Jetzt hört ihr mal zu!

Buch Jetzt hört ihr mal zu!

Erste Hilfe für Schüchterne, Verunsicherte und Zurückhaltende

Wiley-VCH,


Rezension

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Nicht im Business. Wer bei öffentlichen Auftritten, schwierigen Kundengesprächen oder Gehaltsver­hand­lun­gen weiche Knie bekommt, hat gegenüber den forscheren Kollegen einen schw­er­wiegen­den Nachteil. Ilise Benun gibt in Jetzt hört ihr mal zu! eine Menge praktische Tipps, wie man Selb­st­sicher­heit trainieren und Schüchternheit dauerhaft überwinden kann. Schüchternheit ist kein Schicksal, sagt sie; das richtige Auftreten lässt sich trainieren. Ihr Buch bietet sicher nichts bahn­brechend Neues, aber dem Anspruch als Er­ste-Hilfe-Kas­ten wird es gerecht: Die Anregungen lassen sich sofort im Alltag umsetzen, und konkrete Kom­mu­nika­tion­stipps für schwierige berufliche Situationen ergänzen die Ausführungen. BooksInShort empfiehlt die Anleitung zum selb­st­be­wussten Auftritt nicht nur Berufstätigen, sondern auch allen, die ihr Licht zu oft unter den Scheffel stellen.

Take-aways

  • Unsere Ver­hal­tensweisen sind antrainiert und verstärken sich durch Wieder­hol­ung.
  • Durch Training können Sie unerwünschte Ver­hal­tensweisen mit der Zeit verändern.
  • Um selb­st­be­wusstes Verhalten zu lernen, müssen Sie schüchterne Ver­hal­tens­muster erkennen und dann versuchen, sich bewusst anders zu verhalten.
  • Ver­hal­tenstrain­ing ist langwierig, führt aber zu dauerhaftem Erfolg.
  • Schüchterne müssen lernen, sich in Gesprächen auf ihr Gegenüber zu konzen­tri­eren, statt über ihr eigenes Verhalten nachzugrübeln.
  • Zu einem selb­st­be­wussten Auftreten gehören eine entsprechende Körpersprache und angemessene Kleidung.
  • Ein Skript kann helfen, die Angst vor schwierigen Tele­fonge­sprächen zu überwinden.
  • E-Mails sind oft der einfachere Weg, weil direkter Kontakt umgangen wird. In manchen Situationen ist aber das persönliche Gespräch vorzuziehen.
  • Digitale Netzwerke bieten gerade schüchternen Personen gute Möglichkeiten, berufliche Kontakte zu knüpfen.
  • Falls Sie im Verkauf tätig sind: Misserfolge gehören dazu und sind keine Katastrophe.
 

Zusammenfassung

Die antrainierte Angst

Schüchterne Menschen haben ein Problem: In Gegenwart von Fremden fühlen sie sich unwohl und es fällt ihnen schwer, Kontakte zu knüpfen. Deshalb meiden sie solche Situationen und ziehen sich in ihr Sch­neck­en­haus zurück. Mit oft schw­er­wiegen­den Folgen: Schüchterne trauen sich nicht, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen oder potenzielle neue Kunden anzus­prechen. Die gute Nachricht lautet: Schüchternheit kann man sich abgewöhnen. Unser Gehirn formt sich nach unseren Tätigkeiten und Erfahrungen. Wenn wir etwas häufig tun, werden im Gehirn die entsprechen­den Strukturen angelegt und immer mehr gestärkt. Wer zum ersten Mal am Computer sitzt, hat Schwierigkeiten, ihn zu bedienen. Mit zunehmender Routine fällt es aber immer leichter – das Verhalten ist trainiert, die entsprechen­den Ner­ven­bah­nen sind im Gehirn angelegt. Das gilt für alle Ver­hal­tensweisen. Wenn Sie immer in die Defensive gehen, sobald Sie sich unsicher fühlen, trainieren Sie Ihre Schüchternheit. Ebenso können Sie auch selb­st­sicheres Verhalten trainieren.

Der Sprung ins kalte Wasser

Nehmen wir an, es ist Ihr Traum, ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Sie fühlen sich aber dazu nicht in der Lage, weil Sie so wenig Selb­stver­trauen haben, und ohne Selb­stver­trauen werden Sie als Selbstständiger keinen Erfolg haben. Also warten Sie ab in der Hoffnung, dass Sie sich den Schritt eines Tages zutrauen werden. Aber wie soll das möglich sein, wenn Sie nicht handeln? Ihr Handeln bestimmt Ihr Leben; wenn Sie etwas verändern wollen, müssen Sie aktiv werden. Legen Sie einfach los, und Ihr Selb­stver­trauen wird wachsen. Sie müssen nicht perfekt sein. Geben Sie Ihr Bestes und lernen Sie aus jeder Situation, dann wird es Ihnen das nächste Mal schon leichter fallen.

