Der Status quo
Die Bankenbranche steckt in einer globalen Krise, die die ganze Unternehmenswelt bedroht. Andauernde organisatorische Veränderungen, staatliche Regulierungsversuche und härtere Ratings sind die Folge. Was tun, wenn die Bank plötzlich auf neue Geschäftsmodelle setzt, den Kredit kündigt oder wenn Ihr Berater wechselt? Die gute alte Zeit, in der Unternehmen hofiert wurden und sich die Kreditzinsen quasi aussuchen konnten, ist vorbei. Hat Ihr Unternehmen mindestens 10 Millionen Euro Umsatz, ein gutes Rating und eine langjährige Beziehung zur Hausbank? Glückwunsch, dann haben Sie wenig zu befürchten! Sind Sie ein Freiberufler, führen ein kleines Gewerbe oder einen Handwerksbetrieb? Dann liegt Ihr Umsatz wohl deutlich unter dem Millionenbereich und Sie beanspruchen möglicherweise oft Ihre Kreditlinie. Solche Geschäfte sind für Banken nicht sehr ertragreich, das Interesse an ihnen ist gering. Trotzdem können Sie mit ein paar einfachen Regeln Ihr Rating verbessern.
So läuft die Kreditvergabe ab
Wenn Sie einen Kredit benötigen, begutachtet der Kundenberater Ihr Unternehmen unter den Gesichtspunkten Branche, Umsatzerlös und Bonität. Bewegen Sie sich in einer Branche, die die Bank nicht unterstützt, dann haben Sie schon verloren. Die Höhe Ihrer Umsatzerlöse ist dafür verantwortlich, in welches Segment (Privat-, Geschäfts- oder Firmenkunde) Sie gesteckt werden und welche Konditionen Sie erhalten. Aus Ihrer Eigenkapitalquote, Ihrer Ertragssituation und Ihrer Gesamtverschuldung errechnet sich Ihre Bonität. Aufgrund all dieser Faktoren entscheidet letztendlich der Analyst über die Kreditvergabe, wobei die gewünschte Kredithöhe, Ihr Unternehmensrating und die gebotenen Sicherheiten ausschlaggebend sind. Die Spaltung einer Bank in Vertriebsabteilung (Kundenbetreuer) und Entscheidungsfindung (Analyst) ist eine der Folgen von Basel II, die die Unternehmen deutlich zu spüren bekommen. Während Analysten Risiken vermeiden wollen, möchten Kundenberater Kredite verkaufen. Oft arbeiten beide nur auf dem Papier zusammen, was die Situation für Sie erschwert.
Wie kreditwürdig sind Sie?
Das deutsche Kreditwesengesetz (KWG) regelt die Kreditvergabe durch die Banken, wobei der Paragraf 18 im Mittelpunkt steht. Darin wird die Bank verpflichtet, vor Genehmigung eines größeren Darlehens die wirtschaftliche Situation des Unternehmens mittels aktueller Geschäftszahlen akribisch zu durchleuchten. Das geht nur, wenn Sie als Unternehmer alle geforderten Unterlagen einreichen. Wenn Sie keinen Finanzchef haben, delegieren Sie diese Aufgabe an Ihren Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer oder bauen Sie intern eine Vertrauensperson auf, z. B. in der Buchhaltung.
„Sie haben eine Firma. Sie haben auch ein Konto für die Firma. Damit sind Sie aber nicht immer ein Firmenkunde bei Ihrer Bank.“
Mit folgenden Eigenschaften können Sie bei Ihrem Berater punkten: Legen Sie die geforderten Unterlagen schnell vor, sprechen Sie in Verhandlungen selbst und handeln Sie vorausschauend. Erläutern Sie ggf. mehrdeutige Positionen im Jahresabschluss Wort für Wort. Das gilt auch für den Businessplan, den Sie als Existenzgründer einreichen müssen. Mit einem regelmäßigen Reporting Ihrer Unternehmensdaten können Sie Vertrauen aufbauen. In einem so genannten Bankenspiegel müssen Sie akribisch alle Kreditlinien Ihres Unternehmens nebst gewährten Sicherheiten auflisten. Prüfen Sie den Bankenspiegel deshalb besonders kritisch, bevor Sie ihn bei der Bank einreichen. Ihre Vermögensaufstellung enthält alle privaten Vermögenswerte nebst Verbindlichkeiten, z. B. Immobilien oder Geldanlagen. Privaten Luxus dürfen Sie dezent verschweigen. Ihre Verbindlichkeiten dagegen sind für die Bank wichtig – hier dürfen Sie auf keinen Fall schummeln!
