufhaben. Kein Wunder also, wenn die Stresshormone verrücktspielen. Mit Er­hol­ungs­man­age­ment und Trainern, die den Me­di­enkon­takt regeln, sind Sie bestens gewappnet.
  3. Ob Erfolg oder Niederlage, beides muss nach dem Wettkampf verarbeitet werden. Nehmen Sie sich genügend Zeit dafür, planen Sie Ruhe ein, bewegen Sie sich aber trotz Train­ingspause ausreichend. Auf keinen Fall dürfen Sie auf das Debriefing verzichten. Dabei lassen Sie Ihren Emotionen erst mal freien Lauf. Gönnen Sie sich dann Distanz und Entspannung, um anschließend zu analysieren, was gut und was schlecht gelaufen ist. Zum Schluss werden die weiteren Maßnahmen erarbeitet. Und: Sie haben sich jetzt eine Belohnung verdient.
  4. Der Wettkampf ist nicht das Ende, es geht weiter und Sie müssen mental stark bleiben. Das heißt nichts anderes, als dass Sie Ve­r­ant­wor­tung dafür übernehmen, was Sie tun, dass Sie die Situation akzeptieren und sich auf Ihre Aufgabe konzen­tri­eren. Jetzt ist es an der Zeit, neue Kraft zu tanken, sich aber auch selbst Grenzen zu setzen und mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben, etwa wenn die Medien Sie ins Rampenlicht zerren. Vor allem aber hören Sie nicht auf, Zuversicht auszus­trahlen und gerade auch nach Mis­ser­fol­gen an sich zu glauben.

Mentale Stärke im Beruf

Auch wenn Sie kein Spitzen­sportler sind, ist mentale Stärke etwas, was Sie im Alltag weit­er­bringt. Das Berufsleben ist ja oft nicht weniger wet­tkampf­be­tont als der Sport. Hier wie dort müssen Sie Ihre Aufgaben bewältigen. Ihren Chef und Ihre Ar­beits­be­din­gun­gen werden Sie zwar auch mit mentaler Stärke nicht nach Ihren Wünschen formen können. Aber immerhin reduzieren Sie damit Ihren Stress und können sich besser durchsetzen. Im Job geht es bergauf, sobald Sie gelernt haben, Her­aus­forderun­gen anzunehmen und mit Stress richtig umzugehen. Übernehmen Sie Ve­r­ant­wor­tung, stellen Sie sich vor, Sie wären bereits am Ziel, treffen Sie Entschei­dun­gen bewusst, managen Sie Ihre Gefühle und schließen Sie stets eine Sache erst ab, bevor Sie mit der nächsten beginnen.

Über den Autor

Jörg Wetzel ist diplomierter Sportlehrer und arbeitet als Sportpsy­chologe mit Athleten, Trainern und Na­tional­mannschaften ver­schiedener Sportarten. Der sechsfache Schweizer Meister im militärischen Fünfkampf betreut seit 2006 das Schweizer Olympiateam als ve­r­ant­wortlicher Psychologe.