Managersaläre

Buch Managersaläre

Wertorientierte Vergütung – Entscheidungsgrundlagen für Führungskräfte

Orell Füssli,


Rezension

Managerlöhne sind ein aus­ge­sprochen komplexes Thema. Doch dieses Buch schafft es, die Materie so aufzubrechen, dass Unternehmer nach der Lektüre tatsächlich in der Lage sind, ein gerechtes Be­loh­nungssys­tem im Unternehmen einzuführen. Das liegt u. a. daran, dass der Autor eindeutig Stellung bezieht und wertet. Hostettler macht klar, was die guten und was die schlechten Seiten einzelner Vergütungsvari­anten sind, und er kennt alle Fallstricke, die bei der Einführung eines neuen Modells lauern. Daran erkennt man, dass er aus der Praxis für die Praxis schreibt – wenngleich sein the­o­retis­ches Fundament (Stichwort: Homo oeconomicus) nicht mehr ganz zeitgemäß erscheint. Positiv auch, dass jedem Kapitel eine geradezu BooksInShort-mäßige Zusam­men­fas­sung vo­r­angestellt ist: Man weiß in Sekun­den­schnelle, ob etwas lesenswert oder bereits bekannt ist. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Mitgliedern von Auf­sicht­srats­gremien, Fir­menin­hab­ern sowie Mi­tar­beit­ern der Per­son­al­abteilung.

Take-aways

  • Die Finanzkrise von 2007 hat die Diskussion um Managerlöhne neu entfacht und vielerorts zu neuen Regeln geführt.
  • Nach der Prin­ci­pal-Agent-The­o­rie beauftragt der Aktionär einen Manager, in seinem Sinn zu handeln. Doch jeder Manager verfolgt immer auch eigene Interessen.
  • Das richtige Vergütungssystem zu finden ist schwierig; alle haben Vor- und Nachteile.
  • Wer Manager gebührend entlohnen möchte, muss sich zuerst darüber klar werden, welches Ziel das Unternehmen verfolgt.
  • Davon hängt beispiel­sweise ab, ob Sie sich für eine lang- oder eine kurzfristig orientierte Vergütungsmeth­ode entscheiden.
  • Sinnvoll ist es auf jeden Fall, Manager mit einem Fixlohn und einem zusätzlichen variablen Anteil zur Steigerung der Motivation zu entlohnen.
  • Der feste Lohnbe­standteil sollte zwar einen angemesse­nen Lebensstil ermöglichen, aber nicht zu hoch sein – das fördert die Beamten­men­talität.
  • Barboni, gesperrte Aktien oder Optionen sind nur einige Möglichkeiten für den variablen Anteil.
  • Stellen Sie ein Regelwerk auf, das Ihnen und Ihren Mi­tar­beit­ern juristische Sicherheit bietet.
  • Schulen Sie Ihre Kom­mu­nika­tion­s­abteilung, damit sie alle Fragen aus dem Unternehmen und aus der Öffentlichkeit zufrieden­stel­lend beantworten kann.
 

Zusammenfassung

Streitpunkt Managerlöhne

Die Arbeit und vor allem die gebührende Entlohnung von Managern ist umstritten: Verdienen sie wirklich, was sie verdienen? Nicht zuletzt im Zuge der Finanzkrise sind viele Diskus­sio­nen um das Thema entbrannt. Hohe Zahlungen bei frühzeitigem Ausscheiden aus einer Firma („goldener Fallschirm“) sorgen für Unmut, aber auch Antrittszahlun­gen („goldener Handschlag“) sind nicht in jedermanns Sinn – selbst wenn sie, wie ar­gu­men­tiert wird, nur ausgleichen sollen, was einem Neue­in­steiger durch die Kündigung beim alten Arbeitgeber an Ak­tien­paketen entgeht.

„Fakt ist, dass die Delegation von Ve­r­ant­wor­tung prob­lem­be­haftet ist und sich die Frage stellt, wie eine möglichst hohe In­ter­essenkon­gruenz zwischen Aktionären und Managern hergestellt werden kann.“

So oder so: Die Diskus­sio­nen über Managergehälter sind nicht folgenlos geblieben. So gibt es in den USA Vergütungsregeln für Banken, die vom Staat unterstützt werden. In der Schweiz wurde 2007 für börsen­notierte Firmen ein Gesetz eingeführt, das zu mehr Transparenz bei der Höhe von Managergehältern führen soll. Schließlich ist vielerorts nicht nur die Man­ager­ent­loh­nung, sondern auch die Bezahlung des Ver­wal­tungsrats ein Thema.