Dem Gefühl widerstehen

Gefühle darf man nicht unterdrücken, sondern man muss sie ernst nehmen, lautet eine Stan­dard­weisheit. Das ist richtig, bedeutet aber nicht, dass wir uns unseren Gefühlen einfach ausliefern sollen. Auch Schüchternheit ist nur ein Gefühl, eine Angst, die Sie in bestimmten Situationen empfinden – mehr nicht. Wie Sie mit ihr umgehen, bleibt Ihre Entschei­dung. Sie können nachgeben und sich dadurch selbst schaden, oder Sie entscheiden sich, selb­st­be­wusst zu handeln – trotz Ihrer Angst. Um neue Ver­hal­tensweisen zu trainieren, beobachten Sie sich selbst. Wenn Sie merken, dass Sie gerade in die Defensive gehen, un­ter­brechen Sie dieses Muster und versuchen Sie, selb­st­be­wusster aufzutreten als sonst. Es ist normal, wenn Ihnen das nicht gleich gelingt. Schließlich müssen Sie die neuen Ver­hal­tens­muster erst lernen. Schüchternheit zu überwinden, ist harte Arbeit, aber es lohnt sich. Überfordern Sie sich nicht. Setzen Sie sich kleine, re­al­is­tis­che Ziele, etwa indem Sie sich vornehmen, jeden Tag mit einem fremden Menschen ein Gespräch zu beginnen.

Auf andere Menschen eingehen

Jemand unterhält sich mit Ihnen, aber vor lauter Anspannung hören Sie gar nicht richtig zu, Ihre Antworten sind mechanisch. Wer schüchtern ist, beschäftigt sich meist mehr mit sich selbst als mit seiner Umgebung. Wenn Sie auf einer Besprechung die ganze Zeit darüber nachgrübeln, was Sie sagen sollen und was die anderen von Ihnen denken werden, bekommen Sie gar nicht mit, was eigentlich abläuft. Doch je mehr Sie sich auf die Gegenwart konzen­tri­eren, desto weniger spüren Sie Ihre Angst. Um Kontakte zu knüpfen, müssen Sie in Gesprächen präsent sein. Seien Sie neugierig auf das, was Ihr Gegenüber zu sagen hat. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen. Versuchen Sie, den anderen zu entdecken. Haben Sie keine Scheu, etwas von sich selbst preiszugeben – dann wird sich auch Ihr Gesprächspartner öffnen. Schüchterne Menschen müssen lernen, richtig wahrzunehmen, was in ihrem Gegenüber gerade vorgeht, und angemessen darauf zu reagieren. Bestimmt erleben Sie auch einmal Zurückweisung oder Kritik. Versuchen Sie, dann ebenfalls selb­st­be­wusst zu reagieren. Das gelingt Ihnen am besten, indem Sie sich nicht von Ihren Gefühlen überwältigen lassen.

Networking für Schüchterne

Für den beruflichen Erfolg ist ein gutes Netzwerk unabdingbar. Aber Kon­tak­tver­anstal­tun­gen sind für Schüchterne ein wahrer Albtraum. Das muss nicht sein. Planen Sie Ihren Auftritt gründlich, schon im Vorfeld. Was schreiben Sie auf Ihr Na­menss­child? Mit den richtigen In­for­ma­tio­nen machen Sie andere auf sich neugierig und erleichtern den Kontakt. Setzen Sie sich Ziele für die Ve­r­anstal­tung: Welche In­for­ma­tio­nen brauchen Sie, wen möchten Sie unbedingt kennen lernen? Wenn Sie dann doch, wie befürchtet, allein in der Ecke stehen, hadern Sie nicht mit Ihrem Schicksal. Schauen Sie sich um und finden Sie heraus, wer außer Ihnen gerade keinen Gesprächspartner hat. Denken Sie daran: Auf Net­zw­erkver­anstal­tun­gen wird Sie niemand wegen Ihrer Bemühungen um Kontakte schief ansehen – wildfremde Leute anzus­prechen ist hier der Sinn und Zweck. Der gemeinsame berufliche Hintergrund bietet immer ein dankbares Thema für einen Gesprächseinstieg. Und wenn Sie erst einmal im Gespräch sind, macht Ihnen die Sache vielleicht sogar Spaß. Achten Sie auch darauf, wie sich die Teilnehmer verhalten, denen das Kontakteknüpfen leichterfällt.

