Das Tao im Management

Buch Das Tao im Management

Fernöstliche Weisheiten für das Geschäftsleben

Wiley-VCH,


Rezension

Es sind nicht immer die harten Bandagen, die im Geschäftsleben zum Ziel führen, sagt der Sinologe und Busi­ness­coach Ansgar Gerstner. Der oft er­fol­gre­ichere Weg besteht darin, sich in Abläufe und Ver­hal­tensweisen einzufühlen – wie es der Taoismus vorschlägt. Die auf Lao Tse zurückgehende, chinesische Philosophie hält Prinzipien parat, die man erstaunlich reibungslos in den beruflichen Alltag integrieren kann. Gerstners kleines, schwarzes Büchlein zeigt wie – und unterfüttert die Theorie mit konkreten Beispielen. Ob Warren Buffet, Bill Gates oder Herb Kelleher – bei allen ist die taoistische Haltung für den Erfolg mitver­ant­wortlich, sagt Gerstner. Egal, welchen Aspekt des modernen Managements er anspricht, er schafft es, ihn auf wenige, zentrale Begriffe des Taoismus zurückzuführen. Wer sich diese in der Hektik des Ar­beit­sall­t­ags vergegenwärtigen will, findet am Ende jedes Kapitels die wichtigsten „Tao-Take-aways“. BooksInShort empfiehlt den Ratgeber allen Führungskräften, die nicht von einem Man­age­ment­trend zum nächsten hüpfen wollen, sondern zeitlose Prinzipien suchen.

Take-aways

  • Der Taoismus ist eine ganzheitliche Philosophie, die sich u. a. damit beschäftigt, wie man Menschen führt.
  • Der Taoismus setzt auf Vertrauen, Win-win-Sit­u­a­tio­nen, Nach­haltigkeit und Einfachheit.
  • Vertrauen Sie bei Entschei­dun­gen auf Ihre Intuition.
  • Durch Kooperation und Offenheit erreichen Sie, dass man Ihnen In­for­ma­tio­nen anvertraut, die Ihnen neue Möglichkeiten eröffnen.
  • Der taoistische Weg bedeutet, laufend Reparaturen vorzunehmen, bevor ein großes Problem entstehen kann.
  • Nur ein ko­op­er­a­tiver Führungsstil spornt Mitarbeiter zu Höchstleis­tun­gen an.
  • Bleiben Sie konsistent in Ihren Handlungen – und damit glaubwürdig als Führungskraft.
  • Mit Feng-Shui gestalten Sie Büroräume so, dass die Mitarbeiter sich wohlfühlen und die Produktivität steigt.
  • Leben Sie in Ihrem eigenen Rhythmus. Tai-Chi und Meditation helfen bei Stress.
  • Planen Sie sorgfältig und tun Sie das Richtige im richtigen Moment.
 

Zusammenfassung

Taoismus für die heutige Zeit

Krisen gibt es immer wieder, kleine und große. Manche sind eine Bedrohung für Ihr Unternehmen, andere eher eine Chance zur Ne­u­po­si­tion­ierung. Die Kriterien für un­ternehmerischen Erfolg sind durchaus bekannt, nur geht es eben – wie bei der Zubereitung eines gelungenen Menüs – nicht um die einzelnen Zutaten, sondern um deren Zusam­men­spiel. Wenn Sie Ihr Unternehmen langfristig in der Gewinnzone halten möchten, müssen Sie also wie ein guter Koch vorgehen, der weiß, wie sich die In­gre­dien­zen ergänzen, wie die Reihenfolge und das Timing sein müssen, damit am Schluss ein Gau­men­schmaus entsteht. Der Taoismus beherzigt dies: Auch hier geht es nicht um ein beliebiges Mischmasch von Einzel­teilen, sondern um das, was alles zusammenhält, um eine ganzheitliche Perspektive. Der Taoismus erklärt das Leben nicht, aber er schafft einen Zugang zu ihm.

„Der strate­gis­che Rat, den das Tao-Te-King seit nunmehr 2300 Jahren bereithält, kann auch heute helfen, ein stabiles Fundament für Geschäfte und Unternehmen zu legen.“

Tao heißt „Weg“; der Weg ist im Taoismus die Grundlage allen Seins. Der Kerntext des Taoismus ist das Tao-Te-King, ein schmales Werk, das zur Lebensführung, aber auch zur Menschenführung anleitet. Offenbar wurde es für Machthaber verfasst, und genau deshalb ist es auch für die Wirtschaft­selite des 21. Jahrhun­derts lesenswert. Obwohl das Buch über 2000 Jahre alt ist, liefert es er­staunliche Antworten auf moderne Themen. Taoisten waren schon im alten China un­kon­ven­tionell und der moderne Taoist ist nicht anders: Er ist im Denken frei; er fliegt um die Welt, nutzt das Internet, liebt die Großstadt, ist gle­ichzeitig mit tra­di­tionellen Lehren, Meditation und Tai-Chi vertraut und fühlt sich in der Natur zu Hause.