„Die Prin­ci­pal-Agent-Prob­lematik war kaum aktueller als heute. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Eigentum und Kontrolle weitgehend voneinander entkoppelt.“

Aus dem vergangenen Jahrhundert stammt die Prin­ci­pal-Agent-The­o­rie. Demnach stellt der Auf­tragge­ber, der Principal, einen Auf­trag­nehmer, den Agent, ein. In unserem Fall beauftragt der Aktionär einen Manager, in seinem Sinn zu handeln. Geht es nach Wirtschaft­spro­fes­sor Milton Friedman, besteht die Aufgabe des Managers sogar allein darin, die Gewinne der Aktionäre zu vermehren. Das Problem dabei ist jedoch: Die Aktionäre sehen in der Regel nur das Ergebnis, aber nicht, welche Anstren­gun­gen dafür unternommen wurden. So ist das Verhältnis zwischen Managern und Aktionären oft schwierig – besonders wenn es um die Gehälter der Manager geht. Prob­lema­tisch ist in diesem Zusam­men­hang außerdem, dass man, wie der Ökonom Adam Smith erkannte, mit dem Geld anderer Leute weniger vorsichtig umgeht als mit dem eigenen. Bereits eine Stelle im Neuen Testament lässt sich dahingehend in­ter­pretieren: Im Jo­han­ne­se­van­gelium steht, dass ein Hirte sich nur dann wirklich für die Schafe einsetzt, wenn sie sein Eigentum sind.

Probleme bei der Entlohnung

Die Vergütung von Managern kann sehr un­ter­schiedlich geregelt werden. Doch jedes Ent­loh­nungssys­tem hat seine spez­i­fis­chen Mängel. Wer beispiel­sweise einen gerechten Lohn über eine Kombination mehrerer Kennzahlen ermitteln möchte, beschreitet einen kom­plizierten Weg, der zudem die Verfolgung von Eigen­in­ter­essen begünstigen kann. Wenn Sie sich für ein System entscheiden, bei dem der Gewinn pro Aktie als Basis für die Vergütung des Auf­sicht­srats dient, schaffen Sie möglicher­weise eine Kon­flik­t­si­t­u­a­tion, in der die Interessen von Auf­sicht­srat und Management au­seinan­der­driften. Wer stattdessen auf das Gewin­n­mar­genwach­s­tum als Grundlage für die Vergütung setzt, läuft Gefahr, dass Projekte verfolgt werden, die für den Aktionär kaum Rendite abwerfen. Oder es wird zu wenig in neue Projekte investiert, die sich finanziell lohnen könnten. Auch die Bindung der Vergütung an Budgets oder die Deckelung der Boni kann dazu führen, dass Manager nicht im Sinn des Un­ternehmens und der Aktionäre handeln, sondern nur versuchen, ihr Salär zu optimieren.

Welche Werte sind auss­chlaggebend?

Bevor Sie sich für ein Ent­loh­nungssys­tem entscheiden, sollten Sie darüber nachdenken, welche Werte für Sie und Ihre Firma wichtig sind. Wer beispiel­sweise Bonus­pro­gramme umsetzt, die kurzfristiges Handeln belohnen, wird keine In­vesti­tio­nen fördern, die nur langfristig Gewinn versprechen. Viele Bonus­pro­gramme sind auf die Dauer eines Jahres ausgelegt – zu kurz, um echtes un­ternehmerisches Handeln zu fördern. Wichtig ist darum, dass Sie definieren, innerhalb welches Wert­er­ah­mens Ihre strate­gis­chen und fi­nanziellen Ziele erreicht werden sollen.

Der Sinn variabler Vergütung

Wer Manager nicht nur mit Fixlöhnen, sondern auch mit variablen Anteilen belohnen will, sollte sich zunächst über deren Sinn Gedanken machen. Natürlich sollen die Manager langfristig nach den Wünschen der Eigentümer, also der Aktionäre handeln. Dazu gehört, dass sie die Interessen, die Werte und die Un­ternehmensstrate­gie der Aktionäre leben und umsetzen. Aber dafür müssen sie genügend motiviert werden, dann fällt es ihnen leichter, schwierige Entschei­dun­gen zu fällen. Außerdem sollen gute Manager möglichst lange Zeit ans Unternehmen gebunden werden. Und schließlich muss bei alledem der Managerlohn in Relation zum Un­ternehmenser­trag stehen. Treffen sich die Erwartungen der Aktionäre und der Manager in der Mitte, wird das als „Median Pay for Median Performance“ bezeichnet. Gemeint ist, dass eine erwartete Bezahlung erfolgt, wenn die Leistung ebenfalls den Erwartungen entspricht.

