Soforthilfe bei Stress und Burn-out

Buch Soforthilfe bei Stress und Burn-out

Neue Energie in wenigen Tagen. Coaching mit Neuroimagination. Strategien der Vorbeugung

Kösel,


Rezension

Wer von einem Burn-out betroffen ist, muss nicht zwingend einen lang­wieri­gen und teuren Klinikaufen­thalt durchleben. Das meint Autor Horst Kraemer und stellt einen al­ter­na­tiven Weg vor, der auf die Selb­stver­ant­wor­tung des Betroffenen baut. Er lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass man unbedingt einen Coach oder Therapeuten hinzuziehen sollte, um die vorgestell­ten Maßnahmen optimal umzusetzen. Im Mittelpunkt von Kraemers Buch steht die Neu­roimag­i­na­tion, ein geschützter Name, der ein neues Konzept vermuten lässt. Tatsächlich sind aber mehrere Verfahren kombiniert, die es im Bereich der neu­rolin­guis­tis­chen Pro­gram­mierung und der Therapie schon länger gibt. Unter anderem lernt der Leser Atem- und Imag­i­na­tion­stech­niken kennen. Doch der Autor hat auch darüber hin­aus­ge­hende Tipps in puncto Analyse und Behandlung parat. Selbst vom Burn-out betroffen, hat er sich einst mithilfe seiner ther­a­peutis­chen Ausbildung am eigenen Schopf aus der Misere gezogen. Ob das auch anderen an einem Burn-out Leidenden gelingen kann? Mit diesem Buch vielleicht. BooksInShort empfiehlt es sowohl Coachs und Therapeuten als auch jedem, der einem Burn-out vorbeugen oder sich selb­stver­ant­wortlich und rasch behandeln will.

Take-aways

  • Burn-out entsteht dann, wenn die inneren Ressourcen über einen längeren Zeitraum nicht für die Aufgaben ausreichen, die es zu bewältigen gilt.
  • Oft leiden unter dem Burn-out eines Menschen auch dessen Angehörige und Kollegen.
  • Chronischer Stress ist die Vorstufe des Burn-outs und ein Zeichen dafür, dass Aktivität und Ruhe nicht im Gle­ichgewicht sind.
  • Die Behandlung in einer Klinik ist für Menschen, denen Autonomie wichtig ist, nicht unbedingt der beste Weg.
  • Gehen Sie die Genesung in Eigen­ver­ant­wor­tung an, lassen Sie sich unbedingt von einem Coach oder Therapeuten unterstützen.
  • Mit ausreichend Schlaf können Sie Probleme verarbeiten und sich re­gener­ieren.
  • Mithilfe von Körperübungen, etwa der Links-rechts-Stim­u­la­tion, können Sie ver­schiedene Gehirn­re­gio­nen aktivieren.
  • Nutzen Sie bewusstes Atmen, Imagination und Gedanken­fokussierung, um die Kontrolle über Ihren Organismus wiederzugewin­nen.
  • Erforschen Sie, welches Ereignis Ihren Zusam­men­bruch ausgelöst hat.
  • Achten Sie auf subtile Signale Ihres Körpers. Er gibt Ihnen damit wichtige Rückmeldungen.
 

Zusammenfassung

Was genau ist ein Burn-out?

Ein Burn-out tritt dann ein, wenn die inneren Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, für die Erfüllung unserer Aufgaben nicht ausreichen. Verstärkt werden die Ohn­machts­gefühle, wenn der Betroffene von bestimmten Personen abhängig ist. Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, die Sie nicht ändern können, ist es vielleicht besser, sie zu verlassen, beispiel­sweise indem Sie den Ar­beit­splatz wechseln. Burn-out äußert sich durch einen dauerhaften Erschöpfungszu­s­tand, der zu einem körperlichen und geistigen Zusam­men­bruch führen kann. Es ist das Resultat von anhaltendem, chronischem Stress. In der Folge funk­tion­iert nichts mehr wie zuvor. Dies erzeugt beim Betroffenen Verwirrung, De­prim­iertheit und Antrieb­ss­chwäche. Da es in so einer Situation schwerfällt, sich zu konzen­tri­eren, leidet auch die Kom­mu­nika­tion darunter. Dadurch büßen nicht nur die Betroffenen Leben­squalität ein, sondern auch die Kollegen, der Arbeitgeber und die Familie: Sie alle haben die man­gel­haften oder fehlenden Leistungen auszu­gle­ichen.

