Wie Sie Krisen erkennen
Im Jahr 2003 eröffnet Sascha Suden mit seinem Kompagnon in Berlin ein Blumengeschäft mit Möbeln und Accessoires. Der Start ist hervorragend, sogar der Deutsche Bundestag zählt zu den Kunden. Die Produkte begeistern, der Service funktioniert. Aber wo viel Licht ist, gibt es auch viel Schatten. Einige Mitarbeiter erweisen sich als unzuverlässig, und manche Kunden stellen Aufträge in Aussicht, die schließlich nicht zustande kommen. 2006 eröffnet man ein weiteres Ladengeschäft, doch leider verkalkulieren sich die Gründer, und die Mittel reichen für die Bezahlung der Umsatzsteuer nicht aus. Es kriselt ein bisschen hier, ein bisschen da, die Unternehmensgründer machen weitere Fehler, Forderungen werden nicht beglichen. 2009 dann die Schließung.
„Es waren die kleinen Fehler im Alltag, die den Erfolg verhinderten.“
An diesen Signalen erkennen Sie, dass in Ihrem Unternehmen etwas nicht stimmt:
- Sie haben Probleme, Forderungen fristgerecht zu begleichen. Zusätzlich machen Ihnen die Fixkosten Probleme.
- Ihre Bank möchte immer wieder mit Ihnen sprechen.
- Sie versuchen verzweifelt und angestrengt, neue Kunden zu akquirieren.
- Sie suchen jede mögliche Ablenkung, um nicht arbeiten zu müssen.
- Sie lassen die Telefone klingeln und die Post liegen.
- Am Abend glauben Sie, tagsüber nichts geleistet zu haben.
Wo Sie sparen können
Wenn Krisen drohen, ist Sparsamkeit die Tugend schlechthin. Ohne sie entwickelt sich schnell ein regelrechter Sog aus Forderungen, Kontopfändungen und Mahnbescheiden mit dem Ergebnis, dass Sie keine Ware mehr einkaufen oder sogar Telefon-, Energie- oder Müllbeseitigungsrechnungen nicht bezahlen können. Kunden und Umsatz bleiben aus, Telefon und Strom werden abgestellt, Sie sind für wichtige Auftraggeber nicht mehr erreichbar – die Abwärtsspirale dreht sich immer weiter.
„Es war nie das Produkt, das fehlerhaft war, sondern es fehlte schlicht an Weitblick.“
Wenn Sie Ihre Kosten unter Kontrolle behalten möchten, beachten Sie Folgendes:
- Kostenpläne erstellen: Listen Sie regelmäßige alle unvermeidbaren Kosten auf, dann folgen mit weniger Priorität die vermeidbaren Kosten. Hier setzen Sie mit dem Sparen an.
- Überblick behalten: Auch kleine Forderungen können ärgerlich werden und sich vervielfachen. Daher brauchen Sie einen Plan darüber, wann was zu bezahlen ist.
- Lange Öffnungszeiten hinterfragen: Bedenken Sie, dass jede Stunde, die Ihr Geschäft geöffnet ist, Personal- und Energiekosten verursacht.
- Kosten für Kuriere und Transport checken: Rechnen Sie diese Ausgaben, evtl. auch den Zoll, beim Einkauf von Ware mit ein.
- Ware überprüfen: Fast immer haben Sie zwei Wochen Zeit, kaputte und falsche Ware zu reklamieren. Versäumen Sie das, ist die Garantie abgelaufen.
- Wechsel von Dienstleistungen: Ein Wechsel zu einem preiswerteren Energielieferanten und Telekommunikationsdienstleister kann sich lohnen, ist aber nicht immer problemlos. Hier gilt es, alle Modalitäten zu prüfen, einen reibungslosen Übergang zu planen und den neuen Vertrag sofort zu kontrollieren.
- Mit Vertretern umgehen: Nur wenn Sie selbst wissen, was Sie brauchen, sollten Sie Verträge abschließen. Das Angebot muss zu Ihnen, zu Ihrem Geschäft, zu Ihren Produkten und Kunden sowie zu Ihrem Image passen.