Die un­ter­schiedlichen Vergütungsmod­elle

Grundsätzlich lassen sich drei Vergütungsmod­elle un­ter­schei­den:

  1. Wet­tbe­werb­sori­en­tierte Vergütungsstrate­gie: Sie richtet sich nach der Konkurrenz aus. Was an die Manager gezahlt wird und in welcher Form dies geschieht, lässt sich durch Bench­mark­ing, also den Vergleich mit der Salärpolitik ausgewählter Konkur­ren­zun­ternehmen her­aus­finden. Der wesentliche Nachteil dieser Strategie: Sie ist kurzfristig ausgelegt. Und sie kann u. U. dazu führen, dass bei hohen Gewinnen nur durch­schnit­tliche Managerlöhne gezahlt werden. Das steigert die Motivation nicht gerade. Bei der Wet­tbe­werb­sstrate­gie spielt es außerdem eine Rolle, wie gut ein Manager verhandelt, welche Ziele festgelegt werden und wie hoch das Budget ist.
  2. Ergeb­nisori­en­tierte Vergütungsstrate­gie: Hier stehen die Boni in Relation zur Wer­ten­twick­lung des Un­ternehmens. Darum ist diese Strategie eher langfristig. Die Anreize für Management und Ver­wal­tungsrat sind in der Regel an Ziele innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren angelegt. Diese Regelung ist meistens von Vorteil, kann aber auch zu starr sein. Möglicher­weise werden so in guten Zeiten hohe Zahlungen vereinbart, die in den folgenden Jahren nicht mehr angemessen sind. Sind die Zahlungen dagegen zu niedrig, motivieren sie die Manager ungenügend.
  3. Indexierte Vergütungsstrate­gie: Hierbei wird die Performance des eigenen Un­ternehmens mit der ausgewählter Konkur­ren­zun­ternehmen verglichen. Schneidet das eigene Unternehmen besser ab, bekommen die Manager mehr. Machen sie ihre Arbeit schlechter, verdienen sie weniger. Das Problem dabei: Die Ver­gle­ich­sun­ternehmen und die dazugehörigen Faktoren werden oft als willkürlich empfunden. Außerdem ist das System komplex und nicht unbedingt einfach zu kom­mu­nizieren: Wie beispiel­sweise erklären Sie, dass es Boni gibt, obwohl das Unternehmen keine Gewinne er­wirtschaftet?
„Lohnpakete ohne jeglichen variablen Anteil sind starr und werden der un­ternehmerischen Realität nicht gerecht.“

Da alle drei Strategien ihre Vor- und Nachteile haben, werden sie meistens in irgendeiner Weise kombiniert.

Wie setzen sich Managerlöhne in der Praxis zusammen?

Das Salär eines Managers besteht gewöhnlich aus zwei Teilen. Ein Teil ist ein fixes Gehalt, das in der Regel mindestens 50 % ausmacht. Es sollte Managern einen angemesse­nen Lebens­stan­dard sichern. Wenn Sie das Fixgehalt zu hoch ansetzen, entwickelt sich unter den Managern eine Art Beamten­men­talität. Die Motivation, neue Ideen umzusetzen, ist dann eher gering. Eine Entlohnung ganz ohne variablen Anteil hemmt un­ternehmerisches Denken und Handeln. Der variable Teil ist eine Kombination der genannten Vergütungsstrate­gien. Das wird so jedoch nur selten im Ar­beitsver­trag festgelegt, da Unternehmen vermeiden wollen, dass Manager einen Anspruch auf die variablen Anteile erwerben.

„In Bezug auf die Höhe der Vergütung besteht ein of­fen­sichtlicher Konflikt zwischen den Erwartungen der Manager und denjenigen der Eigentümer.“

Aktien und Barboni sind zwei Möglichkeiten, variabel zu vergüten. Allerdings stellt sich die Frage, wie sie berechnet werden. Aktionäre erwarten je nach Branche in der Regel Renditen von 6–12 %. Doch welcher Anteil des Kuchens steht den Aktionären zu, und was bekommen die Manager ab? Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gilt oft, dass Manager ihr Vermögen um 5 % steigern, während das der Inhaber um 10 % wächst.

„Schlechte Performance soll sank­tion­iert, deutliche Out­per­for­mance – immer innerhalb des geltenden Wert­er­ah­mens – honoriert werden.“

Wichtig ist außerdem zu sehen, ob Boni in Abhängigkeit davon gezahlt werden, wie sich das gesamte Unternehmen entwickelt, oder ob sie damit zusammenhängen, wie sich eine bestimmte Abteilung oder vielleicht auch nur ein Team bewährt. Große Unternehmen, die in­ter­na­tional agieren, kombinieren häufig beide Formen. Hier kommt es oft zu Diskus­sio­nen mit der Per­son­al­abteilung. Denn dort möchte man gerne messbare und objektive Kriterien haben, um Boni zahlen zu können. Das ist jedoch nicht immer sinnvoll, da nicht alles, was ein Mitarbeiter leistet, in Zahlen ausgedrückt werden kann. Um rein subjektive Entschei­dun­gen zu vermeiden, müssen oft zwei Personen einem Bonus zustimmen. Je wichtiger die Position ist, die ein Mitarbeiter bekleidet, desto mehr Leute müssen mit der Bonuszahlung ein­ver­standen sein.

