Streitpunkt Managerlöhne
Die Arbeit und vor allem die gebührende Entlohnung von Managern ist umstritten: Verdienen sie wirklich, was sie verdienen? Nicht zuletzt im Zuge der Finanzkrise sind viele Diskussionen um das Thema entbrannt. Hohe Zahlungen bei frühzeitigem Ausscheiden aus einer Firma („goldener Fallschirm“) sorgen für Unmut, aber auch Antrittszahlungen („goldener Handschlag“) sind nicht in jedermanns Sinn – selbst wenn sie, wie argumentiert wird, nur ausgleichen sollen, was einem Neueinsteiger durch die Kündigung beim alten Arbeitgeber an Aktienpaketen entgeht.
„Fakt ist, dass die Delegation von Verantwortung problembehaftet ist und sich die Frage stellt, wie eine möglichst hohe Interessenkongruenz zwischen Aktionären und Managern hergestellt werden kann.“
So oder so: Die Diskussionen über Managergehälter sind nicht folgenlos geblieben. So gibt es in den USA Vergütungsregeln für Banken, die vom Staat unterstützt werden. In der Schweiz wurde 2007 für börsennotierte Firmen ein Gesetz eingeführt, das zu mehr Transparenz bei der Höhe von Managergehältern führen soll. Schließlich ist vielerorts nicht nur die Managerentlohnung, sondern auch die Bezahlung des Verwaltungsrats ein Thema.
„Die Principal-Agent-Problematik war kaum aktueller als heute. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Eigentum und Kontrolle weitgehend voneinander entkoppelt.“
Aus dem vergangenen Jahrhundert stammt die Principal-Agent-Theorie. Demnach stellt der Auftraggeber, der Principal, einen Auftragnehmer, den Agent, ein. In unserem Fall beauftragt der Aktionär einen Manager, in seinem Sinn zu handeln. Geht es nach Wirtschaftsprofessor Milton Friedman, besteht die Aufgabe des Managers sogar allein darin, die Gewinne der Aktionäre zu vermehren. Das Problem dabei ist jedoch: Die Aktionäre sehen in der Regel nur das Ergebnis, aber nicht, welche Anstrengungen dafür unternommen wurden. So ist das Verhältnis zwischen Managern und Aktionären oft schwierig – besonders wenn es um die Gehälter der Manager geht. Problematisch ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass man, wie der Ökonom Adam Smith erkannte, mit dem Geld anderer Leute weniger vorsichtig umgeht als mit dem eigenen. Bereits eine Stelle im Neuen Testament lässt sich dahingehend interpretieren: Im Johannesevangelium steht, dass ein Hirte sich nur dann wirklich für die Schafe einsetzt, wenn sie sein Eigentum sind.
Probleme bei der Entlohnung
Die Vergütung von Managern kann sehr unterschiedlich geregelt werden. Doch jedes Entlohnungssystem hat seine spezifischen Mängel. Wer beispielsweise einen gerechten Lohn über eine Kombination mehrerer Kennzahlen ermitteln möchte, beschreitet einen komplizierten Weg, der zudem die Verfolgung von Eigeninteressen begünstigen kann. Wenn Sie sich für ein System entscheiden, bei dem der Gewinn pro Aktie als Basis für die Vergütung des Aufsichtsrats dient, schaffen Sie möglicherweise eine Konfliktsituation, in der die Interessen von Aufsichtsrat und Management auseinanderdriften. Wer stattdessen auf das Gewinnmargenwachstum als Grundlage für die Vergütung setzt, läuft Gefahr, dass Projekte verfolgt werden, die für den Aktionär kaum Rendite abwerfen. Oder es wird zu wenig in neue Projekte investiert, die sich finanziell lohnen könnten. Auch die Bindung der Vergütung an Budgets oder die Deckelung der Boni kann dazu führen, dass Manager nicht im Sinn des Unternehmens und der Aktionäre handeln, sondern nur versuchen, ihr Salär zu optimieren.
Welche Werte sind ausschlaggebend?
Bevor Sie sich für ein Entlohnungssystem entscheiden, sollten Sie darüber nachdenken, welche Werte für Sie und Ihre Firma wichtig sind. Wer beispielsweise Bonusprogramme umsetzt, die kurzfristiges Handeln belohnen, wird keine Investitionen fördern, die nur langfristig Gewinn versprechen. Viele Bonusprogramme sind auf die Dauer eines Jahres ausgelegt – zu kurz, um echtes unternehmerisches Handeln zu fördern. Wichtig ist darum, dass Sie definieren, innerhalb welches Werterahmens Ihre strategischen und finanziellen Ziele erreicht werden sollen.
