Rahmenbedingungen für wirksame Führung
Gute Führung kann sich nur unter den richtigen Rahmenbedingungen entwickeln. Die folgenden Aspekte sollten Sie besonders beachten:
- Verständnis von Arbeit: Aufgrund der kulturellen und demografischen Entwicklungen prallen unterschiedliche Arbeitseinstellungen aufeinander, mit denen Führungskräfte umgehen müssen. Zudem stehen sie in einem Spannungsfeld zwischen ihren Vorgesetzten und ihren Untergebenen sowie zwischen den Unternehmenszielen und dem gesellschaftlichen Umfeld. Nur eine gefestigte und souveräne Persönlichkeit kann diese unterschiedlichen Anforderungen aushalten und meistern.
- Unternehmenskultur: Sie darf nicht nur profitorientiert sein, sondern muss kulturelle Regeln und Werte umfassen, die unterschiedliche Mitarbeiter zusammenhalten und es den Führungskräften leicht machen, sich für das Unternehmen einzusetzen.
- Konkurrenzkultur: Eine konstruktive Konkurrenzkultur innerhalb der Firma orientiert sich an gemeinsamen Zielen und fördert die Potenziale und Qualifikationen aller Mitarbeiter. Eine negative Konkurrenzkultur, in der jeder bestrebt ist, die eigenen Machtpositionen zu verteidigen, läuft Gefahr, hoch qualifizierte Mitarbeiter zu vertreiben.
- Kompetenzfelder: An erster Stelle braucht eine Führungskraft psychologisches Verständnis und soziale Fähigkeiten, um die eigene Wirkung sowie die Mitarbeiterkompetenzen einschätzen zu können. Zudem muss sie fachlich genügend qualifiziert sein, um die Leistungen ihrer Mitarbeiter bewerten zu können. Schließlich sind Managementqualitäten in kaufmännischer und ergebnisorientierter Führung von Belang.
Führungsstile im Vergleich
Jeder Führungsstil hat seine Vor- und Nachteile – je nach Situation. Insofern gibt es keinen eindeutig richtigen oder falschen Stil. Bleiben Sie flexibel und klammern Sie sich nicht an eine einzige Theorie. Die wichtigsten Führungstypen sind:
- Der Charismatiker: Er ist fähig, in seiner Umgebung starke Gefühle auszulösen und seine Mitarbeiter zu guten Leistungen anzuspornen. Andere hochrangige Mitarbeiter verschwinden jedoch leicht in seinem Schatten. Verlässt er das Unternehmen, kann dieses orientierungslos werden.
- Der Patriarch: Er steht oft kleinen Betrieben, manchmal aber auch großen Konzernen vor. In kleinen Unternehmen pflegt er unmittelbaren Kontakt zu den Kunden und Lieferanten. Seine Mitarbeiter arbeiten ihm direkt zu, weshalb solche Betriebe keinen guten Nährboden für andere Führungskräfte bieten.
- Der Dulder: Sein Laisser-faire-Stil bedeutet, dass er sich zurückhält, keine Konflikte heraufbeschwört und im Streitfall Konsens herstellt. Vor allem im mittleren Management kompensieren Führungskräfte oft ihre Sandwichposition, bei der sie Druck von oben und von unten aushalten müssen, indem sie die Verantwortung für das Handeln ihrer Untergebenen denen selbst überlassen. In schwierigen Zeiten bietet der Laisser-faire-Stil keine klare Orientierung.
- Die Autorität: Der autoritäre Führungsstil spricht den Mitarbeitern eine innere Motivation für ihre Leistungen ab. Bei Aufgaben werden sie genauestens angeleitet, wobei die Führungskraft die Verantwortung behält. Dieser Führungsstil ist kaum geeignet, aufstrebende Mitarbeiter ins Unternehmen zu ziehen oder sie zu halten. Er kann allerdings in Ausnahmesituationen, z. B. während Krisen, sinnvoll sein.
- Der Kooperateur: Er baut auf partnerschaftliche, gleichberechtigte, informelle, kompetenzbezogene und persönliche Beziehungen. Er kann zum Problem werden, wenn er einzelne Beziehungen intensiviert und wenn dadurch die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter leidet. In Krisenzeiten kann der freundschaftliche Umgangston zum Ballast werden.