Die zentralen Begriffe

Ein zentraler Begriff im Taoismus ist „wu-wei“ – oft übersetzt als Nichthandeln. Damit ist aber nicht gemeint, dass man die Hände in den Schoß legt, sondern vielmehr, dass man eine Situation erst richtig einschätzt und danach erst entscheidet, ob man handelt oder nicht. Das setzt Intuition und sicheren Instinkt voraus. Man muss mit sich und der Welt in Einklang sein. Lernen können Sie das durch Kalligrafie, Musik, Meditation und Kampfkünste. Warren Buffett beispiel­sweise ist nicht so reich geworden, weil er überall mitmischt, sondern weil er auf Grundregeln, En­twick­lung­s­ten­den­zen und Strategien setzt, weil er die Einfachheit beherrscht. Solange Sie glauben, etwas erzwingen zu müssen, gefährden Sie den Erfolg, vor allem dann, wenn Sie Ihre Stärken und Schwächen nicht kennen und arrogant statt kooperativ handeln.

„Moderne Taoisten sind uneingeschränkte Experten in ihrem Metier, aber genau das Gegenteil von Spezial­is­ten mit Tunnelblick.“

Eine weitere Säule des Taoismus und ein wichtiges Merkmal von Geschäfts­beziehun­gen ist Vertrauen. Sie können eine Menge Klauseln in Ihre Verträge schreiben, doch ohne Vertrauen erleiden gemeinsame Projekte Schiffbruch. Zudem strebt der Taoismus nach Win-win-Sit­u­a­tio­nen – das zahlt sich auch im Geschäftsleben aus. Wo Mitarbeiter sich wohlfühlen, sind sie kreativ und schöpfen ihre Möglichkeiten effektiv aus. Selbst bei Themen wie Umweltschutz und sozialer Ve­r­ant­wor­tung lassen sich Win-win-Sit­u­a­tio­nen schaffen, wie viele grüne Geschäftsmodelle auch großer Unternehmen zeigen. Gewinn auf Kosten der Umwelt oder anderer Menschen zu machen, läuft dem taois­tis­chen Prinzip zuwider. Vielmehr wird auf Beständigkeit und Nach­haltigkeit geschaut und Wert auf langfristige Per­spek­tiven gelegt. Deshalb sollte man sich auch nicht le­icht­fer­tig von Führungskräften trennen. Diese wiederum sollten sich in Reduktion und Einfachheit üben, sich nicht andauernd überall einmischen und die Dinge lieber laufen lassen. Manager neigen dazu, aus Angst vor Kon­trol­lver­lust ihre Auf­gaben­liste ständig zu erweitern. Dabei liegt die Kunst in der Einfachheit; diese gilt es zu kultivieren.

Kampflos gewinnen

Natürlich möchten Sie nicht auf der Ver­lier­er­seite stehen: Wenn Sie Win-win-Sit­u­a­tio­nen schaffen, kann das auch gar nicht passieren. Kooperation und Offenheit im Geschäftsleben erlauben eine nicht konkur­ri­erende Konkurrenz, und davon profitieren Sie folgendermaßen: Sie erhöhen Ihre Glaubwürdigkeit, erhalten mehr In­for­ma­tio­nen und finden dadurch neue Geschäftsmöglichkeiten. Ganz ohne Stress wird Ihr Ar­beit­sall­tag wohl nicht ablaufen, das ist aber kein Grund, aggressiv zu werden. Mit Spannungen umzugehen und für Harmonie zu sorgen, müssen Sie eben lernen. Dann kann Ihr Team sich schnell wieder auf seine eigentliche Aufgabe besinnen und angek­nack­ste Geschäfts­beziehun­gen werden sich entspannen.

„Zu viel der Aufregung, zu viel des Einmischens kann eine delikate An­gele­gen­heit kaputt machen.“

Flexibilität ist heute unumgänglich. Sie müssen sich immer wieder anpassen und gegen Routine angehen, auch wenn diese – z. B. im Kun­denser­vice – manches erleichtern mag. Hin­ter­fra­gen Sie Ihr Verhalten und fördern Sie in Ihrem Unternehmen die Lernkultur, damit Wissen nicht nur von oben nach unten, sondern in alle Richtungen strömt. Der taoistische Weg bedeutet, dass Sie vo­rauss­chauend auf Details achten und ständig Wartungsar­beiten vornehmen, sodass eine Gen­er­al­sanierung gar nicht erst nötig wird. General Motors hat das versäumt: Das Unternehmen reagierte zu spät auf die Änderungen am Markt und geriet in der Folge ordentlich ins Trudeln. Anders Toyota: Dort pflegt man die Kultur des kon­tinuier­lichen Optimierens, im Fer­ti­gung­sprozess genauso wie im Per­son­al­bere­ich.