Der Sinn variabler Vergütung
Wer Manager nicht nur mit Fixlöhnen, sondern auch mit variablen Anteilen belohnen will, sollte sich zunächst über deren Sinn Gedanken machen. Natürlich sollen die Manager langfristig nach den Wünschen der Eigentümer, also der Aktionäre handeln. Dazu gehört, dass sie die Interessen, die Werte und die Unternehmensstrategie der Aktionäre leben und umsetzen. Aber dafür müssen sie genügend motiviert werden, dann fällt es ihnen leichter, schwierige Entscheidungen zu fällen. Außerdem sollen gute Manager möglichst lange Zeit ans Unternehmen gebunden werden. Und schließlich muss bei alledem der Managerlohn in Relation zum Unternehmensertrag stehen. Treffen sich die Erwartungen der Aktionäre und der Manager in der Mitte, wird das als „Median Pay for Median Performance“ bezeichnet. Gemeint ist, dass eine erwartete Bezahlung erfolgt, wenn die Leistung ebenfalls den Erwartungen entspricht.
Die unterschiedlichen Vergütungsmodelle
Grundsätzlich lassen sich drei Vergütungsmodelle unterscheiden:
- Wettbewerbsorientierte Vergütungsstrategie: Sie richtet sich nach der Konkurrenz aus. Was an die Manager gezahlt wird und in welcher Form dies geschieht, lässt sich durch Benchmarking, also den Vergleich mit der Salärpolitik ausgewählter Konkurrenzunternehmen herausfinden. Der wesentliche Nachteil dieser Strategie: Sie ist kurzfristig ausgelegt. Und sie kann u. U. dazu führen, dass bei hohen Gewinnen nur durchschnittliche Managerlöhne gezahlt werden. Das steigert die Motivation nicht gerade. Bei der Wettbewerbsstrategie spielt es außerdem eine Rolle, wie gut ein Manager verhandelt, welche Ziele festgelegt werden und wie hoch das Budget ist.
- Ergebnisorientierte Vergütungsstrategie: Hier stehen die Boni in Relation zur Wertentwicklung des Unternehmens. Darum ist diese Strategie eher langfristig. Die Anreize für Management und Verwaltungsrat sind in der Regel an Ziele innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren angelegt. Diese Regelung ist meistens von Vorteil, kann aber auch zu starr sein. Möglicherweise werden so in guten Zeiten hohe Zahlungen vereinbart, die in den folgenden Jahren nicht mehr angemessen sind. Sind die Zahlungen dagegen zu niedrig, motivieren sie die Manager ungenügend.
- Indexierte Vergütungsstrategie: Hierbei wird die Performance des eigenen Unternehmens mit der ausgewählter Konkurrenzunternehmen verglichen. Schneidet das eigene Unternehmen besser ab, bekommen die Manager mehr. Machen sie ihre Arbeit schlechter, verdienen sie weniger. Das Problem dabei: Die Vergleichsunternehmen und die dazugehörigen Faktoren werden oft als willkürlich empfunden. Außerdem ist das System komplex und nicht unbedingt einfach zu kommunizieren: Wie beispielsweise erklären Sie, dass es Boni gibt, obwohl das Unternehmen keine Gewinne erwirtschaftet?
„Lohnpakete ohne jeglichen variablen Anteil sind starr und werden der unternehmerischen Realität nicht gerecht.“
Da alle drei Strategien ihre Vor- und Nachteile haben, werden sie meistens in irgendeiner Weise kombiniert.
Wie setzen sich Managerlöhne in der Praxis zusammen?
Das Salär eines Managers besteht gewöhnlich aus zwei Teilen. Ein Teil ist ein fixes Gehalt, das in der Regel mindestens 50 % ausmacht. Es sollte Managern einen angemessenen Lebensstandard sichern. Wenn Sie das Fixgehalt zu hoch ansetzen, entwickelt sich unter den Managern eine Art Beamtenmentalität. Die Motivation, neue Ideen umzusetzen, ist dann eher gering. Eine Entlohnung ganz ohne variablen Anteil hemmt unternehmerisches Denken und Handeln. Der variable Teil ist eine Kombination der genannten Vergütungsstrategien. Das wird so jedoch nur selten im Arbeitsvertrag festgelegt, da Unternehmen vermeiden wollen, dass Manager einen Anspruch auf die variablen Anteile erwerben.
„In Bezug auf die Höhe der Vergütung besteht ein offensichtlicher Konflikt zwischen den Erwartungen der Manager und denjenigen der Eigentümer.“
Aktien und Barboni sind zwei Möglichkeiten, variabel zu vergüten. Allerdings stellt sich die Frage, wie sie berechnet werden. Aktionäre erwarten je nach Branche in der Regel Renditen von 6–12 %. Doch welcher Anteil des Kuchens steht den Aktionären zu, und was bekommen die Manager ab? Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gilt oft, dass Manager ihr Vermögen um 5 % steigern, während das der Inhaber um 10 % wächst.
