Hilfe, ich habe gegründet!

Buch Hilfe, ich habe gegründet!

Wie aus kleinen Fehlern eine große Krise wurde – Ein Erfahrungsbericht mit Tipps zum Bessermachen

Linde,


Rezension

Es gibt 1000 Tipps, wie man sich selbstständig machen kann, zur Pleite führen jedoch immer wieder die gleichen entschei­den­den Fehler – und die lassen sich oft vermeiden. Gewöhnlich sind es scheinbare Banalitäten wie eine un­or­dentliche Buchführung oder eine un­sys­tem­a­tis­che Ablage. Scho­nungs­los ehrlich und ohne zu jammern beschreibt Sascha Suden, wie sein Traum, ein Einzel­han­dels­geschäft für Blumen, Möbel und Accessoires, zum Albtraum wurde – trotz her­vor­ra­gen­der Geschäfte und exklusiver Kundschaft. Die Gründe für die Pleite: Uner­fahren­heit, Fehlplanung, Naivität. Ein wichtiges Buch also für alle, die in den Startlöchern zur Selbständigkeit stehen, denn aus den Fehlern anderer lernt man fast so gut wie aus eigenen. Einziges Manko: Viele der Ex­per­ten­tipps, die den Bericht des Autors ergänzen, bleiben oberflächlich. Wichtige In­ter­ne­tadressen, erprobte Tipps für Gründer im Überblick und ein Stich­wortverze­ich­nis fehlen. Das alles hätte das Buch abgerundet und zu einem her­vor­ra­gen­den Vademekum für Existenzgründer gemacht. BooksInShort empfiehlt es dennoch allen Selbstständigen und Gründern vor allem kleiner Unternehmen, die fatale Fehler vermeiden wollen.

Take-aways

  • Wer ein Unternehmen gründet, darf nicht blauäugig sein, sondern muss sich rasch das un­ternehmerische Handw­erk­szeug aneignen.
  • Chaotische Buchführung und mangelnde Büroor­gan­i­sa­tion zählen zu den Haupt­fehlern von Un­ternehmensgründern.
  • Studieren Sie die be­trieb­swirtschaftlichen Auswer­tun­gen Ihres Steuer­ber­aters.
  • Die Mitarbeiter brauchen einen klaren Un­ternehmen­skodex, den der Chef vorleben muss.
  • Das A und O für Existenzgründer: die Übersicht über die Finanzen behalten.
  • Sparsamkeit bedeutet u. a., Ware, Zahlungen von Kunden und laufende Kosten zu kon­trol­lieren.
  • Um Engpässe zu überbrücken, empfiehlt sich neben dem Geschäftskonto ein weiteres Konto bei einer anderen Bank.
  • Rechnungen an Kunden sollten baldmöglichst geschrieben werden.
  • Wenn es kriselt, brauchen Sie frühzeitig Unterstützung von außen.
  • Man muss merken, wann der Zeitpunkt zum Aufhören gekommen ist.
 

Zusammenfassung

Wie Sie Krisen erkennen

Im Jahr 2003 eröffnet Sascha Suden mit seinem Kompagnon in Berlin ein Blumengeschäft mit Möbeln und Accessoires. Der Start ist her­vor­ra­gend, sogar der Deutsche Bundestag zählt zu den Kunden. Die Produkte begeistern, der Service funk­tion­iert. Aber wo viel Licht ist, gibt es auch viel Schatten. Einige Mitarbeiter erweisen sich als unzuverlässig, und manche Kunden stellen Aufträge in Aussicht, die schließlich nicht zustande kommen. 2006 eröffnet man ein weiteres Ladengeschäft, doch leider verkalkulieren sich die Gründer, und die Mittel reichen für die Bezahlung der Um­satzs­teuer nicht aus. Es kriselt ein bisschen hier, ein bisschen da, die Un­ternehmensgründer machen weitere Fehler, Forderungen werden nicht beglichen. 2009 dann die Schließung.