Stress bekämpfen

Die Vorstufe des Burn-outs ist der Stress. Er kann sehr tückisch sein, da er oft von einem Lebens­bere­ich auf andere übergreift, beispiel­sweise von der Arbeit auf das Fam­i­lien­leben. Es wäre allerdings falsch, Her­aus­forderun­gen und schwierige Situationen zu meiden oder gar die Hände in den Schoß zu legen. Denn auch das Nichtstun kann krank und schlapp machen. Eine hohe Belastung wird erst dann bedrohlich, wenn kein Ausgleich und Gegenpol, keine Entspannung und Ruhephase vorhanden sind. Worauf es ankommt, ist der Rhythmus: der Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe, Anspannung und Entspannung. So erlangt man ein Gle­ichgewicht. Achten Sie auf ein wohlwol­len­des persönliches und berufliches Umfeld. Wahre Höchstleis­tun­gen vollbringt der Mensch auf Grundlage seiner inneren Sicherheit. Diese entsteht durch stabile Beziehungen und die Möglichkeit, sich selbst zu entfalten.

„Es gibt keinen Grund, dass jemand länger als fünf Tage wegen eines Burn-outs außer Kraft gesetzt bleibt.“

Besonders erholsam ist es, tief und ausreichend lange zu schlafen. Im Schlaf können Konflikte und Belastungen bearbeitet und sogar gelöst werden. Aus­re­ichen­der Schlaf regt zudem das Immunsystem und die Zellerneuerung an. Übrigens: Weil bei Tage­san­bruch, in Abhängigkeit vom Tageslicht, der Spiegel des Hormons Cortisol ansteigt und Ihr Körper so auf das Aufwachen vorbereitet wird, hat die alte Regel vom gesunden Schlaf vor Mitternacht tatsächlich ihre Berech­ti­gung: Ihre Einhaltung sorgt dafür, dass die cortisolärmere Schlafzeit länger ist. Cortisol wird auch in Stress­si­t­u­a­tio­nen und bei einem Burn-out vermehrt ausgestoßen.

Coach oder Klinik?

Vor allem Männer stehen ungern zu ihrer Überforderung. Meist begeben sie sich nur widerwillig in medi­zinis­che Behandlung, besonders wenn diese mit einer Einweisung in eine Klinik, womöglich noch eine psy­chi­a­trische, verbunden ist. Das ist durchaus verständlich, denn diese Maßnahme bedeutet eine Einbuße an Selb­st­bes­tim­mung. Die wird gerade von er­fol­gre­ichen und eigen­ver­ant­wortlichen Menschen als schmerzlich empfunden. Überdies raubt die Pathol­o­gisierung des Burn-outs dem Betroffenen oft den letzten Rest an Selb­stver­trauen, und seine Motivation sinkt gegen null. Hinzu kommt, dass medi­zinisch-klin­is­che Be­hand­lun­gen sehr kosten- und zeit­in­ten­siv sind.

„Es ist nötig, eine Balance zwischen den Lebens­bere­ichen herzustellen, die das wirklich Wichtige und Sinnvolle beinhaltet.“

Da ein Burn-out-Syn­drom die Folge körperlicher und hormoneller Veränderungen ist, darf es ohnehin nicht wie eine psychische Krankheit behandelt werden. Auch das Herum­dok­tern an einzelnen Symptomen oder die Erhöhung der Stresstol­er­anz durch mentale Techniken bringen nur zeitweilig Erfolg. Es gibt eine Alternative: Gerade weil jeder Mensch einzigartig ist und die Medizin nur von Durch­schnittswerten ausgeht, spricht vieles dafür, dass Betroffene ihren Heilung­sprozess in die eigenen Hände nehmen. Allerdings ist ein Profi an der Seite, ein neutraler und nicht in­ter­es­sen­ge­bun­dener Coach, sehr zu empfehlen, zumal der Burn-out-Be­trof­fene sich in der Regel über längere Zeit selbst etwas vorgemacht hat. Mit einem Coach haben Sie die Chance, Ihre eigenen heilenden Ressourcen zu mo­bil­isieren. Das fördert Ihr Selbst- und Gesund­heits­be­wusst­sein.