Rating statt Rätseln
Die Regelwerke Basel I und Basel II sollten für mehr Gerechtigkeit bei den Banken und deren Kunden sorgen: Die Kreditkonditionen richten sich nach der Bonität des Unternehmens. Dieses wird seitens der Bank mit einem Rating versehen. Auch die Eigenkapitalrate der Bank spielt für zu vergebende Kredite eine große Rolle: Je besser das Rating des Kreditnehmers, desto weniger Eigenkapital muss die Bank hinterlegen – und kann dadurch anderweitig Geld verdienen. Die Banken beurteilen deshalb jedes Unternehmen nach einem eigenen Ratingsystem mit einer Note. Übersetzt in Schulnoten würde eine Eins ein Ausfallrisiko bis 0,1 % und damit ein sehr kleines Kreditrisiko bedeuten.
„Beim ersten Gespräch mit einem Banker läuft in dessen Hinterkopf ein Scanner, der Ihr Kundenprofil analysiert.“
Für Sie als Unternehmer heißt das: Je schlechter die Note, desto teurer der Kredit. Ihr Jahresabschluss oder Ihre Einnahmenüberschussrechnung hat großen Einfluss auf die Analyse. Haben Sie genug Eigenkapital und können positive Umsatzzahlen und eine positive Gewinnentwicklung nachweisen, ist die Bank Ihnen fast automatisch gutgesinnt. Daneben spielen Faktoren wie Branche, Erfahrung und Betriebsdauer eine Rolle. Stimmen die Fähigkeiten im Management, ist auch ein qualitativer Aspekt der Analyse erfüllt. Gemeinsam mit weichen Faktoren, also Ihrem Verhalten gegenüber der Bank, bestimmen die quantitative und qualitative Analyse Ihr Rating. Sie haben übrigens einen Anspruch darauf, über dieses ins Bild gesetzt zu werden. Achtung: Überzogene Kreditlinien verschlechtern selbst bei kleinen Beträgen Ihr Rating. Bieten Sie lieber wertvolle Sicherheiten, um die Risikokosten der Bank zu senken.
Hassliebe Firmenkundenbetreuer
Mit Ihrem Kundenbetreuer verhandeln Sie über Kredite, Zinsen und Gebühren und über spezielle Themen wie etwa eine Auslandsfinanzierung. Ihr Betreuer ist die Schlüsselfigur für Ihre Finanzgeschäfte, denn er muss Ihre Anliegen intern verkaufen. Er ist Ihr Diplomat und Fürsprecher bei Entscheidern wie den Analysten, denen er Ihr Geschäftsmodell und Ihre Produkte oder Dienstleistungen vorstellt. Machen Sie sich deshalb über ihn kundig und fragen Sie z. B. nach seinem Aufgabengebiet und seinen Erfahrungen mit Unternehmen Ihrer Branche und Organisationsstruktur. Leider können bankinterne Umstrukturierungen, Fusionen und Stellenabbau dazu führen, dass der Ihnen zugewiesene Berater wechselt. Denken Sie daran, einen neuen Betreuer umfassend über Ihr Unternehmen zu informieren. Präsentieren Sie Zahlen und Informationen verständlich, damit Ihr Berater Sie gegenüber kritischen Analysten gut darstellen kann. Haben Sie einen guten Berater gefunden, hüten Sie ihn wie Ihren Augapfel. Denken Sie daran, dass Kundenberater unter starkem Verkaufsdruck stehen und für jedes Geschäft mit Ihnen eine Provision erhalten. Und während Kunden geringe Gebühren und hohe Zinsen fordern, benötigen Banken hohe Erträge und arbeiten rein gewinnorientiert.
Fallstricke
Vor einigen gefährlichen Situationen in Ihrer Bankbeziehung sollten Sie sich hüten:
- Verstoß gegen die Gleichbehandlung: Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Kreditgeber findet sich in jedem Kreditvertrag. Das heißt, jeder Gläubiger beansprucht von Ihnen, dass Sie mit allen Banken bezüglich Informationen, Sicherheit und Haftung gleich vorgehen. Das gilt besonders, wenn Sie sich bei mehreren Banken Geld leihen. Andernfalls riskieren Sie in schlechten Zeiten, dass eine unfair behandelte Bank Ihren Kredit kündigt. Sorgen Sie dafür, dass Sie kein einzelnes Institut begünstigen, und prüfen Sie bei der Vergabe neuer Sicherheiten bestehende Verträge. Bieten Sie allen Geldgebern immer die gleiche Haftungsgrundlage.
- Sicherheiten: Weil Sicherheiten im Insolvenzfall oft nicht halten, was sie versprochen haben, sind manche Banken aus einem trügerischen Traum geweckt worden. Meist sind die Sicherheiten gemeinsam mit dem Unternehmen gewachsen und bestehen aus einem bunten Allerlei aus Grundschulden, Verpfändungen, Bürgschaften usw. Je besser Ihre Sicherheiten, desto weniger Eigenkapital muss die Bank bereitstellen, wodurch Sie in den Genuss niedriger Zinsen kommen. Neu angeschaffte Maschinen oder den Fuhrpark können Sie z. B. mit 30–50 % der Anschaffungspreise kalkulieren, während bei Wohnimmobilien Spitzenwerte bis zu 80 % möglich sind. Seien Sie jedoch vorsichtig bei der Vergabe von Sicherheiten und trennen Sie sie von Ihrer persönlichen Existenzgrundlage. Wenn Sie eine Zweckerklärung unterschreiben, darf die Bank Ihre Sicherheit auch nach Rückzahlung für andere Kredite heranziehen. Damit verstoßen Sie u. U. gegen die Gleichbehandlung, und Ihre Sicherheit ist länger gebunden als geplant. Versuchen Sie, Sicherheiten zeitlich zu befristen. Begrenzen Sie sie nach oben auf eine konkrete Summe. Beschränken Sie eine Sicherheit immer auf eine Finanzierung.