- Der Flexible: Der situative Führungsstil passt sich den Anforderungen und dem Reifegrad der Mitarbeiter an. Sie erhalten Unterweisungen, wenn sie den Aufgabenstellungen nicht gewachsen sind. Bei Sonderaufgaben ist es u. U. nötig, dass die Führungskraft Mitarbeiter mit mäßiger Reife von ihrem Potenzial überzeugt. Gegenüber Mitarbeitern mit einem hohen Reifegrad verhält sich die Führungskraft sehr beziehungs- und weniger aufgabenorientiert. Besonders reife Mitarbeiter können auch auf die persönliche Beziehung verzichten. Ihnen können Aufgaben und Verantwortungen delegiert werden, und sie wissen den großen Spielraum zu nutzen.
- Der Autonome: Dieser Führungsstil geht davon aus, dass die Mitarbeiter intrinsisch motiviert sind und von sich aus Optimales leisten würden, wenn man nur die einschränkenden Normen abbaute. Es besteht aber die Gefahr, dass sich egoistische Bestrebungen durchsetzen oder dass das gemeinsame Unternehmensziel in zahlreiche Individualziele aufgesplittet wird, was zu Chaos und Desorientierung führt.
Wertvolle Tugenden
Eine Führungspersönlichkeit muss nicht alles können. Die folgenden Qualitäten aber sollten Sie mitbringen:
- Disziplin: Sie müssen bereit sein, persönliche Privilegien zugunsten der Gemeinschaft aufzugeben, zuverlässig, berechenbar, vorbildhaft und konsistent zu bleiben und Zeit für die Belange der Mitarbeiter aufzubringen. Amerikanische Wissenschaftler haben in vergleichenden Studien festgestellt, dass Disziplin erfolgsfördernder ist als ein hoher IQ.
- Mut: Er kann bedeuten, dass Sie auf der Grundlage des Vertrauens in Ihre eigene Kompetenz Vorgaben von Vorgesetzten infrage stellen, anstatt sie kritiklos Ihren eigenen Mitarbeitern überzustülpen. Mut fordert auch die Fähigkeit zur Kritik an der eigenen Person.
- Stärke: Eine starke Persönlichkeit entwickeln Sie, indem Sie schwierige Situationen meistern und an Fehlern wachsen. Weil starke Persönlichkeiten das Potenzial und die Autonomie ihrer Mitarbeiter fördern, folgen diese ihnen freiwillig.
- Authentizität: Mitreißende Führungspersönlichkeiten zeichnen sich durch ihre Echtheit aus. Gespieltes Verhalten verschleißt nur Energie.
- Emotionale Intelligenz: Um andere Menschen zu führen, reichen intellektuelle Fähigkeiten nicht aus. Sie müssen Ihre eigenen Emotionen und die Ihrer Mitarbeiter kennen, um sie konstruktiv zu nutzen.
- Visionäres Denken: Eine Vision geht über konkrete Unternehmensziele hinaus. Sie schweißt zusammen, stiftet Sinn und beflügelt die Arbeit. Ein Beispiel für eine Vision wäre, sich für eine gesündere Umwelt einzusetzen. Apple-Gründer Steve Jobs hatte die Vision, dass auf jedem Schreibtisch ein Computer steht.
Autorität und Macht
Sie müssen unterscheiden zwischen der Amtsautorität, die verliehen wird, der Fachautorität, die Sie durch Ihre Qualifikationen und Erfahrungen erwerben, und Ihrer persönlichen Autorität, die auf Ihren Charaktereigenschaften, Wertvorstellungen und Glaubenssätzen beruht. Im Idealfall wirken alle drei zusammen. Bei der Menschenführung ist jedoch die persönliche Autorität ausschlaggebend. Dass Mitarbeiter allein aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation zu Führungskräften aufsteigen, wie es in der Praxis oft geschieht, ist problematisch, da die neue Rolle gänzlich andere Anforderungen stellt.
„Viele Unternehmen beurteilen die Leistung der Führungskräfte nach deren Produktivitäts- und Umsatzzahlen, nicht jedoch nach der Qualität der Führung.“
Führungskräfte haben durch ihre Position de facto Macht über andere, da sie deren Verhalten sanktionieren können. Wer Macht hat, muss sie umsichtig einsetzen, damit er von den Mitarbeitern als Führungskraft akzeptiert wird – so gesehen ist Macht auch relativ.
Entscheiden als Hauptaufgabe von Führungskräften
Entscheidungen werden meist dann notwendig, wenn ein Problem auftaucht. Sammeln Sie in diesem Fall so viele Informationen wie möglich über den zu entscheidenden Sachverhalt. Die Ursache des Problems gibt meist bereits erste Hinweise auf seine Lösung.