„Manager, Ver­wal­tungsräte und Investoren sollen bei ihren Entschei­dun­gen primär die langfristige Entwicklung ihres Vermögens und weniger das jährliche Einkommen im Fokus haben.“

Entscheiden Sie sich für einen Barbonus, werden Sie evtl. eine Unter- und eine Obergrenze festlegen wollen. Der Nachteil: Die Untergrenze bestraft falsches Handeln kaum, die Obergrenze lässt keine Ausze­ich­nung für wirklich her­aus­ra­gende Leistungen zu. Alternativ dazu können Sie Optionen ausgeben. Dadurch bekommt das Management nur dann mehr Geld, wenn der Aktienkurs um einen bestimmten Wert steigt. Größter Nachteil: Bricht der Börsenkurs ein, gibt es keine Boni; Steuern auf die Ak­tienop­tio­nen müssen jedoch trotzdem gezahlt werden. Mo­tivieren­der sind gesperrte Aktien, wie sie etwa Microsoft bereits seit 2003 ausgibt. Diese „Restricted Stocks“ erhöhen die Iden­ti­fika­tion mit dem Unternehmen. Bei der Verteilung der Aktien haben Sie die Möglichkeit, sich für eine Fixed-Value-Strate­gie zu entscheiden, also jedes Jahr einen fest­gelegten Betrag in Aktien auszugeben, oder eine Fixed-Share-Strate­gie zu verfolgen; dann geben Sie jedes Jahr eine festgelegte Anzahl an Aktien aus.

Wichtig: die passende Kom­mu­nika­tion

Egal für welches Ent­loh­nungssys­tem Sie sich entscheiden, wichtig ist, dass Sie Ihren Managern, den Mi­tar­beit­ern und der Öffentlichkeit erklären können, warum Sie genau dieses Verfahren gewählt haben. Wer bei Ent­loh­nungssys­te­men nicht offen kom­mu­niziert, läuft Gefahr, Frust und Misstrauen zu stärken. Darum sollten Sie ein neues Ent­loh­nungsmod­ell auch nicht von heute auf morgen einführen. Stellen Sie sich der Diskussion und lassen Sie sich und der Belegschaft ein paar Monate Zeit. In der da­rauf­fol­gen­den Phase der Kalib­rierung geht es darum, Risiken einzuschätzen, Wach­s­tum­sziele festzulegen und zu bestimmen, wie hoch die variablen Anteile an der Vergütung sein sollen. Hierfür benötigen Sie etwa drei Monate. Schließlich, im dritten Schritt, geht es darum, das neue Vergütungsmodell zu im­ple­men­tieren. Diese Phase kann bis zu sechs Monate dauern.

„Ein wer­to­ri­en­tiertes Vergütungssystem muss sich zunächst an der Strategie, am Werterahmen und der gelebten Kultur eines Un­ternehmens orientieren.“

Achten Sie darauf, Ihre Kom­mu­nika­tion­s­abteilung für Fragen jeglicher Art, die zu den Managersalären gestellt werden könnten, fit zu machen. In einem Regelwerk für Vergütungspläne sollten Sie u. a. festhalten, aus welchem Grund und zu welchem Zweck eine solche Zahlung vereinbart wird. Wer hat warum einen Anspruch darauf? Sind alle Steuer­fra­gen geklärt? Wie verhält es sich mit Sozialver­sicherungs­beiträgen? Schaffen Sie Klarheit für Ihre Mitarbeiter und vor allem auch Rechtssicher­heit für alle Beteiligten. Fragen zur Vergütungsregelung kommen wahrschein­lich nicht nur aus dem Unternehmen selbst, sondern auch von Me­di­en­vertretern, aus der Politik und ggf. aus der Bevölkerung. Legen Sie fest, wie Sie mit diesen Fragen umgehen werden.

Über den Autor

Stephan Hostettler ist Experte für Vergütungssys­teme. Er ist Eigentümer eines Be­ratung­sun­ternehmens in Zürich, Lehrbeauf­tragter für Corporate Governance an der Universität St. Gallen sowie Autor der Bücher Economic Value Added und Das Value Cockpit.