Social Media für Unternehmer

Buch Social Media für Unternehmer

Wie man Xing, Twitter, YouTube und Co. erfolgreich im Business einsetzt

Linde,


Rezension

Einst verdrängte das digitale Adressbuch die gute alte Rollkartei, und nur zehn Jahre später droht dem Newsletter und anderen In­no­va­tio­nen aus dem fernen Web-1.0-Zeitalter ein ähnliches Schicksal. Ohne Face­book-Friends, Twit­ter-Fol­lower und YouTube-Fans können Unternehmen auf Dauer einpacken, glaubt Claudia Hilker. Und das belegt sie mit ex­po­nen­tiell wachsenden Nutzerzahlen und er­fol­gre­ichen Beispielkam­pag­nen. In ihrem Buch behandelt sie die Themen So­cial-Me­dia-Strate­gie, Kampagnenführung, Rechts­fra­gen, PR und Recruiting. Manchmal wäre etwas mehr Tiefgang angebracht gewesen, etwa in Bezug darauf, wie sich Unternehmen angesichts des immer lauter werdenden Grun­drauschens im Netz überhaupt noch Gehör verschaffen können. Auch die Frage, ob die Net­zw­erk­be­we­gung ihren Zenit nicht schon überschrit­ten hat, müsste gestellt werden – schließlich wächst die Zahl der Menschen, denen die Lust am virtuellen Befreunden vergangen ist, weil sie sich un­ver­mit­telt als Wer­beziel­gruppe ge­brand­markt fühlen. BooksInShort empfiehlt das Buch allen Mar­ket­ingver­ant­wortlichen und Personalern, die sich einen soliden Überblick zum Thema Social Media verschaffen möchten.

Take-aways

  • Marketing in sozialen Medien ist heute für jedes Unternehmen überleben­snotwendig. Wer abwartet, verschenkt die Zukunft.
  • Jedes Netzwerk hat seine eigene Sprache. Lernen Sie sie!
  • Sie können nicht verhindern, dass über Sie geredet wird – aber steuern, wie es geschieht.
  • Mit originellen Inhalten, Mit­mach­spie­len und Geschenken bringen Sie Anhänger dazu, in Netzwerken für Sie zu werben.
  • Einfache Analy­se­tools ermöglichen eine lokale und ziel­grup­pen­spez­i­fis­che Kun­de­nansprache.
  • Authentizität ist gefragt: So­cial-Me­dia-Man­ager müssen sich für dieselben Themen begeistern wie ihre Kunden.
  • Geben Sie Ihren Kunden die Möglichkeit zum Feedback und reagieren Sie auf Beschwerden und Anregungen.
  • Der Kunde hat in den letzten Jahren an Macht gewonnen und wird sie nicht wieder abgeben.
  • Nutzen Sie Em­ployer-Brand­ing in sozialen Netzwerken, um Arbeitskräfte zu umwerben.
  • Statt Ihren Mi­tar­beit­ern die Nutzung sozialer Medien zu verbieten, formulieren Sie klare Richtlinien.
 

Zusammenfassung

Fünf vor zwölf

Die Wer­be­bud­gets für Social Media steigen wie in keinem anderen Segment. 78 % der Kunden vertrauen vor allem ihrem persönlichen Netzwerk, nur 14 % geben an, auf Werbung zu hören. Dennoch stößt man beim Surfen oft auf verwaiste Un­ternehmen­spro­file und leere Fanpages. Mitmachen kostet ja nichts, scheinen manche Mar­ket­ingver­ant­wortliche zu glauben und überlassen die Sache vielleicht sogar dem Prak­tikan­ten. Andere fürchten den Machtver­lust: Von Nutzern erstellte Inhalte in sozialen Netzwerken lassen sich nur schwer kon­trol­lieren. Der Kunde bestimmt die Konditionen, die Inhalte verselbstständigen sich. Deshalb müssen Sie aufrichtig, authentisch und transparent auftreten – alles andere erkennt die Community schnell als durch­sichtiges Manöver. Wer heute noch glaubt, Social Media in Zukunft ignorieren zu können, der wird das bald bereuen. Die so genannten Digital Natives – ab 1980 Geborene, die mit dem Internet aufgewach­sen sind – mögen zwar noch nicht in den Chefetagen angekommen sein, aber sie werden in naher Zukunft die Kunden und Auf­tragge­ber sein.