Die Neu­roimag­i­na­tion

Das Konzept der Neu­roimag­i­na­tion dient bei einem Burn-out als eine Art Erster Hilfe, außerdem ist es der Einstieg in die Behandlung und beugt – regelmäßig praktiziert – einem Rückfall vor. Die Neu­roimag­i­na­tion senkt den Stresspegel und stellt eine aus­re­ichende Wahrnehmung und Be­herrschung des Organismus wieder her. Sie besteht aus sieben Komponenten:

  1. Coach­ing-Gespräch: Klären Sie mit Unterstützung Ihres Coachs ab, was Ihre Ziele sind und was deren Umsetzung im Weg steht. Untersuchen Sie destruktive Er­wartung­shal­tun­gen auf ihren Realitätsgehalt. Verschieben Sie Ihre Aufmerk­samkeit weg von belastenden Befürchtungen hin zu einer positiven Er­wartung­shal­tung.
  2. Atemtechnik: Atmen Sie tief in den Bauch. Das vermindert die Adren­a­l­in­pro­duk­tion. Durch bewusstes Atmen bee­in­flussen Sie Ihren gesamten Organismus und Ihre Befind­lichkeit.
  3. Rechts-links-Stim­u­la­tion: Mithilfe einfachster Methoden können Sie die neuronalen Netze Ihres Körpers aktivieren und beide Gehirnhälften syn­chro­nisieren. Es reicht beispiel­sweise aus, sich eine Zeit lang abwechselnd mit der linken und der rechten Hand auf die Schenkel zu klopfen. Auf diese Weise kommen blockierte Gehirn­re­gio­nen in Fluss und vernetzen sich rascher.
  4. Absenkung der Körper­fre­quenz: Der Therapeut unternimmt mit dem Klienten eine imaginative Reise durch den Körper, wodurch dieser seine Selb­st­wahrnehmung steigert. Gle­ichzeitig werden damit die Impulse, die der Körper ans Gehirn schickt, reduziert.
  5. Steuerung innerer Bilder: Gedanken erzeugen – meist ohne dass wir uns dessen bewusst sind – Bilder, die sich auf unseren Organismus auswirken. Lassen Sie in Ihrer Vorstellung bewusst Symbole und Bilder entstehen, die Ihre Ziele unterstützen. Auch negative Erlebnisse aus der Ver­gan­gen­heit können Sie imaginativ durchgehen und bearbeiten.
  6. Aufmerk­samkeits­fokussierung: Lenken Sie nun auch Ihr Denken bewusst und achten Sie bei jedem Gedanken auf die Sinneswahrnehmungen oder Körperempfind­un­gen, die sich dabei einstellen.
  7. Hypnotische Verankerung: Wenn Sie mithilfe der vo­r­ange­hen­den Praktiken einen positiven und har­monis­chen Körperzustand erreicht haben, können Sie diesen verankern – beispiel­sweise indem Sie einen Finger auf einen Gegenstand oder ein Körperteil drücken. Haben Sie Ihr Hochgefühl auf diese Weise einige Male verin­ner­licht, reicht eine Wieder­hol­ung des Berührungsreizes aus, um diesen Zustand zu reak­tivieren.

Anschließende Burn-out-Klärung

Hat der Burn-out-Be­trof­fene durch die wiederholte Anwendung der Neu­roimag­i­na­tion seine Selb­st­s­teuerung wieder­erlangt, sind die folgenden weiteren Schritte nötig:

  1. Coach und Klient müssen im Gespräch die Ini­tial­si­t­u­a­tion aufspüren, die den Stress verursacht hat. Dieses Ereignis lässt sich etwa daran erkennen, dass der Betroffene wirr erzählt, Gedächtnislücken hat, rot wird, schwitzt oder dass seine Stimme sich verändert. Der Betroffene muss sich das damalige Geschehen wie einen Film anschauen, um sich davon zu dis­tanzieren. Ziel ist, dass Sie das Erlebte nicht mehr als überwältigend empfinden, sondern es handhaben können. Dabei werden nach und nach auch die verlorenen Erin­nerun­gen wieder ins Bewusstsein geholt. Das Ereignis wird von den belastenden Emotionen abgekoppelt und im Gehirn als verarbeitet abge­spe­ichert.
  2. Danach werden weitere trau­ma­tis­che Begeben­heiten im Leben des Betroffenen aufgespürt. Fangen Sie mit dem jüngsten Ereignis an. Arbeiten Sie mit der Technik der Dis­sozi­a­tion, d. h. der bewussten Abspaltung vom Erlebnis. Auch hier können Sie die Filmtechnik anwenden. Dadurch sehen Sie sich selbst von außen, was weniger belastend ist. Das Ziel ist, dass Sie den Erin­nerun­gen nicht mehr aus­geliefert sind, sondern diese selbst steuern.
  3. Belastende Situationen graben sich in den Körper ein und machen sich z. B. in Form von Verspan­nun­gen, Verhärtungen oder Übergewicht bemerkbar. Auch körperliche Beeinträchtigungen können Sie mit Imag­i­na­tion­stech­niken angehen, um sie von dem belastenden Ereignis zu entkoppeln. Richten Sie Ihren Körper zudem auf eine gesunde Lebensweise aus. Achten Sie z. B. auf eine vollwertige Ernährung und eine stabile Körperhaltung sowie auf genügend Schlaf.
  4. Klopfen Sie Ihr Leben nach weiteren – vielleicht nicht gleich of­fen­sichtlichen – stress­rel­e­van­ten Einflüssen ab, um diese zu klären. Mitunter kann die ganze Lebenssi­t­u­a­tion stressfördernd sein. Oder Sie stoßen auf einzelne Faktoren wie bestimmte Verwandte, einen Unfall, finanzielle Probleme oder außereheliche Beziehungen.

Weitere Hilfen und Schutzmaßnahmen

Je schneller Sie die unerträglichen Zustände bereinigen, desto eher sind Sie wieder leistungsfähig und desto geringer sind die persönlichen Folgeschäden und der Verlust der Leben­squalität. Die folgenden Maßnahmen helfen Ihnen bei der Heilung und dienen auch als Prävention:

  • Gehen Sie mindestens für drei Tage in Klausur. Verzichten Sie in dieser Zeit auf Handy und Internet.
  • Prüfen Sie, ob das Leben, das Sie führen, zu Ihren Leben­szie­len und Ihren inneren Werten passt und ob es Sie mit Sinn erfüllt. Ist dies der Fall, können Sie selbst schwierige Lebens- und Ar­beit­sphasen leicht bewältigen.
  • Bringen Sie all Ihre Lebens­bere­iche in Einklang. Burn-out-Gefährdete akzen­tu­ieren Ihre Arbeit zu stark und lassen andere Bereiche wie körperliche Ertüchtigung, Familie und Freunde, Freizeit, Hobbys, Kunst und Muße deutlich zu kurz kommen. Achten Sie darauf, dass Sie allen Aspekten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums gerecht werden.
  • Erkennen Sie so genannte innere Antreiber, Motive und Ein­stel­lun­gen, die zu schädigendem Verhalten führen.
  • Beobachten Sie Ihren Körper: Reagieren Sie beispiel­sweise gereizt oder leiden Sie unter Schlaf- oder Essstörungen? Vernachlässigen Sie auch die subtilen Signale Ihres Körpers nicht. Sie geben Ihnen mehr Rückmeldung, als Sie vielleicht denken.
  • Ein Burn-out zwingt dem Betroffenen Grenzen auf, die er nicht selbst gezogen hat. Stellen Sie sich die Frage, was in Ihrem Leben wirklich wichtig ist, und setzen Sie Prioritäten.
  • Überprüfen Sie Ihre Fortschritte und Ihr Verhalten, indem Sie von Zeit zu Zeit mit einem Vertrauten über Ihre Situation sprechen.
  • Entspannen Sie sich regelmäßig mit der Neu­roimag­i­na­tion – nicht erst, wenn es zu spät ist. Bauen Sie sie als etwa zwölfminütiges, tägliches Ritual in Ihren Alltag ein.

Über den Autor

Horst Kraemer arbeitet als Psy­chother­a­peut, Supervisor, Coach und Dozent. Er leitet die Coachin­gaus­bil­dung an der Brainjoin Akademie im schweiz­erischen Wil und in Hamburg und ist Vor­sitzen­der des Sachverständigenrates des Deutschen Bun­desver­bands Coaching.