„Es waren die kleinen Fehler im Alltag, die den Erfolg ver­hin­derten.“

An diesen Signalen erkennen Sie, dass in Ihrem Unternehmen etwas nicht stimmt:

  • Sie haben Probleme, Forderungen frist­gerecht zu begleichen. Zusätzlich machen Ihnen die Fixkosten Probleme.
  • Ihre Bank möchte immer wieder mit Ihnen sprechen.
  • Sie versuchen verzweifelt und angestrengt, neue Kunden zu akquirieren.
  • Sie suchen jede mögliche Ablenkung, um nicht arbeiten zu müssen.
  • Sie lassen die Telefone klingeln und die Post liegen.
  • Am Abend glauben Sie, tagsüber nichts geleistet zu haben.

Wo Sie sparen können

Wenn Krisen drohen, ist Sparsamkeit die Tugend schlechthin. Ohne sie entwickelt sich schnell ein regel­rechter Sog aus Forderungen, Kontopfändungen und Mahnbeschei­den mit dem Ergebnis, dass Sie keine Ware mehr einkaufen oder sogar Telefon-, Energie- oder Müllbe­sei­t­i­gungsrech­nun­gen nicht bezahlen können. Kunden und Umsatz bleiben aus, Telefon und Strom werden abgestellt, Sie sind für wichtige Auf­tragge­ber nicht mehr erreichbar – die Abwärtsspirale dreht sich immer weiter.

„Es war nie das Produkt, das fehlerhaft war, sondern es fehlte schlicht an Weitblick.“

Wenn Sie Ihre Kosten unter Kontrolle behalten möchten, beachten Sie Folgendes:

  • Kostenpläne erstellen: Listen Sie regelmäßige alle un­ver­mei­d­baren Kosten auf, dann folgen mit weniger Priorität die ver­mei­d­baren Kosten. Hier setzen Sie mit dem Sparen an.
  • Überblick behalten: Auch kleine Forderungen können ärgerlich werden und sich vervielfachen. Daher brauchen Sie einen Plan darüber, wann was zu bezahlen ist.
  • Lange Öff­nungszeiten hin­ter­fra­gen: Bedenken Sie, dass jede Stunde, die Ihr Geschäft geöffnet ist, Personal- und En­ergiekosten verursacht.
  • Kosten für Kuriere und Transport checken: Rechnen Sie diese Ausgaben, evtl. auch den Zoll, beim Einkauf von Ware mit ein.
  • Ware überprüfen: Fast immer haben Sie zwei Wochen Zeit, kaputte und falsche Ware zu reklamieren. Versäumen Sie das, ist die Garantie abgelaufen.
  • Wechsel von Di­en­stleis­tun­gen: Ein Wechsel zu einem preiswert­eren En­ergieliefer­an­ten und Telekom­mu­nika­tions­di­en­stleis­ter kann sich lohnen, ist aber nicht immer problemlos. Hier gilt es, alle Modalitäten zu prüfen, einen rei­bungslosen Übergang zu planen und den neuen Vertrag sofort zu kon­trol­lieren.
  • Mit Vertretern umgehen: Nur wenn Sie selbst wissen, was Sie brauchen, sollten Sie Verträge abschließen. Das Angebot muss zu Ihnen, zu Ihrem Geschäft, zu Ihren Produkten und Kunden sowie zu Ihrem Image passen.

Regeln Sie Ihre Finanzen

Wie steht es um Ihre eigene Zahlungsmoral? Um Forderungen bezahlen zu können, brauchen Sie unbedingt Fi­nanzre­ser­ven. Es ist keine Lösung, Rechnungen nicht zu bezahlen und Mahnbescheide abzuwarten, auch wenn es manchmal Monate dauert, bis Sie tatsächlich zur Zahlung gezwungen werden. Bedenken Sie, dass Sie anderen schaden und sie vielleicht sogar ruinieren, wenn Sie Forderungen nicht begleichen. Außerdem setzen Sie gute Geschäfts­beziehun­gen aufs Spiel. Beachten Sie zudem folgende Punkte:

  • Konten: Eröffnen Sie neben Ihrem Geschäftskonto ein zweites Konto bei einer anderen Bank. Das hilft Ihnen, liquide zu bleiben, sollte das Geschäftskonto gepfändet werden. Nennen Sie das Konto jedoch nicht Ihren Geschäftspartnern, sondern leiten Sie nur über das Hauptkonto Geld dorthin. Überprüfen Sie jede Woche alle Kon­to­be­we­gun­gen. Seien Sie besonders sorgfältig, wenn es um die Nummern der Rechnungen und Aufträge geht; nur so können Sie sicher sein, dass Sie Ihr Geld in voller Höhe erhalten haben.
  • Lastschriften: Dies ist ein vorteil­haftes Instrument, da Sie damit keine Zahlungen versäumen und sich keine Mahnbescheide aus Nachlässigkeit einhandeln. Wenn Ihr Konto aber nicht gedeckt ist, müssen Sie aktiv werden und sofort mithilfe Ihres Steuer­ber­aters ein Konzept erstellen, um den Zahlungsverpflich­tun­gen nachzukom­men.
  • Belege für den Steuer­ber­ater: Wenn Sie alle Belege einfach in eine Kiste werfen und diese dann Ihrem Steuer­ber­ater überreichen, wird er Ihnen auch nicht mehr helfen können. Arbeiten Sie also alle Belege ordentlich auf und reservieren Sie sich dafür einen Tag in der Woche.
  • Be­trieb­swirtschaftliche Auswer­tun­gen: Auch kleine Unternehmen haben Kennzahlen, die ihnen vor Augen führen, wie es um die wirtschaftliche Situation steht. Lassen Sie sich von Ihrem Steuer­ber­ater auf Ihren Betrieb zugeschnit­tene Be­trieb­swirtschaftliche Auswer­tun­gen (BWA) erstellen und beschäftigen Sie sich intensiv damit.

Geldquellen gesucht

Wenn ein Unternehmen in einer Krise steckt, hat das immer etwas mit Geld zu tun. Sie brauchen Kapital, damit es weitergehen kann. Dazu einige Tipps:

  • Schreiben Sie Rechnungen sofort, wenn es sich um große Beträge handelt, und einmal wöchentlich bei kleineren Aufträgen.
  • Wenn Sie bei größeren Kundenaufträgen in Vorleistung treten müssen, können Sie eine Anzahlung verlangen.
  • Misten Sie Ihr Lager regelmäßig aus. Das schafft auch eine mentale Ordnung und Sie haben den Kopf frei für neue Ideen.
  • Bei Ihrer Bank bekommen Sie, je nach Lage der Dinge, einen Dar­lehensver­trag. Die Zinsen können Sie u. U. als Geschäftskosten absetzen und müssen nicht privat dafür ger­adeste­hen.
  • Wenn Sie zahlreiche offene Forderungen haben, aber wenig Zeit, das Geld einzutreiben, kann ein Fac­tor­ing-Di­en­stleis­ter sinnvoll sein: Hierbei kauft eine Fac­tor­ing-Firma die Forderungen eines Un­ternehmens auf. Sie kümmert sich dann selbst darum, dass die entsprechen­den Rechnungen bezahlt werden. Für diesen Service wird dem Unternehmer eine Gebühr berechnet, die sich prozentual nach der Höhe der Außenstände richtet. Ob sich das Ganze für Sie lohnt, müssen Sie allerdings sehr genau ausrechnen.

Wie Sie mit Mi­tar­beit­ern umgehen

Gerade in Krisen ist es sehr schwer, ein vor­bildlicher Chef zu sein. Daher sollten Sie viel Sorgfalt auf die Auswahl des Personals, auf die Ar­beitsverträge und tariflichen Bes­tim­mungen und vor allem auf Ihr eigenes Benehmen legen. Bei den Ar­beitsverträgen müssen Sie unbedingt prüfen, ob für Ihre Beruf­s­grup­pen schon Tarifverträge bestehen. Die dort fest­gelegten Löhne gelten auch für Ihr Unternehmen. Sofern Sie befristete Ar­beitsverträge abschließen, informieren Sie sich, was überhaupt zulässig ist, denn hier setzt das Bürgerliche Gesetzbuch enge Grenzen.