Palette der Möglichkeiten

Welche Plattformen und Strategien infrage kommen, hängt von Ihren Zielen und Zielgruppen ab. Möchten Sie neue Märkte erschließen oder bestehende Kunden ansprechen? Sich präsentieren und po­si­tion­ieren oder neue Mitarbeiter gewinnen? Ein lokales oder ein in­ter­na­tionales Publikum ansprechen? Jede Plattform hat ihre eigene Sprache. Hier ein Überblick:

  • Facebook: Soziales Netzwerk für Privatleute und Mar­ket­ing­plat­tform für Unternehmen. Über den „Gefällt mir“-Button binden sich Nutzer quasi an eine Seite und werden anschließend über alle Updates automatisch informiert.
  • Xing: Plattform für berufliche Kontakte, über die man Busi­ness­part­ner, Kunden oder Mitarbeiter findet. Unternehmen können geschlossene Be­nutzer­grup­pen und Foren einrichten.
  • Twitter: Mikroblog für Kurz­nachrichten (Tweets) mit maximal 140 Zeichen. Ziel ist es, mit originellen und nutzw­er­to­ri­en­tierten Tweets möglichst viele „Follower“ zu gewinnen.
  • Qype: Mund­pro­pa­ganda-Net­zw­erk für lokales Marketing. Nutzer bewerten Restaurants, Ärzte oder andere Di­en­stleis­ter; diese können direkt auf das Feedback reagieren.
  • YouTube: In­ter­net-Video­por­tal, das mit Googles Werbesystem AdSense gekoppelt ist und Kunden dadurch gezielt bewerben kann. Fast 10 % des gesamten Daten­verkehrs im Internet gehen auf YouTube zurück.
  • StudiVZ: Die deutschsprachige On­line-Com­mu­nity für Studenten mit einem Ableger für Schüler (SchuelerVZ) und einem für Berufstätige (meinVZ) ermöglicht eine besonders ziel­grup­pen­gerechte Kom­mu­nika­tion.
  • Wer-kennt-wen? Viertgrößtes soziales Netzwerk in Deutschland, in dem überdurch­schnit­tlich viele Nutzer mit niedrigerem Bil­dung­sh­in­ter­grund aktiv sind.
  • LinkedIn: Busi­ness­net­zw­erk für Kontakte vor allem im en­glis­chsprachi­gen Ausland, mit dem sich die in­ter­na­tionale Reputation erhöhen lässt.
  • Flickr: Über 5000 hochge­ladene Fotos pro Minute, die von Nutzern kommentiert werden. Über das eigene Profil können z. B. Werbefotos in Umlauf gebracht werden.
  • Wikipedia: Über die On­line-En­zyk­lopädie lassen sich Trends recher­chieren, In­for­ma­tio­nen über Wet­tbe­wer­ber sammeln und wer­be­wirk­same Texte erstellen. Wikis ermöglichen gemein­schaftliche Textarbeit im Unternehmen und die Nutzung von Schwarmintel­li­genz (Crowd­sourc­ing).

Strategien für soziale Medien

Unternehmen behaupten seit jeher, der Kunde sei König. Im Zeitalter von Web 2.0 müssen sie den Worten Taten folgen lassen. Denn jede Form von Re­spek­t­losigkeit spricht sich blitzschnell herum und kann katas­trophale Folgen haben. Ein Dell-Kunde etwa trat mit einer ver­nich­t­en­den Kritik in seinem Blog eine Lawine von Kun­denbeschw­er­den los, die in der Gründung des „Dell-Anti-Fan­clubs“ mündeten. Die Un­ternehmen­sak­tie stürzte um die Hälfte ab. Sie erholte sich erst wieder, als Dell mehrere direkte Feedbackkanäle schuf und konsequent auf Beschwerden und Verbesserungsvorschläge reagierte. Das „Share-Prinzip“ im So­cial-Me­dia-Mar­ket­ing bedeutet, dass Sie Ihre Anhänger dazu bringen, positive Inhalte mit anderen zu teilen. Das gelingt allerdings nur, wenn diese Inhalte ein Erlebnis versprechen. Lassen Sie Ihre Kunden mitwirken und eigene Ideen entwickeln. Empfehlungs­mar­ket­ing wird zur Goldmine, wenn Sie strategisch vorgehen:

  • Ziele definieren: Legen Sie fest, welche Märkte und Zielgruppen Sie ansprechen wollen.
  • So­cial-Me­dia-Kom­pe­tenz aufbauen: Stellen Sie ein Team mit Vertretern aus den Bereichen Kom­mu­nika­tion, Marketing, Vertrieb, Support und IT zusammen. Ve­r­anstal­ten Sie einen Train­ingswork­shop oder engagieren Sie externe Berater.
  • Geben und Nehmen: Belohnen Sie Nutzer für ihre Aufmerk­samkeit, z. B. mit Gewinn­spie­len. Wer den besten Text oder Film zu Ihrem Produkt einreicht, wird von der Community zum Sieger erkoren.
  • Am Ball bleiben: Halten Sie den Dialog aufrecht. Auch begeisterte Follower einer Marke sind vergesslich und wenden sich Neuem zu, wenn man sie nicht erinnert.
„Social Media haben eine Eigen­dy­namik, die nicht 100%ig steuerbar ist und so manch einem Mar­ket­ing­man­ager großes Unbehagen bereitet.“

So wie Pri­vat­per­so­nen sich über Facebook zu Gruppen zusam­men­schließen, können die Mitarbeiter in einer neuen Un­ternehmen­skul­tur Teams in sozialen Netzwerken aufbauen, sich austauschen und ihr Wissen über Wikis allen zugänglich machen. Feste Hierarchien werden durch ein Netzwerk aus ebenbürtigen Spezial­is­ten ersetzt. Je mehr Digital Natives auf wichtige Positionen nachrücken, desto selbstverständlicher wird diese Entwicklung.

Marketing unter Freunden

Fragen Sie sich selbst: Würden Sie Ihr Produkt dem engsten Freund empfehlen? Nein? Dann haben Sie ein Problem. Ja? Dann tun Sie es und nutzen Sie die viralen Effekte. 30 Millionen Deutsche ab 14 Jahren sind in In­ter­net-Com­mu­ni­tys aktiv. Ein Video über die Beschle­u­ni­gungskraft eines BMW-Mo­tor­rads – das Bike zog ein Tischtuch von einer festlich gedeckten Tafel, ohne dass das Porzellan kaputt ging – wurde über 3 Millionen Mal auf YouTube angeschaut. Bezahlt hat BMW nur für den Film, nicht für dessen Verbreitung. Damit das funk­tion­iert, müssen Sie folgende Punkte beachten:

  • Nah an der Zielgruppe: So­cial-Me­dia-Man­ager müssen sich für die gleichen Themen begeistern wie ihre poten­ziellen Kunden. Authentizität ist Trumpf.
  • Kontinuität: Planen Sie Aktionen und Ak­tu­al­isierun­gen möglichst lange im Voraus und haben Sie Geduld. Wer zu schnell aufgibt, verliert.
  • Moderation: Fördern und lenken Sie die Diskus­sio­nen in Foren und Un­ternehmens­blogs und halten Sie Störer und Provozierer fern.
  • Be­sucher­fre­quenz: Binden Sie Kunden durch On­line-Events, Chats und Verlosungen.
„Ob Erklärung, Beschwerde, Spaß oder Ernst, die Stimme des Menschen soll echt sein und nicht manipulativ verfälscht werden.“

Das Prinzip des Teilens wird gerade von Facebook perfekt umgesetzt: Durch Schnittstellen zu anderen Communitys, Blogs und Websites mul­ti­pliziert sich die Wirkung einer er­fol­gre­ichen Fanpage. Außerdem bietet das Netzwerk Analy­sew­erkzeuge, mit deren Hilfe die eigene Zielgruppe beworben werden kann – auch lokal. In Berlin gibt es knapp 15 000 Personen, die laut ihrem Face­book-Sta­tus verlobt sind. Fotografen und Restaurants können ihnen ihre Dienste anbieten. Beginnen Sie ein Gespräch mit Ihren Kunden und machen Sie diese zu Botschaftern für Ihre Marke, indem Sie einer aus­ge­suchten Gruppe kostenlose Test­pro­dukte zusenden.

PR in sozialen Netzwerken

Nutzen Sie die vielen kostenlosen Presse­por­tale, um Ihre Pressemit­teilun­gen zu veröffentlichen. Je relevanter und in­for­ma­tiver der Inhalt, desto eher werden sie von Such­maschi­nen wie Google indiziert und erhalten ein gutes Ranking. Bieten Sie Bloggern, die sich mit für Sie relevanten Themen beschäftigen, gut geschriebene, exklusive In­for­ma­tio­nen an und schlagen Sie ihnen einen Linktausch vor.