Führen im taois­tis­chen Stil

Als Chef müssen Sie nicht herrschen und befehlen, um die Ressourcen und Potenziale Ihrer Mitarbeiter auszuschöpfen. Die Elemente eines ko­op­er­a­tiven Führungsstils sind Motivation und Inspiration. Das Tao-Te-King rät Ihnen, Ihre Macht als Chef nicht jeden Tag zu demon­stri­eren. Sie sind ohnehin der Stärkere. Wenn Sie den anderen mehr Spielraum lassen, sorgen Sie für eine Atmosphäre, in der die Mitarbeiter mit Begeis­terung arbeiten und sich weit­er­en­twick­eln können. Die besten Führungspersönlichkeiten bleiben im Hintergrund, konzen­tri­eren sich auf die Mitarbeiter, die sie führen, statt sich selbst, und handeln so, wie sie denken und reden.

„Taoisten betrachten Macht­gerangel als für alle Beteiligten letztlich destruktiv, als Ausdruck von Überhe­blichkeit und Blindheit gegenüber verfügbaren Potenzialen.“

Erinnern Sie sich an „wu-wei“ – das bedeutet ja nicht Passivität, sondern dass Sie mit Le­ichtigkeit durch den Alltag gehen. Wer zu viel fordert und kon­trol­liert, macht alles unnötig kompliziert. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter und geben Sie ihnen die Richtung vor. Dafür ist vor allem Ihr Vorbild auss­chlaggebend. Sie dürfen selb­st­sicher auftreten, aber Arroganz und Überhe­blichkeit schaden. Höchstleis­tun­gen bringen Ihre Mitarbeiter dagegen dann, wenn sie Sie bewundern – für Ihren Arbeitsstil, Ihre Geduld, Ihre Ruhe, dafür, dass Sie zuhören und gute Entschei­dun­gen treffen. Halten Sie sich immer den Standpunkt des Tao-Te-King vor Augen, nach dem man den Menschen, die man führt, dienen sollte. Klingt vielleicht uncool, aber es zahlt sich letztlich für Sie aus, wenn die Bedingungen für Ihre Mitarbeiter genauso her­vor­ra­gend sind wie der Service für Ihre Kunden.

„Probleme vorherzuse­hen und ko­r­rigierend einzu­greifen, bevor sie außer Kontrolle geraten, kann Geld sparen, Einnahmen erhöhen, die Wet­tbe­werbsfähigkeit verbessern und dem Unternehmen dabei helfen, zu überleben.“

Ohne Kom­mu­nika­tion läuft in einem Unternehmen gar nichts. „Tzu-jan“ bedeutet, natürlich, authentisch und in Einklang mit sich selbst zu sein. Dies ist der Schlüssel zu er­fol­gre­icher Kom­mu­nika­tion. Sie müssen sich nämlich zuerst einmal mit sich selbst verständigen, also auf Ihre innere Stimme hören, bevor Sie die In­for­ma­tio­nen von anderen aufnehmen und verarbeiten können. Als aus­geglich­enem Teamchef fällt es Ihnen leicht, Ihre Mitarbeiter zu führen. Andere Meinungen und un­ter­schiedliche Herange­hensweisen sind konstruktiv, also seien Sie offen dafür.

„Ein kluges taois­tis­ches Unternehmen gestaltet seine Büroräum­lichkeiten so, dass alle gerne darin ihre Zeit verbringen.“

Emotionale Intelligenz wird oft noch unterschätzt, dabei ist sie laut Studien von Daniel Goleman und anderen entschei­dend für Ihren Erfolg als Führungskraft. Wenn Emotionen hochkochen, können Sie mit Feinfühligkeit die Wogen wieder glätten. Die Mitarbeiter sehen es gerne, wenn Sie in ihrem Interesse handeln, wenn es auch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ein Win-win-Denken gibt. Herb Kelleher, der ehemalige CEO von Southwest Airlines, hatte immer die Fürsorge der Belegschaft im Auge, und diese dankte es ihm, indem sie sich in hohem Maß mit dem Unternehmen iden­ti­fizierte. Vergessen Sie nicht, dass Ihre Charak­tereigen­schaften das Verhalten und die Leistungen Ihrer Mitarbeiter bee­in­flussen. Wenn Sie in Ihren Handlungen konsistent sind, werden Ihre Mitarbeiter sich um gute Leistungen bemühen.