„Ich habe viel Geld in den Sand gesetzt, weil ich nicht geizig genug war.“

Regeln Sie unbedingt, welche Dinge während der Arbeitszeit erlaubt und welche tabu sind. Beispiele: Rauchen und die Benutzung des Telefons, besonders des Mo­bil­tele­fons. Außerhalb der Pausen sollten Sie dies generell unterbinden, sonst kann es passieren, dass Ihre Mitarbeiter allzu viel Zeit mit SMS und Zigaretten – auch gerne in Kombination – verbringen. Bitten Sie hin und wieder Freunde, als Testkunden im Betrieb aufzu­tauchen; so finden Sie schnell heraus, wie freundlich und kompetent Ihre Belegschaft ist. Loben Sie Ihre Mitarbeiter und motivieren Sie sie, wenn sie gut arbeiten.

„Machen Sie es sich zur Pflicht, an einem Tag in der Woche alle Belege so aufzustellen, dass Ihr Steuer­ber­ater kurzfristig die notwendigen Aufze­ich­nun­gen erstellen kann.“

Sollten Sie einem Mitarbeiter kündigen, muss dies in jedem Fall schriftlich erfolgen. Lassen Sie sich ebenfalls schriftlich bestätigen, dass der Mitarbeiter die Kündigung in Empfang genommen hat.

Ihre Un­ternehmen­skul­tur

Achten Sie darauf, dass Ihr Unternehmen im Umgang mit den Mi­tar­beit­ern und den Kunden ein stimmiges Bild vermittelt. Die Un­ternehmen­skul­tur spielt hier eine ganz entschei­dende Rolle. Echte Höflichkeit gegenüber Kunden könnte etwa so aussehen, dass Käufer oder In­ter­essen­ten grundsätzlich zur Tür begleitet werden. Im Ver­hal­tenskodex Ihres Betriebs sollten Sie regeln,

  • wie Kunden vor Ort und am Telefon ange­sprochen werden,
  • ob man sich duzt oder siezt,
  • wie der Ar­beit­splatz auszusehen hat,
  • wie die Ablage funk­tion­iert und
  • welche Kleidung zu tragen ist.
„Bei großen Aufträgen würde ich heute vom Kunden zumindest eine Anzahlung verlangen.“

Die Liste können Sie um weitere Punkte erweitern, nur sollten Sie auch stets selbst danach handeln. Sie sind schließlich als Chef das Vorbild.

Wenn nichts mehr geht

Menschen, die in Fi­nanzkrisen stecken, können die Hilfe von Fi­nanzber­atern in Anspruch nehmen, und zwar zunächst dergestalt, dass sie eine Übersicht darüber bekommen, wie hoch ihre Verbindlichkeiten sind. Immer wieder steht dabei die Forderung im Raum: Setzen Sie sich mit Ihren Finanzen auseinander, das ist das A und O der Betriebsführung.

„Der Factorer verdient daran, dass er Ihnen eine größere Anzahl von Forderungen abkauft.“

Wenn es absolut nicht mehr weitergeht, schließen Sie Ihren Betrieb. Kurz vor der Insolvenz kann es für Sie besser sein, wenn Sie von sich aus Schluss machen, denn jeder Ihrer Gläubiger, auch das Finanzamt, kann für Ihren Betrieb die Insolvenz beantragen. Wenn Sie die Rechtsform der GmbH haben, ist Ihr Privatvermögen geschützt.

„Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie merken, dass Sie den Überblick verlieren.“

Finden Sie einen günstigen Zeitpunkt, um Ihr Geschäft schließen. Planen Sie, bis wann Sie laufende Verträge, beispiel­sweise den Mietvertrag, gekündigt haben müssen. Setzen Sie alle Beteiligten in Kenntnis – am besten schriftlich per Ein­schreiben. Vergessen Sie nicht, Ihr Gewerbe korrekt abzumelden.

Über den Autor

Sascha Suden ist Journalist. Zuletzt war er Chefredak­teur des Wirtschafts­magazins Wirtschaftswun­der, jetzt arbeitet er als Un­ternehmens­ber­ater, Vor­tragsreisender und freier Journalist. Er war Mitgründer eines Lifestyle-Geschäfts in Berlin.