„Social Media sind von ihrer Bedeutung ver­gle­ich­bar mit der Erfindung des Telefons.“

Pessimisten behaupten, Social Media sei nur für banale Gespräche gut. Optimisten hingegen sind überzeugt, dass jeder er­fol­gre­iche Verkauf­s­ab­schluss damit beginnt. Die Busi­ness­plat­tform Xing liefert viele Beispiele dafür, wie Hil­fe­suchende den perfekten Ser­vicean­bi­eter, Unternehmen die passenden Mitarbeiter oder Autoren ein spannendes Buchprojekt gefunden haben, und zwar ganz ohne Spam-Mails oder Kaltakquise. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Aufbau und in der Pflege von Netzwerken. Verteilen Sie großzügig Geschenke, etwa in Form eines E-Books. Soziale Netzwerke eignen sich her­vor­ra­gend für das Em­ployer-Brand­ing, die Un­ternehmens­darstel­lung im Netz. Der Kampf um Talente wird in Zukunft eher zunehmen, und da sind diejenigen Firmen klar im Vorteil, die sich in den gleichen Gruppen aufhalten wie die gewünschten Bewerber. Stellen Sie Re­cruit­ing-Videos ins Netz, die einen Eindruck vom Ar­beit­sklima vermitteln und in denen echte Mitarbeiter zu Wort kommen.

Alles Recht im Netz

Das Internet ist kein rechts­freier Raum. Wenn Sie Bilder, Inhalte, Pro­duk­t­l­o­gos oder Texte anderer ins Netz stellen, müssen Sie sich immer die Ein­willi­gung der Abge­bilde­ten bzw. das Einverständnis der Rechtein­haber besorgen. Umgekehrt bleibt einem manchmal nichts anderes übrig, als die zu verklagen, die den eigenen Markennamen unerlaubt benutzen. Der Gefahr ist jedoch groß, dass Sie damit allerdings auch hohen Schaden durch Rep­u­ta­tionsver­lust anrichten. Vermeiden Sie gerichtliche Au­seinan­der­set­zun­gen wann immer möglich.

„Die einzige Chance, in der Zukunft noch zu verkaufen, liegt darin, dass Verkäufer das Medium Social Media besser verstehen als der Konsument selbst.“

Jedes zweite Unternehmen verbietet seinen Mi­tar­beit­ern die Nutzung sozialer Medien. Das ist verständlich, aber kon­trapro­duk­tiv. Wer ernsthaft So­cial-Me­dia-Re­la­tions betreiben möchte, also den ständigen Kontakt mit Kunden in Blogs, auf Be­w­er­tungsportalen und in Communitys pflegen will, der darf seinen Mi­tar­beit­ern nicht den Zugang sperren. Besser ist es, klare und kon­struk­tive Regeln aufzustellen: Wann und wie dürfen Mitarbeiter sich auf Facebook und Co. einloggen? Wie ist das Verhältnis zwischen Vorge­set­zten und Mi­tar­beit­ern in den Netzwerken geregelt? Was gilt in Bezug auf „Whistle­blow­ing“, d. h. die anonyme Aufdeckung von Missständen oder Gefahren? Welche Sanktionen greifen bei rufschädigenden Äußerungen? So­cial-Me­dia-Richtlin­ien erleichtern den Mi­tar­beit­ern die Ori­en­tierung in einem unübersichtlichen Gebiet und schützen Sie vor unliebsamen Überraschun­gen.

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Gute wie schlechte Nachrichten entfalten im Netz eine immense Wirkung. Es wäre peinlich, wenn Sie als Betroffener zuletzt davon hören. Richten Sie ein permanentes internes So­cial-Me­dia-Mon­i­tor­ing ein und nehmen Sie externe Hilfe in Anspruch, um die Wirksamkeit einzelner Kampagnen zu evaluieren. Die Auswertung funk­tion­iert je nach Zielsetzung und Un­ternehmensgröße sehr un­ter­schiedlich. Entschei­dend ist, dass Sie das Feedback im Netz sehr ernst nehmen: Reagieren Sie auf Beschwerden und lösen Sie wenn möglich die Probleme. Machen Sie Mei­n­ungs­mul­ti­p­lika­toren ausfindig und kon­tak­tieren Sie diese. Nutzen Sie die Blog-De­bat­ten als Frühwarnsystem. Die Basis für ein pro­fes­sionelles Web­mon­i­tor­ing können Sie übrigens mit kosten­freien Tools wie Google Alerts (Erwähnungen im Internet), Google Groups (Diskus­sions­foren) oder Social Mention (So­cial-Me­dia-Plat­tfor­men) legen.

Über die Autorin

Claudia Hilker ist selbstständige Un­ternehmens­ber­a­terin und Trainerin für strate­gis­ches Marketing mit den Schw­er­punk­ten On­line-Mar­ket­ing und Social Media.