- Persönliche Bürgschaft: Wenn jemand eine Bürgschaft für sein Geschäft von Ihnen verlangt, unterschreiben Sie lieber nicht. Banken fordern Bürgschaften von Dritten meist nur ein, wenn sie mit dem Scheitern der finanzierten Firma rechnen; der Bürge ist dann der Dumme, an dem sich die Bank schadlos hält. Die Übernahme einer Bürgschaft für Partner oder Gesellschafter ist alles andere als reine Formsache und kann Sie im Schadensfall jede Menge Geld kosten. Sind Sie zudem mit dem gescheiterten Unternehmer befreundet, verwandt oder gar verheiratet, können Sie sich die Konsequenzen leicht ausmalen. Fragen Sie sich ehrlich, wie groß Ihr Einfluss auf das Geschäft ist und wie viel Wissen Sie darüber besitzen. Alternativ können Sie dem Hilfesuchenden selbst ein Darlehen anbieten, wodurch Sie einen rechtlichen Anspruch auf das verliehene Geld erhalten.
Wie bekomme ich einen geförderten Kredit?
Staat, Bundesländer und EU haben einen wahren Förderdschungel geschaffen, um Förderdarlehen, Investitionsanstöße oder Refinanzierungen zu gewähren. Dabei stehen Ziele wie die Ansiedlung von Arbeitgebern in strukturschwachen Gebieten, volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen und Hilfen im Zuge der Finanzkrise für Unternehmen und Banken im Vordergrund. Die Kreditvergabe übernehmen Spezialbanken; die wichtigste ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Frankfurt am Main. Daneben können Sie die in Ihrem Bundesland ansässige Förderbank ansprechen. Beantragen müssen Sie einen Förderkredit jedoch bei Ihrer Hausbank, die gegenüber der Förderbank haftet und im Gegenzug einen Teil Ihrer Kreditzinsen erhält.
„Ob Sie einen Kredit bekommen, hängt von der Bonität (Rating) Ihres Unternehmens ab.“
Weil das Fördergeschäft für viele Banken wenig attraktiv ist, verwehren sie Existenzgründern und Geschäftskunden oft den Zugang. Machen Sie sich selbst schlau und suchen Sie einen speziellen Fördermittelberater auf, der ein Eigeninteresse am Verkauf hat. Sie haben keinen Anspruch auf eine Kreditvergabe. Versuchen Sie deshalb Ihr Glück bei verschiedenen Banken. Für von der Finanzkrise gebeutelte Unternehmen, die vor dem 1. Juli 2008 noch gesund waren, gibt es ein Sonderprogramm, das das Risiko Ihrer Hausbank entlastet.
„Vermeiden Sie unter allen Umständen eine Überziehung Ihrer eingeräumten Kreditlinien. Es sollte ein absolutes Tabu sein.“
Jetzt helfe ich mir selbst: Wege aus der Krise
- Wenn Ihr Rating schlecht ist, haben Sie womöglich ebenso schlechte Bilanzen oder Sie kommunizieren ungenügend. Sprechen Sie Ihren Betreuer an und holen Sie externen Rat.
- Gegen hohe Kreditzinsen wegen mangelnder Bonität sind Sie meist machtlos – es sei denn, Sie haben noch eine attraktive Sicherheit in der Hinterhand.
- Fordern Sie bei den Auskunfteien die über Sie gespeicherten Daten an, z. B. bei der Schufa. Sie haben einen Rechtsanspruch auf eine kostenlose Auskunft pro Jahr.
- Wenn Sie Ihre kreditgebenden Banken ungleich behandelt haben, z. B. was die Informationsvermittlung betrifft, benötigen Sie dringend fachliche Unterstützung, denn diese Situation kann sehr gefährlich werden.
- Je nach Unternehmensgröße sind zwei oder mehr Banken empfehlenswert. Sollte Ihr Unternehmen nicht liquide sein, suchen Sie sich unbedingt eine gute Hausbank.
- Ist Ihre Kreditlinie überzogen, sieht die Bank schnell rot. Führen Sie deshalb Ihre Konten lebendig und tätigen Sie rege Umsätze, ohne die Obergrenzen auszureizen.
- Kündigt die Bank Ihren Kredit, kann der Geschäftsverlust drohen. Alarmieren Sie umgehend die „Feuerwehr“ (Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Unternehmens- und Steuerberater).