Sich wohlfühlen und Stress abbauen

Kein Zweifel, eine angenehme Umgebung steigert die Leis­tungs­bere­itschaft. Büroräume sollten also ein Umfeld sein, das motiviert und die Kom­mu­nika­tion fördert. Gestalten Sie die Räume nach Gesicht­spunk­ten des Feng-Shui. Diese uralte chinesische Tradition zielt darauf ab, Gebäude so zu gestalten und Räume so einzurichten, dass die Menschen sich darin wohlfühlen. Wer sich gut fühlt, ist motiviert und produktiv. Richten Sie Räume ein, die der Entspannung und Ruhe dienen, und solche, die für die Kom­mu­nika­tion vorgesehen sind. Ein Fenster mit Blick ins Grüne ist ideal. Wo es das nicht gibt, können natürliche Materialien, Wasser, Holz und Pflanzen die Kraft der Natur ins Büro holen.

„Ein von Ballast befreiter Geist ermöglicht es, neue Ideen, Vorschläge und Anregungen schneller aufzu­greifen.“

Bekämpfen Sie Stress nicht mit einer Kanne Kaffee, einem Glas Whisky oder ein paar Tafeln Schokolade, damit ruinieren Sie nur Ihre Gesundheit. Lernen Sie, ruhig und in Ihrem eigenen Rhythmus zu leben. Tai-Chi lehrt Sie diesen Rhythmus, und Meditation lässt Sie emotional aus­geglichen werden. Gerade als Führungskraft brauchen Sie ein hohes En­ergien­iveau. Erhalten Sie sich dieses durch Ruhezeiten in Ihrem Tagesablauf – da genügt oft schon ein kleiner Spaziergang. Sie sollten nicht zu viel im Kopf haben: Nur wenn der Geist offen und frei ist, werden Sie auch unter Stress effizient arbeiten. Versuchen Sie ein Stück weit zur Leben­shal­tung eines Kleinkindes zurückzufinden: authentisch, natürlich, flexibel, spontan und randvoll mit Energie.

Richtig handeln in Krisen­zeiten

Wirtschaft­skrisen kommen nicht aus dem Nichts. Den kritischen Stimmen wird nur nicht zugehört. Unternehmen wie Merrill Lynch, Lehman Brothers und andere hatten of­fen­sichtlich kein bzw. ein falsches Gefühl für Risiko. Ein nach taois­tis­chen Regeln handelnder CEO wendet vorsichtige Strategien an. Wachsamkeit, organisches Wachstum und kleine Schritte führen zum Erfolg, nicht die schnelle Abkürzung. Das Gute an der Krise ist aber, dass sie Gelegenheit gibt, Man­age­ment­fehler zu korrigieren und die Wahrnehmung zu schärfen. Offenbar trauen wir gerade den einfachsten und wesentlich­sten Dingen nicht und sollten uns doch genau daran orientieren.

„Die Krise un­ter­stre­icht auch die Botschaft des Tao-Te-King für moderne Geschäftsleute: Werfen Sie einen ganzheitlichen Blick auf Fragen der Un­ternehmensstrate­gie.“

Wenn Sie noch immer auf schnelle Gewinne aus sind, verstehen Sie den Share­holder-Value falsch. Kurz- und langfristige Gewinne müssen aufeinander abgestimmt sein, wenn alle Beteiligten auf lange Sicht profitieren und auch künftige Gen­er­a­tio­nen noch in Wohlstand leben sollen. Planen Sie deshalb alle Schritte, die Sie unternehmen, sorgfältig und in Einklang mit den zentralen taois­tis­chen Werten: Beständigkeit, Nach­haltigkeit und langfristige Effizienz. Kurzsichtigkeit ist der letzten Krise vo­raus­ge­gan­gen: Viele Menschen ignorierten erkennbare Risiken einfach, um das schnelle Geld zu machen. Befolgen Sie den Rat des Tao-Te-King, maßzuhalten und zu erkennen, wann es genug ist.

„Beständigkeit, Nach­haltigkeit und langfristige Effizienz stehen im Zentrum taois­tis­chen Denkens.“

Leider führen auch taoistische Prinzipien nicht automatisch auf die Erfolgsspur. Aber gerade wenn wichtige Aufgaben anstehen, finden Sie im Tao strate­gis­chen Rat, allem voran „wu-wei“. Im richtigen Moment richtig zu handeln, kann Sie davor bewahren, Ihr Unternehmen an die Wand zu fahren. Es hilft Ihnen ebenso, es aus der Krise zu führen. Vo­raus­ge­setzt, Sie sind mit sich und Ihrer Umgebung in Einklang.

Über den Autor

Ansgar Gerstner ist studierter Sinologe und arbeitet als Trainer für fernöstliche Kampfkunst und Coach. Er entwickelt Programme für Executive Health, Corporate Health und Un­ternehmen­skul­tur. Gerstner lebt in Shanghai und Österreich.