Die Kunst des Gesprächs

Schüchterne Menschen mögen keinen Small Talk, aber er ist sehr wichtig für den Gesprächseinstieg. Bei diesem ersten Austausch entscheiden beide Seiten, ob sie das Gespräch fortsetzen wollen oder nicht. Oft steht am Anfang die Frage nach dem Beruf. Nennen Sie dann nicht einfach Ihre Berufs­beze­ich­nung, sondern stellen Sie in wenigen Sätzen plastisch dar, worin Ihre Tätigkeit besteht. Denken Sie auch daran, wer gerade mit Ihnen spricht: Bei einem Insider Ihrer Branche können Sie ein anderes Vokabular verwenden als bei Ihren neuen Nachbarn. Legen Sie sich Ihre Kurzvorstel­lung ruhig schon vorher zurecht. Wenn Sie jemand nach Ihrem Befinden fragt, antworten Sie nicht mit einer Stan­dard­floskel, sondern erzählen Sie z. B. von Ihren neuesten Projekten. Notieren Sie sich In­for­ma­tio­nen über Ihr Gegenüber; vielleicht können Sie sie später brauchen, um den Kontakt zu vertiefen. Haben Sie keine Scheu, ein Gespräch wieder zu beenden. Sagen Sie einfach, dass Sie mit noch mehr Teilnehmern sprechen möchten, dass Sie sich jetzt etwas zu essen holen oder zur Toilette müssen. Sollten Sie den Kontakt fortsetzen wollen, lassen Sie sich eine Vis­itenkarte geben.

Schüchterne am Telefon

Schüchterne Menschen meiden Tele­fonge­spräche, weil sie fürchten, auf­dringlich zu sein oder ins Stottern zu geraten. Aber dringende oder schwierige An­gele­gen­heiten lassen sich am besten telefonisch klären. Wenn Sie sich unsicher fühlen, erstellen Sie vor dem Gespräch ein Skript. Notieren Sie zunächst in einer ausführlichen Fassung den idealen Gesprächsverlauf, das hilft Ihnen bei der Klärung Ihrer Ziele. Dann erstellen Sie eine zweite Version: Diese enthält nur einige Sätze zum Einstieg, die wichtigsten Fragen, die es zu klären gibt, und Schlusssätze mit dem weiteren Vorgehen. Dieses Skript haben Sie am Telefon vor sich liegen, die ausführliche Version behalten Sie im Hinterkopf. So können Sie frei reden, ohne gekünstelt zu klingen. Sprechen Sie langsam und verständlich. Informieren Sie Ihren Gesprächspartner darüber, wer Sie genau sind, damit er sie einordnen kann. Fragen Sie, ob er überhaupt Zeit für Sie hat oder ob Sie lieber später anrufen sollen. Geraten Sie nicht in Panik, wenn Sie am anderen Ende erst einmal nur Schweigen hören. Versuchen Sie auch dann, Ihr Gegenüber zu lesen und die Situation einzuschätzen.

Die Körpersprache nutzen

Ob andere Sie als schüchtern oder selb­st­be­wusst einschätzen, hängt auch von Ihrer äußeren Erscheinung ab, von Kleidung und Körperhaltung. Kon­trol­lieren Sie sich deshalb hin und wieder: Wie sitzen oder stehen Sie? Was drückt Ihre Mimik und Gestik aus? Achten Sie darauf, immer angemessen gekleidet zu sein. Sie sollten sich nicht verkleidet fühlen, aber Ihre Kleidung sollte dem Bild entsprechen, das Sie den anderen von sich selbst vermitteln wollen. Bitten Sie Ihre Freunde um Rückmeldungen, oder nehmen Sie sich auf Video auf. Auf Ve­r­anstal­tun­gen sollten Sie sich gründlich vorbereiten. Überlegen Sie genau, was Sie erreichen und wie Sie auf andere wirken wollen. Auch wenn Sie sich noch so gehemmt fühlen: Zeigen Sie eine möglichst selb­st­sichere Körpersprache. Bewegen Sie sich entspannt, sehen Sie die anderen direkt an, sprechen Sie deutlich. Ihr Gegenüber wird entsprechend auf Sie reagieren.

Kom­mu­nika­tion für Schüchterne

Schüchterne Menschen lieben E-Mails, denn sie ersparen ihnen den direkten Kontakt. In manchen Situationen ist es aber besser, sich vom Drang zum Mailen zu lösen und das persönliche Gespräch zu suchen. Wenn Sie doch mailen und auf Ihre Mail erst einmal keine Antwort bekommen, seien Sie nicht entmutigt. Viele Menschen werden heute mit so vielen In­for­ma­tio­nen überflutet, dass eine einzelne Mail untergehen kann. Bleiben Sie beharrlich, fassen Sie nach. Formulieren Sie Ihr Anliegen kurz und prägnant. In aggressiver Stimmung sollten Sie nicht mailen; warten Sie, bis Sie sich beruhigt haben.