„Führungskräfte sind sich der Werkzeuge der Manipulation bewusst und setzen sie zum Wohle der Organisation und ihrer Ziele ein.“
Zögern Sie Entscheidungen nicht hinaus. Bedenken Sie alle Konsequenzen der Handlungsalternativen – also nicht nur die ökonomischen –, um mögliche Folgeprobleme zu verhindern. Dringliche Entscheidungen können Sie auch spontan fällen. Treffen Sie Ihre Entscheidungen stets mit Kopf und Bauch. Sie können Ihre Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einbeziehen, die letzte Entscheidung sollte jedoch von demjenigen getroffen werden, der die Verantwortung für die Umsetzung übernimmt.
Wichtige Handlungsmaximen erfolgreicher Führungskräfte
Egal, welchen Führungsstil Sie pflegen – die folgenden Handlungsmaximen haben sich in der Praxis bewährt:
- Richtige Mitarbeiter finden: Haben Sie den Mut, Bewerber einzustellen, die anders sind als Sie selbst. Zu ähnliche Menschen nehmen einen gemeinsamen blinden Fleck nicht wahr.
- Flow: Finden Sie bei Ihren Mitarbeitern den Mittelweg zwischen Über- und Unterforderung, zwischen Stress und Langeweile. Wer sich auf diesem Grat bewegt, gelangt einfacher in den „Flow-Zustand“, der optimale Arbeitsergebnisse hervorbringt. Beachten Sie nicht nur die Fähigkeiten und die Reife Ihrer Mitarbeiter, sondern auch deren Vorlieben, beispielsweise ob sie lieber alleine oder im Team arbeiten.
- Kritik an der Führung: Akzeptieren Sie Kritik an Ihrer Person, sofern sie konstruktiv und sachlich ist sowie positiven Zielen dient.
- Nicht motivieren: Äußere Anreize, Merksätze und Belohnungen motivieren nur kurzzeitig und müssen daher wiederholt oder sogar verstärkt werden. Bauen Sie stattdessen auf die innere Motivation Ihrer Mitarbeiter, auf ihre Neugierde und ihr Interesse. Sind Sie mit den Ergebnissen eines Mitarbeiters unzufrieden, führen Sie mit ihm ein Korrekturgespräch.
- Arbeitssinn: Jedem Mitarbeiter muss klar sein, inwiefern er mit seinem Beitrag dem Unternehmen nützt.
- Delegieren: Delegieren ist die beste Methode, sich selbst zu entlasten und die Mitarbeiter zu fördern. Setzen Sie diese gemäß ihren Fähigkeiten ein. Delegieren Sie systematisch: Halten Sie Zielsetzung, Zwischenziele, Kontrolltermine und die beteiligten Mitarbeiter fest.
- Manipulation: Man kann nicht nicht manipulieren. Allein die Anwesenheit oder der Blick eines Menschen verändern das Verhalten des anderen. Es kommt darauf an, die Werkzeuge der Manipulation zum Wohl der Organisation und gemäß einem am Menschen orientierten Wertesystems einzusetzen.
- Angst: Sie sollte kein Instrument für Motivation sein. Eingeschüchterte Menschen liefern schlechtere Leistungen ab und arbeiten weniger eigenständig.
- Schriftlichkeit: Mündliche Absprachen werden weniger beachtet und umgesetzt als schriftliche. Drücken Sie sich präzise aus und vermeiden Sie Konjunktive oder verdeckte Botschaften.
- Trennen: Mitarbeiter, die nicht die gewünschte Leistung erbringen, richten einen beträchtlichen gesamtwirtschaftlichen Schaden an und demoralisieren das Team. Haben Sie daher den Mut, sich für die Trennung von solchen Mitarbeitern einzusetzen.
- Stress: Führungskräfte sind besonders anfällig für Stress, Erschöpfung und Burn-out. Verdrängen Sie erste Alarmsignale nicht, sonst droht eine Negativspirale. Sorgen Sie für eine ausreichende Work-Life-Balance. In fortgeschrittenem Stadium ist professionelle Hilfe unerlässlich.
- Vision: Ihre wichtigste Führungsherausforderung ist Ihre eigene Selbst- und Lebensführung. Nur wer sich selbst führen kann, kann auch andere führen. Orientieren Sie sich daran, wie Sie dereinst in Erinnerung bleiben möchten.