Regeln Sie Ihre Finanzen
Wie steht es um Ihre eigene Zahlungsmoral? Um Forderungen bezahlen zu können, brauchen Sie unbedingt Finanzreserven. Es ist keine Lösung, Rechnungen nicht zu bezahlen und Mahnbescheide abzuwarten, auch wenn es manchmal Monate dauert, bis Sie tatsächlich zur Zahlung gezwungen werden. Bedenken Sie, dass Sie anderen schaden und sie vielleicht sogar ruinieren, wenn Sie Forderungen nicht begleichen. Außerdem setzen Sie gute Geschäftsbeziehungen aufs Spiel. Beachten Sie zudem folgende Punkte:
- Konten: Eröffnen Sie neben Ihrem Geschäftskonto ein zweites Konto bei einer anderen Bank. Das hilft Ihnen, liquide zu bleiben, sollte das Geschäftskonto gepfändet werden. Nennen Sie das Konto jedoch nicht Ihren Geschäftspartnern, sondern leiten Sie nur über das Hauptkonto Geld dorthin. Überprüfen Sie jede Woche alle Kontobewegungen. Seien Sie besonders sorgfältig, wenn es um die Nummern der Rechnungen und Aufträge geht; nur so können Sie sicher sein, dass Sie Ihr Geld in voller Höhe erhalten haben.
- Lastschriften: Dies ist ein vorteilhaftes Instrument, da Sie damit keine Zahlungen versäumen und sich keine Mahnbescheide aus Nachlässigkeit einhandeln. Wenn Ihr Konto aber nicht gedeckt ist, müssen Sie aktiv werden und sofort mithilfe Ihres Steuerberaters ein Konzept erstellen, um den Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.
- Belege für den Steuerberater: Wenn Sie alle Belege einfach in eine Kiste werfen und diese dann Ihrem Steuerberater überreichen, wird er Ihnen auch nicht mehr helfen können. Arbeiten Sie also alle Belege ordentlich auf und reservieren Sie sich dafür einen Tag in der Woche.
- Betriebswirtschaftliche Auswertungen: Auch kleine Unternehmen haben Kennzahlen, die ihnen vor Augen führen, wie es um die wirtschaftliche Situation steht. Lassen Sie sich von Ihrem Steuerberater auf Ihren Betrieb zugeschnittene Betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) erstellen und beschäftigen Sie sich intensiv damit.
Geldquellen gesucht
Wenn ein Unternehmen in einer Krise steckt, hat das immer etwas mit Geld zu tun. Sie brauchen Kapital, damit es weitergehen kann. Dazu einige Tipps:
- Schreiben Sie Rechnungen sofort, wenn es sich um große Beträge handelt, und einmal wöchentlich bei kleineren Aufträgen.
- Wenn Sie bei größeren Kundenaufträgen in Vorleistung treten müssen, können Sie eine Anzahlung verlangen.
- Misten Sie Ihr Lager regelmäßig aus. Das schafft auch eine mentale Ordnung und Sie haben den Kopf frei für neue Ideen.
- Bei Ihrer Bank bekommen Sie, je nach Lage der Dinge, einen Darlehensvertrag. Die Zinsen können Sie u. U. als Geschäftskosten absetzen und müssen nicht privat dafür geradestehen.
- Wenn Sie zahlreiche offene Forderungen haben, aber wenig Zeit, das Geld einzutreiben, kann ein Factoring-Dienstleister sinnvoll sein: Hierbei kauft eine Factoring-Firma die Forderungen eines Unternehmens auf. Sie kümmert sich dann selbst darum, dass die entsprechenden Rechnungen bezahlt werden. Für diesen Service wird dem Unternehmer eine Gebühr berechnet, die sich prozentual nach der Höhe der Außenstände richtet. Ob sich das Ganze für Sie lohnt, müssen Sie allerdings sehr genau ausrechnen.