„Wir müssen lernen, uns gegen uns selbst und unsere Gefühle durchzuset­zen, damit wir unsere Ziele erreichen.“

Soziale Netzwerke im Internet sind gerade für Schüchterne ideal. Wenn Sie sich scheuen, mit einem Menschen direkt Kontakt aufzunehmen, fällt es Ihnen vielleicht über Facebook oder LinkedIn leichter. Möglicher­weise entdecken Sie über solche Netzwerke sogar einen Bekannten, der Ihnen helfen kann, den Kontakt zu jemand anderem herzustellen. Netzwerke bieten auch eine gute Gelegenheit, sich selbst darzustellen und In­for­ma­tio­nen über andere zu erhalten.

Erfolgreich verkaufen

Verkaufen ist gerade für ängstliche Menschen etwas aus­ge­sprochen Unan­genehmes. Auch wenn Sie nicht Verkäufer im eigentlichen Sinn sind, gehört Verkaufen manchmal einfach zu Ihrem Job – und es entscheidet maßgeblich über Ihren Erfolg. Ablehnung und Misserfolg erlebt jeder Verkäufer, nehmen Sie das nicht persönlich. Bleiben Sie beharrlich: Im Durch­schnitt braucht es sieben Kontakte mit einem Kunden, bis er kauft. Sie müssen sich selbst für Ihr Produkt begeistern und diese Begeis­terung auch zeigen.

„Je mehr Sie handeln, desto weniger schüchtern werden Sie sich fühlen.“

Legen Sie sich eine Strategie zurecht, wie Sie welche Kunden ansprechen möchten. Falls Ihnen die Kaltakquise Probleme macht und Sie nur Absagen ernten, konzen­tri­eren Sie sich zunächst auf die Beziehungen zu Ihren poten­ziellen Kunden. Auch im Umgang mit Kunden ist es wichtig, dass Sie abschätzen können, was in Ihrem Gegenüber vorgeht. Setzen Sie sich bei Kun­denkon­tak­ten nicht selbst unter Druck. Es geht nicht um Leben und Tod, sondern nur darum festzustellen, ob Ihre Di­en­stleis­tung zu den Bedürfnissen des Kunden passt – mehr nicht.

Selb­st­be­wusst im Ar­beit­sall­tag

Wenn es im Beruf­sall­tag Konflikte gibt, versuchen Sie die Sache nicht zu persönlich zu nehmen. Bleiben Sie stattdessen neugierig und beobachten Sie die Situation: Was spielt sich gerade zwischen den Beteiligten ab? Sollte ein Kollege oder der Chef Sie zu schikanieren beginnen, versuchen Sie nicht, durch Ihr Verhalten sein Wohlwollen zu erwerben. Damit machen Sie sich nur von ihm abhängig und verschärfen das Problem.

„All diese Sorgen, was Sie bloß sagen sollen, sind reine En­ergiev­er­schwen­dung, denn die meisten Leute hören ohnehin nicht richtig zu.“

Ziehen Sie stattdessen klare Grenzen. Lernen Sie, Nein zu sagen. Wenn Sie etwas nicht akzeptieren möchten, schlagen Sie Al­ter­na­tiven vor. Beginnen Sie bei Kundengesprächen nicht mit den heiklen Themen. Sprechen Sie erst einmal über Termine und gehen Sie erst gegen Ende auf Ihr Honorar ein. Leiden Sie nicht still vor sich hin, wenn Ihnen Ihr Chef schon länger eine Gehaltserhöhung versprochen hat und Sie jetzt nichts mehr von ihm hören. Sprechen Sie ihn nochmals darauf an. Versuchen Sie bei diesem Gespräch die Position Ihres Vorge­set­zten nachzu­vol­lziehen. Je besser Sie ihn verstehen, umso souveräner werden Sie reagieren. Wenn Sie gerne an einem Projekt mitarbeiten würden, aber nicht gefragt werden, lassen Sie Ihren Chef immer wieder wissen, in welchen Bereichen Sie Ihre Stärken gerne ausspielen möchten.

Über die Autorin

Ilise Benun ist die Gründerin des Be­ratung­sun­ternehmens Marketing Mentor, das vor allem Selbstständige und kleine Unternehmen als Kunden hat.