„Schlechte Performance soll sanktioniert, deutliche Outperformance – immer innerhalb des geltenden Werterahmens – honoriert werden.“
Wichtig ist außerdem zu sehen, ob Boni in Abhängigkeit davon gezahlt werden, wie sich das gesamte Unternehmen entwickelt, oder ob sie damit zusammenhängen, wie sich eine bestimmte Abteilung oder vielleicht auch nur ein Team bewährt. Große Unternehmen, die international agieren, kombinieren häufig beide Formen. Hier kommt es oft zu Diskussionen mit der Personalabteilung. Denn dort möchte man gerne messbare und objektive Kriterien haben, um Boni zahlen zu können. Das ist jedoch nicht immer sinnvoll, da nicht alles, was ein Mitarbeiter leistet, in Zahlen ausgedrückt werden kann. Um rein subjektive Entscheidungen zu vermeiden, müssen oft zwei Personen einem Bonus zustimmen. Je wichtiger die Position ist, die ein Mitarbeiter bekleidet, desto mehr Leute müssen mit der Bonuszahlung einverstanden sein.
„Manager, Verwaltungsräte und Investoren sollen bei ihren Entscheidungen primär die langfristige Entwicklung ihres Vermögens und weniger das jährliche Einkommen im Fokus haben.“
Entscheiden Sie sich für einen Barbonus, werden Sie evtl. eine Unter- und eine Obergrenze festlegen wollen. Der Nachteil: Die Untergrenze bestraft falsches Handeln kaum, die Obergrenze lässt keine Auszeichnung für wirklich herausragende Leistungen zu. Alternativ dazu können Sie Optionen ausgeben. Dadurch bekommt das Management nur dann mehr Geld, wenn der Aktienkurs um einen bestimmten Wert steigt. Größter Nachteil: Bricht der Börsenkurs ein, gibt es keine Boni; Steuern auf die Aktienoptionen müssen jedoch trotzdem gezahlt werden. Motivierender sind gesperrte Aktien, wie sie etwa Microsoft bereits seit 2003 ausgibt. Diese „Restricted Stocks“ erhöhen die Identifikation mit dem Unternehmen. Bei der Verteilung der Aktien haben Sie die Möglichkeit, sich für eine Fixed-Value-Strategie zu entscheiden, also jedes Jahr einen festgelegten Betrag in Aktien auszugeben, oder eine Fixed-Share-Strategie zu verfolgen; dann geben Sie jedes Jahr eine festgelegte Anzahl an Aktien aus.
Wichtig: die passende Kommunikation
Egal für welches Entlohnungssystem Sie sich entscheiden, wichtig ist, dass Sie Ihren Managern, den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit erklären können, warum Sie genau dieses Verfahren gewählt haben. Wer bei Entlohnungssystemen nicht offen kommuniziert, läuft Gefahr, Frust und Misstrauen zu stärken. Darum sollten Sie ein neues Entlohnungsmodell auch nicht von heute auf morgen einführen. Stellen Sie sich der Diskussion und lassen Sie sich und der Belegschaft ein paar Monate Zeit. In der darauffolgenden Phase der Kalibrierung geht es darum, Risiken einzuschätzen, Wachstumsziele festzulegen und zu bestimmen, wie hoch die variablen Anteile an der Vergütung sein sollen. Hierfür benötigen Sie etwa drei Monate. Schließlich, im dritten Schritt, geht es darum, das neue Vergütungsmodell zu implementieren. Diese Phase kann bis zu sechs Monate dauern.
„Ein wertorientiertes Vergütungssystem muss sich zunächst an der Strategie, am Werterahmen und der gelebten Kultur eines Unternehmens orientieren.“
Achten Sie darauf, Ihre Kommunikationsabteilung für Fragen jeglicher Art, die zu den Managersalären gestellt werden könnten, fit zu machen. In einem Regelwerk für Vergütungspläne sollten Sie u. a. festhalten, aus welchem Grund und zu welchem Zweck eine solche Zahlung vereinbart wird. Wer hat warum einen Anspruch darauf? Sind alle Steuerfragen geklärt? Wie verhält es sich mit Sozialversicherungsbeiträgen? Schaffen Sie Klarheit für Ihre Mitarbeiter und vor allem auch Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Fragen zur Vergütungsregelung kommen wahrscheinlich nicht nur aus dem Unternehmen selbst, sondern auch von Medienvertretern, aus der Politik und ggf. aus der Bevölkerung. Legen Sie fest, wie Sie mit diesen Fragen umgehen werden.