Wie Sie mit Mitarbeitern umgehen
Gerade in Krisen ist es sehr schwer, ein vorbildlicher Chef zu sein. Daher sollten Sie viel Sorgfalt auf die Auswahl des Personals, auf die Arbeitsverträge und tariflichen Bestimmungen und vor allem auf Ihr eigenes Benehmen legen. Bei den Arbeitsverträgen müssen Sie unbedingt prüfen, ob für Ihre Berufsgruppen schon Tarifverträge bestehen. Die dort festgelegten Löhne gelten auch für Ihr Unternehmen. Sofern Sie befristete Arbeitsverträge abschließen, informieren Sie sich, was überhaupt zulässig ist, denn hier setzt das Bürgerliche Gesetzbuch enge Grenzen.
„Ich habe viel Geld in den Sand gesetzt, weil ich nicht geizig genug war.“
Regeln Sie unbedingt, welche Dinge während der Arbeitszeit erlaubt und welche tabu sind. Beispiele: Rauchen und die Benutzung des Telefons, besonders des Mobiltelefons. Außerhalb der Pausen sollten Sie dies generell unterbinden, sonst kann es passieren, dass Ihre Mitarbeiter allzu viel Zeit mit SMS und Zigaretten – auch gerne in Kombination – verbringen. Bitten Sie hin und wieder Freunde, als Testkunden im Betrieb aufzutauchen; so finden Sie schnell heraus, wie freundlich und kompetent Ihre Belegschaft ist. Loben Sie Ihre Mitarbeiter und motivieren Sie sie, wenn sie gut arbeiten.
„Machen Sie es sich zur Pflicht, an einem Tag in der Woche alle Belege so aufzustellen, dass Ihr Steuerberater kurzfristig die notwendigen Aufzeichnungen erstellen kann.“
Sollten Sie einem Mitarbeiter kündigen, muss dies in jedem Fall schriftlich erfolgen. Lassen Sie sich ebenfalls schriftlich bestätigen, dass der Mitarbeiter die Kündigung in Empfang genommen hat.
Ihre Unternehmenskultur
Achten Sie darauf, dass Ihr Unternehmen im Umgang mit den Mitarbeitern und den Kunden ein stimmiges Bild vermittelt. Die Unternehmenskultur spielt hier eine ganz entscheidende Rolle. Echte Höflichkeit gegenüber Kunden könnte etwa so aussehen, dass Käufer oder Interessenten grundsätzlich zur Tür begleitet werden. Im Verhaltenskodex Ihres Betriebs sollten Sie regeln,
- wie Kunden vor Ort und am Telefon angesprochen werden,
- ob man sich duzt oder siezt,
- wie der Arbeitsplatz auszusehen hat,
- wie die Ablage funktioniert und
- welche Kleidung zu tragen ist.
„Bei großen Aufträgen würde ich heute vom Kunden zumindest eine Anzahlung verlangen.“
Die Liste können Sie um weitere Punkte erweitern, nur sollten Sie auch stets selbst danach handeln. Sie sind schließlich als Chef das Vorbild.
Wenn nichts mehr geht
Menschen, die in Finanzkrisen stecken, können die Hilfe von Finanzberatern in Anspruch nehmen, und zwar zunächst dergestalt, dass sie eine Übersicht darüber bekommen, wie hoch ihre Verbindlichkeiten sind. Immer wieder steht dabei die Forderung im Raum: Setzen Sie sich mit Ihren Finanzen auseinander, das ist das A und O der Betriebsführung.
„Der Factorer verdient daran, dass er Ihnen eine größere Anzahl von Forderungen abkauft.“
Wenn es absolut nicht mehr weitergeht, schließen Sie Ihren Betrieb. Kurz vor der Insolvenz kann es für Sie besser sein, wenn Sie von sich aus Schluss machen, denn jeder Ihrer Gläubiger, auch das Finanzamt, kann für Ihren Betrieb die Insolvenz beantragen. Wenn Sie die Rechtsform der GmbH haben, ist Ihr Privatvermögen geschützt.
„Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie merken, dass Sie den Überblick verlieren.“
Finden Sie einen günstigen Zeitpunkt, um Ihr Geschäft schließen. Planen Sie, bis wann Sie laufende Verträge, beispielsweise den Mietvertrag, gekündigt haben müssen. Setzen Sie alle Beteiligten in Kenntnis – am besten schriftlich per Einschreiben. Vergessen Sie nicht, Ihr Gewerbe korrekt abzumelden.